Whitedragon
fallen asleep
Aaalso, das ist der Prolog zu einer Geschichte, die ich schreibe. Und da diese auch irgendwann veröffentlicht werden soll (In zehn Jahren oder so, vorher bin ich nämlich nich fertig ) wollt ich gern wissen, was die Öffenlichkeit (also ihr, liebe Forenmitglieder) darüber denkt.
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Prolog
Im Jahre 2005 passierten viele Umweltkatastrophen, wo sie am wenigsten erwartet wurden. Es geschahen seltsame Dinge, die die klügsten Wissenschaftler nicht zu erklären bewältigten. Wie sollten sie erklären, dass es in Europa zu einer gar bombastischen Hitzewelle kam, die jegliches Leben auszurotten drohte, als es dann plötzlich anfing zu schneien, mitten im Sommer? Dass es in der Wüste zu plötzlichen Regenergüssen kam, die die weiten Sanddünen überfluteten und dass das Wasser ebenso schnell wieder verschwand, ohne ein Zeichen von Leben oder gar Tod zu hinterlassen? Es kam und ging wie ein schlimmer Albtraum, aus dem man zu erwachen vermochte, wenn etwas lebensbedrohliches passierte. Es ging wie ein Schatten an den Menschen vorbei, sie vergaßen schnell die schlimmen Dinge, denn sie wussten nicht den Grund, es war unerklärbar. Und für unerklärbare Dinge hatte man in diesem schnellen Leben keine Zeit mehr, die Angst zu realisieren, die tief in der Seele schlummerte und hoffte empor zu steigen.
Doch es sollte passieren, dass die Menschen, die ihre Erinnerungen an diese Katastrophen verdrängt hatten, in einen unendlich lang scheinenden Albtraum hineingezogen wurden, ein Traum von Zerstörung, Wut und purem Hass, getrieben von Habgier und den Gelüsten nach Macht, durchzogen von dem Geruch des Blutes, das vergossen werden sollte, und mit der Kälte des Todes bestückt, so dass jeder einzelne bekräftigen würde zu glauben, dass jener Tag die Apokalypse und das Ende der Welt gewesen zu sein schien, und dass sie nicht ins Himmelreich, sondern in das unlöschbare Feuer der Hölle gelangt sind, das sich ewig an den zerfetzten Körper und erkrankten Seelen der Unschuldigen nähren wird, denn der Himmel und die Erde würden nicht mehr existieren...
Es war dunkel und kalt. Der Himmel, der doch schwarz und voller Sterne sein musste, war dunkelrot von Blut gefärbt und die Sterne erblasst. Überall lagen Trümmer von Gebäuden auf der Strasse, man wusste nicht, wo man sich befand, ob man noch in der Nähe seines Hauses war oder doch ein paar Strassen weiter unter den Ruinen eines anderen Gebäudes lag. Alles sah gleich aus, überall lagen größere und kleinere Brocken von Wänden, Innengarnituren, Dächern, oder einfach Glas von Fenstern und Metall aus den Pfeilern von Hochhäusern. Und unter diesem Schutt lagen die leblosen Körper vieler Unschuldiger, die nicht wussten, was geschah oder wofür sie gestorben sind.
Es war Krieg gewesen. Kein normaler Krieg, die Menschen hatten diesmal keine Schuld an der Zerstörung. Es waren Dämonen, die auf der Erde wüteten und Engel, die den Himmel verdarben. Mächtige Wesen, die ihren Krieg auf die Erde trugen und dort bis hin zum Tod kämpften. Aber sie kämpften nicht gegeneinander, sie kämpften gegen etwas viel stärkeres und mächtigeres, sie konnten nicht gewinnen. Die psychischen Kräfte der Engel, die sehr ausgeprägt sind, konnten diesem Wesen nicht standhalten. Die Engel, die die Magie von Wasser, Feuer, Erde und Luft gebrauchen konnten, versagten und zahlreiche starben.
Und die physischen Kräfte der Dämonen, die mit ihren aus der Tiefe der Erde geschmiedeten Waffen und ihrer einem Riesen gleichender Kraft, reichten nicht aus. Die Dämonen, die stärksten Wesen überhaupt, waren zu schwach für dieses Wesen und viele wurden getötet. Und obwohl diese verhassten Völker sich zusammengetan, nebeneinander gestanden, gekämpft und ihre Kräfte vereint hatten, sie konnten nicht gewinnen. Denn dieses Wesen hatte wenige mächtige Freunde, die bis in den Tod gingen, und selbst hatte es die Kraft von beiden Völkern gestohlen und sie damit weitgehend ausgerottet, den Planeten Erde fast vernichtet und die Menschen so gut wie ausgelöscht. Dieses Wesen war weder Mensch noch Engel noch Dämon, es war einfach nur das Böse, das aus jahrelangem Hass, Habgier und Kriegen der drei Völker entstand und immer weiter in dieser einen Person wuchs, bis es schließlich zu explodieren drohte. Und es war eine schreckliche Explosion.
Atari versuchte mit ihrem verletzten Arm einen Steinbrocken von sich zu heben. Er war nicht besonders groß, doch sie hatte nicht mehr viel Kraft, zumal sie am ganzen Körper blaue Flecken und offene Wunden hatte. Ihre Rüstung, ein Kleid aus einem Stoff des Himmels, war blutrot gefärbt, nur ansatzweise erkannte man noch die Reinheit dieses Gewandes. Ihr rechter Flügel war in einer etwas abstehenden Position, sie fühlte ihn auch nicht mehr. Es schmerzte, die Flügel zu bewegen, und immer wieder, bei jeder kleinen Bewegung, quoll Blut aus ihren Wunden, von ihren weißen Flügeln tropfte unerbittlich das rote Lebenselixier und färbte diese wie ihr Gewand.
Sie schaffte es nicht, den Steinbrocken von sich zuheben, und als er wieder auf sie krachte, fühlte sie den Schmerz in der Brust nicht mal. Ihr ganzer Körper war taub, der Schmerz hatte ihn gelähmt. Sie sah mit Tränen in den Augen ihre Freundin Fenudee unter einer Hauswand liegen. Sie war nicht weit entfernt, trotzdem schaffte Atari nicht, sie zu berühren, um zusehen ob sie noch lebte. Sie versuchte etwas zu sagen, doch ihr Mund vermochte ihr nicht mehr zu gehorchen. Nur ein kleiner spitzer Ton kam aus ihrem Hals. „Wieso nur?“ dachte sie „Wieso kann ich ihr nicht helfen? Wo sie mich doch gerettet hat!“ Leise Schluchzer hörte Atari aus ihrer Kehle kommen, wurde ihr doch ihre Hilflosigkeit bewusst. Sie lag da und konnte nichts tun. Atari sah sich dem Tod nahe, ihr Leben schien verwirkt. Doch als ihr Seele aus ihrem Körper schwinden wollte, schärften sich noch einmal ihr Sinne. Sie hörte Schritte, die in ihrer Nähe gegangen wurden, sie roch das Blut von vielen Engeln, fühlte den Schmerz der herannahenden Person. Diese Person war verletzt, konnte aber noch gehen und schien den Platz abzusuchen. Atari versuchte, sich bemerkbar zu machen, doch ihre Stimme versagte. Doch sie gab nicht auf, zwang ihre Stimmbänder zu schreien. „H... Hil... Hilfe!“ quiekte sie fast unhörbar. Ihr Hals war ausgetrocknet und staubig. Es war ein kleines Wunder, Atari wurde gehört. „Ist da jemand?“ rief eine weibliche Stimme in die Stille hinein, nur der Wind und der vorbeigezogene Donner war leise hörbar. Atari nahm noch mal ihre ganze Kraft zusammen. „J...Ja!“ kam aus ihrer Kehle wie ein spitzer Schrei. Plötzlich sah sie ein Gesicht vor ihrem. Smaragdgrüne Augen, ein rosafarbener Schmollmund, pechschwarze Strähnen hingen ihr im Gesicht. Ihre Augen schauten besorgt in Ataris, und sie sagte: „Warte kurz, ich helfe dir!“ Das fremde Mädchen hob den Steinbrocken wie ein Stück zusammengeknülltes Papier von ihr runter und Atari war frei. Als Atari ihren tauben Körper erblickte, wimmerte sie kurz. Der Schmerz kam zurück und nagte an ihrem Bewusstsein. Ihre Augen drohten sich zu schließen. „Nicht einschlafen!“ mahnte das unbekannte Mädchen. „Versuch, dem Schlaf zu widerstehen!“ Doch Ataris Augen schlossen sich und sie fiel in einen langen Schlaf.
Atari zuckte zusammen, als sie von den allmorgendlichen Sonnenstrahlen geweckt wurde. Sie öffnete die Augen und hoffte, in ihrem Zimmer in ihrem Haus zu sein, hoffte, ihre Mutter käme gleich in ihr Zimmer gestürmt und würde wieder ein Trara machen, sie hätte wieder verschlafen, doch sie würde es schnell wieder vergessen, sie hoffte, an einem Tisch mit ihrem Vater, mit ihrer Mutter und ihrer älteren Schwester sitzen zu können und zu frühstücken und hoffte, dass dieser Krieg nur ein böser Albtraum gewesen wäre.
Doch als sie die Augen öffnete, erlosch der Traum vom Paradies und sie sah sich in einem noch intakten Tempel wieder. Die Wände waren strahlendweiß wie die Wolken, die so oft in kleinen Scharen den Himmel bedeckten. Atari lag auf einem Steintisch, der prunkvoll aus weißem, marmorartigem Gestein geschlagen war, mit mächtigen Verziehrungen von geflügelten Wesen und tapferen Kriegern, die mutig ihre Schwerter gen Himmel streckten. Sie fühlte den Tisch glatt unter ihren Fingern, schaute sich im Raum um. Als sie nach rechts schaute, sah sie eine Wand, die noch mehr Verziehrungen zeigte, mit einem wunderschönen Engel in der Mitte des Gebildes. Sie wurde mit einer gewaltigen Aura und einem Ausdruck des Friedens und der Göttlichkeit ausgestattet. Atari überlegte, ob es vielleicht ein Erzengel sein könnte. Sie schaute auf die linke Seite, wo ein lange Treppe nach unten führte. Auch diese war strahlend weiß und nicht eine Stufe war beschädigt. „Wo bin ich?“ dachte Atari. Plötzlich bemerkte sie, das sie keinen Schmerz mehr fühlte. Sie sprang von dem Tisch und schaute an ihrem Körper runter. Es war kein Anzeichen mehr vorhanden, dass sie jemals verwundet war. Ihre Kleidung war wieder weiß, die Wunden verschwunden, sogar der gebrochene Flügel schien wieder verheilt zu sein und Atari versuchte beide wieder zu bewegen. Sie fühlte keinen Schmerz, ihre Flügel, ihre Wunden, nichts war mehr wie vor ihrem Schlaf. Wie lange hatte sie überhaupt geschlafen? Sie wusste es nicht. Vielleicht hatte sie ja gar nicht geschlafen, sondern...
„Bin ich tot?“ fragte sie sich selbst. Ihre Stimme hallte in dem großen Raum wieder.
„Bestimmt nicht!“ hörte sie eine vertraute Stimme. Plötzlich stand das Mädchen mit den smaragdgrünen Augen hinter ihr und lehnte lässig gegen das mächtige Wandbild. Ihre pechschwarzen Haare waren lang, bis über den Rücken, sie trug ein langes weißes, unbeflecktes Kleid, dass auf dem Boden hinter ihr her schleifte und einen Stirnschmuck mit einer Perle, die im Kontrast zu ihrer etwas gebräunten Haut stand.
„Du bist bestimmt nicht tot. Schließlich bist du noch in deinem Körper, oder?“
„Ja, schon.“ Erwiderte Atari zögerlich. „Aber wer sagt denn, das Engel ihren Körper verlieren, wenn sie sterben? Vielleicht ist es bei Menschen so, oder bei Dämonen, aber Engel leben unter Gottes Gnade.“
„Das kann nur von einem Engel kommen.“ Lästerte das Mädchen.
„Was soll das heißen?“ zischte Atari wütend und beleidigt. Jeder wusste doch, dass Engel die reinsten Lebewesen waren.
„Ganz einfach, im Tod ist jeder gleich, ob Engel oder Dämon, was macht das schon für einen Unterschied?“
„Einen großen! Dämonen sind die von Gott verabscheuten Kreaturen. Sie haben keine Sitten und Manieren. Mit so einem kannst du mich nicht vergleichen!“
„Aber haben Dämonen nicht auch eine Seele? Wenn wir sterben, werden Körper und Seele getrennt und da jeder eine Seele hat, sind wir gleich, vielleicht nicht in jeder Hinsicht, doch wir sind es.“
„Große Reden schwingen kann jeder! Aber beweisen kannst du es nicht, oder?“
„Mhm, vielleicht doch.“ Das Mädchen bedeutete ihr zu folgen. Atari ging ihr in einen weiteren weißen Raum nach. Dort sah sie einen verwirrten Jungen herumirren. Er war groß, schien stark zu sein, konnte aber nicht älter sein als Atari. Und er hatte die schwarze Rüstung eines Dämons an! „Was soll das?“ fragte Atari wütend, worauf der Junge auf die zwei Mädchen aufmerksam wurde. „Das wirst du gleich erfahren.“ Antwortete das unbekannte Mädchen und ging auf den Dämon zu. „Bist du endlich wach? Ich hab mir schon sorgen gemacht! Deine Verletzungen waren nicht gerade einfach zu heilen, aber du scheinst eine Menge wegstecken zu können.“ Redete sie dem Dämon zu. „Da wir jetzt komplett sind, können wir uns ja vorstellen!“ freute sich das Mädchen. „Also, ich bin Cassandra! Und wie heißt ihr?“ Sie lächelte beide an. Verwirrt von diesem Erscheinen antwortete Atari.
„Ich heiße Atari.“ Der Dämon war immer noch sichtlich verwirrt.
„Ich bin Menio.“ Antwortete er. „Sag, wo bin ich. Bin ich tot?“
„Nein. Du bist nicht tot. Oder denkst du auch, dass ihr eure Körper im Jenseits behaltet, weil ihr was besseres seid als die anderen?“ erwiderte Cassandra genervt.
„Na ja, ja. Woher willst du wissen, ob es nicht so ist?“
„Wollen wir einfach sagen, ich bin älter als ihr und kenne mich da eher aus, okay?“
„Mhm, na gut. Aber wo bin ich?“
„Du bist in dem heiligen Tempel Krysoamaim. Ein Tempel der Reinheit, wie man unschwer erkennt.“
„Der heilige Tempel Krysoamaim?“ staunte Atari. „Das ist nicht möglich!“
„Was ist denn daran so ‚unmöglich’?““ fragte Menio unwissend.
„Klar, dass ein ungebildeter Dämon wie DU das nicht weiß!“ provozierte Atari eingebildet und verschränkte die Arme vor ihrer Brust.
„Wie war das?“ erwiderte Menio sauer und machte Anstalten auf sie loszugehen, Cassandra jedoch bedeutete ihm sich zu beruhigen. Er zwang sich, ruhig zu bleiben, atmete tief ein und aus, während Atari ihm mutig in die Augen sah.
„Wolltest du was?“ reizte sie weiter.
„Ich muss so was nicht wissen. Ich bin Krieger, kein Gelehrter. Uns wird Strategie und Taktik beigebracht,“ Er ging auf sie zu. „wir lernen mit dem Schwert umzugehen,“ Nun stand er direkt vor ihr, er blickte ihr mit dem erschreckenden Blick eines Berserkers in die Augen. „und wenn ich wollte, könnte ich dich in Stücke fetzen, ohne dass du etwas davon merkst.“ Sie spürte seinen Atem in ihrem Gesicht, er packte ihr Kruzifix behutsam mit seiner rechten Hand, schaute auf die kleine Jesusfigur des Rosenkranzes, Ataris Herz raste, ihr Blick war dennoch fest und direkt in seine Augen gerichtet. „Und der hier wird dir dann auch nicht mehr helfen können.“ Flüsterte er bedrohlich und ließ das Kreuz fallen, als wäre es nur lästiger Abfall. Atari nahm es in beide Hände, küsste es und flüsterte dem Kreuz eine Entschuldigung, während Menio sich umdrehte und von ihr entfernte.
„Und außerdem,“ fügte er hinzu, verschränkte die Arme hinter seinem Kopf. „seid ihr faule Kreaturen doch nur mit Kunst und Geschichte beschäftigt.“
„Was?“ zischte Atari wütend. „Faule Kreaturen? Von wegen! Ihr seid nur neidische Idioten, die machtbesessen jeden Krieg in kauf nehmen, nur um euer Gesicht als Krieger zu wahren! Mehr könnt ihr doch nicht! Nur kämpfen, das könnt ihr! Alles andere ist euch doch egal!“
„Vielleicht ist es ja so!“ gab Menio laut zu. „Aber hast du dich jemals gefragt, warum wir vielleicht neidisch auf euch sind, wieso wir kriegerisch aufgezogen werden? Kennst du die Geschichte von unserem Volk? Nein! Das wird euch nicht beigebracht! Für euch überempfindliche Kreaturen wird alles nur schön geredet! Ihr macht doch nur auf ‚heile Welt’!“
„Aber du kennst genauso wenig unser Volk! Also hör auf mit diesen Beleidigungen! Wir sind eine ehrbare Gemeinschaft!“
„Ihr seid allesamt Verräter und Mörder!“
„Wer fängt denn immer die Kriege an?“
„Nun ist aber mal genug!“ ging Cassandra dazwischen. Sie stand die ganze Zeit daneben und beobachtete die Reaktionen der beiden. Langsam wurde es aber zuviel.
„Ihr müsst euch ja nicht gleich bekämpfen! Also, um noch mal auf den Punkt zu kommen, Krysoamaim ist der heilige Tempel des Lichtes, der nach der Apokalypse zur Reinigung der Erde dient. Deswegen sieht er ja auch so neu aus, da er gerade erst entstanden ist.“
„Wie geht denn das?“ wollte Menio wissen.
„Du weißt auch gar nichts!“ warf Atari ihm vor. „Dafür muss man die alten Schriften kennen! Aber da du ja nie in der großen Bibliothek...“
„Ach, halt die Klappe! Du hast dein Wissen nur aus einem toten Ding, worauf Tote ihre Worte hinterlassen haben! Was ist, wenn das alles nur ein großes Märchen ist?“
„Das siehst du daran, das du gerade mitten im Krysoamaim stehst, du Depp!“
„Woher willst du wissen, dass es dieser Krysoa-dingsbums ist? Das hat uns doch nur diese da erzählt! Du kennst sie nicht und doch glaubst du ihr!“
„Natürlich glaub ich ihr! Sie hat mich vor dem Tod bewahrt! Und dich auch, also spiel dich nicht so auf!“
„Andererseits hat er recht!“ warf Cassandra ein. „Ihr kennt mich nicht, woher also wollt ihr wissen, ob ich euch nicht für niedere Sklavenarbeit brauche?“
„Das weiß ich nicht,“ antwortete Atari. „aber du hast mich gerettet! Und in deinen Augen ist etwas, was mich dazu veranlasst, dir zu vertrauen. Ich weiß nicht was es ist, aber es ist da. Und wenn du uns für Sklavenarbeit brauchst, müssen wir doch dankbar sein, dass du uns vor dem Fegefeuer gerettet hast.“
„Mir haben viele vertraut, Dämonen wie auch Engel, sogar Menschen, doch alle habe ich sie enttäuscht. Sie sind alle gestorben.“
„Ich denke nicht, dass es umsonst war. Sonst wärest du ja vielleicht tot, und könntest deine Aufgabe nicht mehr erfüllen.“
„Aufgabe?“ fragte Menio verwirrt. „Was für eine Aufgabe?“
Atari stöhnte laut. „Weißt du zufälligerweise was der ‚Sinn des Lebens’ ist?“
„Ja, aber danach muss man ein Leben lang suchen.“
„Und kannst du das, wenn du tot bist?“
„Nein. Aber was hat das jetzt mit der Aufgabe zu tun?“
„Oje,“ Atari schlug sich die Hand vor den Kopf. „du kapierst echt schnell, was?“
Das verwirrte Menio noch mehr. „Häh? Wovon redest du?“
Cassandra fing an zu kichern, was sich zu einem lauten Lachen entwickelte.
„Mann, ihr seid ja vielleicht welche!“ lachte sie.
„Wieso?“ fragte Menio verwirrt. Er schien ein wenig schwer von Begriff zu sein.
„Na ja, aber ihr seid ja auch zwei verschiedene Völker, die sich vorher noch nie richtig kennen gelernt hatten. Dann ist es ja auch kein Wunder, dass ihr euch so streitet.“
„Wieso hast du eigentlich uns gerettet?“ fragte Menio schließlich. „Wieso hast du niemand anderes gerettet?“
„Ich habe sonst keinen Überlebenden in der Umgebung gefunden.“ Antwortete Cassandra kleinlaut, und die Gesichter der beiden wurden blass. „Keinen? Nicht mal einen?“ erwiderte Atari stockend. „Nein, nicht mal einen. Es tut mir leid.“
Atari schluchzte, Tränen bildeten sich in ihren Augenwinkeln und schossen heiß über ihre Wangen. „Meine Familie, meine Freunde, alle tot. Und das nur wegen eines Dämon, den ihr nicht unter Kontrolle hattet!“ schrie sie Menio an.
„Was soll das heißen? Das war kein Dämon! Dieses Wesen hatte magische Kräfte! Kein Dämon ist dazu in der Lage, solche Kräfte zu entwickeln, das weißt du ganz genau! Es war einer von den EUREN, die IHR nicht unter Kontrolle hattet! Und wir Dämonen mussten dafür sterben!“ verteidigte sich Menio.
„Falsch!“ warf Cassandra mit eiskaltem Klang in der Stimme ein.
„Es war kein Engel!“
„Siehst du! Es war doch ein verlogener Dämon!“ schrie Atari weiter.
„Falsch! Es war auch kein Dämon!“
„Was?“ Atari starrte sie verwirrt an.
„Was war es dann?“ wollte Menio wissen.
„Es war BEIDES!“
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Prolog
Im Jahre 2005 passierten viele Umweltkatastrophen, wo sie am wenigsten erwartet wurden. Es geschahen seltsame Dinge, die die klügsten Wissenschaftler nicht zu erklären bewältigten. Wie sollten sie erklären, dass es in Europa zu einer gar bombastischen Hitzewelle kam, die jegliches Leben auszurotten drohte, als es dann plötzlich anfing zu schneien, mitten im Sommer? Dass es in der Wüste zu plötzlichen Regenergüssen kam, die die weiten Sanddünen überfluteten und dass das Wasser ebenso schnell wieder verschwand, ohne ein Zeichen von Leben oder gar Tod zu hinterlassen? Es kam und ging wie ein schlimmer Albtraum, aus dem man zu erwachen vermochte, wenn etwas lebensbedrohliches passierte. Es ging wie ein Schatten an den Menschen vorbei, sie vergaßen schnell die schlimmen Dinge, denn sie wussten nicht den Grund, es war unerklärbar. Und für unerklärbare Dinge hatte man in diesem schnellen Leben keine Zeit mehr, die Angst zu realisieren, die tief in der Seele schlummerte und hoffte empor zu steigen.
Doch es sollte passieren, dass die Menschen, die ihre Erinnerungen an diese Katastrophen verdrängt hatten, in einen unendlich lang scheinenden Albtraum hineingezogen wurden, ein Traum von Zerstörung, Wut und purem Hass, getrieben von Habgier und den Gelüsten nach Macht, durchzogen von dem Geruch des Blutes, das vergossen werden sollte, und mit der Kälte des Todes bestückt, so dass jeder einzelne bekräftigen würde zu glauben, dass jener Tag die Apokalypse und das Ende der Welt gewesen zu sein schien, und dass sie nicht ins Himmelreich, sondern in das unlöschbare Feuer der Hölle gelangt sind, das sich ewig an den zerfetzten Körper und erkrankten Seelen der Unschuldigen nähren wird, denn der Himmel und die Erde würden nicht mehr existieren...
Es war dunkel und kalt. Der Himmel, der doch schwarz und voller Sterne sein musste, war dunkelrot von Blut gefärbt und die Sterne erblasst. Überall lagen Trümmer von Gebäuden auf der Strasse, man wusste nicht, wo man sich befand, ob man noch in der Nähe seines Hauses war oder doch ein paar Strassen weiter unter den Ruinen eines anderen Gebäudes lag. Alles sah gleich aus, überall lagen größere und kleinere Brocken von Wänden, Innengarnituren, Dächern, oder einfach Glas von Fenstern und Metall aus den Pfeilern von Hochhäusern. Und unter diesem Schutt lagen die leblosen Körper vieler Unschuldiger, die nicht wussten, was geschah oder wofür sie gestorben sind.
Es war Krieg gewesen. Kein normaler Krieg, die Menschen hatten diesmal keine Schuld an der Zerstörung. Es waren Dämonen, die auf der Erde wüteten und Engel, die den Himmel verdarben. Mächtige Wesen, die ihren Krieg auf die Erde trugen und dort bis hin zum Tod kämpften. Aber sie kämpften nicht gegeneinander, sie kämpften gegen etwas viel stärkeres und mächtigeres, sie konnten nicht gewinnen. Die psychischen Kräfte der Engel, die sehr ausgeprägt sind, konnten diesem Wesen nicht standhalten. Die Engel, die die Magie von Wasser, Feuer, Erde und Luft gebrauchen konnten, versagten und zahlreiche starben.
Und die physischen Kräfte der Dämonen, die mit ihren aus der Tiefe der Erde geschmiedeten Waffen und ihrer einem Riesen gleichender Kraft, reichten nicht aus. Die Dämonen, die stärksten Wesen überhaupt, waren zu schwach für dieses Wesen und viele wurden getötet. Und obwohl diese verhassten Völker sich zusammengetan, nebeneinander gestanden, gekämpft und ihre Kräfte vereint hatten, sie konnten nicht gewinnen. Denn dieses Wesen hatte wenige mächtige Freunde, die bis in den Tod gingen, und selbst hatte es die Kraft von beiden Völkern gestohlen und sie damit weitgehend ausgerottet, den Planeten Erde fast vernichtet und die Menschen so gut wie ausgelöscht. Dieses Wesen war weder Mensch noch Engel noch Dämon, es war einfach nur das Böse, das aus jahrelangem Hass, Habgier und Kriegen der drei Völker entstand und immer weiter in dieser einen Person wuchs, bis es schließlich zu explodieren drohte. Und es war eine schreckliche Explosion.
Atari versuchte mit ihrem verletzten Arm einen Steinbrocken von sich zu heben. Er war nicht besonders groß, doch sie hatte nicht mehr viel Kraft, zumal sie am ganzen Körper blaue Flecken und offene Wunden hatte. Ihre Rüstung, ein Kleid aus einem Stoff des Himmels, war blutrot gefärbt, nur ansatzweise erkannte man noch die Reinheit dieses Gewandes. Ihr rechter Flügel war in einer etwas abstehenden Position, sie fühlte ihn auch nicht mehr. Es schmerzte, die Flügel zu bewegen, und immer wieder, bei jeder kleinen Bewegung, quoll Blut aus ihren Wunden, von ihren weißen Flügeln tropfte unerbittlich das rote Lebenselixier und färbte diese wie ihr Gewand.
Sie schaffte es nicht, den Steinbrocken von sich zuheben, und als er wieder auf sie krachte, fühlte sie den Schmerz in der Brust nicht mal. Ihr ganzer Körper war taub, der Schmerz hatte ihn gelähmt. Sie sah mit Tränen in den Augen ihre Freundin Fenudee unter einer Hauswand liegen. Sie war nicht weit entfernt, trotzdem schaffte Atari nicht, sie zu berühren, um zusehen ob sie noch lebte. Sie versuchte etwas zu sagen, doch ihr Mund vermochte ihr nicht mehr zu gehorchen. Nur ein kleiner spitzer Ton kam aus ihrem Hals. „Wieso nur?“ dachte sie „Wieso kann ich ihr nicht helfen? Wo sie mich doch gerettet hat!“ Leise Schluchzer hörte Atari aus ihrer Kehle kommen, wurde ihr doch ihre Hilflosigkeit bewusst. Sie lag da und konnte nichts tun. Atari sah sich dem Tod nahe, ihr Leben schien verwirkt. Doch als ihr Seele aus ihrem Körper schwinden wollte, schärften sich noch einmal ihr Sinne. Sie hörte Schritte, die in ihrer Nähe gegangen wurden, sie roch das Blut von vielen Engeln, fühlte den Schmerz der herannahenden Person. Diese Person war verletzt, konnte aber noch gehen und schien den Platz abzusuchen. Atari versuchte, sich bemerkbar zu machen, doch ihre Stimme versagte. Doch sie gab nicht auf, zwang ihre Stimmbänder zu schreien. „H... Hil... Hilfe!“ quiekte sie fast unhörbar. Ihr Hals war ausgetrocknet und staubig. Es war ein kleines Wunder, Atari wurde gehört. „Ist da jemand?“ rief eine weibliche Stimme in die Stille hinein, nur der Wind und der vorbeigezogene Donner war leise hörbar. Atari nahm noch mal ihre ganze Kraft zusammen. „J...Ja!“ kam aus ihrer Kehle wie ein spitzer Schrei. Plötzlich sah sie ein Gesicht vor ihrem. Smaragdgrüne Augen, ein rosafarbener Schmollmund, pechschwarze Strähnen hingen ihr im Gesicht. Ihre Augen schauten besorgt in Ataris, und sie sagte: „Warte kurz, ich helfe dir!“ Das fremde Mädchen hob den Steinbrocken wie ein Stück zusammengeknülltes Papier von ihr runter und Atari war frei. Als Atari ihren tauben Körper erblickte, wimmerte sie kurz. Der Schmerz kam zurück und nagte an ihrem Bewusstsein. Ihre Augen drohten sich zu schließen. „Nicht einschlafen!“ mahnte das unbekannte Mädchen. „Versuch, dem Schlaf zu widerstehen!“ Doch Ataris Augen schlossen sich und sie fiel in einen langen Schlaf.
Atari zuckte zusammen, als sie von den allmorgendlichen Sonnenstrahlen geweckt wurde. Sie öffnete die Augen und hoffte, in ihrem Zimmer in ihrem Haus zu sein, hoffte, ihre Mutter käme gleich in ihr Zimmer gestürmt und würde wieder ein Trara machen, sie hätte wieder verschlafen, doch sie würde es schnell wieder vergessen, sie hoffte, an einem Tisch mit ihrem Vater, mit ihrer Mutter und ihrer älteren Schwester sitzen zu können und zu frühstücken und hoffte, dass dieser Krieg nur ein böser Albtraum gewesen wäre.
Doch als sie die Augen öffnete, erlosch der Traum vom Paradies und sie sah sich in einem noch intakten Tempel wieder. Die Wände waren strahlendweiß wie die Wolken, die so oft in kleinen Scharen den Himmel bedeckten. Atari lag auf einem Steintisch, der prunkvoll aus weißem, marmorartigem Gestein geschlagen war, mit mächtigen Verziehrungen von geflügelten Wesen und tapferen Kriegern, die mutig ihre Schwerter gen Himmel streckten. Sie fühlte den Tisch glatt unter ihren Fingern, schaute sich im Raum um. Als sie nach rechts schaute, sah sie eine Wand, die noch mehr Verziehrungen zeigte, mit einem wunderschönen Engel in der Mitte des Gebildes. Sie wurde mit einer gewaltigen Aura und einem Ausdruck des Friedens und der Göttlichkeit ausgestattet. Atari überlegte, ob es vielleicht ein Erzengel sein könnte. Sie schaute auf die linke Seite, wo ein lange Treppe nach unten führte. Auch diese war strahlend weiß und nicht eine Stufe war beschädigt. „Wo bin ich?“ dachte Atari. Plötzlich bemerkte sie, das sie keinen Schmerz mehr fühlte. Sie sprang von dem Tisch und schaute an ihrem Körper runter. Es war kein Anzeichen mehr vorhanden, dass sie jemals verwundet war. Ihre Kleidung war wieder weiß, die Wunden verschwunden, sogar der gebrochene Flügel schien wieder verheilt zu sein und Atari versuchte beide wieder zu bewegen. Sie fühlte keinen Schmerz, ihre Flügel, ihre Wunden, nichts war mehr wie vor ihrem Schlaf. Wie lange hatte sie überhaupt geschlafen? Sie wusste es nicht. Vielleicht hatte sie ja gar nicht geschlafen, sondern...
„Bin ich tot?“ fragte sie sich selbst. Ihre Stimme hallte in dem großen Raum wieder.
„Bestimmt nicht!“ hörte sie eine vertraute Stimme. Plötzlich stand das Mädchen mit den smaragdgrünen Augen hinter ihr und lehnte lässig gegen das mächtige Wandbild. Ihre pechschwarzen Haare waren lang, bis über den Rücken, sie trug ein langes weißes, unbeflecktes Kleid, dass auf dem Boden hinter ihr her schleifte und einen Stirnschmuck mit einer Perle, die im Kontrast zu ihrer etwas gebräunten Haut stand.
„Du bist bestimmt nicht tot. Schließlich bist du noch in deinem Körper, oder?“
„Ja, schon.“ Erwiderte Atari zögerlich. „Aber wer sagt denn, das Engel ihren Körper verlieren, wenn sie sterben? Vielleicht ist es bei Menschen so, oder bei Dämonen, aber Engel leben unter Gottes Gnade.“
„Das kann nur von einem Engel kommen.“ Lästerte das Mädchen.
„Was soll das heißen?“ zischte Atari wütend und beleidigt. Jeder wusste doch, dass Engel die reinsten Lebewesen waren.
„Ganz einfach, im Tod ist jeder gleich, ob Engel oder Dämon, was macht das schon für einen Unterschied?“
„Einen großen! Dämonen sind die von Gott verabscheuten Kreaturen. Sie haben keine Sitten und Manieren. Mit so einem kannst du mich nicht vergleichen!“
„Aber haben Dämonen nicht auch eine Seele? Wenn wir sterben, werden Körper und Seele getrennt und da jeder eine Seele hat, sind wir gleich, vielleicht nicht in jeder Hinsicht, doch wir sind es.“
„Große Reden schwingen kann jeder! Aber beweisen kannst du es nicht, oder?“
„Mhm, vielleicht doch.“ Das Mädchen bedeutete ihr zu folgen. Atari ging ihr in einen weiteren weißen Raum nach. Dort sah sie einen verwirrten Jungen herumirren. Er war groß, schien stark zu sein, konnte aber nicht älter sein als Atari. Und er hatte die schwarze Rüstung eines Dämons an! „Was soll das?“ fragte Atari wütend, worauf der Junge auf die zwei Mädchen aufmerksam wurde. „Das wirst du gleich erfahren.“ Antwortete das unbekannte Mädchen und ging auf den Dämon zu. „Bist du endlich wach? Ich hab mir schon sorgen gemacht! Deine Verletzungen waren nicht gerade einfach zu heilen, aber du scheinst eine Menge wegstecken zu können.“ Redete sie dem Dämon zu. „Da wir jetzt komplett sind, können wir uns ja vorstellen!“ freute sich das Mädchen. „Also, ich bin Cassandra! Und wie heißt ihr?“ Sie lächelte beide an. Verwirrt von diesem Erscheinen antwortete Atari.
„Ich heiße Atari.“ Der Dämon war immer noch sichtlich verwirrt.
„Ich bin Menio.“ Antwortete er. „Sag, wo bin ich. Bin ich tot?“
„Nein. Du bist nicht tot. Oder denkst du auch, dass ihr eure Körper im Jenseits behaltet, weil ihr was besseres seid als die anderen?“ erwiderte Cassandra genervt.
„Na ja, ja. Woher willst du wissen, ob es nicht so ist?“
„Wollen wir einfach sagen, ich bin älter als ihr und kenne mich da eher aus, okay?“
„Mhm, na gut. Aber wo bin ich?“
„Du bist in dem heiligen Tempel Krysoamaim. Ein Tempel der Reinheit, wie man unschwer erkennt.“
„Der heilige Tempel Krysoamaim?“ staunte Atari. „Das ist nicht möglich!“
„Was ist denn daran so ‚unmöglich’?““ fragte Menio unwissend.
„Klar, dass ein ungebildeter Dämon wie DU das nicht weiß!“ provozierte Atari eingebildet und verschränkte die Arme vor ihrer Brust.
„Wie war das?“ erwiderte Menio sauer und machte Anstalten auf sie loszugehen, Cassandra jedoch bedeutete ihm sich zu beruhigen. Er zwang sich, ruhig zu bleiben, atmete tief ein und aus, während Atari ihm mutig in die Augen sah.
„Wolltest du was?“ reizte sie weiter.
„Ich muss so was nicht wissen. Ich bin Krieger, kein Gelehrter. Uns wird Strategie und Taktik beigebracht,“ Er ging auf sie zu. „wir lernen mit dem Schwert umzugehen,“ Nun stand er direkt vor ihr, er blickte ihr mit dem erschreckenden Blick eines Berserkers in die Augen. „und wenn ich wollte, könnte ich dich in Stücke fetzen, ohne dass du etwas davon merkst.“ Sie spürte seinen Atem in ihrem Gesicht, er packte ihr Kruzifix behutsam mit seiner rechten Hand, schaute auf die kleine Jesusfigur des Rosenkranzes, Ataris Herz raste, ihr Blick war dennoch fest und direkt in seine Augen gerichtet. „Und der hier wird dir dann auch nicht mehr helfen können.“ Flüsterte er bedrohlich und ließ das Kreuz fallen, als wäre es nur lästiger Abfall. Atari nahm es in beide Hände, küsste es und flüsterte dem Kreuz eine Entschuldigung, während Menio sich umdrehte und von ihr entfernte.
„Und außerdem,“ fügte er hinzu, verschränkte die Arme hinter seinem Kopf. „seid ihr faule Kreaturen doch nur mit Kunst und Geschichte beschäftigt.“
„Was?“ zischte Atari wütend. „Faule Kreaturen? Von wegen! Ihr seid nur neidische Idioten, die machtbesessen jeden Krieg in kauf nehmen, nur um euer Gesicht als Krieger zu wahren! Mehr könnt ihr doch nicht! Nur kämpfen, das könnt ihr! Alles andere ist euch doch egal!“
„Vielleicht ist es ja so!“ gab Menio laut zu. „Aber hast du dich jemals gefragt, warum wir vielleicht neidisch auf euch sind, wieso wir kriegerisch aufgezogen werden? Kennst du die Geschichte von unserem Volk? Nein! Das wird euch nicht beigebracht! Für euch überempfindliche Kreaturen wird alles nur schön geredet! Ihr macht doch nur auf ‚heile Welt’!“
„Aber du kennst genauso wenig unser Volk! Also hör auf mit diesen Beleidigungen! Wir sind eine ehrbare Gemeinschaft!“
„Ihr seid allesamt Verräter und Mörder!“
„Wer fängt denn immer die Kriege an?“
„Nun ist aber mal genug!“ ging Cassandra dazwischen. Sie stand die ganze Zeit daneben und beobachtete die Reaktionen der beiden. Langsam wurde es aber zuviel.
„Ihr müsst euch ja nicht gleich bekämpfen! Also, um noch mal auf den Punkt zu kommen, Krysoamaim ist der heilige Tempel des Lichtes, der nach der Apokalypse zur Reinigung der Erde dient. Deswegen sieht er ja auch so neu aus, da er gerade erst entstanden ist.“
„Wie geht denn das?“ wollte Menio wissen.
„Du weißt auch gar nichts!“ warf Atari ihm vor. „Dafür muss man die alten Schriften kennen! Aber da du ja nie in der großen Bibliothek...“
„Ach, halt die Klappe! Du hast dein Wissen nur aus einem toten Ding, worauf Tote ihre Worte hinterlassen haben! Was ist, wenn das alles nur ein großes Märchen ist?“
„Das siehst du daran, das du gerade mitten im Krysoamaim stehst, du Depp!“
„Woher willst du wissen, dass es dieser Krysoa-dingsbums ist? Das hat uns doch nur diese da erzählt! Du kennst sie nicht und doch glaubst du ihr!“
„Natürlich glaub ich ihr! Sie hat mich vor dem Tod bewahrt! Und dich auch, also spiel dich nicht so auf!“
„Andererseits hat er recht!“ warf Cassandra ein. „Ihr kennt mich nicht, woher also wollt ihr wissen, ob ich euch nicht für niedere Sklavenarbeit brauche?“
„Das weiß ich nicht,“ antwortete Atari. „aber du hast mich gerettet! Und in deinen Augen ist etwas, was mich dazu veranlasst, dir zu vertrauen. Ich weiß nicht was es ist, aber es ist da. Und wenn du uns für Sklavenarbeit brauchst, müssen wir doch dankbar sein, dass du uns vor dem Fegefeuer gerettet hast.“
„Mir haben viele vertraut, Dämonen wie auch Engel, sogar Menschen, doch alle habe ich sie enttäuscht. Sie sind alle gestorben.“
„Ich denke nicht, dass es umsonst war. Sonst wärest du ja vielleicht tot, und könntest deine Aufgabe nicht mehr erfüllen.“
„Aufgabe?“ fragte Menio verwirrt. „Was für eine Aufgabe?“
Atari stöhnte laut. „Weißt du zufälligerweise was der ‚Sinn des Lebens’ ist?“
„Ja, aber danach muss man ein Leben lang suchen.“
„Und kannst du das, wenn du tot bist?“
„Nein. Aber was hat das jetzt mit der Aufgabe zu tun?“
„Oje,“ Atari schlug sich die Hand vor den Kopf. „du kapierst echt schnell, was?“
Das verwirrte Menio noch mehr. „Häh? Wovon redest du?“
Cassandra fing an zu kichern, was sich zu einem lauten Lachen entwickelte.
„Mann, ihr seid ja vielleicht welche!“ lachte sie.
„Wieso?“ fragte Menio verwirrt. Er schien ein wenig schwer von Begriff zu sein.
„Na ja, aber ihr seid ja auch zwei verschiedene Völker, die sich vorher noch nie richtig kennen gelernt hatten. Dann ist es ja auch kein Wunder, dass ihr euch so streitet.“
„Wieso hast du eigentlich uns gerettet?“ fragte Menio schließlich. „Wieso hast du niemand anderes gerettet?“
„Ich habe sonst keinen Überlebenden in der Umgebung gefunden.“ Antwortete Cassandra kleinlaut, und die Gesichter der beiden wurden blass. „Keinen? Nicht mal einen?“ erwiderte Atari stockend. „Nein, nicht mal einen. Es tut mir leid.“
Atari schluchzte, Tränen bildeten sich in ihren Augenwinkeln und schossen heiß über ihre Wangen. „Meine Familie, meine Freunde, alle tot. Und das nur wegen eines Dämon, den ihr nicht unter Kontrolle hattet!“ schrie sie Menio an.
„Was soll das heißen? Das war kein Dämon! Dieses Wesen hatte magische Kräfte! Kein Dämon ist dazu in der Lage, solche Kräfte zu entwickeln, das weißt du ganz genau! Es war einer von den EUREN, die IHR nicht unter Kontrolle hattet! Und wir Dämonen mussten dafür sterben!“ verteidigte sich Menio.
„Falsch!“ warf Cassandra mit eiskaltem Klang in der Stimme ein.
„Es war kein Engel!“
„Siehst du! Es war doch ein verlogener Dämon!“ schrie Atari weiter.
„Falsch! Es war auch kein Dämon!“
„Was?“ Atari starrte sie verwirrt an.
„Was war es dann?“ wollte Menio wissen.
„Es war BEIDES!“