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Alt 11.11.2012, 09:18
Geweihter Geweihter ist offline
Schwertmeister
Vampirjaeger
 
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„Ihr?“, krächzte er und wollte noch mehr sagen, aber seine Stimme erstarb.
„Ja … ich … es tut mir Leid“, flüsterte sie verbittert. Seine Augen … sie waren getränkt mit Trauer und Schmerz, sprachen so viele Worte, die Cilana das Herz aus der Brust rissen.
„Wo …“, erneut versagte seine Stimme.
Cilana wollte den Blick senken, doch seine Augen hielten sie gefan-gen. „Sie … sie ist tot … ich … es ist meine Schuld … es tut mir so leid. Es tut mir so unendlich leid.“
Mit einem dumpfen Pochen traf der Stuhl, auf dem Cilana gesessen hatte auf hölzerne Dielen und sie brach in die Knie. Das war zu viel für sie. Diese Schuldgefühle … sie fraßen sie auf. Seine Augen … sie allein war schuld, dass sie zugleich leer und voller Pein waren. Das konnte sie nicht aushalten. Sie wollte sterben … einfach nur sterben, niemandem mehr etwas tun können und dieser finsteren Welt den Rücken kehren.
Versunken in Mitleid, das weniger dem Jungen, als ihr selbst galt, vernahm sie nicht das leise Wimmern des Novizen. Ihr Egoismus verletzte sie und sie fühlte sich noch schlechter, dass sie mehr sich beweinte, als ihn und all die Menschen, die hatten sterben müssen. Das Mädchen wusste nicht, wie lange sie weinten, doch als es den Kopf hob, erschrak sie. In den geröteten Augen des Jungen lag weit mehr als Trauer. Unendlicher Hass suchte sie heim.
„Ich werde jeden von ihnen töten“, schwor er so überzeugt, dass Cilana ein eiskalter Schauer über den Rücken jagte. „Jeden von ihnen!“
Sie wollte ihn davon abhalten, ihm ins Gewissen reden, aber sie wuss-te, dass es sinnlos war, fühlte sie doch genau wie er. Die Söldner mussten für ihr Verbrechen zahlen, mit ihrem Leben, denn sonst konnte nichts auch nur ansatzweise die Zeche zahlen, die sie geprellt hatten.
„Ich habe einen von ihnen getötet“, flüsterte Cilana verbittert. „Den, der den Befehl gegeben hat.“
„Wie seid Ihr entkommen?“, wollte er ruhig wissen und seine Stimme war fester, als Cilana es erwartet hatte.
„Das ist eine lange Geschichte“, gestand sie und seufzte. „Ich hatte ein wenig Hilfe. Magst du mir deinen Namen nennen?“
„Atherus“, stellte er sich vor.
Sie zögerte kurz. „Möchtest du mir von Raneja erzählen?“
Einen Moment nahm sie an, dass er wieder zu weinen begann oder sie beschimpfen würde, was er, beinahe zu ihrer Enttäuschung noch nicht getan hatte. Sie konnte nicht verstehen, warum der Hass nicht ihr galt. Ohne sie wäre seine Freundin, wären all seine Freunde noch am Leben. Wäre sie nicht dort gewesen, würden sie heute wohl wieder trainieren, gemeinsam essen und lachen. Das alles hatte Cilana eindrucksvoll verhindert und dieser Junge verabscheute sie dafür nicht. Wusste er vielleicht nicht, dass es ihre Schuld war? Hatte er es nie erfahren?
„Sie ist …“, er schluckte schwer. „Sie war ein wundervolles Mäd-chen. Der wunderbarste Mensch, den ich je kennen gelernt habe. Sie hat mich zum Lächeln gebracht, mein Leben erhellt und mich aufge-muntert, wenn es mir schlecht ging. Sie ist das Mädchen, das es am Wenigsten verdient hat zu sterben.“
Seine Stimme war schwach und doch konnte man Gefühle daraus hören, die Cilanas Pensum bei weitem überstiegen. Er war wirklich und ehrlich verliebt gewesen. Jedes Wort, das er sagte, brandmarkte die Seele der Geweihten und ließ sie spüren, wie schwach ihre Bindungsfähigkeiten geworden waren. Ja, auch sie war einmal verliebt gewesen, aber das war lange her. Seitdem hatte sie ein solches Gefühl, eine solche Zuneigung und bedingungsloser Hilfsbereitschaft nie wieder spüren dürfen. Ihr Leben war definitiv keine romantische Liebesgeschichte. Gefühle hatten sie stets nur mit Leid beschenkt und ihr nie eine Chance gegeben, sich geborgen zu fühlen.
Atherus hatte jedoch etwas so wertvolles spüren dürfen … und Cilana hatte ihm alles genommen
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