Hallo thia,
da dein Text doch ziemlich lang ist, werde ich mir nur die Stellen kommentieren, die mir am deutlichsten aufgefallen sind. Meine Kommentare dazu markiere ich farbig.
Kapitel 1
Prinzessin Thianna lag auf ihrem Bett und starrte gelangweilt an die Decke. Die
Prinzessin hatte eine hässliche schwarze Spinne dabei beobachtet, wie sie in einer Ecke ein Netz gesponnen hatte, aber jetzt war das Biest offenbar fertig und rannte mit seinen haarigen
, langen Beinen verdächtig genau über dem Bett herum, als hätte
[sie] jeden Moment vor, sich auf
Thia herunterfallen zu lassen. Damit siegte in
Thia endgültig Ekel über Langeweile. Sie schloss ein Auge und zielte mit ihrem rechten Zeigefinger auf die Spinne um sie mit einem kleinen Feuerball unschädlich zu machen. Nun, jedenfalls versuchte sie es. Kaum das
s Thia sich genug konzentriert hatte
, um die Flamme hervorzubringen, war das flinke Ungeziefer auch schon wieder einige fingerbreit weitergekrabbelt. Thia vergalt der Spinne ihre Dreistigkeit mit einem bösen Blick und begnügte sich damit, dass das Tier sich eilig hinter dem großen Kirschholzschrank verkroch, der gleich neben dem von purpurnen Samtvorhängen umrahmten Fenster stand. Es hatte seine Lektion offenbar gelernt.
Thia hätte gern auf drastischere Maßnahmen zurückgegriffen, aber der Umgang mit magischem Feuer war ihr noch neu.
Würde Thia mit einem magischen Feuerball nicht auch ihre Zimmerdecke in Brand setzen? Oder wirkt das Feuer nicht auf Holz?
Zwar unterrichtete Meister Arandar, der Hofmagier ihres Vaters, Thia schon seit Jahren, aber gefährliche Arten der Magie hatte man ihr erst ab einem gewissen Alter beibringen wollen. Und das hatte sie mit ihren 18 Jahren gerade erst erreicht. Na ja, dachte die Prinzessin sich, vermutlich macht es Sinn, einem kichernden jungen Mädchen nicht beizubringen, wie sie frechen Jungs den Hosenboden versengen kann. Bei dem Gedanken musste Thia grinsen. Sie erinnerte sich an einen gewissen besonders frechen Jungen, dem die ein oder andere qualmende Hose oder vielleicht ein kleiner Blitzschlag am Hintern sicherlich gut getan hätte. Elrik war ein Menschenjunge - der Sohn eines der Höflinge ihres Vaters - dem es große Freude bereitet hatte, in den Schlossgärten nach Fröschen, Eidechsen oder ähnlichem Getier zu suchen, und es Mädchen hinten in die Kleider zu stecken. Elrik lebte immer noch im Schloss, hatte sich allerdings inzwischen von Fröschen auf lüsterne Blicke verlegt. Thia war nicht recht sicher, ob das eine Verbesserung war.
In Niraeth m´Cyrai, dem Königreich ihres Vaters, lebten nicht nur Elfen, sondern auch eine Menge Menschen, was heutzutage kaum mehr zu vermeiden war. Die Menschen vermehrten sich ja wie die Kaninchen, und es war schwer geworden, überhaupt noch Gebiete zu finden, wo sich keine Menschen angesiedelt hatten. Einige wenige menschliche Familien, wie auch die von Elrik, waren sogar in den Adel des Reichs aufgestiegen. Vor allem Thias Großvater König Barathion II. hatte viele Lordschaften an Menschen übertragen, was sie selbst nicht eben wohlwollend betrachtete. Nicht, dass sie etwas gegen Menschen hatte, doch wie wollte jemand, der schwerlich hundert Jahre lebte, einen guten Herrscher abgeben?
Momentan stolpere ich immer noch über die Namen. Nicht das sie besonders lang und aussprechlich wären. Aber bei Elrik denke ich immer wieder an Elric von Melnibone Elric von Melniboné – Wikipedia und bei König Barathion an König Baratheon aus "Das Lied von Eis und Feuer" Game of Thrones – Wikipedia
Elfen waren nicht nur langlebiger als Menschen, sie hatten auch ein viel größeres Talent für Magie. Nun, zumindest hatten sie es gehabt, bevor die Magie ausstarb. Neben ihren spitzen Ohren unterschieden sie sich körperlich durch eine zierlichere Statur und ihre Feingliedrigkeit. Thia hatte gehört, dass es vor langer Zeit auch kulturelle und charakterliche Unterschiede zwischen den beiden Rassen gegeben hatte, doch davon konnte man heutzutage nichts mehr spüren, denn Menschen und Elfen lebten viel zu eng zusammen als dass sich ihre Kulturen nicht vermischen könnten.
Das Stupsen einer kleinen Schnauze an ihrem Oberschenkel riss Thia aus ihren Gedanken. Ohne an sich herunterzuschauen, streichelte sie über das dazugehörige Köpfchen, was ihr ein zufriedenes Brummen von Alayne, ihrer zahmen Füchsin, einbrachte. Gerade kraulte sie Alayne hinter den Ohren als eine nur zu vertraute Stimme erklang. „Prinzessin?“, rief die Stimme und es klopfte energisch an die Tür von Thias Gemächern. Thia verdrehte die Augen und stand auf. Sie strich sich mit ihren kleinen, langfingrigen Händen ihr lilanes Samtkleid glatt, das so gut zu ihren dunkelgrünen Mandelaugen passte, und seufzte, einen genervten Ausdruck auf ihrem zarten, stupsnasigen Gesicht und die Mundwinkel ihrer elegant geschwungenen Lippen leicht nach unten gezogen. Wenn Laresias an ihre Tür klopfte verhieß das nichts Gutes. Meist ging es um irgendeine lästige Pflicht vor der sie sich gedrückt, oder die sie schlicht vergessen hatte, oder um eine neue lästige Pflicht, vor der es sich zu Drücken galt. Laresias war König Cyrelions Haushofmeister. Diese Arbeit sollte seinen Tag Thias Meinung nach mehr als ausfüllen, doch schien es, als bliebe ihm nebenher noch mehr als genug Zeit, um der Tochter seines Herrn das Leben schwer zu machen. Wann immer Thia ihm begegnete, trug er ein ganzes Bündel von Papieren an seinem Gürtel befestigt, in denen er zu den verschiedensten Gelegenheiten herumblätterte, wobei er stets so angestrengt nachdenklich dreinblickte, dass man meinen könnte, er sei darin auf der Suche nach irgendeiner höheren Wahrheit.
„Was gibt es?“, fragte Thia als sie die Tür öffnete, und konnte den genervten Unterton in ihrer Stimme nicht völlig verbergen. Obwohl er praktisch halslos war, überragte der Haushofmeister die zierliche, kleine Elfe um einen Kopf. Mit seinem Stiernacken und den tiefen Denkfalten auf seiner Stirn war er für Thia der beste Beweis dafür, dass lange nicht alle Elfen so hübsch waren, wie die Menschen immer glaubten. Mit einem ungeduldigen Blick strich sich Thia eine Strähne ihres langen, kastanienbraunen Haares aus dem Gesicht und sah ihrem Gegenüber dabei zu, wie er in seinen Papieren blätterte, und scheinbar versuchte, herauszufinden, was er eigentlich von ihr wollte. Es war ihr ein Rätsel, wie ein so konfuser Mann es nicht nur schaffte, all seine Aufgaben abzuarbeiten, sondern auch noch genug Zeit fand, ihr diese ganzen Pflichten aufzutragen, von denen Thia schon lange vermutete, dass sie gar nicht wirklich nötig waren, sondern dass Laresias sie sich ausdachte, nur um sie beschäftigt zu halten.
Thia hatte Gerüchte gehört, nach denen er früher ein beeindruckend gutes Gedächtnis gehabt hatte, bis eine Waldhexe ihn verfluchte weil... nun, das kam darauf an, wer die Geschichte erzählte, aber recht glauben konnte sie so etwas ohnehin nicht.
Nach einem Stupsen von Thias Zeigefinger gegen die Rückseite seiner Papiere löste der Haushofmeister den Blick von seinen Notizen und sah zu Thia herunter, die seinen Blick ungeduldig erwiderte.
„Euer Vater will euch sehen, Prinzessin. In seinem Empfangszimmer“, brachte er endlich heraus. Thia spielte kurz mit dem Gedanken, zu fragen was ihr Vater von ihr wollte, doch verwarf sie ihn schnell wieder. Vermutlich würde sie es schneller erfahren, wenn sie sich einfach auf den Weg machte.
Der Empfangsraum ihres Vaters war ein gemütliches kleines Zimmer, das für privatere Audienzen reserviert war, für die sich der Thronsaal nicht eignete. Die Wände waren mit dunklem Holz getäfelt und auf dem Marmorboden lag ein weicher, weinroter Teppich aus Lyrr, der Heimat der besten – und teuersten – Teppichknüpfer des ganzen Kontinents Nerion.
Thia fand dort nicht nur den König vor, der in seiner Pelzbesetzten Robe auf einem thronähnlichen Stuhl hinter einem großen, schweren Tisch saß, sondern auch seinen Sohn, ihren Bruder Taliesin. Als sie die beiden so nah beieinander sah, fiel ihr einmal mehr auf, wie ähnlich sie sich sahen, mit ihrem weißblonden Haar und hoch gewachsen wie sie waren, und wie wenig sie dabei mit ihr selbst gemeinsam hatten.
Außerdem war Lord Caron Saldras von Alaria anwesend, der sich in soviel königlicher Gesellschaft ein bisschen verloren vorzukommen schien. Ein kleiner, untersetzter Mensch in seinen Fünfzigern, der schwächliche Sohn eines großen Vaters. Lord Carons Vater Toral hatte Alaria, einen Landstrich im Norden von Niraeth, von Thias Großvater übertragen bekommen, nachdem er diesen in einer Schlacht aus dem Weg eines Pfeils gestoßen hatte, der ansonsten Großvaters Herz durchbohrt hätte. Der Pfeil hatte stattdessen seinen Retter getroffen, allerdings nur in die Schulter, was Thias Meinung nach ein guter Tausch für fruchtbare Ländereien wie Alaria war. Lord Toral hatte Alaria danach noch über 30 Jahre lang sehr erfolgreich regiert, bevor er unter größten Qualen gestorben war. Allerdings sei es – so erzählte man sich - nicht seine Krankheit gewesen, die ihm solche Schmerzen bereitete, sondern der Gedanke daran, seine Ländereien einem Schwächling wie seinem Sohn hinterlassen zu müssen. Und Thia musste zugeben, dass der Alte wohl Recht gehabt hatte.
In seinem modischen roten Wams und seinem grünen Umhang hätte der dickliche kleine Mann eher als Hofnarr durchgehen können, und würde wohl auch so
Enden, dachte sie sich, denn unter der Herrschaft Lord Carons war Alaria zu einem Unruheherd verkommen. Vor einigen Wochen war Lord Caron in Niraeth aufgetaucht und hatte den König um Hilfe bei der Niederschlagung eines Aufstandes in Alaria gebeten.
Taliesin musste gerade erst von seinem Feldzug gegen die aufständischen Alarier zurückgekehrt sein, denn er trug immer noch seine Rüstung. Er hatte die Rüstung von den Zwergen von Karanor gekauft. Sie bestand aus einem fremdartigen silbrigen Material, das nur die Zwerge bearbeiten konnten, und über das nichts weiter bekannt war, als dass es mit normalen Waffen praktisch nicht zu durchdringen war. Aus ihrem paranoiden Misstrauen gegen elfische Magie heraus hatten die Zwerge nicht einmal den Namen des Materials verraten wollen. Natürlich war das völliger Unsinn, aber davon waren diese sturen, haarigen Wesen beim besten Willen nicht zu überzeugen.
„Hast du mich vermisst, kleine Schwester?“, fragte Taliesin sie lächelnd und nahm sie zur Begrüßung in den Arm, während Lord Caron sich leicht verbeugte und ihr Vater ihr nur zunickte.
„Einen Rüpel wie dich?“, fragte Thia zurück, sprach aber in einem freundlichen Ton und lächelte ihn an. Dabei fiel ihr eine frische Wunde auf, zwar nicht besonders tief, doch zog sie sich vom Mund bis zum Ohr über seine ganze Wange. Tali schien ihren Blick bemerkt zu haben, aber er grinste seine Schwester nur an. „Keine Sorge, nur ein Kratzer. Einer dieser Narren hat geglaubt, er kann mir mit einem albernen Dolch gefährlich werden!“
„Trotzdem wirst du die Wunde untersuchen lassen“, mischte der König sich ein, und wartete ab bis seine Kinder sich ihm zuwandten. Das Gesicht des Königs war genau so streng wie sein Tonfall vermuten ließ. Es war ebenso elegant und fein geschnitten wie das von Thia, doch verlieh ihm seine scharfe, spitze Nase etwas von einem Raubvogel. „Mein Sohn wird nicht am Wundbrand sterben, weil er zu eitel ist, einen ‚Kratzer’ behandeln zu lassen.“
Talis Gesichtsausdruck gab recht klar zu verstehen, was er von dieser Aussicht hielt, doch widersprach man König Cyrelion nicht, wenn er einmal eine Entscheidung getroffen hatte. Auch im Gesicht ähnelte er seinem Vater sehr, doch die vertrauensvolle Freundlichkeit in seinem Blick milderte den strengen Eindruck den die sehr ähnlichen Züge beim König machten stark ab.
„Thianna, ich habe dich nicht herrufen lassen, damit du Wiedersehen feierst“, fuhr ihr Vater fort und ignorierte dabei demonstrativ den gequälten Gesichtsausdruck seines Sohnes. „Dein Bruder berichtet mir, dass diese verfluchten Rebellen nicht nur ein zusammengewürfelter Pöbel sind. Erzähl es ihr“, forderte er Taliesin mit einem grimmigen Blick auf.
„Das ist noch untertrieben“, begann dieser und blickte Thia ernst an. „Du weißt ja, die Alarier beschweren sich ständig über irgendetwas. Schon allein, dass sie deshalb zu den Waffen greifen ist ungewöhnlich genug, aber…“, fuhr er fort und zögerte dann einen Moment lang, wobei ihm die Sorge deutlich ins Gesicht geschrieben stand. „Aber dieses mal waren sie nicht nur bewaffnet, sie hatten auch einige Magier in ihren Reihen. Unheimliche verhüllte Gestalten in schwarzen Kutten.“
„Mehrere?“, fragte Thianna ihn verwundert und runzelte die Stirn.
„Bestimmt ein Duzend.“
„Und du bist sicher, dass es Magier waren? Nicht nur Bauern in dunklen Roben um euch zu verunsichern?“ Große Ansammlungen von Magiern waren heutzutage sehr selten geworden. Selbst am Hof ihres Vaters gab es nur eine Hand voll, von denen Meister Arandar der einzig wirklich fähige war. Seit fast hundert Jahren war Thia das einzige Kind in Niraeth – selbst unter den Elfen – das mit mehr als einem Fünkchen magischem Talent geboren worden war. Früher, zu Zeiten, die sogar ihr Vater mit seinen über 300 Jahren nicht mehr erlebt hatte, war Magie etwas ganz gewöhnliches gewesen, erzählte man sich. Aber niemand wusste zu sagen, warum sich das geändert hatte.
„Natürlich bin ich sicher. Sie standen alle im Kreis und haben seltsame Gesten gemacht und vor sich hin gemurmelt. Ich habe einen Angriff auf sie befohlen, aber sie müssen von einer Art unsichtbarer Barriere umgeben gewesen sein, all unsere Waffen sind völlig wirkungslos an der leeren Luft abgeprallt!“ Taliesin zuckte mit den Schultern, wobei sein Kettenhemd leise rasselte. „Es wäre Wahnsinn gewesen, weiter zu kämpfen, wer weiß, was diese Gestalten vorhatten. Ich wollte nicht riskieren, all meine Männer zu verlieren, also habe ich den Rückzug befohlen.“
Im Laufe von Talis Schilderungen blickte Lord Caron immer unbehaglicher drein, was Thia mit einem Anflug von Schadenfreude zur Kenntnis nahm. Mit seiner Knollennase wirkte der Herr von Alaria ein wenig, wie ein zu groß geratener, bartloser Zwerg.
„Und Alaria einfach sich selbst überlassen!“, beklagte er sich nun. Tali sah ihn wütend an. „Das sagt ihr? Ihr seid beim ersten Zeichen von Gefahr nach Niraeth gerannt und habt uns um Hilfe angebettelt, statt euer Volk zu beschützen.“
Lord Caron wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, seinem roten Gesicht nach zu urteilen, zu einer ebenso wütenden, als es dem König zu bunt wurde: „Schweigt, alle beide!“, fuhr er dazwischen, nicht einmal laut, aber mit einer Schärfe in seiner Stimme, die keinen Widerspruch duldete.
„Aber woher…“, setzte Thia gerade an, wurde aber rüde unterbrochen: „Das ist doch jetzt völlig egal!“, fiel der aufgebrachte Narr Caron ihr ins Wort. „Was wollt ihr tun, um meinen Besitz zurückzuerobern?“ Er hatte den Mund schon wieder geöffnet und wollte offenbar fortfahren, wurde aber von einem eisigen Blick des Königs zum Schweigen gebracht. „Euren Besitz?“, fragte Cyrelion mit einer bedrohlichen Kälte in seiner Stimme. Caron sank sichtlich in sich zusammen, und schien sich einen Moment lang nicht ganz klar darüber zu sein, vor wem er sich mehr fürchten sollte, den Rebellen auf seinen Ländereien, oder seinem eigenen König. „Alaria ist eurer Familie übertragen worden, damit ihr es für das Reich verwaltet, eine Aufgabe bei der ihr kläglich versagt habt“, fuhr dieser fort, seine unerbittlichen blauen Augen auf seinen eingeschüchterten Untertan gerichtet. „Ihr wärt gut beraten, euren Mund weniger, und eure Ohren mehr zu benutzen, dann dürft ihr Alaria vielleicht behalten nachdem ich es zurückerobert habe.“ Wieder öffnete der dickliche kleine Mann den Mund und schien etwas antworten zu wollen, besann sich dann aber eines besseren und begnügte sich mit einem hastigen Nicken und dem Versuch, möglichst unauffällig auszusehen, was ihm in seiner farbenfrohen Kleidung allerdings ausgesprochen schwer fiel.
„Dieser Sieg dürfte den Rebellen eine Menge Selbstvertrauen bescheren“, kam Thias Vater zum Thema zurück, und bedachte Lord Caron dabei mit einem weiteren bösen Blick, obwohl der arme Kerl dafür tatsächlich nichts konnte. „Wir dürfen sie nicht noch einmal unterschätzen, unser nächster Schritt muss gut überlegt sein. Thianna, wie geht es mit deiner Ausbildung voran?“
Thia legte den Kopf schräg, ein wenig verwundert über den plötzlichen Themenwechsel. „Soweit gut. Ich kann jetzt Feuer erschaffen“, antwortete sie, nicht ohne einen gewissen Stolz.
„Kann man solche...“, der König blickte Taliesin kurz mit gerunzelter Stirn an „magischen Barrieren durchdringen?“
„Wenn man mehr Kraft aufwendet als derjenige, der die Barriere geschaffen hat.“ Thia zuckte mit den Schultern. In Wirklichkeit hatte sie keine Ahnung, aber das konnte sie nun schlecht zugeben, und ihre Erklärung kam ihr immerhin logisch vor. Ihren Vater schien das ebenfalls zu überzeugen, denn er nickte.
„Lasst mich jetzt allein. Ich muss mir die Angelegenheit durch den Kopf gehen lassen.“
Fazit zum ersten Kapitel:
Deine Geschichte gefällt mir rein stilistisch bislang sehr gut und auch die Charaktere sind bislang gut ausgearbeitet. Richtig gepackt bin ich allerdings momentan noch nicht.
Ansonsten bin ich momentan daran interessiert wie die Bürger diese Magier aufgetrieben haben, wieso es einen Aufstand gibt und welche Entscheidung der König treffen wird.
Kapitel 2
Später am Nachmittag hatte Thia beschlossen, den Markt von Niraeth zu besuchen. Die Stadt war selbst zu Fuß weniger als eine Stunde entfernt, und auf diese Art konnte sie diesem lästigen Taugenichts Caron ausweichen, der seit der Unterredung mit dem König versuchte, sie in ein Gespräch zu verwickeln. Vermutlich glaubte er, sie könne ihren Vater milder stimmen.
Einen Schritt hinter Thia gingen zwei Wachen, ihre persönliche Eskorte wann immer sie das Schloss verließ. Thia bezweifelte zwar, dass sie Wachen wirklich nötig hatte, doch sie schätzte die
beiden, weil sie ihr ohne zu murren die Einkäufe trugen. Ein bisschen Mitleid hatte die Prinzessin mit den
Beiden. Es war ein schwüler Sommertag und obwohl die Sonne schon nicht mehr hoch am Himmel stand, herrschte noch eine unangenehme Hitze, die Thias Eskorte wahrscheinlich in ihren Rüstungen kochen ließ. Ihr selbst machte die Hitze nichts aus, denn sie kühlte die Luft um sich herum mit Hilfe ihrer Magie. Das hatte Thia schon so oft gemacht, dass sie sich kaum mehr darauf konzentrieren musste.
Alayne tapste neben ihr her und versuchte, sich möglichst nah bei ihr zu halten, um ebenfalls in den Genuss der gekühlten Luft zu kommen. Im nahen Wald hörte man die Vögel zwitschern. Die hohen, alten Bäume reichten auf beiden Seiten bis fast an den Weg heran und spendeten Schatten. Allerlei Gräser und Blumen bedeckten den Boden und verbreiteten einen angenehmen Duft.
Alayne beäugte neugierig die Baumwipfel und hielt schnuppernd die Schnauze in die Luft. Doch die kleine Füchsin schien instinktiv zu wissen, dass sie die flinken Vögel ohnehin nicht erwischen konnte und ignorierte sie daraufhin souverän. Thia nahm sich vor, ihrer treuen Freundin zum Trost auf dem Markt eine Hühnerkeule zu spendieren.
Nach und nach wurden die Bäume am Wegesrand durch kleine Hütten verdrängt, die wiederum von immer größeren Häusern abgelöst wurden. Zwischen den Einkäufern wuselten ärmlich gekleidete Kinder herum, und bettelten um Münzen. Wenn die Kinder Thia erspähten, bekamen sie leuchtende Augen. In ihrem teuren Kleid, und in der Begleitung von Wachen schien sie den Bettelkindern offenbar als besonders lohnendes Ziel. Es dauerte nicht lange, bis sie von den kleinen Unholden Regelrecht umzingelt war. Leicht genervt gab sie ihren Wachen ein Zeichen, den Kindern einige Münzen zu überlassen. Ihr blieb kaum eine andere Wahl. Freiwillig würden die Quälgeister keine Ruhe geben, und sie konnte sich schlecht gewaltsam einen Weg bahnen lassen, ohne ihrem Ruf ernsthaft zu schaden.
Thia wünschte sich oft, sie könnte einfach ignorieren, was andere von ihr dachten, aber das konnte sich eine Prinzessin kaum erlauben. Sie war auch gar nicht dazu veranlagt. Wenn sie in einen Streit geriet, spukte ihr das über Stunden und Tage im Kopf herum.
Bald darauf kamen die ersten, auf dem großen Platz der Stadt aufgebauten Marktstände in Sicht und lenkten Thia von ihren unangenehmen Gedanken ab. Die Stände waren mit Stoffbahnen in den verschiedensten Farben bespannt und verwandelten den sonst eher tristen Platz in ein buntes Durcheinander. Der Gestank nach fauligem Fisch, billigem Parfum und altem Schweiß bildete einen starken Kontrast zu den fröhlichen Farben des Marktes. Thia rümpfte die Nase und wünschte sich den Blumenduft vom Waldweg zurück. Es war ihr ein Rätsel, wie man einen solchen Gestank hervorbringen konnte.
Die Händler priesen lautstark ihre Waren an, wobei keiner von ihnen wirklich zu verstehen war, weil sie alle durcheinander schrien. Obwohl es auf den Abend zuging, war der Markt noch gut besucht. Mittig auf dem Platz war ein Pranger aufgebaut, an dem irgendein kleiner Gauner für seine Untaten büßen musste. Es hatte sich ein Pulk von Leuten gebildet, die sich einen Spaß daraus machten, den armen Kerl mit Gemüse und faulen Eiern zu bewerfen.
Thia stöberte eine Weile lang ziellos umher, hatte aber bis auf die Hühnerkeule für Alayne wenig Erfolg.
Die Händler erkannten mit ihren geübten Augen eine besonders reiche Kundin sofort und versuchten, ihr allen möglichen Unsinn aufzuschwatzen.
„Mylady, habt ihr freche Diener? Seht euch diese hochwertigen Peitschen an!“, rief ihr Einer zu. Ein anderer wollte ihr allerlei kosmetische Puder und Cremes andrehen. Doch als Thia näher trat um sich seine Mittelchen anzusehen, rochen die derartig faulig, dass sie einen starken Würgereiz unterdrücken musste. Daneben verkaufte eine junge Frau Schmuckstücke. Sie hatte hübsch verzierte Ringe, feine dünne Halsketten und sogar ein Paar Ohrringe mit kleinen Smaragden, doch war der Schmuck ausnahmslos aus Silber, und das stand Thia gar nicht. In einer anderen Bude stand ein kleiner bärtiger Mann und bot hölzernes Spielzeug für Kinder an. Thia musste über die kleinen Holzritter kichern, deren Arme beweglich waren, so dass sie sich gegenseitig verhauen konnten.
Ein besonders schlauer Gemüsehändler hatte sich darauf verlegt, seine nicht mehr ganz frischen Waren als Wurfgeschosse zu verkaufen. „Faule Eier! Matschige Tomaten!“, rief er den Leuten zu. „Verpasst dem Unhold am Pranger eine harte Rübe!“
„Faule Eier für eure Kinder?“, fragte er eine Mutter, die an beiden Händen quengelnde Kleinkinder hinter sich herzerrte.
Einige Stände weiter entdeckte Thia einen Bücherhändler. Die Auslagen deckten die gesamte Bandbreite von Schriftrollen bis hin zu dicken, schweren Wälzern ab, und der alte weißhaarige Mann hinter dem Ladentisch war im Gegensatz zu seinen Kollegen angenehm ruhig und unaufdringlich. Er war in eine abgetragene graubraune Kutte gehüllt, und hatte ein faltiges, müdes aber freundliches Gesicht. „Mylady“, begrüßte er sie, und deutete eine Verbeugung an. „Prinzessin“, korrigierte sie ihn sie ganz automatisch, den Blick schon auf die Bücher gerichtet.
Ein Buch fiel Thia ganz besonders auf: es lag ein wenig abseits, unauffällig im Schatten einiger anderer Bücher. Auf den ledernen Einband war ein blutrotes Pentagramm gemalt.
„Was ist denn das?“, fragte sie den Alten neugierig. Der lächelte schwach, ein bisschen traurig, glaubte Thia zu erkennen, und antwortete: „Ein Zauberbuch, Prinzessin, aus der Zeit bevor die Magie angefangen hat, auszusterben. Heutzutage ist es nur noch ein Sammlerstück.“
Kein Wunder, dass er so ärmlich angezogen ist, dachte sich Thia. „Darf ich?“
„Natürlich Prinzessin. Aber bitte seid vorsichtig, das Pergament ist empfindlich“, antwortete der Händler, und reichte ihr das Buch. Thia blätterte darin herum, und musste sich sehr beherrschen, ihre Begeisterung zu verbergen. Das Buch war voll von Anleitungen für die verschiedensten Zaubereien, Beschreibungen und Zeichnungen von magischen Kreaturen, die vermutlich seit Jahrhunderten niemand mehr zu Gesicht bekommen hatte, und alchimistischen Rezepten.
„Wo habt ihr einen solchen Schatz gefunden?“, fragte Thia neugierig und machte sich nicht mehr die Mühe, ihr Interesse zu verbergen. Der alte Mann wirkte auf sie ohnehin nicht wie ein besonders ehrgeiziger Verhandlungspartner.
Der Händler sah ein wenig traurig aus, als er antwortete. „Es ist ein Erbstück meiner Familie, aber schon seit Generationen hat niemand von uns es wirklich benutzen können. Ich habe den größten Teil meiner Jugend damit vergeudet, mich daran zu versuchen, jeden einzelnen Zauber ausprobiert, aber ohne Erfolg.“ Thia blickte den grauen
, alten Mann mitfühlend an. Er sah erschöpft aus, als würde es ihn sehr mitnehmen, über seine Vergangenheit zu sprechen.
„Es tut mir leid, ich hätte nicht danach fragen sollen“, entschuldigte sie sich und wechselte schnell das Thema: „Was soll es denn kosten?“ Die Situation war ihr ein bisschen peinlich, offenbar hatte sie unschöne Erinnerungen berührt.
„Gebt mir zwanzig Einhörner. Ich bin froh, wenn das Buch noch einmal jemandem Freude macht.“ Bedachte man allein den Aufwand, der in ein solches Buch geflossen sein musste, war das ein erstaunlich günstiger Preis. Thia lächelte freundlich und winkte den Wachen, den Mann zu bezahlen. Einer der beiden trat vor und zählte zwanzig Goldstücke ab, benannt nach dem Wappentier ihrer Familie, das auf die Rückseite jeder Goldmünze geprägt war.
Thia verabschiedete sich lächelnd von dem schäbig gekleideten Bücherverkäufer, und nahm ihr Buch entgegen, das der Händler in eine schützende Ledertasche gepackt hatte.
Es war schon dunkel
, als Thia sich mit ihren zwei Wachen und Alayne auf dem Rückweg ins Schloss machte. Nachdem sie ihr Buch gekauft hatte, war Thia noch eine Weile über den Markt spaziert und hatte sich die restlichen Stände angesehen. Immerhin hatte sie dabei noch einen Ballen schönen dunkelgrünen Stoffes ergattert, aus dem sie sich einen Umhang schneidern lassen wollte.
Bald fing es an zu regnen. Zwischen den Wolken sah man die beiden Monde, die die Priester Erudhin und Sirion nannten, ihren nächtlichen Streifzug über den Himmel beginnen. Der eine blau und grün gefärbt, war die Heimat der Götter, und den anderen, rot und feurig und von Kratern bedeckt, bewohnten die Dämonen.
Der Regen hätte Thia nicht gestört, wenn er nur ihre Haare nicht so ruinieren würde. Es würde sie eine halbe Ewigkeit kosten, die Haare zu trocknen und zu bürsten. Dafür kannte sie keine magische Lösung. Auch Alayne schien wenig Lust zu haben, nass zu werden. Die kleine Füchsin war bald nachdem der Regen eingesetzt hatte in Richtung Schloss ausgebüchst. Thia nahm sich vor, Meister Arandar zu fragen, wie man so eine magische Barriere formte, von der ihr Bruder erzählt hatte. Vielleicht konnte man sich damit auch gegen Regen abschirmen. Oder vielleicht stand es in ihrem neuen Zauberbuch, überlegte Thia, und freute sich darauf, gründlich darin zu lesen.
Als wäre der Schaden, den das Wetter ihrem Haar zufügte nicht schon genug, hatte sich auf dem Weg eine riesige matschige Pfütze gebildet. Thia blickte ihre Wachen einen Moment lang erwartungsvoll an und wartete darauf, dass einer von ihnen seinen Umhang über den Matsch ausbreitete, damit sie ihn überquere konnte, ohne sich auch noch ihre Schuhe völlig zu durchnässen. Doch solche Galanterie schien den Wachmännern fremd zu sein. Die Prinzessin bedachte sie mit einem missbilligenden Blick, raffte ihre Röcke, und bemühte sich, die Pfütze mit so wenigen Schritten wie möglich zu durchqueren. Auf der anderen Seite angekommen drehte sie sich ruckartig um und sandte mit einer Geste eine magische Druckwelle in Richtung der Pfütze aus, die ihre Wachen von Kopf bis Fuß mit Matsch bespritzte. Die beiden schienen nicht recht zu wissen, wie ihnen geschah. Beide blickten ihre Herrin verdutzt an, und sahen dabei so sehr wie Welpen aus, die sich zu unrecht bestraft fühlten, dass Thia sich ein Kichern nicht verkneifen konnte. Die Beiden tauschten einen Blick aus - anfangs immer noch verwundert, aber nach und nach immer belustigter – und fingen schließlich an, über den Anblick des jeweils anderen laut zu lachen.
Der Weg wurde durch den anhaltenden Regen immer schlammiger. Thia stapfte mit entschieden missbilligender Miene durch den Schlamm, als könne sie dem Wetter durch böse Blicke Manieren beibringen. Sie würde jemandem befehlen müssen, den Weg pflastern zu lassen, dieser Zustand war absolut unzumutbar!
Zum Glück dauerte es nicht mehr lange, bis das Schloss in Sicht kam. Thia beschleunigte deutlich ihre Schritte. Hinter ihr rasselten ihre beiden Wachen leise als sie sich beeilten, mit ihrer Herrin Schritt zu halten. So war das Schloss schnell erreicht. Erleichtert, aber völlig durchnässt entließ Thia ihre Wachen.
Fazit zum zweiten Kapitel: Storytechnisch geht es zwar noch nicht sehr voren, aber die Szenen auf dem Markt waren doch recht unterhaltsam zu lesen. Vor allem die Szene, als der Gemüsehändler seine Ware als wurfgeschosse angeboten hat habe ich ziemlich witzig gefunden und auch Alyane, die Füchsin ist mir sympathisch. Die Idee , dass Götter und Dämonen auf zwei verschiedenen Monen leben hat mir ebenfalls gut gefallen. Ich hoffe, dass wir im Laufe der Geschichte noch mehr Informationen darüber erhalten. Den dritten Teil werde ich mir dann morgen vornehmen.
LG,
Darnamur