Einzelnen Beitrag anzeigen
  #1  
Alt 25.10.2005, 19:55
Benutzerbild von Lazarus
Lazarus Lazarus ist offline
Advocatus Diaboli
Drachentoeter
 
Registriert seit: 10.2005
Ort: Rheinland Pfalz
Beiträge: 1.472
Eine Fortsetzungsgeschichte

Der Anfang einer kleinen Geschichte, wer sie mit seinen eigenen Charakteren weiterbeleben will ist dazu herzlich eingeladen. Vielleicht entwickelt sich daraus ja so etwas ähnliches wie ein Forenrpg


Langsam schlich die schlanke Gestalt durch den immer dichter werdenden Nebel. Es war einer der letzten Herbsttage, bevor der strenge Winter mit seinen eisigen Stürmen und den riesigen Schneemassen übers Land zog und damit seine Arbeit fast unmöglich machen würde. Welche normale Person würde sich dann noch freiwillig vor die Tür begeben? Seine Zeit war deshalb stark eingeschränkt, die nächste Woche musste einen spürbaren Erfolg bringen, wenn er nicht Gefahr laufen wollte seine letzen Reserven zu erschöpfen. Entschlossen bewegte er sich weiter voran, darauf bedacht auf dem holprigen Kopfsteinpflaster keine Geräusche zu erzeugen. Die Dolche steckten gut erreichbar für ihn in den Schlaufen an seinem Gürtel und die Kapuze seines Umhangs verdeckte seine gewellten dunkelbraunen Haare und seine verstümmelten Ohrmuscheln. Um den Mund herum hatte er sich zusätzlich ein breites schwarzes Tuch geschlungen, nichts außer seinen Augen konnten ihn jetzt noch verraten. Damit unterschied er sich krass von seinem sonstigen Erscheinungsbild und niemand der ihn in seiner verhüllten Gestalt sah, hätte in ihm den recht adrett wirkenden jungen Mann erkannt, der in vornehmen Kleidern mittags durch die Stadt zu streifen pflegte und für jeden ein freundliches Wort übrig hatte. Seine haselnussbraunen Augen blickten nervös nach Beute ausschauhaltend umher. Um seine Mundwinkel machte sich ein verkniffener Ausdruck breit, als er an den fehlgeschlagenen Versuch von vorgestern dachte. Diese verdammten Stadtwachen werden auch immer lästiger, man kann noch nicht mal Nachts seinem Beruf nachgehen, ohne auf einen von ihnen zu stoßen überlegte er sarkastisch. Er war tatsächlich auf einen Wächter gestoßen, leider hatte dieser den darauffolgenden Morgen nicht überlebt, was wohl an der fingerbreiten Wunde in seinem Bauch gelegen hatte. Marius hatte etwas gegen das Töten, es hinterließ zu viele Spuren und war meistens unnötig. Diesmal hatte es sich jedoch nicht vermeiden lassen. Noch hatte niemand die Leiche gefunden, die er mit Steinen beschwert im Fluss versenkt hatte, aber das konnte sich jeder Zeit ändern. Ein weiterer Grund diese Stadt schnellstmöglich zu verlassen, doch nicht ohne vorher seine knappe Barschaft aufgestockt zu haben. Es war kurz nach vier Uhr und noch immer hatte er kein Opfer erspäht, nun musste er sich wahrlich sputen, bevor die ersten Sonnenstrahlen den Nebel auflösen würden. Tatsächlich nahm er einen dunklen Umriss, nur wenige Meter vor sich wahr. Vorsichtig schlich er sich an sein ahnungsloses Opfer heran, das ziemlich gebückt durch die Nacht schlurfte. Eine Bettlerin, verärgert wollte er sich abwenden, als er sich eines besseren besann und seine Kapuze und das Tuch aus seinem Gesicht entfernte. Eine gespenstische Nacht, ihr solltet Euch nicht so alleine auf dem Platz herumtreiben. Erschrocken fuhr die alte Frau, die bereits über sechzig Jahre alt war herum. Ein gehetzter Ausdruck war auf ihrem Gesicht zu erkennen, der sich jedoch schnell beruhigte als sie ihn erkannte: Oh ihr seid es junger Herr, ihr solltet einem alten Weib wie mir nicht solch einen Schrecken einjagen, das verträgt mein schwaches Herz nicht. Verzeiht mir meine Ungeschicklichkeit und nehmt diese Goldmünze als kleine Entschädigung. Gönnt Euch davon eine warme Suppe und vielleicht schließt ihr mich ja sogar in Eure Gebete ein. Wahrlich zu großzügig von Euch, ich weis gar nicht wie ich Euch danken soll, wenn doch nur mehr Menschen so wären wie ihr. Nein, das wäre keine so gute Idee entgegnete der Dieb nüchtern. Ich würde vor der Konkurrenz nicht lange bestehen. Doch ich will Euch nun nicht weiter belästigen, lebt wohl und seid auf der Hut, man weis nie was für finster Gestalten sich in solch einer Nacht über die Unschuldigen her machen mit diesen Worten verschwand Marius wieder im Dunst. Für ihn war diese Ausgabe zwar schmerzlich, doch die Bettlerin würde sich mit Wohlwollen an ihn zurückerinnern und es konnte nie schaden, wenn man ein paar zusätzliche Augen und Ohren in der Stadt hatte die einem Neuigkeiten berichten konnten. Er setzte seine Suche fort und bald hatte er erneut einen Schatten wahrgenommen. Vielleicht bot sich diesmal eine bessere Gelegenheit. Unscharf nahm er einen zierlichen Schatten vor ihm war, der unzweifelhaft von einer Frau stammen musste. Eigentlich widersprach es seinen Prinzipien, sich an wehrlosen Frauen zu vergreifen, aber leider konnte er sich den Luxus der Rücksichtnahme nicht leisten. Du wirst doch jetzt wohl nicht kneifen wollen, bloß weil sie eine Frau ist und einen Rock trägt wisperte eine boshafte Stimme in ihm. Nein, er hatte noch nie vor etwas einen Rückzieher gemacht, seit er in dieses Leben, das er zutiefst verabscheute hineingeraten war. Marius, du hast gelogen, gestohlen und sogar getötet, für dich gibt es keine Rettung aus der Verdammnis, also kannst du diesen letzten Schritt auch noch wagen überlegte er zynisch. Wenigstens war seine Beute reich, wie ihm das teure Parfum bewies, welches sie zwar dezent, für seine Sinne aber dennoch wahrnehmbar, auf ihren Kleidern verteilt hatte. Guten Morgen Teuerste, erschreckt bitte nicht, aber ich fürchte ich muss Euch....sprach er ohne sonderliche Hast, aber da wurde er auch schon von der Angesprochenen die ihm bisher den Rücken zugewandt hatte unterbrochen. Mitteilen, dass ihr Euch verspätet habt? Das ist mir nicht entgangen entgegnete sie kühl, bevor sie sich langsam zu Marius umdrehte um ihn abschätzend zu mustern. Anscheinend gefiel ihr was sie sah, denn sie unterließ weitere spöttische Bemerkungen und reichte Marius stattdessen einen braunen Umschlag. Der Dieb war indes so verblüfft über das forsche auftreten und die entschlossene Art der Frau, dass er zögerte den Umschlag zu nehmen. Nun nehmt ihn schon und lasst uns die ganze Angelegenheit hinter uns bringen, bevor mir die Beine abfrieren. Marius wollte einen Blick auf eben diese werfen, doch es blieb bei dem Versuch, denn sie waren hinter einem langen Rock verborgen. Erst jetzt betrachtete er das hinreisende Gesicht, die eng beieinander liegenden dunkelgrünen Augen, die zierliche Stupsnase, welche von winzigen Sommersprossen umrahmt war. Gekrönt wurde das Ganze von einer feuerroten, bis an die Schultern reichenden Mähne. Na gefällt Euch was ihr seht, oder soll ich noch ein bisschen mehr Haut zeigen? Wollte sie vergnügt wissen. Wenn ihr wollt, doch das ist Eure Entscheidung, ich bin nicht einer dieser Männer, den man mit einem Augenaufschlag bezaubern kann. Was soll also dieser Unsinn mit dem Umschlag, ich bin nicht hier um mir irgendwelche Liebesbriefe durchzulesen meinte der Dieb, der inzwischen seine Fassung wiedergefunden hatte, verärgert.
__________________
Endlich jemand der aussieht als ob er helfen könnte. Die ganzen Idioten und Blödmänner hier waren bisher irgendwie keine große Hilfe.
Ich fürchte Ihr habt uns verwechselt. Ich bin Dummkopf, dies ist mein Freund Trottel und hinter mir steht Hirnlos und Stümper. Wie geht es Euch?
(Baldurs Gate)

Ich bin kein Misanthrop, ich hasse einfach nur Menschen (Jochen Malmsheimer)

Geändert von Lazarus (12.12.2005 um 14:41 Uhr)
Mit Zitat antworten