Hi,
ja, ich habe von ihr die Avalon-Reihe und einiges aus der Darkover-Reihe gelesen. Meine Meinung dazu ist sehr positiv.
In der Avalon-Reihe sind allerdings die Folgebände nur blasse Schatten des ersten Bandes "Die Nebel von Avalon" und offensichtliche Versuche, an den Markterfolg dieses Weltbestsellers anzuknüpfen. Solche Versuche gibt es immer wieder und sie gehen meistens in die Hose. Der erste Band ist einfach großartig. Ich habe ihn als Teenager und auch noch als erwachsene Frau geliebt und meine Tochter hat ihn vor einigen Monaten für sich entdeckt und mag ihn ebenfalls sehr. In dem Buch wird die Geschichte der Halbschwester von König Artus erzählt, von Morgaine, also quasi die Artus-Sage aus der Sicht einer Frau. Gleichzeitig wird von der Verdrängung der keltischen (matriarchalisch geprägten) Kultur und Religion durch das römisch und daher patriarchalisch orientierte Christentum berichtet. (In Rom diskutierten bedeutende Philosophen ernsthaft die Frage, ob Frauen wohl eine Seele haben! Das ist aber nicht das Thema des Buches, ich erwähne es hier nur. ^^)
Gefühlsgeschwalle beinhaltet das Buch eigentlich nicht. Natürlich ist die Geschichte aus Frauen-Sicht erzählt, und so sind weniger die Heldentaten auf dem Schlachtfeld der Mittelpunkt der Handlung, sondern das Warten darauf, wer wohl vom Schlachtfeld heile zurück kommt und auch das weitgehend rechtlose Ausgeliefert-Sein der Frauen im Mittelalter (Beispielsweise beim Thema Heirat). Frauchenmäßig kommt das Buch keinesfalls rüber.
Auch bei den Darkover-Romanen wird viel Sicht von Frauen erzählt. Darkover ist ein Planet, auf dem ein irdisches Raumschiff notlanden muss. Es gibt keine Möglichkeit, Kontakt zum Rest der Menschheit aufzunehmen und so müssen die Überlebenden sehen, wie sie zurecht kommen. Eine Robinsonade, wenn Du so willst, aber mit verschiedenen Romanen (und Reihen) über einen Zeitraum von Jahrhunderten erzählt. Die Kultur entwickelt sich ohne die gewohnte moderne Technik zunächst zu einem mittelalterlichen Stand zurück, und auch hier müssen die (modernen) Frauen der ersten Generationen überlegen, wie sie ihre Rolle spielen wollen. Ich finde es eher interessant, wie Bradley diese Fragen behandelt. Es entstehen Subkulturen, zum Beispiel von medial begabten Menschen, die ihre Fähigkeiten auch an ihre Nachkommen weiter geben, oder von "freien Amazonen", die sich weigern, ihr Schicksal von Männern bestimmen zu lassen und sich von deren Schutz abhängig zu machen. Ebenfalls Frauenfragen, aber nicht "frauchenmäßig" behandelt.
Ich denke, die negativen Kritiken kommen von Lesern, die in einem Fantasy-Roman Männerthemen bahndelt wissen wollen. Du weißt schon: Die große Aufgabe, den Salat der Ewigkeit zu finden und mit seiner Hilfe den bösen X zu besiegen, auf dass die Freiheit der Welt gerettet werde. Die Frage, ob eine Frau den Kerl, an den sie im Alter von 13 Jahren verheiratet wurde und von dem sie mit 14 Jahren ein Kind kriegen musste (und das nächste im Folgejahr, weil es im Frühmittelalter noch keine Verhütung gab) hassen oder achten soll, interessiert Männer meist nicht so. Dass eine Frau Hohepriesterin der alten keltischen Religion wird und nicht, wie es sich gehört, bei politischen Gesprächen sittsam ihren Mund hält und Gobelins stickt, passt nicht in die üblichen Klischees. Ich halte das aber nicht für Gefühlsgeschwalle, genauso wenig wie die "echte, dicke Männerfreundschaft", die in anderen Büchern beschworen wird. Es ist eben eine weibliche Sicht auf die Ereignisse, und absolut lesenswert und interessant.
Mit den Teenie-Schwärmereien à la Twilight hat das nicht das Geringste zu tun. Mein Tipp: Versuch ruhig mal "Die Nebel von Avalon". Das gibt es in jeder Bücherei und kostet Dich somit nicht mal Geld.