Aloha, liebe Freunde der Fantastischen Unterhaltung.
Normalerweise "übersetze" ich meine Rezensionen, die ich her online stelle in Forensprache. Ihr wisst schon: Sie durch Ihr ersetzen usw.
Dieses Mal habe ich dazu keinen Nerv (eventuell editiere ich irgendwann mal, wer weiß).
Jedenfalls: nachdem ich mich über Frau Simone Kaplan gewundert und Wolferl Hohlbein geärgert habe, habe ich grade jemanden aufgetan, der mich echt ... (zensiert) ... etwas säuerlich hat werden lassen.
Ich hätte gern Feedback von euch.
(Am Liebsten "supi Rezi, weiter so, viel gelacht, klasse, supidupi, toll" weil ichs grad für meine Gemütslage brauche . Muss aber nicht unbedingt sein. Aber ne Bestätigung, dass ich mich zu recht aufgeregt habe, wäre schon nicht schlecht. Und wenn ich unrecht haben sollte, dann dürft ihr mir das natürlich auch sagen )
Lange Rede - kaum ein Sinn ... hier ist die Rezi:
Schwarzer Schatten (Horror-Erzählung) [Kindle Edition]
von Henry Rohmer (Alfred Bekker)
Klappentext / Kurzbeschreibung
Ein Mann begegnet dem Satan in Person - und seinem eigenen Schatten.
Inhalt und Umsetzung
Ach, wenn man in der Kindle-Abteilung herumstöbert, kommt man an Alfred Bekker nicht vorbei. Und ich habe es wirklich versucht. Hatte ich mir nach diversen Rezensionen schon einmal ein Werk von ihm heruntergezogen, angelesen und dann im Nirvana meiner Kindle-"App" verschwinden lassen ("Eine Zeitmaschine für Schlesien" von "Neal Chadwick").
Vor wenigen Minuten stolperte ich über "Schwarzer Schatten" von Henry Rohmer. Und schon der erste Blick enthüllte es: Henry Rohmer ist ein Pseudonym von Alfred Bekker. Nun denn ... dann beginne ich mal damit, die knapp 25 Normseiten zu lesen.
Was mir als erstes auffällt ist das Layout:
es fehlt der Blocksatz. Das kann ich zwar verschmerzen, wundert mich aber, da "Henry Rohmer" immerhin zu den Vielschreibern zu zählen ist. Da hätte ich ein wenig mehr Professionalität erwartet.
Dann wurde der Text so konvertiert, dass 25 Normseiten auf 16 Kindle-Seiten zusammengeschrumpft sind. Das hat zur Folge, dass das Schiftbild unangenehm lange Zeilen und kleine Buchstaben aufweist. Das ganze wird mit einem einfachen Zeilenabstand komplettiert.
Der erste Satz fodert mir schon einiges ab:
"Der herbstliche Abend pusierte wie ein riesiger, sich in regelmäßigen Abständen zusammenziehender und wieder auseinandergehender Herzmuskel."
Zum Einen ist das ein eigenartiger Vergleich und zum Zweiten gehen Herzmuskeln nicht "auseinander". Sie dehnen sich. Sie nehmen an Länge zu. Sie entspannen. Wie auch immer man den Vorgang ausdrücken will. Aber auseinandergehen? Das klingt danach, dass sich der Autor nicht die Mühe gemacht hat, ein adequates Synonym zu finden, und stattdessen einfach runtergerattert hat, was ihm durch den Kopf geschossen ist.
Schon der erste Satz vermittelt mir also das Bild eines Autors, der sich nicht die Mühe macht, sein Werk noch einmal "nachzuschleifen".
Nun gut. Die Geschichte spielt also in einer hektischen Großstadt. Sie (also die Herzmuskelstadt) wird zudem von einer kalten Herbstsonne beschienen, die so wirkt, als würde sie erlöschen.
Ich frage mich allerdings, wie eine solche Sonne aussehen soll. Tatsächlich erlöschende Sterne dehnen sich nämlich erstmal ordentlich aus und verschlucken die Planeten, die ihnen nahe genug sind, dass sich Leben entwickeln konnte, ehe sie kollabieren ... aber das nur am Rande, weil mir grade danach ist, klugzuscheissern.
Die Kurzgeschichte wurde in den frühen Achtzigern geschrieben und spielt in Deutschland. Die verwendete Währung ist also noch DM.
Der Protagonist ist Robert Lato und es wird deutlich, dass die Geschichte aus der dritten Person Singular im Präteritum erzählt wird, denn er stand "an jener Wand [...], an welcher dieses Plakat hing". Jener ... dieser ... ganz klar Geschmackssache. Nur halt eben nicht mein Geschmack. Oder hat man vor dreissig Jahren so gesprochen? Mag mich bitte jemand aufklären?
Weiter geht es damit, dass auf jener Wand, dieses Plakat hing, auf dessen Papier jene Buchstaben ... nein, nein. So schlimm nicht.
Schlimmer ;o)
Auf dem Plakat wird der Guru Gandri Bakanura angepriesen, der Reinheit durch Loslösung der eignenen Schatten verspricht. Und wie soll es anders sein? Der Protagonist ist fasziniert und notiert sich Telefonnummer und Adresse. Ich frage mich nur am Rande, wie man gleichzeitig an einer Wand lehnt und ein Plakat liest. Das beschwört in mir die Vorstellung der so genannten "Rasiersitze" im Kino herauf. Sie wissen schon: Große Leinwand, erste Reihe, Sitzplatz irgendwo am Rand.
Lato macht sich also auf dem Weg zur persönlichen Reinheit. Obwohl der Erzähler noch einmal ausdrücklich darauf hinweist, dass die Suche nach innerer Reinheit nicht selten in Selbstverstümmelung gipfelt. Da darf man gern geteilter Meinung sein. Mir ist es aber übel aufgestoßen, dass der Erzähler erst gegen die Suche schimpft - und dann den armen Lato ins offene Messer rennen lässt. Das ist ja fast schon bösartig.
Warum Lato sich auf das dubiose Angebot des Gurus einlassen will? Er ist ein Kind seiner Zeit: Pott rauchen, Buddismus, Christentum etc. pp. sollten ihn bisher auf seiner Suche nach Reinheit unterstützen. Nur, was soll man sagen? Hat bisher nicht hingehauen. Und so ist der arme Mann geplagt von einem unbändigen Selbsthass, der unbedingt abgestellt gehört.
Das alles erfährt der geneigte Leser übrigens, weil sich der Autor in ellenlangen Beschreibungen ergeht. Sorry, aber das nervt mich.
Das nervt mich umso mehr, als dass es sich hier um eine Kurzgeschichte handelt. Da darf man solche Informationen gern auch mal "zeigen". Ein Gespräch, eine hingeworfene Geste - es gibt Unmengen Möglichkeiten Beschreibungen dieser Art fesselnd zu ersetzen.
Es folgt noch einmal eine halbe Seite Für und Wider Guru und Werbeslogan.
Dann gibts endlich eine wörtliche Rede. Die Freude darüber wird mir allerdings direkt schon wieder vermasselt, weil sie mit einem Doppelten Satzzeichen beendet wird. Frage- und Ausrufezeichen tummeln sich hinter dem ersten Wort: "Heh?!"
Gefolgt von dem gekrächzten "Was stehen Sie hier herum?" einer unfreundlichen und gereizten Stimme. Ich wäre niemals selbst darauf gekommen, dass der Sprecher unfreundlich ist. Ehrlich nicht. Ohne Herrn Rohmers Hilfe hätte ich ganz gewiss in den Seilen gehangen. Und die Gereiztheit musste mir natürlich auch auf dem Silbertablett präsentiert werden.
Merken Sie es? Die Kurzgeschichte macht mir großen Spaß!
Ich werde mich jetzt davon lösen, mich jeder Auffälligkeit, zu der ich etwas zu sagen hätte, ausgiebig zu widmen. Das würde zu weit führen.
Was passiert also weiter?
Nachdem Leto die krächzende, unfreundliche, gereizte Stimme ignoriert hat, löst er sich von den "visuellen Fesseln" (!) des Plakates, stolpert "ziellos" (!) "von der Menge mitgetragen" weiter und landet am Ende des Tages im Haus der Reinheit.
Na, dann kanns ja jetzt endlich losgehen.
Nein. Doch noch nicht. Erstmal wird der geneigte Leser darauf hingewiesen, dass Leto sich selbst hasst. Und seine Mitmenschen übrigens auch.
Wieso ist er eigentlich noch nie auf die Idee gekommen zu einem Psychologen oder Psychiater zu gehen? Seine Einstellung scheint mir langsam doch etwas pathologisch zu sein.
Das nächste Highlight wird von einem "mandeläugigen" Mädchen geboten. Mal ganz davon abgesehen, dass ich nicht weiß, was mir diese Information sagen soll, zieht Leto den naheliegenden Vergleich zu einer Leiche.
Sag ich doch: der Mann braucht einen Therapeuten )
Zeit für ein weiteres Zitat:
"Allerdings hatte sie [die Mandeläugige] wohl nicht besonders viel zu tun, denn sie saß einfach nur da und starrte Lato an.
'Warum starrt sie mich nur so an?' fragte sich Lato."
Na? Ist es Ihnen aufgefallen?
Die Starrerei wird im Folgenden noch ein paar Mal erwähnt - für den Fall, dass der überforderte Leser dem Kern der Sache nicht folgen kann. Der Gipfel der Starrerei wird übrigens dann erreicht, als Herr Rohmer vier Mal das Wort "starren" innerhalb von fünf Zeilen unterbringt. Das ist eine beachtliche Leistung. Macht ihm so schnell wohl keiner nach, die Sache mit dem Starren.
Und weil wir es schon lange nicht mehr hatten, befürchtet Lato, dass die Mandeläugige erkennen könnte "wie schlecht und hassenswert" er ist.
(Wir sind übrigens erst auf 18 % der Kurzgeschichte ...)
Und warum starrt die Mandeläugige? Weil sie telepathischen Kontakt zum Meister hat.
Sagt sie. Und fragt Leo, ob er denn auch einen Meister hätte. Das wiederum schokiert Leto.
Und mich erst!
Selten so einen Quatsch gelesen. Aber jetzt bin ich schon so weit gekommen ... da schaffe ich den Rest hoffentlich auch noch.
Nachdem sich Leto von dem Schock erholt hat (eine Zeile) zieht er den unausweichlichen Schluss, dass die Probleme des Alltags für die Mandeläugige keinerlei Bedeutung haben.
Jo! So ist das nämlich mit den Starrern. Die haben keine Probleme. Zumindest nicht mit den Alltäglichkeiten des Lebens ...
Ooooh, es gäbe noch so viel zu erzählen. Aber ab jetzt werde ich weitestgehend auf Inhaltliches verzichten. Ich möchte nicht spoilern.
Mal sehen.
Wenn ich vom Inhalt absehe, fallen mir ein paar (nein, nein, es sind viele) eigenartige Satzkonstruktionen auf:
"[...] fragte er angstvoll."
"Ein Unbehagen stieg in Leto auf." (In mir auch ...)
"Jene Gestalt [...]" (Da hammwers wieder.)
"Im Unterbewusstsein dämmerte ihm breits, wen er vor sich hatte." (Ach? Lange Leitung hat der Gute ...)
"Er stand nur stumm da und sah, wie die Polizisten kopfschüttelde Blicke wechselten." (Ich schüttle grade auch meinen Kopf. Das können Sie mir glauben. Zumal die Polizisten vorher noch wie wild in einer belebten Bahnhofshalle rumgeballert haben.)
""Mag sein, dass ich mich selbst hasse. Aber das braucht dich nicht zu kümmern."" (Da haben wir es also wieder. Leto hat sich selbst nicht lieb. und er nutzt jede Gelegenheit das zu erzählen - unabhängig davon ob es seinen Gegenüber (geschweige denn den Leser) überhaupt interessiert.)
"Und diese Stimme war auch gleichzeitig die Latos." (Herr Rohmer wird einfach nicht müde, Informationen inflationär unters Volk zu bringen. Das war jetzt das dritte Mal auf vier aufeinander folgende Seiten. Was er von der Aufmerksamkeitsspanne seiner Leser hält, ist wohl recht offensichtlich.)
"Plötzlich war Lato vor einer Tür. Er wusste nicht, wohin sie führen möchte." (Tjoah, er könnte ja mal nen nettes Schwätzchen mit ihr halten, um ihre Intention zu ergründen.)
"Vielleicht in ein Lokal oder eine Bar. Vielleicht auch ganz woanders hin." (Wir reden noch immer von der gleichen Tür. Manche Sätze sind so überflüssig, dass sie schon gasförmig scheinen.)
"Eine Streitmacht für das Böse!" (Jetzt hab ich aber echt Angst.)
Hätte Herr Bekker auf ein weiteres Pseudonym verzichtet, hätte ich mir nicht versehentlich dieses "Werk" herunter geladen. Ich muss sagen, dass mir das Verfassen der Rezension um Längen mehr Spaß gemacht hat, als seine Geschichte zu lesen. Von Gruseln möchte ich in diesem Zusammenhang gar nicht sprechen ... Aber dafür in einem anderen Zusammenhang. Da passt "Gruseln" dann doch ganz gut.
Das Ende der Geschichte? Genauso wie der Anfang. Soll heißen: nicht so gut.
Aber hey: es gibt eine Wendung. Immerhin etwas.
Zusatz:
Ich habe grade das weltweite Netz nach den Geburtsdaten des Autors durchsucht. Demnach war er zum Zeitpunkt, als er dieses Werk aus der Taufe gehoben hat, 16 Jahre alt. So liest es sich auch. Und wenn er sein Manuskript in diesem Alter jemandem zum Kauf angeboten hätte, hätte ich das niedlich gefunden. Ehrlich. Ich hätte ihm zwar davon abgeraten einen Cent ... äh Pfennig für das Manuskript zu fordern, aber ich wäre nicht sauer gewesen. Und ich hätte mich mit meiner Rezension zurück gehalten.
Zur Info:
Ich habe die Rezension geschrieben, ehe ich im Netz unterwegs war. Hätte es sich hier um einen Jungautoren gehandelt, der es nicht besser weiß, dann hätte ich meine Kommentare abgeändert und sachlich gehalten. Aber wissen Sie was? Ein Vielschreiber weiß es besser! Also lasse ich alles so wie es ist.
Was den nunmehr erwachsenen Herrn Bekker dazu verleitet hat, dieses Machwerk gegen Bezahlung hochzuladen ...? Keine Ahnung. Es sieht auch nicht danach aus, als hätte er sich die Mühe gemacht, etwas an dem Ursprungsmanuskript zu ändern. Geschweige denn es zu verbessern.
Das Mindeste wäre der Zusatz "ich stelle hiermit meine ersten Schreibversuche vor" auf der Verkaufsseite von Amazon gewesen.
So habe ich den dringenden Verdacht, dass es für den Autor darum ging, noch eben flott in den Schubladen zu schauen, was sich noch möglichst schnell und ohne Aufwand zu betreiben, an den (ahnungslosen) Leser bringen lässt.
Bisher habe ich keine weitern Werke von Herrn Bekker / Herrn Chadwick / Herrn Rohmer / Herrn welches-Pseudonym-auch-immer gelesen. Und ehrlich gesagt, ist mir die Lust darauf vergangen. Sollte jemand ein Werk von ihm kennen, dass sich wirklich lohnt, wäre ich für eine kurze Rückmeldung dankbar.
Ich kann jedenfalls nur davor warnen, sich "Schwarze Schatten" gegen Geld herunter zu laden.
Fazit
Merke: nicht jede grammatikalisch korrekte Aneinanderreihung von Wörtern ergibt eine brauchbare Geschichte.
Aber immerhin ist die Orthographie einiger Maßen in Ordnung.
Es grüßt euch und hofft auf aufbauende Rückmeldung
Nephthys
Normalerweise "übersetze" ich meine Rezensionen, die ich her online stelle in Forensprache. Ihr wisst schon: Sie durch Ihr ersetzen usw.
Dieses Mal habe ich dazu keinen Nerv (eventuell editiere ich irgendwann mal, wer weiß).
Jedenfalls: nachdem ich mich über Frau Simone Kaplan gewundert und Wolferl Hohlbein geärgert habe, habe ich grade jemanden aufgetan, der mich echt ... (zensiert) ... etwas säuerlich hat werden lassen.
Ich hätte gern Feedback von euch.
(Am Liebsten "supi Rezi, weiter so, viel gelacht, klasse, supidupi, toll" weil ichs grad für meine Gemütslage brauche . Muss aber nicht unbedingt sein. Aber ne Bestätigung, dass ich mich zu recht aufgeregt habe, wäre schon nicht schlecht. Und wenn ich unrecht haben sollte, dann dürft ihr mir das natürlich auch sagen )
Lange Rede - kaum ein Sinn ... hier ist die Rezi:
Schwarzer Schatten (Horror-Erzählung) [Kindle Edition]
von Henry Rohmer (Alfred Bekker)
Klappentext / Kurzbeschreibung
Ein Mann begegnet dem Satan in Person - und seinem eigenen Schatten.
Inhalt und Umsetzung
Ach, wenn man in der Kindle-Abteilung herumstöbert, kommt man an Alfred Bekker nicht vorbei. Und ich habe es wirklich versucht. Hatte ich mir nach diversen Rezensionen schon einmal ein Werk von ihm heruntergezogen, angelesen und dann im Nirvana meiner Kindle-"App" verschwinden lassen ("Eine Zeitmaschine für Schlesien" von "Neal Chadwick").
Vor wenigen Minuten stolperte ich über "Schwarzer Schatten" von Henry Rohmer. Und schon der erste Blick enthüllte es: Henry Rohmer ist ein Pseudonym von Alfred Bekker. Nun denn ... dann beginne ich mal damit, die knapp 25 Normseiten zu lesen.
Was mir als erstes auffällt ist das Layout:
es fehlt der Blocksatz. Das kann ich zwar verschmerzen, wundert mich aber, da "Henry Rohmer" immerhin zu den Vielschreibern zu zählen ist. Da hätte ich ein wenig mehr Professionalität erwartet.
Dann wurde der Text so konvertiert, dass 25 Normseiten auf 16 Kindle-Seiten zusammengeschrumpft sind. Das hat zur Folge, dass das Schiftbild unangenehm lange Zeilen und kleine Buchstaben aufweist. Das ganze wird mit einem einfachen Zeilenabstand komplettiert.
Der erste Satz fodert mir schon einiges ab:
"Der herbstliche Abend pusierte wie ein riesiger, sich in regelmäßigen Abständen zusammenziehender und wieder auseinandergehender Herzmuskel."
Zum Einen ist das ein eigenartiger Vergleich und zum Zweiten gehen Herzmuskeln nicht "auseinander". Sie dehnen sich. Sie nehmen an Länge zu. Sie entspannen. Wie auch immer man den Vorgang ausdrücken will. Aber auseinandergehen? Das klingt danach, dass sich der Autor nicht die Mühe gemacht hat, ein adequates Synonym zu finden, und stattdessen einfach runtergerattert hat, was ihm durch den Kopf geschossen ist.
Schon der erste Satz vermittelt mir also das Bild eines Autors, der sich nicht die Mühe macht, sein Werk noch einmal "nachzuschleifen".
Nun gut. Die Geschichte spielt also in einer hektischen Großstadt. Sie (also die Herzmuskelstadt) wird zudem von einer kalten Herbstsonne beschienen, die so wirkt, als würde sie erlöschen.
Ich frage mich allerdings, wie eine solche Sonne aussehen soll. Tatsächlich erlöschende Sterne dehnen sich nämlich erstmal ordentlich aus und verschlucken die Planeten, die ihnen nahe genug sind, dass sich Leben entwickeln konnte, ehe sie kollabieren ... aber das nur am Rande, weil mir grade danach ist, klugzuscheissern.
Die Kurzgeschichte wurde in den frühen Achtzigern geschrieben und spielt in Deutschland. Die verwendete Währung ist also noch DM.
Der Protagonist ist Robert Lato und es wird deutlich, dass die Geschichte aus der dritten Person Singular im Präteritum erzählt wird, denn er stand "an jener Wand [...], an welcher dieses Plakat hing". Jener ... dieser ... ganz klar Geschmackssache. Nur halt eben nicht mein Geschmack. Oder hat man vor dreissig Jahren so gesprochen? Mag mich bitte jemand aufklären?
Weiter geht es damit, dass auf jener Wand, dieses Plakat hing, auf dessen Papier jene Buchstaben ... nein, nein. So schlimm nicht.
Schlimmer ;o)
Auf dem Plakat wird der Guru Gandri Bakanura angepriesen, der Reinheit durch Loslösung der eignenen Schatten verspricht. Und wie soll es anders sein? Der Protagonist ist fasziniert und notiert sich Telefonnummer und Adresse. Ich frage mich nur am Rande, wie man gleichzeitig an einer Wand lehnt und ein Plakat liest. Das beschwört in mir die Vorstellung der so genannten "Rasiersitze" im Kino herauf. Sie wissen schon: Große Leinwand, erste Reihe, Sitzplatz irgendwo am Rand.
Lato macht sich also auf dem Weg zur persönlichen Reinheit. Obwohl der Erzähler noch einmal ausdrücklich darauf hinweist, dass die Suche nach innerer Reinheit nicht selten in Selbstverstümmelung gipfelt. Da darf man gern geteilter Meinung sein. Mir ist es aber übel aufgestoßen, dass der Erzähler erst gegen die Suche schimpft - und dann den armen Lato ins offene Messer rennen lässt. Das ist ja fast schon bösartig.
Warum Lato sich auf das dubiose Angebot des Gurus einlassen will? Er ist ein Kind seiner Zeit: Pott rauchen, Buddismus, Christentum etc. pp. sollten ihn bisher auf seiner Suche nach Reinheit unterstützen. Nur, was soll man sagen? Hat bisher nicht hingehauen. Und so ist der arme Mann geplagt von einem unbändigen Selbsthass, der unbedingt abgestellt gehört.
Das alles erfährt der geneigte Leser übrigens, weil sich der Autor in ellenlangen Beschreibungen ergeht. Sorry, aber das nervt mich.
Das nervt mich umso mehr, als dass es sich hier um eine Kurzgeschichte handelt. Da darf man solche Informationen gern auch mal "zeigen". Ein Gespräch, eine hingeworfene Geste - es gibt Unmengen Möglichkeiten Beschreibungen dieser Art fesselnd zu ersetzen.
Es folgt noch einmal eine halbe Seite Für und Wider Guru und Werbeslogan.
Dann gibts endlich eine wörtliche Rede. Die Freude darüber wird mir allerdings direkt schon wieder vermasselt, weil sie mit einem Doppelten Satzzeichen beendet wird. Frage- und Ausrufezeichen tummeln sich hinter dem ersten Wort: "Heh?!"
Gefolgt von dem gekrächzten "Was stehen Sie hier herum?" einer unfreundlichen und gereizten Stimme. Ich wäre niemals selbst darauf gekommen, dass der Sprecher unfreundlich ist. Ehrlich nicht. Ohne Herrn Rohmers Hilfe hätte ich ganz gewiss in den Seilen gehangen. Und die Gereiztheit musste mir natürlich auch auf dem Silbertablett präsentiert werden.
Merken Sie es? Die Kurzgeschichte macht mir großen Spaß!
Ich werde mich jetzt davon lösen, mich jeder Auffälligkeit, zu der ich etwas zu sagen hätte, ausgiebig zu widmen. Das würde zu weit führen.
Was passiert also weiter?
Nachdem Leto die krächzende, unfreundliche, gereizte Stimme ignoriert hat, löst er sich von den "visuellen Fesseln" (!) des Plakates, stolpert "ziellos" (!) "von der Menge mitgetragen" weiter und landet am Ende des Tages im Haus der Reinheit.
Na, dann kanns ja jetzt endlich losgehen.
Nein. Doch noch nicht. Erstmal wird der geneigte Leser darauf hingewiesen, dass Leto sich selbst hasst. Und seine Mitmenschen übrigens auch.
Wieso ist er eigentlich noch nie auf die Idee gekommen zu einem Psychologen oder Psychiater zu gehen? Seine Einstellung scheint mir langsam doch etwas pathologisch zu sein.
Das nächste Highlight wird von einem "mandeläugigen" Mädchen geboten. Mal ganz davon abgesehen, dass ich nicht weiß, was mir diese Information sagen soll, zieht Leto den naheliegenden Vergleich zu einer Leiche.
Sag ich doch: der Mann braucht einen Therapeuten )
Zeit für ein weiteres Zitat:
"Allerdings hatte sie [die Mandeläugige] wohl nicht besonders viel zu tun, denn sie saß einfach nur da und starrte Lato an.
'Warum starrt sie mich nur so an?' fragte sich Lato."
Na? Ist es Ihnen aufgefallen?
Die Starrerei wird im Folgenden noch ein paar Mal erwähnt - für den Fall, dass der überforderte Leser dem Kern der Sache nicht folgen kann. Der Gipfel der Starrerei wird übrigens dann erreicht, als Herr Rohmer vier Mal das Wort "starren" innerhalb von fünf Zeilen unterbringt. Das ist eine beachtliche Leistung. Macht ihm so schnell wohl keiner nach, die Sache mit dem Starren.
Und weil wir es schon lange nicht mehr hatten, befürchtet Lato, dass die Mandeläugige erkennen könnte "wie schlecht und hassenswert" er ist.
(Wir sind übrigens erst auf 18 % der Kurzgeschichte ...)
Und warum starrt die Mandeläugige? Weil sie telepathischen Kontakt zum Meister hat.
Sagt sie. Und fragt Leo, ob er denn auch einen Meister hätte. Das wiederum schokiert Leto.
Und mich erst!
Selten so einen Quatsch gelesen. Aber jetzt bin ich schon so weit gekommen ... da schaffe ich den Rest hoffentlich auch noch.
Nachdem sich Leto von dem Schock erholt hat (eine Zeile) zieht er den unausweichlichen Schluss, dass die Probleme des Alltags für die Mandeläugige keinerlei Bedeutung haben.
Jo! So ist das nämlich mit den Starrern. Die haben keine Probleme. Zumindest nicht mit den Alltäglichkeiten des Lebens ...
Ooooh, es gäbe noch so viel zu erzählen. Aber ab jetzt werde ich weitestgehend auf Inhaltliches verzichten. Ich möchte nicht spoilern.
Mal sehen.
Wenn ich vom Inhalt absehe, fallen mir ein paar (nein, nein, es sind viele) eigenartige Satzkonstruktionen auf:
"[...] fragte er angstvoll."
"Ein Unbehagen stieg in Leto auf." (In mir auch ...)
"Jene Gestalt [...]" (Da hammwers wieder.)
"Im Unterbewusstsein dämmerte ihm breits, wen er vor sich hatte." (Ach? Lange Leitung hat der Gute ...)
"Er stand nur stumm da und sah, wie die Polizisten kopfschüttelde Blicke wechselten." (Ich schüttle grade auch meinen Kopf. Das können Sie mir glauben. Zumal die Polizisten vorher noch wie wild in einer belebten Bahnhofshalle rumgeballert haben.)
""Mag sein, dass ich mich selbst hasse. Aber das braucht dich nicht zu kümmern."" (Da haben wir es also wieder. Leto hat sich selbst nicht lieb. und er nutzt jede Gelegenheit das zu erzählen - unabhängig davon ob es seinen Gegenüber (geschweige denn den Leser) überhaupt interessiert.)
"Und diese Stimme war auch gleichzeitig die Latos." (Herr Rohmer wird einfach nicht müde, Informationen inflationär unters Volk zu bringen. Das war jetzt das dritte Mal auf vier aufeinander folgende Seiten. Was er von der Aufmerksamkeitsspanne seiner Leser hält, ist wohl recht offensichtlich.)
"Plötzlich war Lato vor einer Tür. Er wusste nicht, wohin sie führen möchte." (Tjoah, er könnte ja mal nen nettes Schwätzchen mit ihr halten, um ihre Intention zu ergründen.)
"Vielleicht in ein Lokal oder eine Bar. Vielleicht auch ganz woanders hin." (Wir reden noch immer von der gleichen Tür. Manche Sätze sind so überflüssig, dass sie schon gasförmig scheinen.)
"Eine Streitmacht für das Böse!" (Jetzt hab ich aber echt Angst.)
Hätte Herr Bekker auf ein weiteres Pseudonym verzichtet, hätte ich mir nicht versehentlich dieses "Werk" herunter geladen. Ich muss sagen, dass mir das Verfassen der Rezension um Längen mehr Spaß gemacht hat, als seine Geschichte zu lesen. Von Gruseln möchte ich in diesem Zusammenhang gar nicht sprechen ... Aber dafür in einem anderen Zusammenhang. Da passt "Gruseln" dann doch ganz gut.
Das Ende der Geschichte? Genauso wie der Anfang. Soll heißen: nicht so gut.
Aber hey: es gibt eine Wendung. Immerhin etwas.
Zusatz:
Ich habe grade das weltweite Netz nach den Geburtsdaten des Autors durchsucht. Demnach war er zum Zeitpunkt, als er dieses Werk aus der Taufe gehoben hat, 16 Jahre alt. So liest es sich auch. Und wenn er sein Manuskript in diesem Alter jemandem zum Kauf angeboten hätte, hätte ich das niedlich gefunden. Ehrlich. Ich hätte ihm zwar davon abgeraten einen Cent ... äh Pfennig für das Manuskript zu fordern, aber ich wäre nicht sauer gewesen. Und ich hätte mich mit meiner Rezension zurück gehalten.
Zur Info:
Ich habe die Rezension geschrieben, ehe ich im Netz unterwegs war. Hätte es sich hier um einen Jungautoren gehandelt, der es nicht besser weiß, dann hätte ich meine Kommentare abgeändert und sachlich gehalten. Aber wissen Sie was? Ein Vielschreiber weiß es besser! Also lasse ich alles so wie es ist.
Was den nunmehr erwachsenen Herrn Bekker dazu verleitet hat, dieses Machwerk gegen Bezahlung hochzuladen ...? Keine Ahnung. Es sieht auch nicht danach aus, als hätte er sich die Mühe gemacht, etwas an dem Ursprungsmanuskript zu ändern. Geschweige denn es zu verbessern.
Das Mindeste wäre der Zusatz "ich stelle hiermit meine ersten Schreibversuche vor" auf der Verkaufsseite von Amazon gewesen.
So habe ich den dringenden Verdacht, dass es für den Autor darum ging, noch eben flott in den Schubladen zu schauen, was sich noch möglichst schnell und ohne Aufwand zu betreiben, an den (ahnungslosen) Leser bringen lässt.
Bisher habe ich keine weitern Werke von Herrn Bekker / Herrn Chadwick / Herrn Rohmer / Herrn welches-Pseudonym-auch-immer gelesen. Und ehrlich gesagt, ist mir die Lust darauf vergangen. Sollte jemand ein Werk von ihm kennen, dass sich wirklich lohnt, wäre ich für eine kurze Rückmeldung dankbar.
Ich kann jedenfalls nur davor warnen, sich "Schwarze Schatten" gegen Geld herunter zu laden.
Fazit
Merke: nicht jede grammatikalisch korrekte Aneinanderreihung von Wörtern ergibt eine brauchbare Geschichte.
Aber immerhin ist die Orthographie einiger Maßen in Ordnung.
Es grüßt euch und hofft auf aufbauende Rückmeldung
Nephthys