Ich stimme dem bisher Gesagten zu.
Grundsätzlich sollte sich jeder SF-Autor zunächst einmal bewusst sein, dass er eine Geschichte und kein Sachbuch schreibt. Ich habe schon sehr viele SF-Romane gelesen, wo die Handlung und die Figuren unter einem gefühlten Gebirge von für die Handlung irrelevanten technischen Details begraben wurden und - zumindest bei mir - dadurch oft eine gähnende Langeweile entstand.
M.E. sollten die technologischen und gesellschaftlichen Beschreibungen in einem SF-Roman immer nur ein Mittel zum Zweck sein, um die Grundlage für die Story zu bilden, aber nicht zum Selbstzweck werden, bei dem ich als Leser mehr das Gefühl habe, dass der Autor ein wenig angeberische Ego-Pflege betreibt, als dass es wirklich für die Geschichte nötig gewesen wäre. Auch wenn es der Autor noch so faszinierend findet, muss mir als Leser nicht unbedingt auf zehn Seiten detailliert dargelegt werden, wie denn nun die neueste KI des vollautomatischen Rasenmähers funktioniert, den der Held der Geschichte gerade im Baumarkt gekauft hat, bevor er zum finalen Showdown mit dem Oberschurken aufbricht. In solchen Romanen stimmt m.E. oft die Balance zwischen dem wissenschaftlichen Detailgrad und der Nähe zu den Figuren und ihren Erlebnissen nicht, wodurch für mich diese Geschichten in eine Schieflage geraten, die deutlich zu Lasten der Spannung und Intensität geht.
Dennoch darf ein SF-Roman andererseits aber auch nicht hinter die aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnisse zurückfallen, um nicht unglaubwürdig zu werden. Wenn ein SF-Autor z.B. in seiner Geschichte eine Figur denken lässt, dass es vermutlich keine anderen erdähnlichen Planeten in der Milchstraße gäbe außer unserer guten alten Erde, dann wäre das ein Gedanke, der bereits heute überholt ist. Oder wenn der Protagonist auf der Venus abstürzt und ihm plötzlich (wie in den allerersten Perry Rhodan-Heften aus den frühen 1960ern) riesige Dinosaurier über den Weg laufen und ihn durch den üppigen venusischen Urwald jagen.
Prinzipiell würde ich sagen, dass man als Autor das an Details und Hintergrundwissen ausarbeiten sollte, was man für seine SF-Geschichte braucht, und alles andere getrost beiseite lassen kann. Will ich einen Roman über einen heimtückischen außerirdischen Virus schreiben, der die Menschheit ausrotten kann, komme ich sicherlich nicht umhin, mir diesen Alien-Virus in seiner Beschaffenheit und seiner Wirkungsweise genau zu überlegen, weil die ganze Handlung meiner Story davon abhängt. Dagegen muss ich als Leser nicht unbedingt wissen, wie genau das Warp-Triebwerk auf dem Raumschiff funktioniert, mit dem der Held der Geschichte durch die Galaxis düst. In diesem Fall würde es mir genügen zu wissen, dass es offensichtlich eine hyperraumtaugliche Antriebstechnologie gibt, die die Figuren benutzen können.
Hinzu kommt, dass das technische Innenleben des Antriebskonverters ja ohnehin eine völlig fiktive Technologie wäre und m.E. auch nicht wirklich realistischer auf den Leser wirken würde, wenn er sie auf 20 Seiten detailliert erklärt bekäme (ich denke da mit Schrecken an viele frühere Perry Rhodan-Hefte von Rainer Castor, bei dem die Story manchmal über weite Strecken zu einer reinen technischen Datenblatt-Sammlung verkam). M.E. sollten trotz aller Wissenschaftlichkeit in einem SF-Roman immer die Figuren im Zentrum stehen, die sich in der technologischen und gesellschaftlichen Umwelt einer fiktiven Zukunft bewegen, und nicht die Technologie und die Gesellschaft selbst.