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Mein erster Eindruck von Königsfall von Jeff Wheeler

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Alt 09.10.2019, 13:52
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Tomelot Tomelot ist offline
Vampirjaeger
 
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Mein erster Eindruck von Königsfall von Jeff Wheeler

Königsfall (Hörbuchfassung)
Jeff Wheeler
Englische Fassung 2016
Übersetzung ins Deutsche 2019 von Johann Birken
Gelesen von Detlef Bierstedt

Band 1 (Die Geisel)

Band 2 (Der Paladin)

Band 3 (Der Verräter)





Jeff Wheeler ist im deutschsprachigen Raum eher unbekannt, zumindest war er das bisher! Ich habe nicht viel erwartet von "Königsfall", hauptsächlich weil ja bekanntlich auch das Auge "mitisst" und bei mir das Outfit des Werkes keinerlei Appetit hervorrufen konnte.Das Cover ist wenig ansprechend und erweckt keinerlei Neugier auf das Buch. Nun jedoch hatte ich aus Mangel an Alternativen doch die Zeit und die Muße mich hineinzuhören. Anfangs war es noch schwer in die Geschichte zu finden. Doch überraschenderweise hing ich bald an Detlefs Bierstedts Lippen wie ein Baby an der Nuckelflasche. Kennt ihr diesen "Aha-Effekt" wenn ihr von einer Geschichte von der ihr euch nicht viel erwartet schlicht umgehauen werdet? Wheeler hat nach eigenen Angaben während des Studiums in englischer Literatur über Shakespeares Heinrich III. recherchiert und ist dabei auf Personen gestoßen die er in sein Buch miteinbezieht. "Der kleine Lord" von Frances Hodgson Burnett ist jedem aus dem Fernsehweihnachtsprogramm bekannt und Wheeler leiht sich den kleinen Jungen der das Herz eines harten Lords erweicht für Königsfall. Sein eigener, jüngster Sohn ist übrigens Vorbild für Owen, der Hauptprotagonist. Ihm verdankt Owen seine weiße Haarsträhne, seine Vorliebe für das Aufstellen und Umwerfen von Dominosteinen, die in der Geschichte leider als "Kacheln" übersetzt werden, und einige der Charaktereigenschaften.
Wheeler machte sich Gedanken über die Geschichte Heinrichs (mehr möchte ich wegen Spoilergefahr nicht schreiben) und formte aus mehreren Geschichten aus der alten, englischen Literatur eine Fantasygeschichte die sich Anleihen und Ideen aus vielen bekannten Werken der englischen Literatur nimmt. Z.b. werden vor allem im 3. Band, "Der Verräter" Parallelen zur Artussage erkennbar. Wheeler mixt einen Cocktail aus dem "Best of" britischer Literatur und es funktioniert wunderbar. Selbst die Magie und der Wasserkult stammen aus diesen Vorlagen. So überrascht es nicht dass man in manchen Rezensionen von Wheeler als "Shakespeare der Fantasy" liest! Tatsächlich kommt er wie Shakespeare mit wenigen Protagonisten aus deren Verwicklungen und Intrigen aber dermaßen miteinander verwoben werden dass die daraus resultierenden Handlungen im Nachhinein sehr logisch erscheinen. Er spielt meisterhaft mit den Emotionen des Lesers den Charakteren gegenüber. Diese Emotionen spielt er wie ein Musikinstrument und ändert dabei während der Charakterentwicklung öfter die Melodie. Seine Figuren sind nicht statisch, sie werden über lange Zeiträume von der Handlung selbst geformt und getragen und diese Veränderungen des Charakters beeinflussen wiederum die Handlung, was das Werk sehr realistisch und plastisch erscheinen lässt. Während des Lesens, oder in meinem Fall während des Hörens, fällt immer wieder dieser präzise Abschluss sämtlicher Handlungsstränge auf. Dieser präzise Abschluss ist einer meiner persönlichen Lackmustests über die Fähigkeiten eines Autors. Ich kritisiere oft und gerne Autoren die während des Schaffensprozesses einen Faden aufnehmen, sich während des Schreibens aber anders entscheiden und den zuvor aufgenommenen Faden ins Leere laufen lassen. Normalerweise gibt es dann auch eine Liste mit Fehlern die ich in diesem Fall aber nicht finden konnte, zumindest noch nicht denn Königsfall ist kein Werk das beim ersten Lesen abgeschlossen ist. Ähnlich wie andere Fantasiebücher ähnlichen Kalibers gewinnt die Story bei jedem weiteren Lesevorgang an Tiefe, Verständnis und eine tiefere Beziehung zu den Figuren.

Vorläufiges Fazit: Wheeler hat es geschafft sich auf Anhieb in meine persönliche Liste der besten Autoren zu katapultieren. Sobald neue Werke ins Deutsche übersetzt werden kann man m.M. nach unbedenklich zugreifen. Wheeler hat nicht das Rad neu erfunden sondern einige der schönsten Räder zu einer Collage aus Englands Literaturhighlights zusammengefasst und mit eigenen Bildern übermalt und an gut ausgewählten Stellen ergänzt. Magie ist allgegenwärtig aber nicht übermäßig dominant. Das Gesamtbild ist stimmig und sehr überzeugend und lässt einen in eine Welt eintauchen die man am ehesten mit Artus' Mittelalter vergleichen könnte. Blickfang des Werks sind zweifellos die Dialoge die die Bilder dieser Reise besser malen als die meisten Reiseberichte anderer Bücher! Ich hoffe auf weitere Übersetzungen und dass man uns nicht zu lange darauf warten lässt!

Da es sich ja um eine Hörbuch Rezension handelt, möchte ich auch ein paar Dinge über den Sprecher sagen. Hörbuchfans ist Detlef Bierstedt spätestens seit Brandon Sandersons "Mistborn" Reihe ein Begriff. Man kann fast sagen dass Bierstedt die deutsche Stimme Sandersons ist. Er ist ein Meister wenn es darum geht den Figuren einen gut unterscheidbaren Stimmstempel zu verpassen. Er liest männliche und weibliche Stimmen ohne dabei eine merkliche Anstrengung zu zeigen gleich souverän. Seine Visitenkarte sind diese Stellen wo
(fiktive) historische Quellen innerhalb der Geschichte gelesen werden. Hier beweist er auch immer wieder Talent zum Dokumentationssprecher und hatte für solche Stellen auch schon genügend Übungsstunden bei unzähligen Sanderson Büchern da auch er sehr häufig auf dieses Stilmittel zurückgreift und aus fiktiven Geschichtsaufzeichnungen zitieren lässt. Für mich ist Bierstedt für Königsfall zwar eine sehr gute aber nicht die beste Wahl. Hier hätte ich als Regisseuer eher David Nathan oder Robert Frank verpflichtet. Nichtsdestotrotz liefert Bierstedt eine solide und dem Bild der Geschichte entsprechenden, stimmigen Sprecher und trägt so zum absolut sehr guten Gesamtbild doch positiv bei!



In meinen Rezensionen möchte ich nichts über den Inhalt verraten. Ich empfehle sogar im Falle von Königsfall die Klappentexte nicht zu lesen. Vor allem im 2. und 3. Teil verraten sie ziemlich wesentliche Teile, was ich nicht sonderlich gut finde! Eine umfangreiche Inhaltsangabe werde ich in naher Zukunft nachreichen. Ich hoffe ich konnte einigen hier ein gutes Bild über einen Autoren liefern den ich auch erst seit 1 Woche kenne, der aber einen tollen ersten Eindruck machte!

Ich würde mich über Diskussion und Austausch über die Reihe sehr freuen!

LG Roland aka Tomelot
__________________
Alle Menschen werden als Unikat geboren, doch die meisten sterben als Kopie.

Geändert von Tomelot (09.10.2019 um 20:06 Uhr)
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