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  #1  
Alt 17.09.2012, 01:08
Benutzerbild von Nephthys
Nephthys Nephthys ist offline
Bewahrer des Friedens
 
Registriert seit: 08.2011
Ort: ~
Beiträge: 5.745
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Liebe Freunde der fantastischen Unterhaltung,

weil ich heuer wieder mal philosophisch drauf bin, dürft ihr drunter leiden ^^


Wer hats noch nicht in Schreiberforen oder Büchern gelesen:
Ein gutes Werk muss reifen.
Es sollte für einige Zeit in der Schublade oder im *.doc vor sich hin stauben, ehe man wieder danach greift und es verbessert (oder verschlimmbessert - je nach dem).

Jut. Nun gehöre ich ... nee, moment ... gehörte ich zu den eher ungeduldigen Menschen, die die Evolution hat werden lassen.
Also habe ich als Jugendliche und junge Erwachsene geschrieben was das Zeuch hält. Immer wieder neue Ideen. Immer neue Ereignisse. Immer neue Konflikte. Immer neue Gefahren. Es existieren *.docs die zusammengenommen um die 600 Seiten (12 Pt., einfacher Zeilenabstand, Times New Roman) füllen.

Angefangen hat alles (na, nicht alles, aber das, was nach wie vor in meinem Fokus liegt) vor nunmehr 18 Jahren mit den roten Karo-Schulheften, die ich mit wachsender Begeisterung und Füllfederhalter zugeschrieben hatte. Elf an der Zahl. Nicht schlecht für nen Teenager, wie ich finde.

Dann gabs (studiumbedingt) eine längere Pause, die ab und an mal durch die eine oder andere schreibende Periode durchbrochen wurde.

Nunja. Dann habe ich mich vor zwei Jahren ernsthaft wieder mit den "Werken" befasst. Und seit dem bin ich am Ball geblieben.

Tjoah, was soll ich sagen?
Kennt ihr das Wort "Fremdschämen"? Das was mir beim ersten Lesen - nach Jahren - durch den Kopf ging, war eine extreme Form von "Eigenschämen" ^^
Nicht wegen der Geschichten an sich oder der Handlung. Die war soweit okay. Aber es haperte an allen anderen Ecken und Enden:
* Keine Gefühle --> keine Tiefe
* Handlung im Sekundentakt ohne Pause
* exessive Nutzung von Superlativen (ich hatte eine Wolferl-Lese-Phase, die offenbar abgefärbt hatte. Schande auf mein Haupt.)
* Logik hatte ich der Action untergeordnet. (Ist doch klar: wenn ICH will, dass der Protagonist XY macht, dann hat der sich nicht mit Logik zu befassen ^^)

Daran gehörte dringendlich etwas geändert!

Also habe ich zweieierlei gemacht:

Die erste Geschichte wollte ich nicht allzusehr ändern, weil ich meinem jugendlichen "Ich" nicht zu sehr an den Karren fahren wollte.
Habe also
* die Orthographie verbessert (ich war mal Legastheniker - noch Fragen?)
* die Interpunktion soweit in den Griff bekommen, wie es mir möglich war
* Kapitel ergänzt
* Abschnitte gekürzt
* Versucht fehlende Logik zu integrieren, oder gleich die Handlung des Protagonisten abgeändert.
* ... was man halt so macht, wenn man Korrektur liest.

Die Geschichten zwei und drei habe ich umgekrempelt.
* Bis auf die einleitenden Kapitel (die soweit okay waren und nur hier und dort Verbesserungen brauchten), habe ich alles neu geschrieben. Alles! Radikal!
* bei Geschichte drei ging ich sogar soweit, dass ich aus zwei Seiten (TNR, 12p, einfach) 120 gemacht habe (TNR, 12p, eineinhalb). Und es funktioniert. Sehr viel besser als die ursprüngliche Version.


Was will ich mit dieser Selbstbeweihräucherung sagen?

Liebe Schreiberlinge, liebe Jungautoren, liebe Jugendliche:

Es lohnt sich, die Werke mal eine Weile (es muss ja nicht gleich ein Jahrzehnt sein) aus den Augen zu lassen (dran zu denken ist okay - das unterstützt den Reifungsprozess). Es lohnt sich - wenn ich die Ergebnisse Geschichte eins <-> Geschichte zwei und drei vergleiche - manchmal alles über Bord zu schmeißen und sich nur an der Erinnerung der Geschichte entlang zu hangeln.
Je größer der zeitliche Abstand, desto größer die eigene persönliche Entwicklung --> desto intensiver das Ergebnis.


Gibt es Autoren unter uns, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben?
Auch wenn ich gern die Erfahrung anderer Schreiberlinge lesen würde, bin ich natürlich wie immer für jedwede Rückmeldung dankbar.


Es grüßt euch die geschwätzige

Nephthys
__________________
.
Wieso eigentlich ... sind Drachen weise? Das sind Echsen, liebe Leute. Echsen! Habt ihr euch schon mal nen Gehirn von einer Echse angeguckt? Himmel! Da haben meine Meerschweinchen größere Gehirne - und die finden nicht mal den Weg aus ihrem Käfig raus.
.
Wer sich für Fantasy, Kurzgeschichten, Betrachtungen zur Sci-Fi, darstellerisches Handwerk, Computerkunst, Rezensionen, Biologie, Histologie, Taxonomie ... interessiert, der wird hier fündig: Marinas (fantastische) Welt
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  #2  
Alt 17.09.2012, 09:22
Benutzerbild von Fred Ink
Fred Ink Fred Ink ist offline
Vampirjaeger
 
Registriert seit: 07.2011
Ort: Helsinki
Beiträge: 316
Zitat:
Gibt es Autoren unter uns, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben?
Definitiv.
Meinereiner arbeitet gerade an "Strange Days - Band 3". Und obwohl ich das Manuskript dazu schon fast zwei Jahre in der Schublade habe, hat sich die Veröffentlichung bis dato verzögert. Liegt einfach daran, dass mir meine (tolle) Lektorin Band 1 damals so richtig auseinandergepflückt hat - ich hab sozusagen im Crash-Kurs vor Augen geführt bekommen, wo es überall hapert. War eine ganze Menge Arbeit, das Buch "veröffentlichungsreif" zu bekommen. Das führte unweigerlich dazu, dass ich einiges gelernt habe - und bei Band 2 war das Manuskript dann auch nicht mehr ganz so rot.
Inzwischen fühle ich mich ziemlich "fit", was die objektive Beurteilung meiner Texte angeht, und habe Band 3 daher nochmal komplett überarbeitet, bevor er ans Lektorat ging. Und was letzte Woche zurückkam, muss kaum noch angepasst werden. Ich hab sogar ein dickes Lob vom Lektorat dafür geerntet.
Es bringt also wirklich was, seine Sachen liegen zu lassen. Mit mehr Abstand entdeckt man Fehler, über die man hinweggelesen hätte, solange der Text noch im Kopf präsent ist. Und außerdem "reift" man als Autor, wird besser, präziser (oh Mann, was ich alles an Füllkram rausgeschmissen habe) ... und nicht selten schägt man die Hände überm Kopf zusammen, wenn man sich anschaut, was man da einst verbrochen hätte, wenn einem nicht der Kopf gewaschen worden wäre (also zumindest tue ich das).

LG,
Fred
__________________
Meine Autorenseite: http://www.fred-ink.jimdo.com

Meine Facebook-Seite: http://www.facebook.com/fredink
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  #3  
Alt 17.09.2012, 09:49
Benutzerbild von Formorian
Formorian Formorian ist offline
Dunkler Wanderer
Drachentoeter
 
Registriert seit: 11.2011
Beiträge: 1.161
Ach ja, Nostalgie...
Vor etwa zwei Jahren stolperte ich nach einem Umzug über einige alte Fantasias (gute alte Zeit der Offset - Paperbacks), die auch Stories aus meiner Teeniezeit enthielten. Ich schaute sie mir wieder an...und erschauerte bis ins Mark! Auch einige Lesermeinungen dazu führte ich mir zu Gemüte und konnte nur noch mit dem Kopf schütteln. Was war das nur für ein Mensch, der damals mit meinem Namen herumlief? Und für welches unkritische Publikum schrieb er damals?
Ich fand eine Handvoll netter Ideen, die unter zügiger Action und schwülstiger Schilderungen der banalsten Selbstverständlichkeiten geradezu erstickt wurden. Mein Fetisch aus den Tagen des allerersten Anfangs; das wofür ich damals lebte...Müll!
Aber ohne diesen stolperigen Anfang hätte ich mich auch nicht weiterentwickelt, und deshalb liebe ich diese dummen Teile heute auch und hüte sie wie einen Schatz .
__________________
Die klügsten und kreativsten Menschen werden von den phantasielosesten Vollpfosten niedergeschossen.
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  #4  
Alt 18.09.2012, 16:00
Benutzerbild von Cassandra
Cassandra Cassandra ist offline
Abyssus abyssum invocat
Ringtraeger
 
Registriert seit: 02.2012
Ort: Faerûn
Beiträge: 15.521
Zitat:
Zitat von Formorian Beitrag anzeigen
Aber ohne diesen stolperigen Anfang hätte ich mich auch nicht weiterentwickelt, und deshalb liebe ich diese dummen Teile heute auch und hüte sie wie einen Schatz .
Kleines off-topic: da haben wir es wieder - das Sich-Weiterentwickeln und die Fähigkeit, auf sein früheres Ich zurück blicken und es als notwendiges Puzzle-Teil annehmen zu können --> ein essentieller Bestandteil auf dem Weg unser wahres Selbst zu ergründen ...


Topic: ich habe früher alte Kalender und Blöcke mit allem vollgeschrieben, was mir so durch den Kopf ging. Das Zeug steht mittlerweile in Kisten und Kartons im Keller herum - aber wirklich trennen kann ich mich nicht davon. Auch wenn mich einige meiner Statements und literarischen Ergüsse zum bringen ... Echt peinlich ...

Aber ich sehe es wie Formorian: dieser Teil gehört einfach dazu. Irgendwo muss man schließlich anfangen und kaum jemand dürfte schon als Shakespeare auf die Welt kommen. Wichtig ist nur, dass man heute nicht mehr den selben Unsinn wie vor zehn oder zwanzig Jahren produziert.

@Nephthys: eine kleine Anmerkung - Dein Rat, abzuwarten und manches vielleicht ein bisschen reifen zu lassen, dürfte eigentlich für alle Altersgruppen gelten. Gegen vorschnelle (und dann oft unvorteilhafte) Entscheidungen ist schließlich niemand gefeit.
Aber: ich weiß ja nicht, wie Du als ... äh ... noch jüngerer Mensch drauf warst, aber ich vermute mal schwer, dass die meisten keinen Bock haben werden, abzuwarten. Diese "Mit-dem-Kopf-durch-die-Wand" Devise muss man sich ersteinmal abgewöhnen - und das gelingt einem idR erst, wenn man ein paar Mal gewaltig auf die Schnauze geflogen ist. (Hier spricht jemand aus leidvoller Erfahrung ... ).

Geändert von Cassandra (18.09.2012 um 16:03 Uhr)
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  #5  
Alt 18.09.2012, 17:50
Benutzerbild von Formorian
Formorian Formorian ist offline
Dunkler Wanderer
Drachentoeter
 
Registriert seit: 11.2011
Beiträge: 1.161
Zitat:
Zitat von Cassandra Beitrag anzeigen
kaum jemand dürfte schon als Shakespeare auf die Welt kommen.
*sigh* wie wahr...diese kleine Zeitreise sollte jeder einmal machen; wer seine Vergangenheit verdrängt, weil sie seiner Meinung nach schlecht zu seinem jetztigen Dasein passt, der wird seine liebe Not haben, seine jetztige Position zu begreifen.
In besagtem Fantasia (Nr. 4, November 1979) befinde ich mich übrigens in guter Gesellschaft mit Elmar H. Wohlrath und Iny Klocke; euch wohl beide besser bekannt als Iny Lorentz. Wenn ihr gerade etwa Die Wanderhure gelesen habt und dann diese Teile aus ihren Anfängen würdet ihr es nicht für möglich halten, welche Welten dazwischen liegen.
Also, nicht verzagen und durch die Arbeit! Mit der Zeit (und Übung) wird alles besser!
__________________
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