Gultrogg – eine Heimat?
Nein, ein Geburtsort, ein Ort der geprägt und gelehrt hat, gelehrt die orkische Seite in ihm zu verstehen ... zu hassen und lieben zu lernen.
Seine menschliche Mutter hatte er nie kennen gelernt, wie auch? Nach dem Überfall der Orks auf die Barbarengruppe, welche erfolgreich ihre Felle in einem kleinen Ort nahe ihrer eisigen Heimat in der Ewigen Winterebene gegen nützlichen Stahl u. a. eingetauscht hatten, war eine Barbarin als Trophäe verschleppt worden.
Drei Monate lang war sie der Liebling für die Freudengrube des Meutenführers des Überfalltrupps – seinem Vater. Ihr Tod hinterliess sein Erbe in Form des Halb-Ork Zlark, benannt von seinem Vater in dessen Höhle er aufwuchs und der aus ihm einen Ork machte. Ihn zäh, ruchlos und brutal werden liess, ihn lehrte alle anderen Rassen als minderwertig zu betrachten und dementsprechend zu behandeln. An Streifzügen, Plünderungen und Brandschatzungen hatte er sich beteiligt, für seinen Mut war er mehrfach ausgezeichnet worden, auch wenn dies ihm nichts bedeutete, er hatte Feinde nieder gestreckt und ihr Fleisch gekostet, aber niemals einen Menschen. Nein, er wusste nicht wie sie schmeckten und wollte es auch nicht, sie kämen an den Geschmack einer Elfe eh nicht ran. Aber unabhängig davon ekelte ihn die Vorstellung an Menschenfleisch genau so wie das Quälen eines wehrlosen Opfers. Trotzdem hatte er Freude gefunden an diesem Leben, auch wenn er nie ein vollwertiges Mitglied der großen Meute war.
Dann kam der Tag, an dem sein Vater ihm nach jahrelangem Drängen von seiner Mutter berichtete, dem Überfall, der Freude an ihren Qualen und der berauschenden Wirkung die die Demütigung und Beherrschung einer Wehrlosen auslöst und süchtig machend wirkte.
Das war der Tag an dem sein Vater starb.
Seinen Körper warf er in die Versammlungskuhle, zu Füssen der versammelten Familienoberhäupter. Jedoch vollzog er das übliche Ritual nicht, welches ihm die Stellung als Familienoberhaupt übertragen hätte. Er riss sich den Knochenring, das Meutesymbol aus seinem linkem Ohr, setzte sein Messer an und schnitt sein Ohrläppchen ab. Lächelnd hielt er es den Ältesten entgegen – und rannte, denn längst waren Klingen und Keulen gezogen. Das Ritual des Bruches mit der Meute, die Entscheidung als Ausgestossener zu leben, besiegelt durch den Schnitt, zog nun mal diese Reaktion mit sich.
Er floh, aber er wusste wohin. Ja, das hatte er aus seinem Vater raus prügeln können, den Stammesname der Barbarin – Eiswölfe.
Nach Norden wand er sich. Aus Monaten wurden Jahre, insgesamt drei, das letzte davon ausschliesslich im Eis bis eine schmale Rauchsäule am Horizont ihm den Weg wies, zum Lager der Eiswölfe. Die ersten kritischen Musterungen wichen Freude als er seine Geschichte beendet hatte.
Sein zweites Leben begann, tief in der Ewigen Winterebene und das Lernen begann erneut.
Nach einem Jahr erhielt er die Stammeskette, ein dünnes Lederband mit eingeflochtenen Steinen, Knochen und einem Wolfsschneidezahn, der von diesem Tag an stolz seine Brust zierte.
Doch sein Stamm wurde schwach, die Jagd wurde immer schwieriger, umliegende Stämme wuchsen und breiteten sich aus, beanspruchten mehr Land. Die Eiswölfe zogen sich zurück, tiefer, immer tiefer in`s Eis.
Es war die letzte Nacht des Sommers, die Nacht der rituellen Vorhersehung. Der Stamm war versammelt, es musste ein gutes Omen geben, es musste einfach... Die alte Seherin erwachte mit aufgerissenen Augen aus der Trance. Ihre Stimme war kaum mehr als ein Wispern: „Die Wahl wurde getroffen, ein Sucher bestimmt zu finden das Totem des Wolfes. Das Totem des Schutzes und der Stärke für den Stamm. Gehen soll der der in dunkler Nacht zu uns kam, Wind und Eis zerteilte als seien es welke Eisweidenhalme ... gehen soll der Frostschnitzer“ Verdutzt starrte Zlark auf den knochigen Finger der Seherin der geradlinig auf ihn zeigte. „Das Totem zeigt sich dir mit dem Verstehen was diese Welt ist. Geh, Frostschnitzer, dein Stamm schwindet!“
So zog er am folgenden Morgen aus, wieder in`s Eis. Es wurde eine Irrwanderung, ein richtungsloses Streifen durch das kalte Weiss. Doch weder die Erkenntniss noch ein Anhaltspunkt für seine Suche offenbarte sich ihm. Nach einer Woche, fast ohne Nahrung, beschloss er das Eis hinter sich zu lassen und sich nach Süden zu wenden, den Wälder und Städten entgegen.
„Um die Welt zu verstehen muss ich sie kennen lernen“
So trat eines Tages ein Halb-Ork auf nicht gefrorenen Boden.
Seine verfilzten Haarsträhnen zu einem Zopf gebunden, Klinge und Schild am Körper, seine Hauer, wie die breiten Eckzähne der Orks genannt wurden, welche sich fast bis zum Kinn zogen, noch vom Raureif überzogen, bereit eine Welt zu entdecken...