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Celzon 1. Buch : Das Erwachen

Asrharn

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25. Jan. 2011
Beiträge
173
Inspiriert durch all die jungen Talente, die ihre oft bemerkenswerten Arbeiten hier präsentieren, habe ich mich endlich dazu durchgerungen, es doch selbst wieder einmal mit dem Schreiben zu versuchen. Allerdings ist es schon gute 20 Jahre her, dass ich das letzte mal etwas Zusammenhängendes zu Papier brachte, und ich bin wohl ziemlich eingerostet. Ich bin jedem dankbar, der mir etwas Feedback zu diesem Versuch geben kann.
In meiner Geschichte geht es um einen gewissen Celzon, der vom Schicksal/der Vorhersehung/den guten Mächten dazu ausersehen ist, eine gewaltige Tat zu vollbringen, welche zwei Welten retten soll. Zu Beginn ist er jedoch noch ein komplett grüner, pubertierender Bursche, der unter Mönchen aufwächst und vom Leben und der Welt nicht mehr weiß, als die (un)heiligen Brüder ihn wissen ließen, und das ist nicht gerade üppig. Nach seinem Entkommen aus dem Kloster (tatsächlich seinem Gefängnis) begegnet er natürlich verschiedenen Leuten und Wesen. Einige helfen ihm dabei, auf seinem Weg voranzukommen, andere erweisen sich als weniger gesund für ihn. Es wird also im Großen und Ganzen die Geschichte einer Persönlichkeitsentwicklung sein. Natürlich wird es auch einige saftige Actionszenen geben (meine Spezialität aus früheren Tagen). Eine besondere Fähigkeit erweist sich als besonders hilfreich für Celzon; welche wird jetzt noch nicht verraten.
Wie Ihr bemerken werdet, wird es kein gefälliges, "schönes" oder gar lustiges Buch werden (hier und dort wird aber ein recht morbider Humor vorherrschen. Beispiel: In einer bald an diesen Abschnitt folgenden nächtlichen Szene wird Celzon gezwungenerweise seine ersten Gehversuche über völlig normales Gras machen, welches er jedoch in seiner Vorstellung als eine Manifestation des Bösen ansieht. Für die meisten Leser wird diese Stelle wohl von einer unwiderstehlichen Komik sein, der gute Celzon macht jedoch wirklich seelische Höllenqualen dabei durch!). Die Grundstimmung wird eher düster sein, aber ich werde versuchen, diese Düsternis nicht zu glorifizieren.Gerade jüngere Leser werden mit dem Ding wohl ihre liebe Not haben, doch wer durchhält wird am Ende belohnt. Versprochen!
Hier also der Beginn, in dem die Ereignisse geschildert werden, welche schließlich zu Celzons Erwachen führen.


Man hatte ihn Celzon genannt. In der Hochsprache von Glaneshaa bedeutete dies Bewusstsein der Finsternis, oder einfacher: Dummkopf.
Einer der wenigen Scherze, die sich die frommen Brüder von Ankhorma je erlaubten.
Gerade war Celzon damit beschäftigt, das "Geheime Haus", in welchem die Brüder sich zu erleichtern pflegten, zu reinigen. Er wusste nicht, dass jenes, was er hier mit einer langstieligen Schöpfkelle hervorholte und sorgsam in eine bereitstehende Tonne entleerte, als gnädige Spende an die umliegenden Bauern gedacht war, um ihre Äcker ertragreicher zu machen, und hätte er es gewusst, so hätte es ihm wohl nichts bedeutet. Tatsächlich wusste er überhaupt nichts von der Welt jenseits der hohen Mauer, welche das Kloster umschloss. Er kannte nur dieses Haupthaus, in dem die Zellen der Mönche untergebracht waren, das Krankenzimmer, die Apotheke, die Küche, der Speisesaal, der Nahrungsspeicher und eben jener Ort, an welchem er nun arbeitete und an dem es immer nach verbranntem Holunder roch.
Da wäre dann noch der Tempel von Ankhorma, mit dem kränklich flackernden orangenen Licht, das die Anwesenheit des Gottes bekundete. Hier verrichteten die Brüder ihre täglichen sieben Gebete, und jeden Ryllstag konnten hier die Säumigen gepeitscht werde, denn Ryll war der Tag Ankhormas. Doch die Peitsche musste nur noch selten hervorgeholt werden und setzte Staub an.
Dazu noch das Gerätehaus, die Schmiede und das niemals genutzte Gästehaus, das für ihn einfach nur das "leere Haus" war. Es gab keine Gäste an diesem Ort, und dieses Wort kam in seinem Wortschatz nicht vor. Und das war es auch schon; alles zusammen gesetzt auf eine Fläche, auf der es sich nicht gelohnt hätte, einen Hund umherzujagen. Dies war Celzons ganze Welt( in der auch Hunde nicht existierten). Nicht viel, aber Heimat.
Seine Tage unter diesen frommen, unbefriedigten, stets zornigen Männern verliefen in lethargischer Gleichförmigkeit: Aufstehen, beten, Frühstück, beten, den weißen Sand im Hof harken, beten, Hausarbeit, beten, Mittagsmahl, beten, bereitsein für dies und das, beten, Abendmahl, beten, Nachtruhe. Kerze aus.
Der permanenten Zornigkeit der Brüder war er sich überhaupt nicht bewusst, denn er verstand nichts vom Zorn; noch niemals in seinem jungen Leben hatte er jene, die dem Gott gehörten, anders erlebt. Wurde er nicht verdammt und geschlagen, dann hatte er wohl alles richtig gemacht.Nein, geschlagen zu werden war er gewohnt, wie auch alles andere an diesem Ort.
Und so war es bis zu jenem Tage vor etwa einem Jahr, als Celzon eines Morgens erwachte und das dünne Leinen, das er zum Schlafen über sich zog, auf unerklärliche Weise an seiner Hüfte klebte. Bruder Valker, der den Gong schlagend durch den Zellentrakt ging, bemerkte es, ergriff Celzons linken Arm, drehte ihn auf den Rücken und schubste ihn so vor sich her direkt in die Zelle des Gnädigen Vaters. Dieser sah von seinem Morgengebet auf und musterte Celzon erst überrascht, dann voller Abscheu von oben bis unten, und Stahl legte sich in seinen Blick. Wortlos erhob er sich, fischte die immer bereite Peitsche von ihrem Haken an der Wand und tat seine heilige Pflicht. Kein dumpfer Hieb wie sonst, nein...
FEUER!
Ein Ozean aus Schmerz, die Eingeweide zerreissend und das Herz stocken machend, immer wieder neu, immer wieder und wieder. Celzon wollte schreien; ein Schrei hätte alles einfacher gemacht, doch die Luft dazu wollte einfach nicht durch seine Kehle. Nur das Knallen des Riemens war in dem kleinen Raum zu hören, scharf, brennend, mörderisch, begleitet von des Gnädigen Vaters heiserem Gebell. Tschiaff! "Dreck!" Tschiaff! "Sünde!" Tschiaff! "Abfall!"
Celzon betete zu Ankhorma, wie so oft zuvor, doch diesmal nicht zu dessen höherem Ruhme; Celzon betete um seinen Tod. Doch der Gott hörte ihn nicht.
Es war Ryll, dies war sein Tag.

Es war die Zeit des Abendgebetes. Bruder Dagilar las aus dem Roten Buch, in dem Ankhorma den Seinen seinen Willen formulierte, die Brüder skandierten an den bewussten Stellen ehrfürchtig, und die Augen des Gnädigen Vaters ruhten wohlgefällig auf seinen Schäfchen. Diese Augen, die nun zufrieden und gütig blickten, und die für Celzon doch immer kalte Stahlnieten bleiben würden.
Dann war es überstanden; die frommen Brüder zogen sich zur Nachtruhe zurück, denn morgen würde es wieder ein harter, aber guter Tag werden. Celzon löschte die Kerzen, wie er es an jedem Abend tat. Dann trat er an den Altar und fixierte die flackernde Lichterscheinung, die Ankhorma war. Dies gehörte nicht zu seinen Pflichten, eigendlich war es ihm sogar verboten, doch auch dies tat er Abend für Abend. Alles wurde zur Angewohnheit an diesem Ort, an dem die Zeit wie alter, zäher Honig dahin floss.
"Hast du gestrahlt, als er es tat?" fragte Celzon in hartem, fast herausfordernden Ton. "Hat mein Blut dir geschmeckt? War es süß? War es gut? War es deiner würdig, Funzel?" Doch es kam nie eine Antwort.
Celzon hatte gelernt, was Zorn bedeutet.
"Was," fragte er das halbtransparente Geflackere vor sich, "würde wohl passieren, wenn ich dich einfach einmal kräftig anblase? Bist es wirklich du, der gebrochene Herzen frisst und vergossene Tränen säuft, oder verblasst du einfach zu Nichts, wenn man eine Pfeife an dir anzündet?"
Tief holte er Luft und blies die Backen auf, und lange stand er so da, überlegend, zögernd, und schließlich entließ er den Atem durch die Nase, wandte sich abrupt zum Gehen und wünschte sich, sein Zorn wäre größer als die Furcht, die man ihn gelehrt hatte.
Später, auf seiner wackeligen Pritsche, hing er seinen Gedanken nach; jenen, die ganz allmählich in seinem Geist aufgestiegen waren, irgendwann nach seinem Martyrium, irrsinnig, absurd, und doch so süß. Süß und lockend. Anfangs hatte er diese Gedanken entschieden von sich gewiesen, doch wie ein kleines bettelndes Hündchen tauchten sie immer wieder auf, bis er sie resignierend endlich zuließ. Heute waren sie seine liebste Beschäftigung in den Augenblicken vor dem Fall in die schwarze Bewusstlosigkeit, die an diesem Ort Schlaf genannt wurde.
Könnte es sein, dass (nein, völlig verrückt) es noch mehr hinter den Mauern gäbe? Eine viel größere Welt, die (Blasphemie!) dort draußen nur darauf wartete, entdeckt zu werden? Dass die große Tür zwischen Haupthaus und Schmiede (Verboten! Verdammnis!) gar nicht den Zweck hätte, den Willen der Brüder zu prüfen? Es gab hier weder Garten noch Stall noch Teich. Woher kommt eigendlich (die Seinen werden nicht darben!) all die Nahrung? Wieso wurde er eigendlich jeden Tag, manchmal mehrmals, in den Keller unter dem Haus geschickt, um (du lebst, um zu dienen!) nachzuschauen, ob Wasser durch die Mauern rinnt? Dort unten war es zum Husten trocken, immer.
Was, wenn gar nichts stimmte, oder alles?
Könnte es sein...vielleicht...dass es noch andere Klöster gab, irgendwo dort draußen? (.....) Andere Abteien? Andere Brüder? Andere Gnädige Väter?
Andere Peitschen?
Celzon zog die Decke enger um sich, rollte auf die Seite und schlief zum ersten mal seit Jahren wie ein Baby.
 
Ich finde dass was ich gelesen habe gut :) Allerdings finde ich, vorallem am Schluss, die Klammern störend. Ansonsten würde ich aber gerne mehr lesen :)
 
Muchas domo. Die Klammern sind vielleicht ein etwas veraltetes Stilmittel; vielleicht wären da wohl kursiv gehaltene Einschläge besser. Danke für den Hinweis!
 
Ein ziemlich guter Text. Und um den Rost wegzubringen helfen sicher ein paar Tropfen Öl^^

Ich hab nur zwei kleine Fehler entdeckt.

; alles zusammen gesetzt auf eine Fläche, auf der es sich nicht gelohnt hätte, einen Hund umherzujagen.

Das ist ein Ausdrucksfehler. In diesem Fall schreibt man zusammengesetzt im Sinn von addieren.

, begleitet von des Gnädigen Vaters heiserem Gebell

Hier klingt meiner Meinung nach diese Satzstellung besser: begleitet vom heiseren Gebell des Gnädigen Vaters.

Wie gesagt, ein wirklich guter Text und ich würde gerne mehr lesen :smile:



Grüße
Sodalith
 
Da kann ich mich meinen Vorrednern nur anschließen. Ich finde es auch sehr gut und würde gerne mehr lesen :)

Die Klammersetzung am Ende des Textes erinnert mich ein wenig an Stephen King, stören tut es mich jedoch nicht.
 
Boaahhh! Gnade, Leute, ich flipp gleich aus!
Ich danke Euch allen für Euer freundliches Interesse und all die Tipps und Hilfen.
Eigendlich hatte ich mehr mit einer saftigen Ladung toter Ratten gerechnet... :elkgrin:
Ihr wollt mehr? Könnt Ihr haben:


Es kitzelte.
Langsam, ganz allmählich, wurde sich Celzon bewusst, dass da etwas in seinem Gesicht ihn aufs Scheußlichste kitzelte. Brummend brachte er einen Arm hervor und machte mit der Hand eine wedelnde Bewegung. Es kitzelte immer noch. Noch etwas lauter brummend klatschte er die Hand an die Wange. Das Kitzeln blieb. Langsam ärgerlich werdend führte Celzon Daumen und Zeigefinger an die bewusste Stelle und erfühlte...
Gras...
Natürlich wußte Celzon, was Gras war; er hatte es oft genug auf den Knien Halm für Halm ausrupfen dürfen, wenn es in der warmen Zeit hier und da seinen Weg durch den weißen Sand des Hofes fand. Abgesehen von dem blauen Himmel über ihnen war Rot die einzige lebendige Farbe, die in Ankhormas Welt geduldet wurde. Gras war ein Eindringling, von den bösen Mächten der Erde geschickt, um die frommen Brüder in ihrer Hingabe zu dem Gott abzulenken. Etwas Böses, ein Feind. Und doch erfühlten seine umhertastenden Handflächen überall um sich herum...
Das war überhaupt nicht möglich! Ausgeschlossen! Ein böser Traum!
Mit einem Ruck kam er auf die bloßen Füße und versuchte, in der Dunkelheit der Nacht irgend etwas um sich herum zu erkennen. Das Land - keine Mauer! - schien sich in der blauschwarzen Finsternis um ihn herum endlos nach allen Seiten auszustrecken, seltsam buckelig hier und dort...Niemand hatte ihm je erzählt, was ein Hügel war. Wolken wie aus zerrupfter, schwarzer Watte hingen am Himmel, und an manchen Stellen lugten Sterne durch Löcher in der Decke.
Zögerlich tat er einen Schritt und musste sich auf die Lippen beißen, um nicht laut vor Schrecken schreien zu müssen, als er das gefährliche üppige Gras unter den Sohlen spürte . Lieber wäre er über einen Teppich aus abgesplitterten Flaschenböden gelaufen. Das Bein zitterte, als er den zweiten Schritt machte. "Ich bin verdammt," dachte er voller Verzweiflung. "Dies ist Ankhormas Lohn für all meine Schmähungen, die ich ihm angetan habe. Verdammt, auf ewig über das Nachtland unter der Erde wandeln zu müssen..." Doch unzweifelhaft leuchteten Sterne über ihm.
Er machte den dritten Schritt, und noch einen, einen weiteren. Erstaunt stellte er fest, dass dieses Böse, durch das er zu waten gezwungen war, sich im Grunde nicht unangenehm anfühlte. Kühl war es, etwas feucht, doch noch immer hatte es nicht versucht, mit seinen scharfen grünen Klingen seine Sohlen bis auf die Knochen zu zerfetzen. Seine Zuversicht wuchs ein wenig.
Dann hörte er das Brüllen zum ersten Mal.
Wie ein glühender Draht schoß ihm der Schrecken vom Scheitel aus durch den ganzen Leib. Dieser Laut war...er war...nein, er wusste nicht, was es in Ankhormas Namen für ein Wesen sein mochte, das ein solches Gebrüll von sich gab. Wie Donner in einem sommerlichen Hitzegewitter war es, und wie das Sausen eines Schleifsteins, und wie ein kräftiger Wind, der durch die Fenster pfiff und die Schindeln des Daches zum Klappern brachte, und wie...er wusste es nicht zu benennen.
Das Brüllen schwoll an, bewegte sich an ihm, der auf alle Viere in das Gras gesunken war, vorüber und verebbte allmählich.
Als Celzons Denken wieder einsetzte, gewahrte er nicht wenig erstaunt, dass er noch am Leben war. Am ganzen Leib zitternd richtete er sich wieder auf und lauschte angestrengt in die Nacht. Nein, was immer es auch gewesen sein mochte, nun war es fort. Er hatte Glück gehabt, doch wie lange konnte man Glück halten? Er brauchte Schutz; hier im offenen Gelände würde das Ungetüm ihn früher oder später erwischen, dessen wurde er sich sofort bewusst. Diese Buckel dort, vielleicht boten sie irgend ein Versteck...
Rasch setzte er sich in Bewegung. Das Gras unter ihm hatte seinen Schrecken für ihn verloren, denn nun war die Bedrohung, welche er die ganze Zeit über gefühlt hatte, endlich greifbar. Ihm wurde bewusst, wie sehr er die Mauern seiner gewohnten Welt vermisste. Er beschleunigte seinen Schritt, und schließlich rannte er, fiel, schmeckte Dreck in seinem Mund, rappelte sich auf und rannte weiter.
Die Buckel! Zu den Buckeln!
Und im nächsten Moment schrammten seine Füße über etwas Raues.
Vor Überraschung geriet Celzon ins Stolpern und krachte wild mit den Armen rudernd längs auf den steinharten Grund. Der Aufprall trieb ihm die Luft aus dem Leib, und würgend und keuchend blieb er verkrümmt liegen.
Und dann kehrte das Brüllen zurück.
Endlich gelang es ihm, ein wenig Luft einzusaugen, und mit einem Wimmern verließ sie ihn wieder. Es wurde plötzlich hell um ihn herum, und mit einem Blick gewahrte er, dass er mitten auf einem schmalen dunklen Band lag, das die Landschaft wie der Schnitt eines gewaltigen Messers durchteilte und sich in der Dunkelheit irgendwo im Endlosen verlor. Er musste an die Schnecke denken, die er einmal irgendwann beobachtet hatte. Eine breite Spur hatte sie hinterlassen. War dies die Spur des brüllenden Untiers? Lag er auf seinen Exkrementen?
Und nun konnte er auch in schemenhaften Umrissen ausmachen, was sich da brüllend auf ihn zubewegte. Groß war es, grösser als ein Schrank, und schnell. Oh, so schnell! Doch seine Augen...
Sie glühen! durchschoss es ihn. Seine Augen glühen!
Instinktiv beschloss Celzon, sich nicht von der Stelle zu rühren; er hätte es ohnehin nicht zuwege gebracht, sich aufzurichten. Wie die Maus, die vor der Schlange erstarrt und vorgibt, ein nach Maus riechender Stein zu sein, so würde er das Untier erwarten. Hatte es ihn nicht schon einmal verfehlt?
Näher kam es, und plötzlich brüllte es nicht mehr. Nein, es SCHRIE JETZT!
Ohrenzerschmetternder als alle Posaunen Ankhormas zugleich drang es auf ihn ein, brachte seine inneren Ohren zum Erzittern und füllte ihm den Kopf mit Sägemehl aus. Celzon schloss die Augen und hoffte auf nichts weiteres mehr als ein schnelles Ende.
Dann kam ein Sog; urplötzlich, ohne die gerigste Ankündigung, und ihn von einem Augenblick zum anderen komplett erfassend. Es fühlte sich nicht so an, als wie in Treibsand zu versinken; so wie er es sich in seiner Phantasie vorgestellt hatte, wie es wohl wäre - diese Phantasie hatte er in der letzten Zeit auffallend oft. Eher wie ein Ziehen, das seinen Leib streckte, als würde er in die Länge gezogen und durch eine schmale Öffnung gepresst. Einmal hatte ihm Bruder Parno den Trick gezeigt, mit dem man ein gekochtes Ei durch einen Flaschenhals saugte. Ganz so muss sich das Ei gefühlt haben! durchschoss ihn irrsinnigerweise noch der Gedanke, und im nächsten Augenblick plumpste er auf seine Flaschenboden-Pritsche und atmete noch lange keuchend die tintenhafte Schwärze der Nacht...
Ich muss es dem gnädigen Vater erzählen! war sein erster bewusster Gedanke. Er wird mir sagen können, was geschehen ist. Er weiß so vieles! Er kann...Unsichtbar in der Finsternis, erschien eine steile Falte zwischen seinen Augenbrauen. Schnaubend stieß er nach einem langen Atemzug die Luft aus.
Nein, er würde niemandem irgendetwas erzählen. Gar keinem!
 
Zuletzt bearbeitet:
Find ich super!!
Und ich würde gerne wissen, was das für ein Ungeheuer ist.
Also bitte bitte bitte mehr :)
 
Danke! Bis gestern war ich mir noch nicht sicher, ob ich dieses Ding wirklich durchziehen will, aber nun...
Eifer und Inspiration hab ich tonnenweise, aber ein Güterzug voll Zeit wär nicht schlecht :smile:
Was das wohl fürnein Unvieh ist? Ich geb Dir nen Tipp: manche reiten auf ihnen zur Arbeit.
 
Ich tippe mal auf ein Pferd. Kann ja sein, dass sich das Wiehern für Celzon wie ein Schreien oder Brüllen anhört :)

Übringens finde ich deinen Humor super ;-)
 
Das hoffe ich. Ich bin nämlich nicht besonders gut im Raten und komme von allein wahrscheinlich nicht drauf.
 
Nicht böse sein, ich spiel halt nur ab und zu gern den Geheimnisvollen...
Das Biest ist natürlich nichts weiter als - ein schnödes Auto.
Was ein Auto in einer Fantasystory zu suchen hat? Eben das hat mit Celzons erwähnter besonderer Fähigkeit zu tun : er kann zwischen zwei Welten hin und her wandern, und diese zweite ist nichts anderes als unsere eigene Welt. Aber natürlich musste das "Untier" aus Celzons Perspektive beschrieben werden; er ist nun einmal ein Kind seiner Welt, und selbst von jener weiß er so gut wie nichts. Wäre ich zu deutlich geworden, hätte er wohl wie eine Person des 21. Jahrhunderts gewirkt, die auf einem Mittelaltermarkt den Barbaren mimt.
 
Hmm, darauf wär ich nicht gekommen. Liegt vielleicht daran, dass es keinen Hinweis auf die Zeit gegeben hat.
Aber die Idee gefällt mir^^
 
Ich kann kaum ausdrücken, wie sehr ich mich darüber freue, dass Celzon so gut bei Euch ankommt. Ihr versteht es wirklich, einen zu motivieren :smile:
Natürlich liefer ich gern Nachschub, aber so langsam bekomme ich doch ein wenig Angst, dass ich diesen Thread hier mit der Zeit komplett zuposte. Egal, aller guten Dinge sind Drei!
An Eurer Meinung bin ich natürlich weiter brennend interessiert, schließlich schreib ich dieses Ding ja nicht für mich allein. Also: wenn es Euch gefällt, sagt es ruhig weiter; wenn nicht, sagt es mir :elkgrin:


Die Welt war die gleiche geblieben, die sie schon immer war.
Celzon richtete die gleichen Gebete zu Ankhorma, harkte den gleichen Sand, verrichtete die gleichen Arbeiten, die sonst niemand tun mochte. Es war etwas Unwirkliches an all dem; er wusste es, doch er hätte nicht benennen können, was es sei. Etwas fehlte einfach, etwas, das hätte da sein müssen, es aber nicht war. Sein nächtliches Abenteuer war an seiner kleinen Welt einfach spurlos vorbeigegangen.
Und doch hatte sich etwas geändert.
War die Abendanrufung beendet und waren die frommen Brüder unterwegs zu ihren Zellen, so löschte Celzon die Kerzen, legte das Rote Buch zurück an seinen angestammten Platz auf dem Altar und ging seinerseits zur Ruhe. Keine Drohungen mehr in der Dunkelheit, keine Schmähungen und Verwünschungen. Celzon hatte sein allabendliches Hassritual begraben.

"Celzon! Geh zum Gnädigen Vater, er wartet!"
Schicksalsergeben erhob sich Celzon vom Boden des Kellers, in dem er zum wer-weiß-wie-vielten-male nach eindringendem Wasser suchen sollte. Er mochte die Zeit hier unten, in der niemand ihm irgend welche Aufgaben auflud, die selbst zu erledigen ihm niemals eingefallen wäre. Es war langweilig, stupide, völlig sinnlos, aber es war auch die einzige Zeit zwischen Wecken und Schlafengehen, in der er seine Ruhe hatte. Und nun war sie schon wieder vorbei.
Am Durchgang zur Zelle des Vaters angekommen, wirbelte ihm etwas Rotes entgegen und landete mit einem Plumps in seinen reaktionsschnell vorgestreckten Armen. "Bring das zu Bruder Valker," hörte er die Stimme des Vaters aus der Zelle. ""Er wird schon wissen."
Celzon holte Atem, um "Steck es dir in den Hals und erstick dran" zu sagen, doch es wurde ein "Sofort, Gnädiger Vater" daraus.
Es handelte sich um ein Leinenkissen, eines von der Sorte, von denen es genug in der Zelle gab, auf der Liege und jedem Stuhl. Eine Seitennaht war aufgeplatzt, und Fetzen von grobem gelbbraunen Sackleinen quollen aus dem Riss heraus. Das Leinen eben der selben Säcke, die auf wundersame Weise immer wieder prall gefüllt im Nahrungsspeicher auftauchten.
Bruder Valker war für alles zuständig, was mit Tuch oder Stoff zu tun hatte. Valker, der an jenem bewussten Morgen den Gong schlagend durch die Zellen schritt. Valker, der seinen Arm ergriff und ihn zum Gnädigen Vater schleifte. Valker, der seinen eisernen Griff erst löste, als dem Vater der Arm weh tat...
Dieser Tag war wirklich nicht sein Freund.
Celzon begab sich also, eine schwarze Wolke im Bauch, zu dem kleinen Verschlag neben dem Gerätehaus, in dem Valker eine notdürftige Weberei und seine Werkstatt unterhielt. Er war anwesend, gerade damit beschäftigt, eine zerrissene Kutte wieder zusammenzuflicken. "Ankhorma auf deinen Schatten," sagte er, ohne von seiner Arbeit aufzusehen. Celzon verschluckte die Erwiederung des Grußes, legte das ramponierte Kissen auf die Ablage, auf der jede Menge undefinierbaren Werkzeugs ausgebreitet lag und sagte: " Für den Gnädigen Vater," und im härtesten Ton, zu dem er fähig war, fügte er hinzu: "Es eilt."
Auf seinem Schemel über der Arbeit gebeugt, fuhr Valker fort, entzwei gerissene Fäden zusammenzufügen, doch ein leises Lächeln erschien auf seinem groben Bauerngesicht. "Bleib. Es braucht nicht lange."
"Kann ich nicht," stieß Celzon hervor. "Bruder Holdar erwartet mich in der Küche..."
"Wie der Gnädige Vater auf sein Kissen wartet, hm?" Das Lächeln wurde etwas breiter. "Bleib, und nimm es gleich wieder mit. Es eilt."
"Gut, es ist nicht sooo eilig. Ich komme zurück, sobald ich kann." Celzon wandte sich eilig zum Gehen.
"Bleib!" Es kam heraus wie ein Peitschenknall, doch noch immer lächelte Valker. Nun wandte er sogar den Kopf und sah Celzon an. "Willst du noch mal hierher kommen? Der junge Meister geht gern lange Wege, stimmts?" Es lag etwas Unbestimmtes in diesen Worten, diesem Tonfall, das Celzon einen Schrecken einjagte. Er beschloss zu bleiben.
Valker legte die geflickte Kutte beiseite auf einen Stapel anderer Stoffteile, erhob sich und nahm das rote Kissen in die Hand. Prüfend besah er sich den Riss, dann nahm er eine Ahle von der Ablage und einen passenden roten Faden aus dem Bündel an dem Nagel in der Wand. In gespieltem Bedauern schüttelte er den Kopf, während er sich wieder setzte und mit der Arbeit begann. "Ich kann versuchen, was ich will, aber am Ende kommt immer etwas Bretthartes dabei heraus. Es gibt hier einfach nicht das passende Material. Lieber würde ich das Ding mit Heu füllen. Ja, Heu wäre wohl das Richtige."
"Mhm," gab Celzon von sich und schielte zum Haupthaus hinüber. Wie lange noch?
"Aber woher nehmen? Meinst du nicht auch, Heu wäre weit angenehmer als diese Lumpen?"
"Ja...huh, was?"
"Heu, sagte ich."
"Ich verstehe nicht..."
"Dafür braucht es Gras, Bewusstsein der Finsternis." Nun grinste Valker über das ganze Gesicht. "VIEL GRAS."
Das Wort traf Celzon wie ein Schneeball am heißesten Sommertag. Fassungslos starrte er in Valkers Grinsen. Seine Beine drohten plötzlich zu versagen, sie zitterten.
Tschiaff!
"Doch woher all dies Gras nehmen?" seufzte Valker und wandte seine Aufmerksamkeit nun ganz dem fast fertigen Kissen zu. "Kannst du es mir sagen?"
Celzon versuchte angestrengt, etwas Ordnung in den Wirbelstrom zu bringen, der in seinem Schädel tobte. "Meine Ohren werden vergessen, was mein Herz nicht wissen darf," brachte er hervor. Dies war eine Phrase, welche der Gnädige Vater oft benutzte, wenn er in launiger Stimmung war, doch Celzon meinte, sie passe gut hierher, und in seiner Verwirrung wollte ihm nichts Besseres einfallen.
Valker verzwirbelte den Faden und biss den Rest ab, dann warf er das Kissen in Celzons Arme. "Wir reden später weiter, wenn du nicht mehr wie ein Kalb schaust. Ab jetzt!"

Erleichtert stellte Celzon beim Mittagsgebet fest, dass Valker ihm keinerlei weitere Beachtung schenkte. Doch etwas war errichtet worden, das wußte er nur zu gut. Etwas, von dem er nicht sicher war, ob er es begrüßen oder besser fürchten sollte. Furcht wäre wohl angesagter. Etwas, das auf ihn lauerte und dem er sich bald würde stellen müssen. Valker hatte ihn darüber nicht im Zweifel gelassen.
Zum ersten Mal begann er, seine gewohnte Welt als einen Käfig zu empfinden. Eine große, steinerne Truhe, die ihn schützen mochte, aber auch kein Entkommen zuließ. Er erinnerte sich zu gern daran, wie es gewesen war zu rennen. War er auch ohne jede Orientierung gewesen und halb tot vor Angst, so hatte er doch rennen können. Rennen war Freiheit, doch dieses Wort kannte er nicht und konnte deshalb seine Gefühle auch nicht erklären. Er wusste nur, dass Rennen hier nicht nur zwecklos, sondern auch unmöglich war. Hier, wo die Mauern überall auf ihn warteten.
Doch Celzon hatte ein Land ohne Mauern gesehen. War es auch erschreckend und ein einziger lebender Alptraum, so gab es dort doch keine Mauern.
Wie nie zuvor wurde er sich der steinernen Truhe bewusst. Er konnte spüren, wie sich der Deckel über ihm schloss...


Ich korrigier dies Ding übrigens, während ich es hier reinstelle; ändere um, füge hinzu oder streiche. Auf meiner Festplatte liest sich das Ding etwas anders. Muss wohl mal kräftig ausmisten.
Mit der Stelle, an der Valker den Faden vom Nagel nimmt, bin ich aber noch nicht so recht glücklich. Die erscheint mir immer noch ziemlich holperig.
Kann mir vielleicht jemand nen Tipp geben, wie ich das etwas flüssiger hinkrieg?
 
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