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Alt 03.06.2020, 22:41
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Cassandra Cassandra ist gerade online
Abyssus abyssum invocat
Ringtraeger
 
Registriert seit: 02.2012
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Das liegt sicher auch - wie mijarena ja schon festgestellt hat - an der Sprache. Wie oft hört man "Ey, der Typ da macht mich voll depressiv" oder "Ich finde den Film deprimierend" usw. Man weiß, was derjenige damit meint: Eine vorübergehende Verstimmung, weil einem der Typ auf die Nerven geht bzw. man den Film nicht mag.
Das hat aber mit dem im AMDP-System klassifizierten Begriff nichts zu tun.

(Ist im Übrigen das Gleiche mit "schwul" ...
X:"Und, wie war die Feier gestern?"
Y:"Ach, das war irgendwie voll schwul da ..."
X:"Das is' ja doof."

-.-)

Ein weiterer Grund mag auch sein, dass oft ein Unterschied zwischen den jeweiligen Personen gemacht wird: Wenn sich z. B. ein talentierter, gefeierter und erfolgreicher Schauspieler oder Sportler aufgrund seiner Depression zu etwas hinreißen lässt, von dem es kein Zurück mehr gibt, dann ist auch dem Dümmsten klar, dass es ihm wohl nicht gut ging. Weil - warum sollte sich jemand, bei dem alles prima läuft, selbst das Licht ausknipsen?

Wenn nun aber der vermeintliche 08/15-Typ über Depressionen klagt, ist die Reaktion oft sehr abwertend. Muss nicht zwingend sein, ist aber oft so.
Leider gibt es auch das Phänomen, dass Kranke - z. B. während Gruppentherapien - eine Art Ranking abhalten: Wer ist ein echter Depressions-Veteran (also jemand, der Minimum fünf Versuche hinter sich hat), wer ist blutiger Anfänger (mit nur einem Versuche) und wer gehört eigentlich gar nicht so wirklich dazu (jemand, der bisher noch nicht einmal in Versuchung gekommen ist).
Möchte man gar nicht glauben, ist aber so.
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Im Feuer steckt der Funke des Chaos und der Zerstörung,
der Samen des Lebens


("Magic")

(Photo: Franz Herzog © 2004)
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