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Alt 12.05.2008, 12:02
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Tánya Tánya ist offline
Sídhe de Môrhen
Zauberlehrling
 
Registriert seit: 04.2008
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Abschied von den Wäldern

Der Zug der Flüchtlinge ging langsam aber stetig den Berghang hinauf. Der Wald lag links von ihnen, und der Nebel schien ihnen auf eigenartige Weise zu folgen.
Nuális lief leichtfüßig auf ihren Katzenpfoten, sie hatte die Form einer kleinen Wildkatze angenommen. Sie hatte die seltene Gabe, sich in unterschiedliche katzenartige Formen zu verwandeln. Das war nicht jedem gegeben. Meist entsprach die Größe und Katzenart ihrem Gemütszustand und sie steuerte dies eher instinktiv.
Da die Gefahr momentan erst einmal vorüber zu sein schien und sie für den Moment ihre Ruhe wollte, lief sie klein und graugetigert durch die Reihen und versuchte so unscheinbar wie möglich sein.
Ihr Blick huschte zum Wald, und sie fühlte die feuchte Kälte des Nebels, dass sogar durch ihr dichtes Fell zu spüren war. Ihr war unbehaglich, sie fühlte sich beobachtet.
Auch war sie voller Schwermut. Sie ließen den Wald mehr und mehr zurück und dies brach ihr fast das Herz. Nuális brauchte die Bäume, das Grün, das weiche Laub unter ihren Pfoten. Sie war nie zuvor längere Zeit ohne dies gewesen.
Und sie begann im Innern aufzubegehren.
Als der Wald lichter wurde, blieb sie hinter den anderen zurück, starrte mit topasfarbenen Katzenaugen auf die hohen Baumriesen, deren Äste sich leicht im Wind bewegten. Sie setzte sich hin und schaute in das Grün der Wälder.
Lysior ließ sich lautlos etwas entfernt nieder und wartete.
Lass mir ein wenig Ruhe, sendete sie ihm zu.
Doch er ließ sich stoisch nieder und legte seinen großen Wolfskopf auf seine Pfoten, den Blick von ihr abgewandt.
Mit Absicht verwandelte sie sich zurück in ihre Körperform und seufzte auf.
„Ich hasse sie!“ flüsterte sie.
Lysior bewegte sich nicht.
„Sie nehmen unsere Heimat, und wir tun nichts!“
Immer noch rührte sich ihr Begleiter nicht.
„Du blöder Hund könntest mal was dazu sagen!“
Ohne Vorwarnung verwandelte sich Lysior, sprang in seiner menschenähnlichen Form auf sie zu und knurrte ihr ins Ohr. „Nenne mich nie wieder Hund!“ zischte er leise und mir rauer Stimme.
Nuális ließ das völlig kalt.
In ihr keimte ein Plan und sie würde das durchziehen... früher oder später. Vielleicht eher später, denn dies musste durchdacht werden. Und allein konnte sie dies schon gar nicht tun.
Dann blickten Lysior und Nuális blitzschnell auf. Ihre Blicke hefteten sich auf eine helle Gestalt im Nebel.
Die Luft um sie vibrierte und sie standen kampfbereit als Wolf und Luchs Seite an Seite.
Das Nebelvolk! sagte Nuális.
Lysior antwortete nicht.
Er starrte nur das helle schmale Wesen an, welches regungslos im Nebel stand und sie anschaute. Nebel wogte um die Gestalt, es schien, als würde langes Haar um seinen schmalen Körper wehen, aber es konnten auch nur weitere Nebelschleier sein.
Dann war es fort, ohne das einer der beiden auch nur eine Bewegung des Wesens gesehen hätten.
Lysior verwandelte sich diesmal zuerst zurück. „Also haben sie uns geholfen.“ überlegte er mehr laut, als das er mit seiner Gefährtin sprach.
Nuális sagte nichts, sie fiel wieder in ihre kleine Wildkatzengestalt zurück, schmiegte sich an Lysiors Bein und rannte ihrem Volk hinterher.
Lysior schaute ihr verdutzt nach, denn nie zuvor hatte sie ihn so berührt. Er runzelte die Stirn, schaute noch einmal zu den nebelumwallten Wäldern... und ließ seine Heimat hinter sich zurück, wandte sich dem kargen Bergpfad zu.
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Geändert von Tánya (12.05.2008 um 12:07 Uhr)
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