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Alt 28.08.2012, 03:00
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Nephthys Nephthys ist offline
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Hidiho Cassandra,

jetzt folgt die weiter oben in Aussicht gestellte Antwort auf deinen Post.


Zitat:
Zitat von Cassandra Beitrag anzeigen
Ja, das ist auch so eine Sache, mit der ich nicht glücklich bin. Es hat lange gedauert, bis ich akzeptiert habe, wie wenig wir oft tatsächlichen Einfluss auf unsere Emotionen bzw. auf das haben, was uns (an)treibt. Siehe beispielsweise Menschen nach einem Unfall mit Schädigung des Gehirns oder Schlaganfallpatienten und wie diese sich teilweise danach verändern ...
Oh, die Ohnmacht unseren Gefühlen gegenüber ist ein Thema für sich.

Zum einen ist es selbstverständlich so, dass sie uns genetisch in die Wiege gelegt wurden. Und wie alles, das mit den Genen in Zusammenhang steht, gibt es auch hier eine Gaußsche Normalverteilung. Es gibt Menschen, die das Glück haben vermehrt „positive“ (endlich mal wieder eine Wertung ^^) Gefühle empfinden zu können. Und dann gibt es auf der anderen Seite auch Menschen, die besonders anfällig für die vom TE postulierten „dunklen“ Gefühle und Gedanken sind.
Das hat etwas mit dem Limbischen System zu tun und der Amygdala. Menschen mit Depressionen und/oder der Fähigkeit zur Dissoziation (Die Fähigkeit sich „vom Körper und Gefühlen abzutrennen“) haben angeblich eine kleinere Amygdala als solche, die über ein ausgewogeneres Gefühlsleben verfügen. Die Quelle dazu müsste ich allerdings noch einmal suchen. Bei Interesse würde ich sie nachreichen.

Gefühle werden aber auch zu einem nicht unerheblichen Teil konditioniert (anerzogen). Wächst man in einem Elternhaus auf, in dem das als Vorbild dienende Familienmitglied die „Dramaqueen“ gibt, dann wird man selbst später wohl ähnlich agieren. Wächst man in einem sozialen Umfeld auf, in dem man vor allem Aufmerksamkeit durch gute Noten erhält (und sonst eher nicht), entwickelt man sich zum Workoholic. Macht man die Erfahrung, dass „Eigenlob“ stinkt, dann wird man seinen - als inneren Motivator absolut natürlichen und vor allem NOTWENDIGEN - Stolz unterdrücken und eventuell durch eine „Ersatzempfindung“ (z.B. Scham) austauschen.

Jetzt kommt die gute Nachricht:
Man kann seine Gefühle umkonditionieren!
Man ist ihnen nicht auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.
Man muss halt „nur“ herausfinden, welche Methode bei einem selbst am besten funktioniert. Und man muss „nur“ üben. Und zu Beginn muss man „nur“ feststellen, welche Gefühle einen eigentlich im Alltag stören … Aber das ist ein Thema, das an dieser Stelle viel zu weit führen würde.
Nur soviel: eine Umkonditionierung dauert umso länger und ist umso schwieriger, je älter man ist und je schlechter einem die Selbstreflexion gelingt.

Zitat:
Der Begriff der Moral ist hier vermutlich das Problem - allein deshalb, weil es nicht DIE Moralvorstellung schlechthin gibt. Je nach Zeit oder Kultur gibt es da teilweise himmelweite Unterschiede. Und allein deshalb sollte man sich idR. auf sich selbst verlassen ... wobei das u.U. am Schwierigsten ist. Es setzt Ehrlichkeit und die Fähigkeit zur Selbst- und Fremdreflexion voraus. Und man sollte auch in der Lage sein, Konsequenzen abzuwägen bzw. "angemessen" bewerten zu können - und dabei meine ich nicht nur Konsequenzen für einen selbst, sondern auch für andere (falls einem die nicht schnurz sind).
Da stimme ich dir zu. Möchte aber (wie immer) noch etwas ergänzen:
Moral ist ein zweischneidiges Schwert.
Sie ist notwendig, wenn man in einer Gesellschaft lebt. Denn sonst klappt das Zusammenleben einfach nicht. Leider kollidiert sie all zu häufig mit den inneren Bedürfnissen.
Die Fähigkeit zur Reflexion ist ein Lernprozess. Kleinkinder (wie ich es weiter oben schon einmal erwähnt habe) können sie beispielsweise noch gar nicht. Die synaptischen Verschaltungen, die eine Reflexion ermöglichen, sind noch nicht geknüpft.
Kinder und Jugendliche lernen erst nach und nach, wie sie reflektieren. Und ich sage „Lernen“ weil es tatsächlich so ist. Wer kennt die Frage „Wer bin ich? Und wenn ja, wie viele?“ nicht aus seiner Pubertät? ^^
Dazu kommt, dass sich die Fähigkeit zur Reflexion im Laufe des Lebens immer weiter ausbaut und auch wandelt. Wenn ich daran zurückdenke, wie ich vor zehn Jahren die Welt wahrgenommen habe (Sprich: „Reflektiert habe“) und wie ich es jetzt tue … ein himmelweiter Unterschied. Da spielen sehr viele sehr krasse Erfahrungen mit hinein, die zu machen ich das Glück (!) hatte.

Nicht, dass ein falscher Eindruck entstanden ist:
natürlich finde ich, dass bei aller Selbstverwirklichung die Umwelt nicht aus den Augen gelassen werden sollte. Aber ich bin für mich zu der Erkenntnis gelangt, dass ich umgänglicher bin, wenn ich mir die Freiheit nehme mehr auf meine Gefühle und Bedürfnisse zu hören, denn dann bin ich weniger gefrustet.

Und an dieser Stelle möchte ich eine These aufstellen (für die ich eventuell im Thread zerrissen werde – was ich prima fänd, da es zur Diskussion führt):
Die Welt wäre angenehmer, wenn die Menschen egoistischer wären!

Zitat:
Ganz genau! Darum regt es mich immer so auf, wenn mir Kollegen vorschwallern, ich müsse mich distanzieren und es wäre besser, seine Gefühle im Griff zu haben bzw. im "ruhigen" Rahmen darüber zu sprechen ...
Das kotzt mich jedes Mal an wie nochmalwas!
Es gibt Menschen, die nichts aus der Ruhe bringt – und es gibt impulsive Menschen.
Ich finde es ganz und gar nicht erstrebenswert, wenn man sich zur Ruhe zwingt, weil es einem von außen aufgedrückt wird. Entweder man hat selbst den Wunsch (und die Möglichkeit) sich zu beruhigen – oder halt nicht.
Also... wenn MIR einer mit dem Ratschlag (btw.: Ratschläge sind auch Schläge) kommen würde, ich solle ruhig und besonnen ein Gespräch suchen, wenn ich gerade auf 180 bin … dann sollte dieser Jemand gaaaaaaanz schnell in Deckung gehen ^^

Was ich damit sagen will: hast mein vollstes Verständnis, wenn du dir in solchen Situationen dein Frühstück noch mal durch den Kopf gehen lassen willst.

Zitat:
Na, das nenne ich Leidenschaftlich und ich unterschreib´ es gerne (aber wie zum Henker kommst Du auf BDSM? SM würde doch auch schon reichen. )
Oh, BDSM hat hier irgendein Vorposter mal erwähnt und sogar verlinkt – und Valas hat den Spielverderber gegeben ^^

Da fällt mir ein:
ist euch eigentlich schon mal aufgefallen, wie sehr ein Gefühl eure Wahrnehmung beeinflusst?
Wenn ihr Lust empfindet, dann törnen euch Bilder / Geräusche / Gerüche an, die ihr sonst eher … ähhh … igitt oder lächerlich finden würdet.
Genauso ist es mit der Wut: wenn ihr auf jemanden so richtig sauer seid, dann kann der-/die- jenige sagen und tun was immer er/sie will: ihr bekommt einfach ALLES in den falschen Hals.
Dass „Liebe blind macht“ brauche ich wohl nicht weiter auszuführen ^^

Zitat:
Der letzte Satz war vermutlich wegen dem "öffentlichen Forum" und so, oder?
Nö.

Zitat:
Aber es geht ja auch nicht darum, die Konsequenzen nicht aus den Augen zu verlieren, sondern auch aufgrund möglicher Folgen die eine oder andere Handlung dann lieber doch nicht auszuführen.
Wenn beispielsweise ein Schüler, der seit Jahren gemobbt wird, seine Gefühle nicht mehr im Griff hat und aus Hass/Rache beschließt, Amok zu laufen, dann kann man das - bis zu einem gewissen Grad - verstehen (die Peiniger zu bestrafen ist da vermutlich die Hauptintention), aber letztlich ist es keine Lösung in dem Sinne.
Er wird dennoch Opfer bleiben, denn er hat sich quasi durch andere zu dieser Tat treiben lassen und tut somit etwas, was vermutlich nicht seiner Natur entspricht.
Und das ist hier - meiner Meinung nach - der Knackpunkt. Sich seiner Natur gemäß zu verhalten, ist es doch, worum es gehen sollte. Unabhängig von gängigen Moralvorstellungen. Doch auch hier gibt es wieder so einige Fallen (siehe Serientäter, Sexualstraftäter --> bei vielen weiß man ja bis heute nicht, inwieweit sie zurechnungsfähig bzw. schuldfähig sind). Aber das führt jetzt ohnehin alles zu weit hier ...
Ich finde es wichtig, dass man sich zumindest einen kurzen Moment die Zeit nimmt die Konsequenzen seines Handelns abzuwägen. Einfach nur, damit man sich für oder gegen eine Handlung entscheiden kann – bewusst entscheiden!
Dass das nicht immer funktioniert, ist mir klar. Es gibt Gefühlsstärken, die den Verstand einfach mal ausschalten. Totaler Tillt.

Den amoklaufenden Schüler … kann ich verstehen. Absolut.
Aber es gibt Millionen gemobbter Schüler, die nicht ihre Aggression nach außen tragen.

Serientäter, Sexualstraftäter … das ist ein Thema für sich. Vor allem weil es eine Frage der Definition ist. Habt ihr den Prozess von Breivik mitbekommen? Da waren sich nicht einmal die Profis einig, ob er denn nun „krank“ im psychischen Sinne war oder nicht. Soweit ich verstanden habe, hat das Gericht ihn für zurechnungsfähig erklärt ...
Sexualstraftäter … da finde ich gehört unterschieden zwischen Lustbefriedigung oder Machtanspruch. Um es vorweg zu nehmen: es gibt einen einzigen Fall von Pädophilie, über den ich mir ein Urteil bilden darf: nicht jeder Sexualstraftäter ist ein „krankes“ Monster. Menschen machen Fehler. Wie die Gesellschaft damit umgeht, hängt wie immer mit der moralischen Vorstellung ab. Es gibt/gab Kulturen in denen es vollkommen normal war/ist, dass sexuelle Handlungen an Kindern vorgenommen werden. In unserer Kultur hingegen ist es undenkbar.

Ein abschließendes Wort zur psychischen Krankheit:
sie ist Definitionssache ;-)

Achtung Provokation (!):
Wer sagt denn, dass Schizophrene nicht einfach eine blühende Phantasie haben?


Es grüßt dich

Nephthys
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Wieso eigentlich ... sind Drachen weise? Das sind Echsen, liebe Leute. Echsen! Habt ihr euch schon mal nen Gehirn von einer Echse angeguckt? Himmel! Da haben meine Meerschweinchen größere Gehirne - und die finden nicht mal den Weg aus ihrem Käfig raus.
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Wer sich für Fantasy, Kurzgeschichten, Betrachtungen zur Sci-Fi, darstellerisches Handwerk, Computerkunst, Rezensionen, Biologie, Histologie, Taxonomie ... interessiert, der wird hier fündig: Marinas (fantastische) Welt

Geändert von Nephthys (28.08.2012 um 03:06 Uhr) Grund: Edith übt sich im Zitieren ...
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