Inspiriert durch all die jungen Talente, die ihre oft bemerkenswerten Arbeiten hier präsentieren, habe ich mich endlich dazu durchgerungen, es doch selbst wieder einmal mit dem Schreiben zu versuchen. Allerdings ist es schon gute 20 Jahre her, dass ich das letzte mal etwas Zusammenhängendes zu Papier brachte, und ich bin wohl ziemlich eingerostet. Ich bin jedem dankbar, der mir etwas Feedback zu diesem Versuch geben kann.
In meiner Geschichte geht es um einen gewissen Celzon, der vom Schicksal/der Vorhersehung/den guten Mächten dazu ausersehen ist, eine gewaltige Tat zu vollbringen, welche zwei Welten retten soll. Zu Beginn ist er jedoch noch ein komplett grüner, pubertierender Bursche, der unter Mönchen aufwächst und vom Leben und der Welt nicht mehr weiß, als die (un)heiligen Brüder ihn wissen ließen, und das ist nicht gerade üppig. Nach seinem Entkommen aus dem Kloster (tatsächlich seinem Gefängnis) begegnet er natürlich verschiedenen Leuten und Wesen. Einige helfen ihm dabei, auf seinem Weg voranzukommen, andere erweisen sich als weniger gesund für ihn. Es wird also im Großen und Ganzen die Geschichte einer Persönlichkeitsentwicklung sein. Natürlich wird es auch einige saftige Actionszenen geben (meine Spezialität aus früheren Tagen). Eine besondere Fähigkeit erweist sich als besonders hilfreich für Celzon; welche wird jetzt noch nicht verraten.
Wie Ihr bemerken werdet, wird es kein gefälliges, "schönes" oder gar lustiges Buch werden (hier und dort wird aber ein recht morbider Humor vorherrschen. Beispiel: In einer bald an diesen Abschnitt folgenden nächtlichen Szene wird Celzon gezwungenerweise seine ersten Gehversuche über völlig normales Gras machen, welches er jedoch in seiner Vorstellung als eine Manifestation des Bösen ansieht. Für die meisten Leser wird diese Stelle wohl von einer unwiderstehlichen Komik sein, der gute Celzon macht jedoch wirklich seelische Höllenqualen dabei durch!). Die Grundstimmung wird eher düster sein, aber ich werde versuchen, diese Düsternis nicht zu glorifizieren.Gerade jüngere Leser werden mit dem Ding wohl ihre liebe Not haben, doch wer durchhält wird am Ende belohnt. Versprochen!
Hier also der Beginn, in dem die Ereignisse geschildert werden, welche schließlich zu Celzons Erwachen führen.
Man hatte ihn Celzon genannt. In der Hochsprache von Glaneshaa bedeutete dies Bewusstsein der Finsternis, oder einfacher: Dummkopf.
Einer der wenigen Scherze, die sich die frommen Brüder von Ankhorma je erlaubten.
Gerade war Celzon damit beschäftigt, das "Geheime Haus", in welchem die Brüder sich zu erleichtern pflegten, zu reinigen. Er wusste nicht, dass jenes, was er hier mit einer langstieligen Schöpfkelle hervorholte und sorgsam in eine bereitstehende Tonne entleerte, als gnädige Spende an die umliegenden Bauern gedacht war, um ihre Äcker ertragreicher zu machen, und hätte er es gewusst, so hätte es ihm wohl nichts bedeutet. Tatsächlich wusste er überhaupt nichts von der Welt jenseits der hohen Mauer, welche das Kloster umschloss. Er kannte nur dieses Haupthaus, in dem die Zellen der Mönche untergebracht waren, das Krankenzimmer, die Apotheke, die Küche, der Speisesaal, der Nahrungsspeicher und eben jener Ort, an welchem er nun arbeitete und an dem es immer nach verbranntem Holunder roch.
Da wäre dann noch der Tempel von Ankhorma, mit dem kränklich flackernden orangenen Licht, das die Anwesenheit des Gottes bekundete. Hier verrichteten die Brüder ihre täglichen sieben Gebete, und jeden Ryllstag konnten hier die Säumigen gepeitscht werde, denn Ryll war der Tag Ankhormas. Doch die Peitsche musste nur noch selten hervorgeholt werden und setzte Staub an.
Dazu noch das Gerätehaus, die Schmiede und das niemals genutzte Gästehaus, das für ihn einfach nur das "leere Haus" war. Es gab keine Gäste an diesem Ort, und dieses Wort kam in seinem Wortschatz nicht vor. Und das war es auch schon; alles zusammen gesetzt auf eine Fläche, auf der es sich nicht gelohnt hätte, einen Hund umherzujagen. Dies war Celzons ganze Welt( in der auch Hunde nicht existierten). Nicht viel, aber Heimat.
Seine Tage unter diesen frommen, unbefriedigten, stets zornigen Männern verliefen in lethargischer Gleichförmigkeit: Aufstehen, beten, Frühstück, beten, den weißen Sand im Hof harken, beten, Hausarbeit, beten, Mittagsmahl, beten, bereitsein für dies und das, beten, Abendmahl, beten, Nachtruhe. Kerze aus.
Der permanenten Zornigkeit der Brüder war er sich überhaupt nicht bewusst, denn er verstand nichts vom Zorn; noch niemals in seinem jungen Leben hatte er jene, die dem Gott gehörten, anders erlebt. Wurde er nicht verdammt und geschlagen, dann hatte er wohl alles richtig gemacht.Nein, geschlagen zu werden war er gewohnt, wie auch alles andere an diesem Ort.
Und so war es bis zu jenem Tage vor etwa einem Jahr, als Celzon eines Morgens erwachte und das dünne Leinen, das er zum Schlafen über sich zog, auf unerklärliche Weise an seiner Hüfte klebte. Bruder Valker, der den Gong schlagend durch den Zellentrakt ging, bemerkte es, ergriff Celzons linken Arm, drehte ihn auf den Rücken und schubste ihn so vor sich her direkt in die Zelle des Gnädigen Vaters. Dieser sah von seinem Morgengebet auf und musterte Celzon erst überrascht, dann voller Abscheu von oben bis unten, und Stahl legte sich in seinen Blick. Wortlos erhob er sich, fischte die immer bereite Peitsche von ihrem Haken an der Wand und tat seine heilige Pflicht. Kein dumpfer Hieb wie sonst, nein...
FEUER!
Ein Ozean aus Schmerz, die Eingeweide zerreissend und das Herz stocken machend, immer wieder neu, immer wieder und wieder. Celzon wollte schreien; ein Schrei hätte alles einfacher gemacht, doch die Luft dazu wollte einfach nicht durch seine Kehle. Nur das Knallen des Riemens war in dem kleinen Raum zu hören, scharf, brennend, mörderisch, begleitet von des Gnädigen Vaters heiserem Gebell. Tschiaff! "Dreck!" Tschiaff! "Sünde!" Tschiaff! "Abfall!"
Celzon betete zu Ankhorma, wie so oft zuvor, doch diesmal nicht zu dessen höherem Ruhme; Celzon betete um seinen Tod. Doch der Gott hörte ihn nicht.
Es war Ryll, dies war sein Tag.
Es war die Zeit des Abendgebetes. Bruder Dagilar las aus dem Roten Buch, in dem Ankhorma den Seinen seinen Willen formulierte, die Brüder skandierten an den bewussten Stellen ehrfürchtig, und die Augen des Gnädigen Vaters ruhten wohlgefällig auf seinen Schäfchen. Diese Augen, die nun zufrieden und gütig blickten, und die für Celzon doch immer kalte Stahlnieten bleiben würden.
Dann war es überstanden; die frommen Brüder zogen sich zur Nachtruhe zurück, denn morgen würde es wieder ein harter, aber guter Tag werden. Celzon löschte die Kerzen, wie er es an jedem Abend tat. Dann trat er an den Altar und fixierte die flackernde Lichterscheinung, die Ankhorma war. Dies gehörte nicht zu seinen Pflichten, eigendlich war es ihm sogar verboten, doch auch dies tat er Abend für Abend. Alles wurde zur Angewohnheit an diesem Ort, an dem die Zeit wie alter, zäher Honig dahin floss.
"Hast du gestrahlt, als er es tat?" fragte Celzon in hartem, fast herausfordernden Ton. "Hat mein Blut dir geschmeckt? War es süß? War es gut? War es deiner würdig, Funzel?" Doch es kam nie eine Antwort.
Celzon hatte gelernt, was Zorn bedeutet.
"Was," fragte er das halbtransparente Geflackere vor sich, "würde wohl passieren, wenn ich dich einfach einmal kräftig anblase? Bist es wirklich du, der gebrochene Herzen frisst und vergossene Tränen säuft, oder verblasst du einfach zu Nichts, wenn man eine Pfeife an dir anzündet?"
Tief holte er Luft und blies die Backen auf, und lange stand er so da, überlegend, zögernd, und schließlich entließ er den Atem durch die Nase, wandte sich abrupt zum Gehen und wünschte sich, sein Zorn wäre größer als die Furcht, die man ihn gelehrt hatte.
Später, auf seiner wackeligen Pritsche, hing er seinen Gedanken nach; jenen, die ganz allmählich in seinem Geist aufgestiegen waren, irgendwann nach seinem Martyrium, irrsinnig, absurd, und doch so süß. Süß und lockend. Anfangs hatte er diese Gedanken entschieden von sich gewiesen, doch wie ein kleines bettelndes Hündchen tauchten sie immer wieder auf, bis er sie resignierend endlich zuließ. Heute waren sie seine liebste Beschäftigung in den Augenblicken vor dem Fall in die schwarze Bewusstlosigkeit, die an diesem Ort Schlaf genannt wurde.
Könnte es sein, dass (nein, völlig verrückt) es noch mehr hinter den Mauern gäbe? Eine viel größere Welt, die (Blasphemie!) dort draußen nur darauf wartete, entdeckt zu werden? Dass die große Tür zwischen Haupthaus und Schmiede (Verboten! Verdammnis!) gar nicht den Zweck hätte, den Willen der Brüder zu prüfen? Es gab hier weder Garten noch Stall noch Teich. Woher kommt eigendlich (die Seinen werden nicht darben!) all die Nahrung? Wieso wurde er eigendlich jeden Tag, manchmal mehrmals, in den Keller unter dem Haus geschickt, um (du lebst, um zu dienen!) nachzuschauen, ob Wasser durch die Mauern rinnt? Dort unten war es zum Husten trocken, immer.
Was, wenn gar nichts stimmte, oder alles?
Könnte es sein...vielleicht...dass es noch andere Klöster gab, irgendwo dort draußen? (.....) Andere Abteien? Andere Brüder? Andere Gnädige Väter?
Andere Peitschen?
Celzon zog die Decke enger um sich, rollte auf die Seite und schlief zum ersten mal seit Jahren wie ein Baby.
In meiner Geschichte geht es um einen gewissen Celzon, der vom Schicksal/der Vorhersehung/den guten Mächten dazu ausersehen ist, eine gewaltige Tat zu vollbringen, welche zwei Welten retten soll. Zu Beginn ist er jedoch noch ein komplett grüner, pubertierender Bursche, der unter Mönchen aufwächst und vom Leben und der Welt nicht mehr weiß, als die (un)heiligen Brüder ihn wissen ließen, und das ist nicht gerade üppig. Nach seinem Entkommen aus dem Kloster (tatsächlich seinem Gefängnis) begegnet er natürlich verschiedenen Leuten und Wesen. Einige helfen ihm dabei, auf seinem Weg voranzukommen, andere erweisen sich als weniger gesund für ihn. Es wird also im Großen und Ganzen die Geschichte einer Persönlichkeitsentwicklung sein. Natürlich wird es auch einige saftige Actionszenen geben (meine Spezialität aus früheren Tagen). Eine besondere Fähigkeit erweist sich als besonders hilfreich für Celzon; welche wird jetzt noch nicht verraten.
Wie Ihr bemerken werdet, wird es kein gefälliges, "schönes" oder gar lustiges Buch werden (hier und dort wird aber ein recht morbider Humor vorherrschen. Beispiel: In einer bald an diesen Abschnitt folgenden nächtlichen Szene wird Celzon gezwungenerweise seine ersten Gehversuche über völlig normales Gras machen, welches er jedoch in seiner Vorstellung als eine Manifestation des Bösen ansieht. Für die meisten Leser wird diese Stelle wohl von einer unwiderstehlichen Komik sein, der gute Celzon macht jedoch wirklich seelische Höllenqualen dabei durch!). Die Grundstimmung wird eher düster sein, aber ich werde versuchen, diese Düsternis nicht zu glorifizieren.Gerade jüngere Leser werden mit dem Ding wohl ihre liebe Not haben, doch wer durchhält wird am Ende belohnt. Versprochen!
Hier also der Beginn, in dem die Ereignisse geschildert werden, welche schließlich zu Celzons Erwachen führen.
Man hatte ihn Celzon genannt. In der Hochsprache von Glaneshaa bedeutete dies Bewusstsein der Finsternis, oder einfacher: Dummkopf.
Einer der wenigen Scherze, die sich die frommen Brüder von Ankhorma je erlaubten.
Gerade war Celzon damit beschäftigt, das "Geheime Haus", in welchem die Brüder sich zu erleichtern pflegten, zu reinigen. Er wusste nicht, dass jenes, was er hier mit einer langstieligen Schöpfkelle hervorholte und sorgsam in eine bereitstehende Tonne entleerte, als gnädige Spende an die umliegenden Bauern gedacht war, um ihre Äcker ertragreicher zu machen, und hätte er es gewusst, so hätte es ihm wohl nichts bedeutet. Tatsächlich wusste er überhaupt nichts von der Welt jenseits der hohen Mauer, welche das Kloster umschloss. Er kannte nur dieses Haupthaus, in dem die Zellen der Mönche untergebracht waren, das Krankenzimmer, die Apotheke, die Küche, der Speisesaal, der Nahrungsspeicher und eben jener Ort, an welchem er nun arbeitete und an dem es immer nach verbranntem Holunder roch.
Da wäre dann noch der Tempel von Ankhorma, mit dem kränklich flackernden orangenen Licht, das die Anwesenheit des Gottes bekundete. Hier verrichteten die Brüder ihre täglichen sieben Gebete, und jeden Ryllstag konnten hier die Säumigen gepeitscht werde, denn Ryll war der Tag Ankhormas. Doch die Peitsche musste nur noch selten hervorgeholt werden und setzte Staub an.
Dazu noch das Gerätehaus, die Schmiede und das niemals genutzte Gästehaus, das für ihn einfach nur das "leere Haus" war. Es gab keine Gäste an diesem Ort, und dieses Wort kam in seinem Wortschatz nicht vor. Und das war es auch schon; alles zusammen gesetzt auf eine Fläche, auf der es sich nicht gelohnt hätte, einen Hund umherzujagen. Dies war Celzons ganze Welt( in der auch Hunde nicht existierten). Nicht viel, aber Heimat.
Seine Tage unter diesen frommen, unbefriedigten, stets zornigen Männern verliefen in lethargischer Gleichförmigkeit: Aufstehen, beten, Frühstück, beten, den weißen Sand im Hof harken, beten, Hausarbeit, beten, Mittagsmahl, beten, bereitsein für dies und das, beten, Abendmahl, beten, Nachtruhe. Kerze aus.
Der permanenten Zornigkeit der Brüder war er sich überhaupt nicht bewusst, denn er verstand nichts vom Zorn; noch niemals in seinem jungen Leben hatte er jene, die dem Gott gehörten, anders erlebt. Wurde er nicht verdammt und geschlagen, dann hatte er wohl alles richtig gemacht.Nein, geschlagen zu werden war er gewohnt, wie auch alles andere an diesem Ort.
Und so war es bis zu jenem Tage vor etwa einem Jahr, als Celzon eines Morgens erwachte und das dünne Leinen, das er zum Schlafen über sich zog, auf unerklärliche Weise an seiner Hüfte klebte. Bruder Valker, der den Gong schlagend durch den Zellentrakt ging, bemerkte es, ergriff Celzons linken Arm, drehte ihn auf den Rücken und schubste ihn so vor sich her direkt in die Zelle des Gnädigen Vaters. Dieser sah von seinem Morgengebet auf und musterte Celzon erst überrascht, dann voller Abscheu von oben bis unten, und Stahl legte sich in seinen Blick. Wortlos erhob er sich, fischte die immer bereite Peitsche von ihrem Haken an der Wand und tat seine heilige Pflicht. Kein dumpfer Hieb wie sonst, nein...
FEUER!
Ein Ozean aus Schmerz, die Eingeweide zerreissend und das Herz stocken machend, immer wieder neu, immer wieder und wieder. Celzon wollte schreien; ein Schrei hätte alles einfacher gemacht, doch die Luft dazu wollte einfach nicht durch seine Kehle. Nur das Knallen des Riemens war in dem kleinen Raum zu hören, scharf, brennend, mörderisch, begleitet von des Gnädigen Vaters heiserem Gebell. Tschiaff! "Dreck!" Tschiaff! "Sünde!" Tschiaff! "Abfall!"
Celzon betete zu Ankhorma, wie so oft zuvor, doch diesmal nicht zu dessen höherem Ruhme; Celzon betete um seinen Tod. Doch der Gott hörte ihn nicht.
Es war Ryll, dies war sein Tag.
Es war die Zeit des Abendgebetes. Bruder Dagilar las aus dem Roten Buch, in dem Ankhorma den Seinen seinen Willen formulierte, die Brüder skandierten an den bewussten Stellen ehrfürchtig, und die Augen des Gnädigen Vaters ruhten wohlgefällig auf seinen Schäfchen. Diese Augen, die nun zufrieden und gütig blickten, und die für Celzon doch immer kalte Stahlnieten bleiben würden.
Dann war es überstanden; die frommen Brüder zogen sich zur Nachtruhe zurück, denn morgen würde es wieder ein harter, aber guter Tag werden. Celzon löschte die Kerzen, wie er es an jedem Abend tat. Dann trat er an den Altar und fixierte die flackernde Lichterscheinung, die Ankhorma war. Dies gehörte nicht zu seinen Pflichten, eigendlich war es ihm sogar verboten, doch auch dies tat er Abend für Abend. Alles wurde zur Angewohnheit an diesem Ort, an dem die Zeit wie alter, zäher Honig dahin floss.
"Hast du gestrahlt, als er es tat?" fragte Celzon in hartem, fast herausfordernden Ton. "Hat mein Blut dir geschmeckt? War es süß? War es gut? War es deiner würdig, Funzel?" Doch es kam nie eine Antwort.
Celzon hatte gelernt, was Zorn bedeutet.
"Was," fragte er das halbtransparente Geflackere vor sich, "würde wohl passieren, wenn ich dich einfach einmal kräftig anblase? Bist es wirklich du, der gebrochene Herzen frisst und vergossene Tränen säuft, oder verblasst du einfach zu Nichts, wenn man eine Pfeife an dir anzündet?"
Tief holte er Luft und blies die Backen auf, und lange stand er so da, überlegend, zögernd, und schließlich entließ er den Atem durch die Nase, wandte sich abrupt zum Gehen und wünschte sich, sein Zorn wäre größer als die Furcht, die man ihn gelehrt hatte.
Später, auf seiner wackeligen Pritsche, hing er seinen Gedanken nach; jenen, die ganz allmählich in seinem Geist aufgestiegen waren, irgendwann nach seinem Martyrium, irrsinnig, absurd, und doch so süß. Süß und lockend. Anfangs hatte er diese Gedanken entschieden von sich gewiesen, doch wie ein kleines bettelndes Hündchen tauchten sie immer wieder auf, bis er sie resignierend endlich zuließ. Heute waren sie seine liebste Beschäftigung in den Augenblicken vor dem Fall in die schwarze Bewusstlosigkeit, die an diesem Ort Schlaf genannt wurde.
Könnte es sein, dass (nein, völlig verrückt) es noch mehr hinter den Mauern gäbe? Eine viel größere Welt, die (Blasphemie!) dort draußen nur darauf wartete, entdeckt zu werden? Dass die große Tür zwischen Haupthaus und Schmiede (Verboten! Verdammnis!) gar nicht den Zweck hätte, den Willen der Brüder zu prüfen? Es gab hier weder Garten noch Stall noch Teich. Woher kommt eigendlich (die Seinen werden nicht darben!) all die Nahrung? Wieso wurde er eigendlich jeden Tag, manchmal mehrmals, in den Keller unter dem Haus geschickt, um (du lebst, um zu dienen!) nachzuschauen, ob Wasser durch die Mauern rinnt? Dort unten war es zum Husten trocken, immer.
Was, wenn gar nichts stimmte, oder alles?
Könnte es sein...vielleicht...dass es noch andere Klöster gab, irgendwo dort draußen? (.....) Andere Abteien? Andere Brüder? Andere Gnädige Väter?
Andere Peitschen?
Celzon zog die Decke enger um sich, rollte auf die Seite und schlief zum ersten mal seit Jahren wie ein Baby.