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Alt 29.05.2013, 14:01
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Hobbyschreiber Hobbyschreiber ist offline
Drachentoeter
 
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Soweit ich weiß, haben auch große Verlage eine lange Liste von Rezensenten an der Hand, denen sie ein paar Euro für ihre freundliche Stellungnahme zu einer Neuerscheinung zahlen. Ob und wieweit diese Stellungnahmen auf den Verlegerwunsch abgestimmt sind, weiß ich nicht.Vermutlich werden diese Rezensenten sich nicht negativ über die Waren ihrer Arbeitgeber äußern. Wenn es (wie in einem Fall bei Amazon gesehen) zum Erstlingswerk einer bis dato unbekannten Autorin binnen zwei Wochen nach dem Erscheinen drei Dutzend 4- und 5-Sterne-Rezensionen gibt, in denen noch dazu vielfach dieselben Formulierungen verwendet wurden, dann ist das vermutlich kein Zufall mehr. Das Buch könnte noch so gut sein, ich würde es nicht lesen wollen. Selbst "Leserbriefe" in manchen (auch seriösen) Zeitschriften werden zum Teil hausintern erstellt, damit der Verlag die Möglichkeit hat, gezielte Stellungnahmen zu verfassen.

Wo hört korrektes Marketing auf? Wo fängt das dreiste Lügen an? Neulich habe ich mir die DVD des Films "Männer" gegönnt. Darin sagte der Chef eines Marketing-Unternehmens sinngemäß: "Der Mann ist ein Betrüger? Wunderbar! Betrug ist unser Geschäft." Scheint also allgemein akzeptiert zu sein.

Verwerflich ist so etwas offenbar nur beim Self-Publishing oder bei Klein-Verlagen. Mit den Großen wollen ja auch Fairlag und Co. (sind schließlich fast alles Autoren und Verlagsangestellte, die dort schreiben) es sich nicht verderben.

Ich darf sagen, dass ich nicht auf eine einzige Rezension zu einem meiner Bücher Einfluss genommen habe. Im Gegenteil ich habe jeden, dem ich ein Rezensionsexemplar überlassen habe, gebeten, ehrlich und kritisch zu urteilen. Darauf, dass es trotzdem überwiegend mittelprächtige bis positive Rezensionen sind, auch von mir völlig Unbekannten, bin ich deshalb sehr stolz.

Aber mein Mann, der BWL studiert hat, sagt, dass Wirtschaftsethik an den Unis nur theoretisch unterrichtet wird. Konzerne wirtschaften nun einmal, um Geld zu verdienen, und zwar möglichst viel davon. Auch Verlagshäuser sind Wirtschaftsunternehmen, die nicht produzieren um die deutsche Literaturszene zu fördern, oder Jungautoren, sondern um möglichst hohe Gewinne zu erzielen. Dazu wenden sie natürlich jedes legale Mittel an, ebenso wie ein Chemiekonzern oder ein Autoproduzent.

Geändert von Hobbyschreiber (29.05.2013 um 21:19 Uhr)
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