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Der Geschichtenerzähler Treorin - Der junge König

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  #1  
Alt 30.03.2016, 15:29
Run Jippalu Run Jippalu ist offline
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Der Geschichtenerzähler Treorin - Der junge König

Der Geschichtenerzähler Treorin - Der junge König

Diese Geschichtensammlung stammte aus der Feder von Treorin, Darins Sohn. Sie enthält Geschichten und Sagen aus Eroa und darüber hinaus.
Die erste Geschichte ist die des jungen Königs.

Im alten Land Angan lebte einst der König Hegir, Sohn des Hangir. Hegir war ein junger König. Er hatte es gut getroffen. Denn er erbte in frühen Jahren das kleine Erbe seines Vaters: eine Burg mitsamt Hofdienern, einen kleinen Schatz unter der Burg und ein Königreich, das sich vom östlichen Meer bis zur Quelle des Olons und bis zu den südlichen Bergen von Baluria erstreckte. Dieses Reich nannte sich Angan. Es war ein wohlhabendes Land, da es die Natur gut ernährte. Der Boden war nährreich, die großen Flüsse sorgten für genügend Wasser im ganzen Land. Hier gab es die wohlschmeckendsten Weine, die dicksten Rinder und Schweine und den süßesten Honig Eroas. Nicht zu verachten sind außerdem die dichten Wälder im Westen des Landes.
Dieser Reichtum der Natur bescherte auch den Königen von Angan seit Jahrhunderten Wohlstand und Reichtum.
Hangir war ein großer König, er verteidigte sein Volk vor Eindringlingen und weitete sein Reich auf eine bis dahin noch nie erreichte Größe. Doch es geschah eines Tages, da starb der Witwer Hangir und der junge Hegir bekam die Krone.
Hegir hatte schon in jungen Jahren geheiratet. Sein Vater Hangir schenkte ihm die wunderschöne Iamira. Sie war die Tochter eines alten Freundes von Hangir.
Hegir, der seinen Vater oft missachtete, und froh über dessen Tod war, lebte sich nun in vollen Zügen aus. Endlich bekam er die Anerkennung von allen, die früher sein Vater empfing.
Er richtete große Feiern aus, an denen wohl auch viel getrunken wurde. Adlige aus ganz Angan folgten seiner Einladung.
Neben Bier und Wein schauten sich die Adligen große Ritterspiele an. Tjosten, Schwertkämpfe und Pferderennen gehörten zu den Höhepunkten. Das gemeine Volk schaute gerne dabei zu. Hegir stand in seiner Beliebtheit dem Vater gegenüber nichts nach.
Allerdings litten die Staatsgeschäfte stark darunter. Hegir tauchte nur unregelmäßig zu den Treffen des Königsrates auf, da er meist noch im Bett lag und sich ausschlief.
Iamira gebar ihm zwei Töchter.
Die Töchter wurden zu feinen Hofdamen.
Dann wurde Iamira erneut schwanger.
An einem heißen Sommertag wurde der Nachzügler geboren.
Das unerwünschte Neugeborene kam ohne Beine zur Welt. Ein Krüppel. Und Krüppel hatten im perfekten Leben Hegirs nichts zu suchen. Über den Willen der Mutter hinweg, befahl er den Jungen auszusetzen. Es war Hegirs erster Sohn, doch was sollte das für ein König werden? Ein König, der nicht laufen kann, ein Krüppel als König? Das konnte nicht sein.
Später sollte Iamira ihm noch drei gesunde Söhne gebären. Alle sollten in ihrem Leben zu ausgezeichneten Feldherren werden, wie es sich einer Königsfamilie gehört.
Die mitleidsvolle Hebamme Geira nahm den Jungen und ritt aus der Stadt raus, um ihn im Wald auszusetzen. In einem Tuch umgewickelt, hing der Junge an ihrem Rücken.
Als sie den Wald erreicht hatte, stieg sie vom Pferd und wollte den Jungen ablegen. Die kleinen blauen Augen starrten sie bettelnd an, als ob der Junge wüsste, was mit ihm geschehen würde.
Aus tiefem Mitgefühl, verweigerte sie den Befehl und schleuste den Jungen zurück in die Stadt ein. Heimlich nahm sie ihn bei sich auf und nannte ihn Slar.
Der rothaarige Slar wuchs in einer Familie mit vier kleinen Stiefschwestern auf. Die kleinen Mädchen freuten sich über den neuen Bruder.
Der Stiefvater schnitzte dem Königssohn Slar Gehstützen und einfache Beinprothesen. Damit konnte er zum ersten Mal das Haus verlassen.
Slar freundete sich trotz allem mit vielen Jungen aus der Nachbarschaft an. Am liebsten spielte er mit ihnen Karten- und Brettspiele.
Sein Lieblingsspiel war Sellax, ein Brettspiel, das unserem Schach sehr ähnlich ist. Sellax war ein angesehenes Spiel in der Stadt. Es gab darin echte Wettkämpfe wie beim Tjosten oder Schwertkampf.
Als Slar seine Volljährigkeit erreicht hatte, erfuhr er von seiner Ziehmutter, dass König Hegir sein Vater war und dass er mit dem König ein Muttermal teile. Da nahm er sich vor, am königlichen Turnier für Sellax teilzunehmen. Es war das angesehenste Turnier des Landes. Der Sieger bekam zehntausend Goldmünzen, die sicher auf der Stadtbank gelagert wurden. Er wollte das Turnier gewinnen, um in die königliche Burg zu gelangen und seinem leiblichen Vater gegenüberzutreten. Dann wollte er sein Erbe einfordern, damit seine Zieheltern nicht mehr verarmt waren.
Geira wollte ihn davon abraten, doch der ehrgeizige Slar ließ nicht mit sich reden. So meldete er sich für den Wettbewerb an.
Seine ältere Stiefschwester Sira, die gleichzeitig seine beste Freundin war, begleitete ihn zum Turnierplatz. Dieser war auf einem großen steinernen Platz in der Stadt. Tausende Spieler saßen an hunderten von Tischen und spielten gegeneinander. Slar betrat den Platz und erntete unsichere Blicke, erst recht, als die Menschen erfuhren, dass er Sellax spielen wollte. Widerwillig gab ihm die Turnierleitung einen Stuhl, an dem er auf seinen Gegner warten sollte. Als der Mann erschien, schaute dieser sich um und fragte Slar, wo denn sein Gegenspieler sei. Als er erfuhr, dass Slar sein Gegner war, brach er in großes Gelächter aus.
Dem Siege sicher setzte der Mann sich an den Tisch.
"Ich werde ja wohl einen Krüppel schlagen", rief der Mann laut aus und ein paar Zuschauer lachten zustimmend mit. Die Partie wurde zum Mittelpunkt des Turnierplatzes. Vor allem, als Slar die Oberhand übernahm, wollten alle den Sellax-spielenden Krüppel sehen.
Nach einer Stunde war das Spiel vorbei, was für Sellax eine kleine Spieldauer darstellt. Slar hatte gewonnen und stand in der nächsten Runde.
So gewann er auch das nächste Spiel und das nächste auch.
Danach sollte es am nächsten Tag weitergehen.
Die Nachricht, dass ein Krüppel am königlichen Turnier teilnahm, sprach sich wie ein Lauffeuer durch die Stadt herum.
Und am nächsten Morgen wollten alle den Krüppel sehen, der auch die nächsten vier Turniertage überstand.
Dann folgte das Spiel gegen einen bekannten Spieler. Der Sieger sollte zum Endturnier in den königlichen Hof eingeladen werden.
Slar schaffte nach langem Hin und Her doch den Sieg und fuhr zum Königshof. So etwas hatte es noch nie gegeben. Alle waren von Slar begeistert, alle bis auf den König.
Ein beinloser Krüppel durfte nicht zum Helden der Stadt werden.
Als das Endturnier begann, träufelte ein Diener des Königs ein Pulver in Slars Wasser, das ihn geistig benebeln sollte.
Die Sonne schien an jenem Tag. Slar hievte sich zum Spielbrett und das Spiel begann.
Sein Gegner war gut. Es war ein Spieler, der das Turnier schon zweimal gewinnen konnte. Slars Sinne arbeiteten verlangsamt und er konnte nicht mehr klar denken, das Pulver hatte seine Wirkung erzielt. Seine Schwester schaute verdutzt drein und konnte sich Slars Nervosität nicht erklären, da er doch sonst immer ruhig und besonnen agierte.
Der Gegner schlug eine Figur nach dem anderen aus. Die Niederlage schien unausweichlich. Da zogen sich Wolken über die Stadt und der Himmel brach auf und es begann zu regnen wie aus Kübeln.
Das Spiel musste unterbrochen werden.
Nachdem der Regen aufgehört hatte, wurde das Spiel fortgesetzt.
Slars Benebelung war nun dank der Dauer des Regens abgeklungen. Mit einer strategischen Meisterleistung drehte Slar völlig überraschend das Spiel und gewann.
Jetzt fehlte ihm nur noch ein Sieg zum großen Turniergewinn.
In diesem Spiel wartete der größte Spieler Angans auf ihn, Trean der Große. Ein Hüne, der aber nicht nur aus Muskeln bestand, denn zum Sellaxspielen gehört eine Menge taktisches Denken.
Der König war nun auch auf dem Platz, auf den die Sonne mittlerweile schon wieder schien.
König Hegir erhob sich, breitete die Arme aus und sprach:
"Oh Ihr tapferen Krieger des Holzbrettschlachtfeldes! Ich begrüße Euch. Ein Hüne und ein... so kleiner Mann sind die besten Spieler dieses Jahres, welch eine seltene Partie! Der Sieger soll zehntausend Goldmünzen erhalten! Ich wünsche Euch viel Glück und möge der Bessere gewinnen! Lasset uns spielen!"
Und die Menge jubelte. Slar und der Hüne setzten sich an den Spieltisch, auf dem das Spiel schon fertig vorbereitet war.
Der Schiedsrichter setzte sich ebenfalls an den Tisch.
Das Spiel begann und verlief sehr ausgeglichen. Beide verloren ab und zu ihre Figuren, bis beide nur noch vier Figuren hatten.
Da durchschoss Slar einen Geistesblitz. Durch einen klugen unauffälligen Spielzug zerstörte er des Gegners Spiel und gewann die Partie.
Die Menschen jubelten, denn wann gewann schon einmal ein Krüppel ein solches Turnier.
König Hegir erhob sich von seinem Thron, den seine Diener nach draußen getragen hatten. Er schien nicht sonderlich begeistert von diesem Triumph des Krüppels, schließlich wollte er, dass die angesehensten Personen der Stadt das Turnier gewannen. Damit sicherte er ihnen das Wohlgefallen einiger Adlige. Was sollte ihm ein Krüppel als Sieger schon einbringen?
Er versuchte, so freundlich und respektvoll, wie möglich, dem jungen Kerl gegenüberzutreten.
Er kam herunter zum Tisch und gab Slar die Hand und sprach leise zu ihm:
"Wie ist dein Name?"
Selbstbewusst und trotzig antwortete Slar: "Mein Name ist Slar, Herr."
Hegir reckte Slars Arm nach oben und rief aus: "Der Sieger des diesjährigen königlichen Turnier ist Slar, Sohn des..., er beugte sich herunter zu Slar, "Sohn des?"
Slar stellte sich auf seinem Stuhl so hoch auf, wie er nur konnte.
"Sohn des Hegir", sagte Slar.
Hegir rief aus.
"Slar, Sohn des Hegir", in dem Moment wunderte er sich über seinen eigenen Namen, doch er wollte sich seine Verunsicherung nicht anmerken lassen, "er ist der Sieger und wird mit zehntausend Goldmünzen belohnt!"
Namensrufe von Slar waren zu hören und die Menschen jubelten. Endlich hatte mal ein ganz einfacher Mann gewonnen.
Hegir wollte schnell verschwinden, doch Slar rief ihm nach.
"Herr König! Wartet! Ich möchte Euch etwas sagen! Ein Loblied auf Euch!"
Der König blieb stehen und drehte sich nur langsam um. Mit den ersten Worten Slars wurde die Menge leiser.
"Ich danke Euch, mein Herr, für diesen großen Preis. Mögen Euch die Götter für alle Ewigkeit schützen. Doch eine Frage habe ich. Ihr habt drei Söhne. Wie alt sind sie?"
Der König nickte und war verblüfft über die Frage, fiel ihm doch kein Grund ein, warum er sie nicht beantworten sollte, denn schließlich befand er sich in der Öffentlichkeit, da war Offenheit und Volksnähe angebracht.
"Meine Söhne sind siebzehn, fünfzehn und acht Jahre alt. Weshalb fragst du, junger Held?". antwortete Hegir.
"Menschen der Ebene hört her! So wisst Ihr sicherlich, mein Herr, dass ich achtzehn Jahre alt bin", er zog seinen linken Ärmel hoch, worauf ein Muttermal entblößt wurde, "seht her, ich bin Euer Sohn. Ich habe dasselbe Muttermal wie Ihr! Ich bin Euer erstgeborener Sohn!"
Kopfschüttelnd, während die Menge staunend der König anblickte, wollte Hegir gehen.
Da kam aus der Menge der Leibgarde eine Frau herausgesprungen.
"Medar? Wie kann das sein? Du warst tot...", sagte die Frau, als glaubte sie selber nicht, was sie sagte. Es war die Frau des Königs, Iamira. Medar war Slars Name, den sich Iamira für ihn erdacht hatte.
"Hegir! Was hat das zu bedeuten?", fragte sie ihn.
Da kamen drei Jungen zum Schauspiel. Es waren Hegirs Söhne.
"Vater, dann ist dieser Krüppel der wahre Erbe deines Throns?", sagte einer der Jungen völlig entsetzt. Sie blickten verachtend auf Slar hinab.
Dem König blieb nichts anderes erspart, als die Sache mit Worten zu klären, so unangenehm ihm das auch war. Würde er Slar jetzt wegsperren, würde ihm das Volk das nie verzeihen. Denn Slar gehörte nun zu den Siegern des königlichen Turniers und dies waren ehrenhafte Leute.
Der König ergriff das Wort. "Es ist alles wahr. Er ist euer Bruder. Ich konnte es auch erst nicht glauben, da dies hätte nicht geschehen dürfen. Damit ist er auch der Erbe meines Throns."
Erfreut rief Slar dem König entgegen.
"Oh König Hegir, Ihr seid so warmherzig. Vergangenheit ist Vergangenheit. Das habt Ihr eingesehen. Doch ich muss Euch ein erneutes Mal, wie bei meiner Geburt, enttäuschen. Ich verzichte auf mein Erbe. Ich will nur meine Goldmünzen. Dann werde ich zu meiner Familie zurückkehren. Ich möchte nur, dass Ihr mir eins verspricht. Ihr werdet meiner Mutter nichts antun, nur weil sie vor achtzehn Jahren Euren Befehl missachtet hat. Denn wie Ihr seht, war es nicht umsonst. Ich habe es zu etwas gebracht!"
"So sei es", sagte der König halb geknickt, "bringt ihn nach Hause!" Da verschwand der König mitsamt seiner aufgebrachten Sippe in die Burg.
Er wurde sein Lebtag nicht mehr glücklich. Er bereute seine Entscheidung von vor achtzehn Jahren, seine machtgierigen Söhne allerdings waren heilfroh darüber. Und das ärgerte ihn umso mehr. Sein Ansehen beim Volk war gesunken.
Seine Frau Iamira war entsetzt, sie hatte geglaubt, Medar sei kurz nach der Geburt an einer Krankheit verstorben.
Hegir verließ an diesem Tag das Glück. Zehn Jahre später starb er von seiner Frau gehasst und von seinen Söhnen missachtet, die nur auf seinen Tod gewartet hatten, einsam auf seiner Burg. Sein Begräbnis fand keine Beachtung mehr.
Was mit Slar geschah, darüber wird heute nur noch gemunkelt. Die einen sagen, er blieb für immer bei Geira und ihrer Familie, andere meinen, er hätte durch eine List Hegirs Söhne aus dem Weg geräumt und die Krone übernommen.
Doch all das ist so viele Jahre her, kein Mensch mag sich mehr daran erinnern können, was mit einem einfachen Krüppel geschehen mochte.


Wenn Euch die kleine Geschichte gefallen hat, dann lasst es mich gerne wissen und wenn nicht, dann auch ;)
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