Rezension:
„Dämonengrab“ – der neue Roman von Jörg Benne hat es in sich. Nicht nur, dass der Autor wie
gewohnt, kein Mitleid mit seinen Figuren hat, verlagert er das Setting diesmal in die Dunkelheit
einer verschütteten, labyrinthartigen Tempelanlage, in der etwas Nichtmenschliches lauert.
Der junge Ordo, ein Bauernsohn mit militaristischen Ambitionen, entdeckt mit einem Freund durch
Zufall den Eingang zu einer sagenumwobenenTempelanlage. In der Hoffnung auf einen Schatz zu
stoßen, betreten sie den Tempel. Zwar finden sie tatsächlich eine Goldmünze, aber ihre Anwesenheit
scheint auch etwas aufgeschreckt zu haben, denn ein grausiges Heulen lässt die beiden fluchtartig
das Weite suchen.
Doch es ist bereits zu spät und ihr Eindringen wird nicht ohne Folgen bleiben: Am nächsten Morgen
ist Ordos Freund samt dessen Eltern verschwunden.
Eine zu Hilfe gerufene Gruppe Soldaten trifft in dem Dorf ein und macht sich gemeinsam mit Ordo
sowie einer Handvoll Schatzsucher auf den Weg zum Tempel. Dann beginnen sich die Ereignisse zu
überschlagen: Sie entdecken Spuren, die darauf hindeuten, dass die Vermissten gewaltsam in den
Tempel geholt wurden. Als dann auch noch zwei der Soldaten den Tod finden, steigt die Gemeinschaft
in die Tiefen der Anlage hinab, um das Geheimnis zu lüften.
Ein großer Fehler, denn sie werden von einem der Vermissten, der schrecklich entstellt und nicht mehr
Herr seiner selbst ist, angegriffen und voneinander getrennt. Die Bedrohung ist allgegenwärtig, doch
noch wissen sie nicht, womit sie es zu tun haben. Der Weg nach draußen ist versperrt und ihre Lampen
brennen nur noch für wenige Stunden.
Als sie schließlich herausfinden, was es mit der Tempelanlage auf sich hat, ist es fast schon zu spät,
denn die Kreatur, die in der Dunkelheit lauert, weiß, wann ihre Opfer am wehrlosesten sind.
Mit Dämonengrab hat Jörg Benne einen Roman geschrieben, der für jeden etwas bietet: den Horror und
die Angst vor der Dunkelheit eines unterirdischen Labyrinths und vor den Schrecken, die darin lauern;
Kämpfe gegen scheinbar unüberwindliche Gegner; magische Kräfte, die jedoch ihre Grenzen haben; eine
Gemeinschaft, deren Mitglieder gut daran tun, sich nicht bedingungslos gegenseitig zu vertrauen …
Wer Bennes Romane kennt, weiß, dass jede Figur in potentieller Gefahr schwebt, im nächsten Moment
den Tod zu finden. Episches Heldentum und über sich selbst hinauswachsende Krieger sucht man ebenso
vergebens, wie die klassische Kavallerie, die im letzten Augenblick deus-ex-machina-gleich anrückt – und
das ist einer der großen Pluspunkte seiner Bücher. Selbst der erfahrenste Fantasy-Leser wird nicht voraus-
sagen können, was sich wohl im letzten Kapitel ereignen wird, wer überlebt und wer nicht.
Das macht seine Romane, auch wenn sie in einer fiktiven Welt spielen, sehr realistisch. Es finden sich immer
wieder Situationen, in die auch „echte“ Menschen geraten könnten, ohne dass dabei jedoch die Moralkeule
geschwungen wird. Beispielsweise ist der Protagonist Ordo ein typischer Junge, der vom Soldatentum träumt
und sich gerne als Held gefährlicher Schlachten sieht. Doch als er die Gelegenheit bekommt, eine Waffe ein-
zusetzen, begeht er einen schweren Fehler. Benne gelingt es, diese Szene so zu beschreiben, dass man als
Leser tatsächlich mitleidet.
Diese Nachvollziehbarkeit der Ereignisse, das Einbeziehen des Lesers in die Handlung und die Authentizität der
Figuren sind weitere Gründe, warum Bennes Romane so lesenswert sind.
„Dämonengrab“ ist ein Buch, das man sich am besten an einem finsteren Winterabend zu Gemüte führen sollte.
Im Licht einer Lampe, auf der Couch liegend – hoffend, dass das, was da in der Dunkelheit lauert, auch dort bleibt.