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Hallo, liebe Forums-Mitglieder,
hier poste ich mal eine Kurzgeschichte, die ich für einen Wettbewerb eingereicht hatte, die aber leider nicht angenommen wurde. Ich finde sie auch nicht so bedeutend, aber trotzdem ganz nett, und vielleicht habt Ihr ja Spaß daran.
Der Heilerin sei Dank !
Jerra betrachtete den Kranken aufmerksam. Vergessen war, dass sie die Bauern des Tieflands und ihre Angehörigen nicht gerne aufsuchte und nur widerwillig dem Wunsch ihrer Helferin Beke gefolgt war. Sah der Kranke für ungeschulte Betrachter nur blass und kraftlos aus, so stellte sich für die Heilerin seine Aura, das Magnetfeld, welches von jedem lebenden Wesen erzeugt wird, als einzige Katastrophe dar. Unwillkürlich hob Jerra ihre Hände, als könne sie die flackernde, in den falschen Farben und zu schwach schimmernde Ausstrahlung dadurch zusammenhalten. Aber ganz so einfach war es nicht.
Die Erscheinung der Aura war letzten Endes nur eine Ausscheidung des kranken Individuums und genauso wie der trübe Blick, die Farbe und der Geruch seiner Haut und seines Urins nur Indikatoren für die Krankheit, nicht die Krankheit selber. Die musste Jerra erst finden und aus dem Kranken herausnehmen, dann würde die Aura von selber wieder hergestellt werden.
Die Heilerin neigte ihren Kopf ein wenig auf die Seite als sie durch das physische Gewebe des erkrankten Körpers hindurchsah. Sie analysierte die Lebenskraft der einzelnen Organe, Blutgefäße, Muskeln, Knochen und Nervenbahnen, auf deren Beeinträchtigung die Deformation der Aura hingewiesen hatte. Mit ihren Blicken folgte sie den Meridianen durch den Körper, nicht nur den großen, sondern auch den kleinen. Und sie schauderte. Hier lagen nicht nur der normale Verschleiß und Zerfall vor, wie sie beim Alterungsprozess nicht zu vermeiden waren. Zusätzlich zu den Altersbeschwerden, welche der Kranke durch seinen unmäßigen Lebenswandel so sehr verstärkt hatte, zog sich durch allzu viele Elemente seines Körpers und seiner Seele eine Spur, ein schwarzer Schatten wie ein Dämon, der sich in scheinbar noch normal arbeitenden Organen versteckte und hinter Körperfunktionen, die nur leicht gestört wirkten.
Jerra seufzte, als sie sich daran machte, dieses Dunkle aus dem Körper des Kranken zu entfernen. Es war eine sehr anstrengende Arbeit, nach der man sich stets selber krank und schwach fühlte. Es gab so viel von diesem Dunklen und es durfte möglichst nichts zurückbleiben. Sonst würde es sein zerstörerisches Werk im geschwächten Körper des Kranken dennoch fortsetzen können.
Sie nahm die substanzlose Ursache für die Störung fort und leitete sie in die übergeordnete Energieebene des Universums ab. Aus der war sie ursprünglich auch entstanden war, ebenso wie alles Andere. Und dort glichen sich letzten Endes alle positiven und negativen Energien aus, da sie nur verschiedene Aspekte des einen Ganzen waren. Nun musste sie noch die Veränderungen und Störungen beheben ...
„Willst du nicht mal anfangen, Hexe? Du starrst unseren Vater jetzt schon seit einer Ewigkeit an, ohne einen Finger zu rühren.“ Zawa runzelte mürrisch die Stirn.
„Bitte habe Geduld und störe Jerra nicht“, bat Beke. „Sie hat mit der Heilung längst begonnen.“
„Ach was? Glaubt aber nur nicht, dass ich sie fürs Nichtstun bezahle. Erst will ich Erfolge sehen.“
„Hast Du dem Alchemisten den Lohn auch verweigert, als sich kein Erfolg einstellte?“
„Er ließ sich für sein Pulver bezahlen. Ob es wirkte oder nicht, konnten wir ja wohl erst feststellen, als wir es dem Vater eingegeben hatten.“
„Bitte streitet euch nicht“, bat Jerra leise. „Ich bin ja noch nicht fertig. Entscheide selber, wieviel dir mein Tun wert ist. Aber lass es mich erst verrichten.“
Sie konzentrierte sich wieder auf den Kranken, dessen Wangen schon ein wenig von seiner ungesunden Blässe verloren. So viel war hier aus dem Gleichgewicht! Sie schob hier ein wenig, rückte dort etwas zurecht, stieß da einen verlangsamten Kreislauf behutsam wieder an. Nach und nach wurde es besser, doch dafür spürte Jerra nun ihre eigene Erschöpfung.
Aber aus Mitleid mit dem kranken, alten Mann linderte sie schließlich noch die schlimmsten seiner Altersgebrechen. Sie leitete die kristallisierte Harnsäure aus den steif gewordenen Gelenken ab, schob die Bandscheiben sanft wieder an ihren rechten Platz und löste die Ablagerungen in den Blutgefäßen ganz auf. Auch die Trübung der Augen konnte sie verringern, indem sie die in die Linse eingelagerten Proteine in unschädliche kleinere Moleküle zerfallen ließ.
Erleichtert wandte sie sich dann ab und setzte sich auf einen Stuhl, um ein wenig auszuruhen. Zawa folgte ihr ungeduldig.
„Also was ist denn jetzt? Was hat er?“, fragte sie. Mit einer Hand umtasste sie die Stuhllehne. Die Anspannung ihres Körpers und ihres Geistes ließ den ganzen Stuhl unangenehm schwingen. Der Zorn ihres zu nahen Körpers drang wie Lärm auf Jerra ein. Ergeben stand die Heilerin wieder auf und wich einen Schritt zur Seite.
„Ursprünglich ist es gar nicht so schlimm gewesen“, erklärte sie. „Er isst und trinkt die falschen Dinge, ... seit vielen Jahren. Er bewegt sich nicht mehr genug. Sein Körper ist alt und müde und kann sich gegen all das immer weniger wehren.“
„Behauptest Du also auch, dass er mit diesen Geschichten leben muss, weil er eben alt ist? Das haben wir schon vom Alchemisten gehört. Dafür zahle ich nicht nochmal.“ Zawa verschränkte entschlossen ihre Arme vor der Brust.
„Äh, ja, ... nein, das war nur der Auslöser. Du weißt, dass er keine Kuhmilch verträgt. Beke hat es mir erzählt. Aber er muss kürzlich eine größere Menge davon getrunken haben.“
„Was soll ich denn machen? Eine Ziege anschaffen? Er mag keine Ziegenmilch.“
„Ähm, nein, das ist ja nicht unbedingt nötig. Er darf nur keine Kuhmilch mehr trinken.“
„Soll er also seinen Kaffee schwarz trinken? Das macht er auch nicht.“
Jerra nickte bekümmert. So war es leider viel zu oft. Die Menschen blieben uneinsichtig, weil sie glaubten, die Verfehlungen gegen ihre Gesundheit seien unbedeutend. Schließlich hatten sie ihnen bisher ja auch nicht geschadet. Dass sie einen Dammbruch anstrabten, indem sie an jedem Tag einen Stein aus dem Gebäude ihrer Gesundheit entfernten, konnte Jerra ihnen nicht glaubhaft machen. Sie war Heilerin, keine Lehrerin.
„Na ja, du musst eben versuchen, es ihm zu erklären. Was ihn dann richtig krank gemacht hat, das war dieses Pulver, das er vom Alchemisten gekauft hat. Er hatte von der Milch starke Leibschmerzen und versuchte, sie zu unterdrücken. Dabei waren die Schmerzen doch nur das sichtbare Zeichen der Erkrankung. Und dadurch dass er die Warnung seines Körpers unhörbar gemacht hatte, konnte die Krankheit ungestört weiter wüten. Der Kranke spürte ja nichts mehr davon und lebte wie bisher. Und dann hat sein Körper eben einfach aufgegeben, verstehst du?“
„Heißt das, dass Vater sterben muss?“
„Nein!“ Erschrocken wehrte Jerra ab. „Nein, ich habe die Krankheit von ihm genommen. Er ist jetzt ein wenig erschöpft, weil es so viel auf einmal war. Aber wenn er ausgeschlafen hat, wird er sich gut fühlen. Falls er nichts an seiner Lebensweise ändert, kommt die Krankheit allerdings mit der Zeit wieder.“
„Ja, ja.“ Zawa starrte auf ihren schlafenden Vater. „Du kannst mir ja viel erzählen. Was muss ich dir denn jetzt bezahlen für´s Anstarren und schlau Reden?"
Jerra trat verletzt noch einen weiteren Schritt zurück.
„Was du für angemessen hältst. Das habe ich doch schon gesagt.“
Zawa grunzte unzufrieden und verschwand im anderen Raum. Bald kam sie wieder, mit einem Bündel unter dem Arm.
„Hier sind ein paar getragene Kleider von meiner Tochter. Sind zwar etwas verschlissen, aber mit etwas Stopfarbeit bekommst du sie wieder hin. Du bist ja klein und dünn, das Zeug wird dir bestimmt passen. Hier, und das gebe ich dir noch dazu.“ Sie drückte Jerra einige kleine Münzen in die Hand. „Hast ja nicht viel dafür tun müssen. Aber ich will mich mal nicht lumpen lassen.“
Jerra sah irritiert auf den Almosen in ihrer Hand. Dann gab sie das Geld Beke und ging grußlos hinaus. Beke stieß hastig einige Abschiedsworte hervor und eilte ihr nach. Erst als die Beiden längst fort waren, bemerkte Zawa, dass das Kleiderbündel liegen geblieben war, denn sie hatte den Kranken sorgsam wieder zugedeckt und lange in sein Gesicht geblickt.
„Undankbares Weib“, dachte sie ärgerlich. „Ist sich wohl zu gut für Gebrauchtes. Aber der Vater sieht wirklich besser aus. Sicher ist es gut, dass sie ihn nicht angerührt hat, wo er schon von selber auf dem Weg der Besserung war.“
Am nächsten Morgen erhob sich der alte Torenz von seinem Krankenlager, als wäre nie etwas mit seinem Leib gewesen. Und nicht nur das: Seine Gelenke plagten ihn weniger als jemals zuvor in den letzten zehn Jahren. Er konnte wieder spazieren gehen, ohne dass sein Herz zu zerspringen drohte. Und der Himmel war lange nicht so hell und klar gewesen.
„Siehst du, Vater“, erklärte Zawa glücklich. „Du musstest dich nur einmal richtig ausruhen. Habe ich dir das nicht immer gesagt?“
hier poste ich mal eine Kurzgeschichte, die ich für einen Wettbewerb eingereicht hatte, die aber leider nicht angenommen wurde. Ich finde sie auch nicht so bedeutend, aber trotzdem ganz nett, und vielleicht habt Ihr ja Spaß daran.
Der Heilerin sei Dank !
Jerra betrachtete den Kranken aufmerksam. Vergessen war, dass sie die Bauern des Tieflands und ihre Angehörigen nicht gerne aufsuchte und nur widerwillig dem Wunsch ihrer Helferin Beke gefolgt war. Sah der Kranke für ungeschulte Betrachter nur blass und kraftlos aus, so stellte sich für die Heilerin seine Aura, das Magnetfeld, welches von jedem lebenden Wesen erzeugt wird, als einzige Katastrophe dar. Unwillkürlich hob Jerra ihre Hände, als könne sie die flackernde, in den falschen Farben und zu schwach schimmernde Ausstrahlung dadurch zusammenhalten. Aber ganz so einfach war es nicht.
Die Erscheinung der Aura war letzten Endes nur eine Ausscheidung des kranken Individuums und genauso wie der trübe Blick, die Farbe und der Geruch seiner Haut und seines Urins nur Indikatoren für die Krankheit, nicht die Krankheit selber. Die musste Jerra erst finden und aus dem Kranken herausnehmen, dann würde die Aura von selber wieder hergestellt werden.
Die Heilerin neigte ihren Kopf ein wenig auf die Seite als sie durch das physische Gewebe des erkrankten Körpers hindurchsah. Sie analysierte die Lebenskraft der einzelnen Organe, Blutgefäße, Muskeln, Knochen und Nervenbahnen, auf deren Beeinträchtigung die Deformation der Aura hingewiesen hatte. Mit ihren Blicken folgte sie den Meridianen durch den Körper, nicht nur den großen, sondern auch den kleinen. Und sie schauderte. Hier lagen nicht nur der normale Verschleiß und Zerfall vor, wie sie beim Alterungsprozess nicht zu vermeiden waren. Zusätzlich zu den Altersbeschwerden, welche der Kranke durch seinen unmäßigen Lebenswandel so sehr verstärkt hatte, zog sich durch allzu viele Elemente seines Körpers und seiner Seele eine Spur, ein schwarzer Schatten wie ein Dämon, der sich in scheinbar noch normal arbeitenden Organen versteckte und hinter Körperfunktionen, die nur leicht gestört wirkten.
Jerra seufzte, als sie sich daran machte, dieses Dunkle aus dem Körper des Kranken zu entfernen. Es war eine sehr anstrengende Arbeit, nach der man sich stets selber krank und schwach fühlte. Es gab so viel von diesem Dunklen und es durfte möglichst nichts zurückbleiben. Sonst würde es sein zerstörerisches Werk im geschwächten Körper des Kranken dennoch fortsetzen können.
Sie nahm die substanzlose Ursache für die Störung fort und leitete sie in die übergeordnete Energieebene des Universums ab. Aus der war sie ursprünglich auch entstanden war, ebenso wie alles Andere. Und dort glichen sich letzten Endes alle positiven und negativen Energien aus, da sie nur verschiedene Aspekte des einen Ganzen waren. Nun musste sie noch die Veränderungen und Störungen beheben ...
„Willst du nicht mal anfangen, Hexe? Du starrst unseren Vater jetzt schon seit einer Ewigkeit an, ohne einen Finger zu rühren.“ Zawa runzelte mürrisch die Stirn.
„Bitte habe Geduld und störe Jerra nicht“, bat Beke. „Sie hat mit der Heilung längst begonnen.“
„Ach was? Glaubt aber nur nicht, dass ich sie fürs Nichtstun bezahle. Erst will ich Erfolge sehen.“
„Hast Du dem Alchemisten den Lohn auch verweigert, als sich kein Erfolg einstellte?“
„Er ließ sich für sein Pulver bezahlen. Ob es wirkte oder nicht, konnten wir ja wohl erst feststellen, als wir es dem Vater eingegeben hatten.“
„Bitte streitet euch nicht“, bat Jerra leise. „Ich bin ja noch nicht fertig. Entscheide selber, wieviel dir mein Tun wert ist. Aber lass es mich erst verrichten.“
Sie konzentrierte sich wieder auf den Kranken, dessen Wangen schon ein wenig von seiner ungesunden Blässe verloren. So viel war hier aus dem Gleichgewicht! Sie schob hier ein wenig, rückte dort etwas zurecht, stieß da einen verlangsamten Kreislauf behutsam wieder an. Nach und nach wurde es besser, doch dafür spürte Jerra nun ihre eigene Erschöpfung.
Aber aus Mitleid mit dem kranken, alten Mann linderte sie schließlich noch die schlimmsten seiner Altersgebrechen. Sie leitete die kristallisierte Harnsäure aus den steif gewordenen Gelenken ab, schob die Bandscheiben sanft wieder an ihren rechten Platz und löste die Ablagerungen in den Blutgefäßen ganz auf. Auch die Trübung der Augen konnte sie verringern, indem sie die in die Linse eingelagerten Proteine in unschädliche kleinere Moleküle zerfallen ließ.
Erleichtert wandte sie sich dann ab und setzte sich auf einen Stuhl, um ein wenig auszuruhen. Zawa folgte ihr ungeduldig.
„Also was ist denn jetzt? Was hat er?“, fragte sie. Mit einer Hand umtasste sie die Stuhllehne. Die Anspannung ihres Körpers und ihres Geistes ließ den ganzen Stuhl unangenehm schwingen. Der Zorn ihres zu nahen Körpers drang wie Lärm auf Jerra ein. Ergeben stand die Heilerin wieder auf und wich einen Schritt zur Seite.
„Ursprünglich ist es gar nicht so schlimm gewesen“, erklärte sie. „Er isst und trinkt die falschen Dinge, ... seit vielen Jahren. Er bewegt sich nicht mehr genug. Sein Körper ist alt und müde und kann sich gegen all das immer weniger wehren.“
„Behauptest Du also auch, dass er mit diesen Geschichten leben muss, weil er eben alt ist? Das haben wir schon vom Alchemisten gehört. Dafür zahle ich nicht nochmal.“ Zawa verschränkte entschlossen ihre Arme vor der Brust.
„Äh, ja, ... nein, das war nur der Auslöser. Du weißt, dass er keine Kuhmilch verträgt. Beke hat es mir erzählt. Aber er muss kürzlich eine größere Menge davon getrunken haben.“
„Was soll ich denn machen? Eine Ziege anschaffen? Er mag keine Ziegenmilch.“
„Ähm, nein, das ist ja nicht unbedingt nötig. Er darf nur keine Kuhmilch mehr trinken.“
„Soll er also seinen Kaffee schwarz trinken? Das macht er auch nicht.“
Jerra nickte bekümmert. So war es leider viel zu oft. Die Menschen blieben uneinsichtig, weil sie glaubten, die Verfehlungen gegen ihre Gesundheit seien unbedeutend. Schließlich hatten sie ihnen bisher ja auch nicht geschadet. Dass sie einen Dammbruch anstrabten, indem sie an jedem Tag einen Stein aus dem Gebäude ihrer Gesundheit entfernten, konnte Jerra ihnen nicht glaubhaft machen. Sie war Heilerin, keine Lehrerin.
„Na ja, du musst eben versuchen, es ihm zu erklären. Was ihn dann richtig krank gemacht hat, das war dieses Pulver, das er vom Alchemisten gekauft hat. Er hatte von der Milch starke Leibschmerzen und versuchte, sie zu unterdrücken. Dabei waren die Schmerzen doch nur das sichtbare Zeichen der Erkrankung. Und dadurch dass er die Warnung seines Körpers unhörbar gemacht hatte, konnte die Krankheit ungestört weiter wüten. Der Kranke spürte ja nichts mehr davon und lebte wie bisher. Und dann hat sein Körper eben einfach aufgegeben, verstehst du?“
„Heißt das, dass Vater sterben muss?“
„Nein!“ Erschrocken wehrte Jerra ab. „Nein, ich habe die Krankheit von ihm genommen. Er ist jetzt ein wenig erschöpft, weil es so viel auf einmal war. Aber wenn er ausgeschlafen hat, wird er sich gut fühlen. Falls er nichts an seiner Lebensweise ändert, kommt die Krankheit allerdings mit der Zeit wieder.“
„Ja, ja.“ Zawa starrte auf ihren schlafenden Vater. „Du kannst mir ja viel erzählen. Was muss ich dir denn jetzt bezahlen für´s Anstarren und schlau Reden?"
Jerra trat verletzt noch einen weiteren Schritt zurück.
„Was du für angemessen hältst. Das habe ich doch schon gesagt.“
Zawa grunzte unzufrieden und verschwand im anderen Raum. Bald kam sie wieder, mit einem Bündel unter dem Arm.
„Hier sind ein paar getragene Kleider von meiner Tochter. Sind zwar etwas verschlissen, aber mit etwas Stopfarbeit bekommst du sie wieder hin. Du bist ja klein und dünn, das Zeug wird dir bestimmt passen. Hier, und das gebe ich dir noch dazu.“ Sie drückte Jerra einige kleine Münzen in die Hand. „Hast ja nicht viel dafür tun müssen. Aber ich will mich mal nicht lumpen lassen.“
Jerra sah irritiert auf den Almosen in ihrer Hand. Dann gab sie das Geld Beke und ging grußlos hinaus. Beke stieß hastig einige Abschiedsworte hervor und eilte ihr nach. Erst als die Beiden längst fort waren, bemerkte Zawa, dass das Kleiderbündel liegen geblieben war, denn sie hatte den Kranken sorgsam wieder zugedeckt und lange in sein Gesicht geblickt.
„Undankbares Weib“, dachte sie ärgerlich. „Ist sich wohl zu gut für Gebrauchtes. Aber der Vater sieht wirklich besser aus. Sicher ist es gut, dass sie ihn nicht angerührt hat, wo er schon von selber auf dem Weg der Besserung war.“
Am nächsten Morgen erhob sich der alte Torenz von seinem Krankenlager, als wäre nie etwas mit seinem Leib gewesen. Und nicht nur das: Seine Gelenke plagten ihn weniger als jemals zuvor in den letzten zehn Jahren. Er konnte wieder spazieren gehen, ohne dass sein Herz zu zerspringen drohte. Und der Himmel war lange nicht so hell und klar gewesen.
„Siehst du, Vater“, erklärte Zawa glücklich. „Du musstest dich nur einmal richtig ausruhen. Habe ich dir das nicht immer gesagt?“
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