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Alt 24.01.2018, 11:54
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Hobbyschreiberin Hobbyschreiberin ist offline
wieder da ...
Ritter der Tafelrunde
 
Registriert seit: 07.2016
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Och, nööö, geh nicht woanders hin. Ist so schön, dass du da bist!

Es gibt viele Tricks, mit denen sich ein Autor, egal ob Hobby oder Beruf, zum disziplinierten Arbeiten motivieren kann.

Einer davon ist, sich ein festes Pensum zu setzen. Das kann (wie bei Stephen King, laut seinem Buch "Vom Leben und Schreiben",) der ganze Vormittag sein, den man sich in seinem Arbeitszimmer einschließt, mit stumm geschaltetem Telefon und zugezogenem Vorhang. Von Sir Terry sagt man, dass er jeden Tag eine bestimmte Anzahl Wörter schrieb. Wenn er nach einem Teil des üblichen Pensums mit einem Buchmanuskript fertig war, soll er unmittelbar ein neues Pojekt angefangen haben.

Diesen Umfang kann ein Hobbyschreiber, der nebenbei einen Brotjob hat (und eventuell Kinder, Haustiere, Haushalt, Garten, ...) natürlich in der Regel nicht schaffen. Aber der Vorsatz, jeden Samstag eine Stunde früher aufzustehen und dann verbindlich an den Rechner zu gehen, oder an den Schreibtisch, ist ja auch schon mal was. Dazu die Selbstbeherrschung, NICHT im Internet zu surfen, sondern wirklich was zu schreiben.

Ob man erst plottet und dann die Geschichte ausformuliert, oder ob man sich von seinen Ideen planlos tragen lässt, oder irgendeine Arbeitsweise dazwischen wählt, das ist jedem selber überlassen. Ich selber schreibe, wie gesagt, zu meinem Vergnügen und entwerfe die ersten 25 % eines Manuskripts zunächst planlos aus dem Bauch heraus. Diese frei kreative Phase macht am meisten Spaß. Aber wenn man aus diesem Knäuel von Notizen so etwas wie eine vollständige Geschichte machen will, muss man irgendwann auch mit der Arbeit im eigentlichen Sinne anfangen. Plotten gehört dazu, aber auch das Grübeln über Logikprobleme, Recherchieren auch über Dinge, die einen nicht so interessieren, Rücksprache mit Betalesern (je kritischer und schonungsloser die sind, desto nützlicher!), Füllen von Lücken im Verlauf der Geschichte, zu denen man aber absolut keine Ideen hat, Optimierung von Formulierungen, Streichung von überflüssigen Worten und Sätzen. Und dann das Überarbeiten! Selbst, wenn die Geschichte fertig geschrieben ist und man mit dem Manuskript sonst soweit zufrieden ist, bleibt die Korrektur von Rechtschreib-, Grammatik-, Satzbau- und anderen Fehlern. Allein zu diesem Zweck lese ich den Ausdruck eines Manuskriptes noch zweimal oder öfter durch. Auf Papier sehe ich Fehler einfach eher. Man kann sagen, dass ich für die Fertigstellung und die Überarbeitung nochmal mindestens doppelt so viel Zeit brauche, wie für die ersten 95 % der Rohfassung. Da muss man sich auch schon mal überwinden, wenn man was fertigkriegen will. Aber siehe oben: Ein realistisches Pensum setzen und durchziehen!

Ein Studium bei einem literarischen Institut ist sicherlich extrem nützlich, um Dein Können zu verbessen. Dass Dein Stil verfälscht wird, musst Du, denke ich, nicht befürchten. Persönlicher Stil wird dort nicht unterrichtet, sondern Technik, und darüber kann man nicht zuviel wissen, denn Kunst kommt ja bekanntermaßen von Können. Dass mit wachsendem fachlichen Können Dein Stil sich wandeln wird, dass DU ihn selber ändern wirst, ist aber ziemlich wahrscheinlich. Schließlich würdest Du so ein Studium doch absolvieren wollen, um besser schreiben zu lernen, oder? Allerdings rate ich davon ab, einen festen Job aufzugeben, um das Schreiben studieren zu können. Das Risiko halte ich für zu groß, denn vom Schreiben allein können in Deutschland erstaunlich wenige Leute leben. Alle anderen betreiben das nur nebenberuflich. Ein Fernstudium nebenberuflich zu bewältigen, ist zwar ein ganz schöner Kraftakt, aber wenn Du den Wunsch dazu hast, Dich fortzubilden, ist das bestimmt eine interessante und lohnende Sache.

Allerdings kann ich nicht aus eigener Anschauung sprechen, denn ich habe mit Schreibkursen oder gar einem Studium überhaupt keine Erfahrung. Darin befinde ich mich aber in guter Gesellschaft, behaupte ich mal. Jane Austen soll niemals eine öffentliche Schule besucht und ebenfalls nur durch ausgiebiges Lesen (in der elterlichen Bibliothek) ihr Können erworben und ihren Stil entwickelt haben.
Bei meinen eigenen Machwerken werden übrigends gerade die Personen und ihre Entwicklung inzwischen ziemlich gelobt. =D Falls Du in dieser Hinsicht mal einen Tip brauchst, ... einfach melden. Im Buch "Wie man einen verdammt guten Roman schreibt" ist ziemlich gut die Charakterschaffung beschrieben. Ich mache allerding auch das eher nach Gefühl. Auf jeden Fall müssen die Charaktere so beschaffen sein, dass sie ihre vorgesehene Rolle in der Geschichte spielen können. Viele Autoren geben an, dass die Charaktere ihnen die Entwicklung der Geschichte diktieren, dass sie sozusagen ein Eigenleben entwickeln. Das kann beim Schreiben ganz lustig sein, bremst aber sehr und führt dazu, dass man sich in unbedeutenden Nebenhandlungen verzettelt. Ich versuche mir meine Charaktere immer so vorzustellen, wie lebende Persönlichkeiten. Was würde er oder sie in der Situation wirklich und realistisch tun? Warum? Wie würde er/sie sich bei dieser Entscheidung fühlen, wie auf andere wirken, die ihn/sie gerade beobachten? Meine Charaktere haben auch eine Vergangenheit und ein Leben jenseits der erzählten Geschichte, auch wenn beides nicht unbedingt im Roman erwähnt wird. Aber wenn die Charaktere nur die für die Geschichte erwähnenswerten Eigenschaften hätten, müssten sie zwangsläufig flach und seelenlos bleiben.

Geändert von Hobbyschreiberin (03.02.2018 um 09:33 Uhr)
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