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Alt 06.09.2012, 01:21
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Ravenchant Ravenchant ist offline
Waldelfe
 
Registriert seit: 03.2012
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Ja, ich hege eine sehr große Faszination für das Mittelalter. Sowohl für das Reale wie auch für das Fantastische.
Hatte auch einmal vor Geschichte/Archäologie zu studieren. Da ich wohl aber mit dem Schwerpunkt Früh- und Hochmittelalter hier im hohen Norden noch weniger hätte anfangen können als im Rest des Landes und Lehramt für mich keine Option war, habe ich es schweren Herzens lieber gelassen.

Heute weiß ich, dass es für diesen Berufstand auch hier passende Jobs gibt. Die Leiterin des hoch defizitären Spaßbades im Nachbarort ist studierte Historikerin ! :-(

Generell würde ich Dir raten, Deine Geschichten eher in einem "fantastischen" Mittelalter spielen zu lassen. Dabei finde ich es auch immer sehr schön wenn der Autor sich dem realen Mittelalter so weit wie möglich annähert. Mit der Bezeichnung RL- Mittelalter kann es aber sehr schnell unnötig Stress geben.

Hierzu muss man wissen, dass sich die Mittelalterszene in zwei große Lager teilt, die sich in herzlicher Abneigung verbunden fühlen.
Der Grundkonflikt besteht darin, dass sich die auf besondere Authentizität bedachte Fraktion um ihrer Früchte Arbeit betrogen sieht, wenn beispielsweise die "dummen Touristen" auf einem Mittelaltermarkt mehr Faszination für Gruppen zeigen die sich beispielsweise an den Ritterfilmen der fünfziger Jahre orientieren. Der Vorwurf lautet dann, dass es diesen Menschen nicht darum geht geschichtliche Fakten zu vermitteln sondern einfach nur darum Spaß beim "Gewandungs-Camping" zu haben.

Aus dieser Fraktion werden die "Authentischen" dann wiederum als "Spaßbremsen" beschimpft.

Der Initiator der größten mittelalterlichen Veranstaltungsreihen Deutschlands kann davon ein Lied singen. Jahrelang musste er sich aus der authentischen Szene beschimpfen lassen dass seiner Veranstaltungen ein Verrat am authentischen Mittelalter seien. In seinem Forum muss er übelste Beleidigungen ertragen. Nachdem er dann seinem Spectaculum den Zusatz "Phantasie" verpasste und mit den Worten: "Nicht authentisch langweilig sondern phantastisch" kommentierte... Nunja, die Reaktionen muss ich jetzt glaube ich nicht noch beschreiben, oder?

Aber auch innerhalb der authentischen Gruppen ist es ein Hauen und Stechen. So durfte ich einmal eine Diskussion miterleben, in der es schon als unauthentisch galt, Kleidung aus Wolle von Schafrassen zu tragen, die es im Mittelalter noch nicht gab. Leider fehlten bei dieser Diskussion die Ironie-Tags!

Ganz übel wird es zum Beispiel auch für Filmemacher die sich bemühen ihren Film möglichst authentisch zu gestalten und dann die "A"-Szene einladen um von ihr Absolution zu erhalten. Gaaanz böser Fehler ! Jede Kleinstgruppe hat praktisch ihre eigene Definition vom korrekten Mittelalter. Wenn da jetzt jemand von außen kommt und einem das richtige Mittelalter vorführen möchte kommt es gruppendynamisch zu mindestens kurzweilig zum geschlossenen auftreten gegen den Feind.

Mein Ziel ist es, irgendwann einmal eine kleine Geschichte auf hohem Niveau zu verfilmen. Daraus resultiert mein Interesse am Schreiben. Richtige Drehbuchautoren (Die eine interessante Geschichte entwickeln, abseits von Beziehungsdramen und Selbstmord) gibt es in Deutschland ja leider nicht. Alles soll möglichst stimmig und zeitlich authentisch wirken. Ich werde aber einen Teufel tun und es RL- Mittelalter nennen!

Um auf Deine Geschichte zurückzukommen:
Das Mädchen könnte natürlich auch erwähnen, dass es im Elternhaus eher unkonventionell zugeht und so vielleicht den modernen, weniger formalen Umgang erklären.
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