Danke fürs Lesen, Lafaith und Orendarcil :)
Ich editier eben den Teil den ich rein gestellt habe wegen den "Teleskopsätzen" und dann kommt vielleicht noch ein bisschen mehr, ich editiers dann rein.
Ach ja, @ Orendarcil: der "Ich-Erzähler" sollte eigentlich männlich sein...findest du er benimmt sich zu weiblich?
EDIT: wenn jemand weiter lesen möchte, hier
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Statt über mich herzufallen und mich in kleine Stücke zu zerreißen, wie ich es eigentlich erwartet hatte, landete das Monster vor mir auf den Boden und sah mich aus großen blauen Vogelaugen neugierig an.
Mit seinem fast komplett schwarzen Gefieder hatte es Ähnlichkeit mit einem Raben, wäre da nicht diese Federhaube auf seinem Kopf gewesen. Die Federn auf seiner Stirn waren unnatürlich lang und ragten schwungvoll in die Höhe, was fast lächerlich ausgesehen hätte, wäre das Tier nicht so groß gewesen. Der Abstand von ausgebreiteter Flügelspitze zu Flügelspitze würde bestimmt etwa das Anderthalbfache meiner eigenen Körpergröße betragen!
In seinem weißgetupften Schnabel hielt es ein paar braune Fetzen, die es vor meinen Füßen zu Boden fallen ließ. Es legte erwartungsvoll den Kopf schief.
Zu ängstlich, mich herabzubeugen, stocherte ich mit dem Fuß darin herum.
„Was soll ich damit tun?“, fragte ich an die Stimme gerichtet, die sich schon seit geraumer Zeit nicht mehr gemeldet hatte.
„Zieh das an“, sagte jemand, aber es klang anders als die Male davor. Nicht ganz so krächzend, etwas leiser und irgendwie…weiblicher. Entgeistert starrte ich erst den Stoffhaufen, dann das riesige Vogelvieh vor mir an
„Nun mach schon.“
Ganz eindeutig. Dieses Tier hatte soeben seinen Schnabel bewegt und dabei Laute hervorgebracht - und ich hatte sie verstanden. Auch mein Mund klappte auf und wieder zu aber kein Ton kam mir über die Lippen. Ich kam mir unsagbar dumm vor. Ich ging in die Hocke und stellte zu meiner Überraschung fest, dass dort tatsächlich eine ziemlich ausgebeulte und ziemlich hässliche Stoffhose sowie eine Art provisorischer Lendenschurz lagen.
Ein Oberteil gab es nicht. Unbeholfen und verschämt legte ich beides an, als mich der lange kalte Schnabel am Hosenbund packte und hinter den Hals des Vogelweibchens bugsierte. Ehe ich wusste, wie mir geschah, erhob sie sich in die Luft und wir verließen durch die immer noch geöffnete Klappe den Turm und damit das mir bis dahin bekannte Universum.
Damals erfuhr ich zum ersten Mal, dass ich anscheinend unter Höhenangst litt.
Als ich es wieder wagte, die Augen zu öffnen, fand ich mich in einem Raum wieder, der an Größe und Form dem ähnelte, den ich soeben verlassen hatte. Ich nahm an, dass er sich direkt darüber gelegen befand.
Statt Metall war hier allerdings Bimsstein das vorherrschende Baumaterial gewesen, zumindest bestanden die umstehenden Säulen am Rand der Plattform daraus. Sie trugen ein leicht morsches, aus Brettern gezimmertes Kuppeldach.
Zwischen den Säulengängen konnte ich den vanillefarbenen Himmel sehen. Anscheinend ging die Sonne bald unter.
„Der König wird dich in ein paar Minuten empfangen, bis dahin solltest du etwas essen um zu Kräften zu kommen.“
Damit meinte sie wohl die drei Näpfe, die sich vor mir befanden. In ihnen befanden sich jeweils Beeren, Körner und etwas, das ich für getrocknete Käferkadaver hielt. Neugierig nahm ich einen davon heraus und begutachtete ihn näher. „Was ist das?“
„Leuchtkäfer“, erklärte sie in zurückhaltend vorwurfsvollen Ton, „die größten und saftigsten noch dazu. Du solltest die Beine und das Hinterteil jedoch vor dem Verzehr entfernen, die sind ungenießbar.“
Ich hatte keine Ahnung, was in meinem vorherigen Leben meine Leibspeise gewesen war oder wovon ich mich überhaupt normalerweise ernährte, aber ich war mir ziemlich sicher, dass Insekten nicht dazu gehörten.
Irgendetwas sagte mir auch, dass dieser Vogel ganz genau davon wusste und mich nur bloßstellen wollte.
Trotzig nahm ich mir also einen der gepanzerten Käfer, entfernte wie beschrieben Unterleib und Beine, steckte mir den Rest in den Mund und kaute vorsichtig. Nein, schlecht schmeckten sie wirklich nicht, außerdem hätte ich bei dem Hunger so gut wie alles gegessen.
Ich war so in den Verzehr vertieft gewesen, dass ich das Flattern gar nicht bemerkt hatte, mit dem ein weiterer Vogel gelandet war. Er hatte sich anscheinend bis zu dem Zeitpunkt irgendwo in dem Gebälk über uns aufgehalten.
Er war filigraner gebaut als die mit der Federhaube, auch reichte er ihr insgesamt gerade bis zum Hals. Sowohl Bauch als auch Teile der Flügel waren bei ihm weiß und seine kleinen Augen von einem linkischen Schwarz. Um seinen Hals trug er seltsamerweise eine zweireihige glitzernde Silberkette und an seinen Krallen mehrere Ringe.
„Ara, Ejua!“, grüßte er das Vogelweibchen, „ Ich hoffe du hast gut für unseren Gast gesorgt?“
„Ara, Korax, mein König“, sagte diese mit einer Verbeugung und deutete stumm auf mich und die drei Näpfe.
„Kiro… endlich begegnen wir uns persönlich“, zwitscherte Korax, anscheinend besagter König, vergnügt. Es bestand kein Zweifel, dass er es war, mit dem ich zuvor über die Lautsprecher gesprochen hatte. „Wie wir sehen haben dir unsere Glühwürmchen geschmeckt. Das freut uns…“
Glühwürmchen. Ein Maulbeerbaum. Ein Mädchen. Ein Kuss.
Der Angriff.
„Was ist los?“, fragte Ejua misstrauisch.
Angesichts der Welle an Emotionen, die mich plötzlich übermannt hatte, hatte ich mir ein erschrockenes Luftholen nicht verkneifen können. Schnell tarnte ich es als ein Gähnen.
„Ach, nichts. Ich bin nur müde….und etwas durstig“, setzte ich hinzu, weil es stimmte.
„Du hast schon lange genug geschlafen,
Auserwählter“, sagte sie und betonte das letzte Wort so abfällig wie sie nur konnte.
Was geht hier nur vor?
„Nimm die Beeren, die stillen den Durst.“
„Das würde ich an deiner Stelle lieber nicht tun.“
Wer hatte das gesagt? Es war nicht der König gewesen und Ejua schon gar nicht.
Verwundert sah ich auf. Ein dritter Vogel war auf der Plattform gelandet, anscheinend war er von draußen zwischen zwei Säulen hindurch hereingeflogen.
„Ara“, grüßte er und senkte für einige Sekunden seinen Hals. Sein zerrupftes Gefieder war komplett schwarz, nur sein außergewöhnlich dicker Schnabel hatte eine gelbgräuliche Färbung und das eine Auge einen milchigen Einschlag. Wahrscheinlich war es blind.
„Ara, Falzur. Anscheinend hast du doch noch die Zeit gefunden uns mit deiner Anwesenheit zu beehren“, krächzte Korax herablassend. „Und warum sollte 'der Auserwählte' deiner Meinung nach unsere Beeren nicht essen dürfen?“
„Er ist ein Mensch“, antwortete Falzur und sah mich dabei direkt an. „Auch wenn diese Beeren uns gut bekommen mögen, ihn könnten sie krank machen oder zumindest für einige Zeit außer Gefecht setzen.
Wie ihr wisst haben wir diese Zeit nicht.“
„Da sprichst du ein wahres Wort. Momente wie diese erinnern uns daran, warum wir dich zu unserem obersten persönlichen Berater gemacht haben.“
Ich hatte mich immer noch nicht ganz an den majestätischen Plural gewöhnt, in dem Korax andauernd von sich sprach.
„Wir müssen jetzt diversen königlichen Geschäften nachgehen. Ejua, du berichtest dem Rest der Wache von…den jüngsten Ereignissen.
Falzur, du unterrichtest ihn hier in seiner Aufgabe.
Wir wollen nicht gestört werden.“
Mit den Worten erhob er sich wieder ins Gebälk und ich meinte ein Glitzern hinter einem der Balken zu sehen.
Falzur und ich waren allein.
„Du bist also
der Auserwählte“, begann er.
Dieser Titel gefällt mir von Mal zu Mal weniger… dachte ich.
„Hör mal, ähm, Falzur? Ich glaube hier liegt ein großes Missverständnis vor. Ich bin nicht wirklich DER Auserwählte, ich meine, ich..."
„Das tut nichts zur Sache.“
„…Was?“
„Es gibt keine Prophezeiung, und es gibt auch keinen 'Auserwählten'.“
„Aber… was tue ich dann hier?“
„Du bist einfach nur zur rechten Zeit am rechten Ort. Auch wenn es nicht genau DU bist, auf den wir gewartet haben, war es gewiss einer wie du.“
„Das verstehe ich nicht.“
„Komm mit“, sagte der Riesenvogel, legte einen Flügel um meine Schulter und drängte mich in Richtung der Säulenbögen.
Mir war eigentlich immer noch ein bisschen schwindelig von meinem Flug auf Ejua und ich verspürte kein besonders großes Bedürfnis, mich dem gähnenden Abgrund zu nähern. Aber die starken Federn drückten mich unermüdlich weiter, bis mich nur noch wenige Zentimeter vom Rand der Plattform trennten.
Der atemberaubende Anblick ließ mich meine Angst für einige Sekunden vergessen.
Unter mir erstreckte sich etwas, das wohl einst eine Stadt gewesen war. An einigen Stellen konnte man noch Häuserfassaden oder ruinenhafte Grundgerüste erkennen, aber der Großteil war von Efeu und ähnlichen Kletterpflanzen überwuchert. Die wenigen Gebäude, die noch gut erhalten waren, zeichneten sich als skurile geometrische Figuren aus Metall und Stein gegen den unwirklich gelb leuchtenden Himmel ab.
Auf einem großen Haufen kantiger Felsbrocken, die wohl einmal eine Mauer gebildet hatten, wuchs doch tatsächlich ein Baum. Seine Wurzeln hielten die Steine fest umschlungen - es wäre unmöglich gewesen einen davon zu entfernen.
Es war wie ein Kampf der Natur gegen die Technik - und die Natur hatte die Oberhand.