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Alt 03.06.2013, 12:09
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Hobbyschreiber Hobbyschreiber ist offline
Drachentoeter
 
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Dass das Genre Fantasy aktuell einschläft, sehe ich nicht. Viel wird durch den immer schmaler werdenden Markt erstickt. Ist eine Filmproduktion mit einer Romanze zwischen Vampir und sterblichem Mädchen erfolgreich, folgt eine wahre Schwemme von Büchern, Filmen und Fernsehserien mit entsprechendem Inhalt. Da es nur noch je eine Handvoll Verlage und Filmgesellschaften gibt, die finanzstark genug sind auf diesem Markt mitzuhalten (Filmbudgets i.H.v. dreistelligen Millionenbeträgen, Quasi-Monopole auf Regalmeter in den Buchhandelsketten) aufteilen, kommt in dieser Zeit einfach nichts anderes heraus.

Noch in den neunziger Jahren gab es neben Bertelsmann-Random House und Co noch Dutzende kleinerer Verlage, deren Produktpalette die Fantasy reicher und interessanter gemacht hat. Mit einer Verzögerung von fünf bis zehn Jahren kamen diese Bücher im Film und Computerspiel an. Aber jetzt gehören alle diese Verlagen den Riesen und welcher Agent oder Verleger würde heute noch auf einen unbekannten polnischen Autoren setzen und eine Reihe wie den "Hexer" starten, mit zwei Anthologien am Anfang? Bastei-Lübbe jedenfalls nicht.

Wenn man interessante neue Fantasy lesen will, dann muss man sich an kleinere Verlage wenden und darf auch die (durch kleinere Auflagen bedingte) höhere Buchpreise nicht scheuen. "Feder und Schwert", Der Torsten-Low-Verlag, Wurdack und Co. bringen zum Beispiel Fantasy außerhalb des Mainstreams. Und etliche Bücher, die mangels Mainstreamtauglichkeit von den "Großen" abgelehnt werden, sind die Juwelen, die ein damals unabhängiger Heyne-Verlag in die Bestsellerlisten gebracht hätte.

Aber man muss eben suchen, und man darf sich nicht von Misserfolgen und Fehlkäufen entmutigen lassen. "Früher" war nicht alles besser, aber früher glaubte man das auch nicht (nur vom damaligen "Früher"). Früher musste man ein Buch ausleihen oder kaufen, um sich eine Meinung darüber zu bilden. Damals entstanden die ersten Runden, erst per Brief, später im Internet, in denen man seine Meinung weitergeben konnte. Heute können wir mit einem Mausklick (na gut, mit ein paar Mausklicks) einen Buchtitel eingeben und erfahren, was andere Leser darüber denken.

Müssen wir denn nur über "Harry Potter", über "Twilight", "HdR", "Der Hobbit", "Eragon", "Kryson", Abercrombies Metzel-Orgie oder die anderen zwanzig Top-Titel des genres diskutieren? Mir scheint, nicht nur das Angebot ist schmaler geworden, sondern auch unser Anspruch. Wir haben hier irgendwo im Bodensatz unseres Forums einen Thread über unbekannte Schätze. Warum wird der so wenig benutzt? Bei den Mainstream-Produktionen gibt es tatsächlich überwiegend die Meinung "find ich gut" oder "mag ich nicht". Und irgendwann hat die jeder geäußert.

Warum nicht mal über Harry Dresden diskutieren, oder ein anders Buch, das (noch) nicht durch Film und Fernsehen bekannt ist? Lasst uns doch mal neue Themen ins Leben rufen, von denen wir (noch) nicht wissen, was jeder darüber denkt!

Ja, und lasst uns auf jeden Fall offen bleiben gegenüber den Meinungen Andersdenkender. Wenn jemand bekennender Twilight-Fan ist, ... ja, warum denn nicht, in Gottes Namen? Das ist ein Lieblingsbuch, und weiter nichts. Nicht jeder mag Zombies, Mörder mit der Kettensäge und Verfolgungsjagden durch unterirdische Höllendimensionen. Nicht jeder mag über blutige Schlachten und anschließende Massaker an der Zivilbevölkerung lesen. Für mich war jahrelang "Die Brüder Löwenherz" von Astrid Lindgren eines meiner Lieblings-Fantasy-Bücher, und auch ihr "Nils Karlsson Däumeling". Warum? Weil sie mir die Vorstellung von einer Welt hinter der Welt ermöglichten, in die ich mich auch als Jugendliche noch gerne hinein träumte. Es gibt nicht "die" richtige Meinung, die es in einem Forum herauszukristallisieren gilt. Es gilt, neue Aspekte der Fantasy zu entdecken, die einem bisher entgangen sind.
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