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Leseprobe "Dhelian"

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  #1  
Alt 16.05.2008, 11:26
Benutzerbild von Noirin
Noirin Noirin ist offline
Geschöpf der Nacht
Waldelfe
 
Registriert seit: 05.2008
Beiträge: 30
Leseprobe "Dhelian"

Hallo, Ihr Lieben!

Ich habe mir gedacht, da meine HP doch noch etwas länger braucht als ursprünglich geplant, setze ich mal eine Leseprobe meines Romans hier herein, ehe ich in den Urlaub entschwinde.
Freue mich auf eure Kommentare und Gedanken.
Viel Spaß beim Lesen!

Leseprobe
Roman "Dhelian" (Arbeitstitel), Kapitel 2 "Die Vision"
(alle Rechte liegen beim Urheber und bei Papierfresserchens- mtm- Verlag)

"Warm schien die Sonne auf das kristallklare Wasser des kleinen Teiches, ließ den feinen Sand des Ufers weiß aufleuchten und die Blätter der umstehenden Büsche in sattem Grün glänzen. Am Horizont erhoben sich die riesigen Gebirgsmassen der Schwarzen Berge mit ihren hoch aufragenden, von zarten Wolkenschleiern umlagerten Gipfeln.
Irgendwo in der Nähe sang ein Vogel und vom anderen Ufer des Teiches drangen die klagenden Balzrufe eines Amphibientiers herüber. Hin und wider klimperten leise die Zaumzeuge der Pferde, die jenseits der Büsche angebunden waren.
Naomi lag auf dem weichen, feuchten Sand des Ufers und versuchte, soviel wie möglich von diesem Moment der Ruhe und der Schönheit in sich aufzunehmen, während die Sonne das Wasser auf ihrer Haut trocknete.
Ein leises Plätschern veranlasste sie irgendwann, ihre träumerischen Gedanken zu unterbrechen und einen Blick zur Seite zu werfen. Dort, neben ihr, lag Siawn, so nah, dass sie nur die Hand hätte ausstrecken müssen, um ihn zu berühren. Nachdenklich betrachtete sie ihn. Er war ein schöner Mann, groß und dunkel, von der Sonne braungebrannt und bis in die letzte Muskelfaser durchtrainiert. Sein Gesicht mit den hohen Wangenknochen und dem energisch eckigen Kinn wurde von langen, welligen, tief schwarzen Haaren umrahmt, und seine Augen, die er jetzt geschlossen hatte, waren, so wusste sie, so blau wie der Himmel über ihr. Sie selber, Naomi, war sein genaues Gegenteil, klein, schmal, mit hellblondem Haar und braunen Augen.
Irgendwann, so überlegte Naomi, würde Siawn König sein; und diese schwere Aufgabe würde er hervorragend meistern. So, wie ihm eigentlich alles hervorragend gelang, was er begann. Er war ein großartiger Reiter, ein kaum zu bezwingender Kämpfer, ein kluger Taktiker und ein gewandter Redner. Außerdem war ihm ein Charme zu eigen, mit dem er die Herzen der Menschen im Sturm zu erobern vermochte.
Fast schon etwas zu perfekt, dachte Naomi in einem Anflug von Ironie; aber vielleicht war es ja genau das, was einen König ausmachte.
Sie erinnerte sich plötzlich an ihre erste Begegnung mit ihm und musste schmunzeln, während das glitzernde Blau seines Clansymbols ihren Blick gefangen nahm. Er hatte ihr eine Welt eröffnet, die sie sich in ihren kühnsten Träumen nicht hätte vorstellen können. Nein, korrigierte sie sich, das war nicht richtig, denn dies hier war ein Traum. Zwar hatte sie keine Ahnung, warum und auf welchem Wege sie hierher nach Dhelian gelangte, kaum, dass sie des Nachts eingeschlafen war, doch daran, dass sie träumte, hatte sie nicht den geringsten Zweifel.
Naomi schreckte aus ihren Gedanken auf, als Siawn plötzlich die Augen aufschlug und den Kopf in ihre Richtung wandte.
„Worüber denkst du nach?”, erkundigte er sich.
Naomi lächelte.
„Nichts Wichtiges”, antwortete sie. „Und du?”
Siawn sah in den Himmel hinauf und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.
„Ich wälze einen Haufen Sorgen”, offenbarte er. „Mal wieder.”
„Was ist passiert?”, erkundigte sich Naomi besorgt und studierte die feinen Linien um seinen Mund und seine Augen, die immer dann deutlich hervortraten, wenn er sich mit Problemen herumschlug.
„Es gibt wieder mal Ärger im Königsclan”, berichtete Siawn. „Der Thron scheint eine ungeheure Anziehungskraft auf einige meines Clans zu haben.”
Naomi ahnte, was nun kommen würde. Die Königin, Siawns Mutter, war bei seiner Geburt gestorben und der verwitwete König hatte nicht wieder geheiratet, also hatte Siawn keine Geschwister, die ihm den Thron hätten streitig machen können. Doch er hatte einen Vetter, der seit einiger Zeit vehement Anspruch auf die Thronfolge erhob.
„Domai”, tippte sie deshalb. „Will er noch immer auf den Thron?”
Siawn nickte und schloss seufzend die Augen.
„Ich habe es nicht eilig, auf den Thron zu kommen”, gab er offen zu. „Ich wünsche meinem Vater noch ein langes, gesundes Leben. Domai ist da anders.”
„Er ist ehrgeiziger als du”, meinte Naomi, die Siawns Vetter aus seinen Berichten und von den heimlichen Ausflügen in die Zitadelle rechte genau kannte. „Denkst du, er könnte irgend welche Dummheiten machen?”
Über Siawns Gesicht wanderte ein schmerzliches Lächeln.
„Genau das befürchte ich”, sagte er. „Domai hat viele Freunde in der Zitadelle, die ohne Zögern jede seiner Ideen unterstützen würden. Ich fürchte, dass er bald versuchen wird, gewaltsam an die Macht zu kommen.”
Er wandte den Kopf und sah Naomi eindringlich an.
„Ich fürchte um das Leben meines Vaters und um das seiner Vertrauten. Ich bin überzeugt davon, dass Domai, um an sein Ziel zu kommen, vor nichts zurückschrecken wird.”
„So schlimm ist es?”, Naomi war ehrlich überrascht. Dann aber lächelte sie mit plötzlicher Zuversicht. „Hast du nicht mindestens ebenso viele Freunde wie Domai? Ich glaube, allein unter den Soldaten der Zitadelle könntest du genügend Leute finden, um Domais Pläne zu vereiteln, wie auch immer sie aussehen mögen. Außerdem lieben die Menschen Dhelians deinen Vater. Sie werden niemanden auf dem Thron dulden, der ihm Schaden zugefügt hat.”
Siawn streckte die Hand aus und streichelte liebevoll ihre Wange.
„Manchmal würde ich die Welt gerne mit deinen Augen sehen”, gestand er.
Naomi schüttelte leicht den Kopf.
„Mitunter übersehe ich die Details, die wichtig wären”, widersprach sie.
„Eben”, sagte Siawn.
Naomi setzte sich auf, als der Vogel plötzlich zu singen aufhörte. Prüfend blickte sie zu den Bergen und sah, dass sich die obersten Gipfel bereits zu verflüchtigen begannen. Mit einem Seufzen wandte sie sich zu Siawn um.
Es wurde Zeit, dass sie sich verabschiedeten.


Der Wecker auf dem Nachttisch verkündete mit aufdringlichem Piepen, dass die Nacht vorüber war. Umgehend erschien unter einem Haufen aus Decken und Kissen eine Hand, die den Störenfried ausfindig machte und abschaltete.
Mit einem herzhaften Gähnen raffte sich die junge Frau auf und suchte sich den Weg ins Bad. Es war acht Uhr, und um neun musste sie in der Uni zur Pflichtvorlesung erscheinen.
„Ausgerechnet heute”, beschwerte sie sich bei ihrem Spiegelbild, das sie aus dem Badezimmerspiegel ansah. Prüfend starrte sie zurück. Wie immer sah sie munter und erholt aus und nichts deutete darauf hin, dass sie eben erst einen ereignisreichen Tag jenseits jeder Vorstellung verbracht hatte.
Es kam selten vor, dass ihr zweites Leben sie noch irgendwie beeinflusste, nachdem sie erwacht war. Gewöhnlich erinnerte sie sich morgens lebhaft an ihre Erlebnisse während der Nacht, fühlte sich aber ansonsten frisch und ausgeruht. Heute dagegen wollte ihr Siawns sorgenvoller Gesichtsausdruck einfach nicht aus dem Kopf und sie ahnte, dass sie sich auf Professor Korskis Vorlesung über die Grundlagen der Laserchirurgie nicht würde konzentrieren können.
In Gedanken versunken kehrte Naomi Thomas in den Wohnraum zurück, zog nachlässig das Bettzeug zurecht und klappte das Bett in den Schrank zurück.
Sie sah auf die Uhr und stellte fest, dass sie schon wieder einmal viel zu spät dran war. Schnell schlüpfte sie in ihre Sachen, schnappte sich im Vorbeilaufen ihre Jacke, ihre Tasche, die Autoschlüssel und aus dem Obstkorb eine Banane zum Frühstück und eilte aus der Wohnung.


Müde und entnervt schlenderte Naomi am späten Nachmittag zu ihrem Auto zurück. Zwar hatte sie es wie durch ein Wunder geschafft, einen Parkplatz in der Nähe des Hörsaals zu finden, doch wegen des hohen Verkehrsaufkommens in Münster um diese Tageszeit kam sie alles in allem fast eine Viertelsunde zu spät. Die Anwesenheitsliste war infolge dessen bereits in die Tiefen des Hörsaals gewandert, was für Naomi bedeutet hatte, dass sie tatsächlich bis zum Ende der Vorlesung hatte bleiben müssen, um sich dann noch einzutragen. Professor Korskis Vorlesung hatte sich als durchaus interessant und phasenweise sogar amüsant, aber auch als schwierig und anspruchsvoll erwiesen, und tatsächlich war es ihr kaum gelungen, sich genügend auf das Thema zu konzentrieren. Das Nacharbeiten des Vorlesungsthemas in der Bibliothek hatte gleich mehrere Stunden verschlungen und sich regelrecht ins Unendliche ausgewachsen.
Deshalb wurde es bereits dunkel, als Naomi endlich in ihr kleines, altes Auto stieg. Jetzt, da sie sich in der zweifelhaften Stille ihres Wagens befand, die sie einem kaputten Radio verdankte, hatten ihre Gedanken wieder die Gelegenheit, zu Siawn und den unterschwellig gärenden Machtkämpfen in der Zitadelle zurückzukehren. Eigentlich hatte Naomi in den langen Jahren sehr gut gelernt, ihre beiden Welten exakt von einander zu trennen, doch an diesem Abend wollte ihr das nicht so recht gelingen.
Im trüben Dämmerlicht lenkte Naomi ihren Wagen über die Landstraße, nachdem sie beschlossen hatte, die Autobahn zu meiden. Schließlich bog sie von der Straße ab, um eine Abkürzung durch die Bauernschaften zu fahren. Die einsame, holprige Strecke würde ihr mindestens zehn Minuten Fahrt ersparen.
Naomis Magen krampfte sich plötzlich zusammen und ihr wurde übel. Sie schob es auf den Umstand, dass sie kein Mittagessen gehabt hatte, und versuchte es zu ignorieren. Als ihr auch noch schwindelig wurde, überlegte sie allerdings, ob es nicht besser wäre, eine Zeitlang anzuhalten, doch diesen Gedanken konnte sie nicht mehr ganz zu Ende führen.
Ein furchtbarer Schmerz zwischen ihren Schulterblättern ließ all ihre Gedanken schlagartig abreißen und gleichzeitig den Weg vor ihren Augen verschwimmen. Ein zweiter Schmerz zuckte durch ihren Rücken, diesmal etwas tiefer, und raubte ihr fast die Besinnung. Der dritte Schmerz, der ihr, wie die beiden anderen, das Gefühl vermittelte, als schlüge glühendes Eisen mit großer Wucht in ihren Rücken ein, ließ sie gequält aufstöhnen und in ihrem Sitz zusammensinken.
Verzweifelt klammerte sie sich an das Lenkrad, als könne sie so verhindern, das Bewusstsein zu verlieren. Rote Nebel wallten vor ihren Augen, so dass sie kaum noch etwas sehen konnte, und das Blut rauschte so unnatürlich laut in ihren Ohren, dass sie außer ihrem eigenen, heftigen Herzschlag auch nichts mehr hörte.
Dann plötzlich schälten sich aus dem roten Wallen vor ihren Augen die Konturen eines Bildes, dass ihr, als sie es schließlich erkannte, kalte Schauer des Entsetzens über den Rücken jagte.
Sie sah einen von Fackeln und Feuerschalen hell erleuchteten Saal, an dessen Kopfseite ein mit kostbaren Tierfellen behängter Thron stand. Vor den Stufen des Podestes, auf dem der Thron stand, lagen zwei Gestalten. Direkt am Boden lag ein großer, schon älterer Mann in einem leuchten blauen Mantel. Sein silbernes Haar floss wellig von seinem Haupt auf den Boden, wo sich langsam eine große Blutlache ausbreitete. Das Blut sickerte aus einer furchtbaren Wunde im Rücken des Mannes, in der die Mordwaffe, ein goldbeschlagener, großer Dolch, noch immer steckte. Vornüber gesunken kniete über der Leiche des Älteren ein jüngerer Mann in einem strahlend grünen Mantel, und seine Hand umklammerte den Dolch. In seinem Rücken steckten drei Pfeile. Naomi hörte aufgeregtes Rufen und eilige Schritte, das Klimpern von Rüstungen, das charakteristische Klacken von Soldatenstiefeln und eine befehlsgewohnte Stimme, die ruhig und besonnen Anweisungen gab. Verzweifelt versuchte Naomi, den Blick von der grauenvollen Szene abzuwenden, doch das Bild der beiden Toten vom dem Thron stand starr und unerbittlich vor ihren Augen. Sie sah es so unglaublich deutlich, dass alles andere unsichtbar wurde.
Darum bemerkte sie auch nicht, wie ihr Wagen stetig schneller werdend nach links abkam, und sie sah auch nicht den großen, grünen Mähdrescher, der mit aufgeblendeten Scheinwerfern und eingeschalteter Warnblinkanlage mitten auf dem Weg stand."
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  #2  
Alt 25.05.2008, 11:20
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Ich kannte ja schon die Rohfassung, aber jetzt ist es wirklich toll!
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  #3  
Alt 27.11.2008, 17:52
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Wann kommt das Buch denn? Und hast du auch eine Homepage?
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