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Alt 18.09.2010, 16:17
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Rachelle-Marija Rachelle-Marija ist offline
Sehende
Hueter der Heilenden Quellen
 
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Repost der Fortsetzung 1

Sodala.. alles mal überarbeitet.
Ich hoffe ich hab auch nichts vergessen
Viel Spaß!
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Nachdem Ophelia meinen Raum verlassen hatte und ich fertig angekleidet war, nahm ich meine lederne Tasche und verstaute die wichtigsten Habseligkeiten in ihr. Vorsichtig schlug ich die Rituskerzen und die Kristallkugel in feines Seidenpapier ein, um sie ja nicht zu zerbrechen. Darüber legte ich eine Schicht Wolle und stapelte anschließend das kunstvoll verzierte Kästchen mit den Runenknochen, das Buch und den kleinen Kessel darauf. Den Stein behielt ich nah an meinem Herzen, eingenäht in eine winzige Tasche in meinem Korsett. Zu guter Letzt packte ich den silbernen Handspiegel und den dazugehörigen Kamm ein, die Ophelia mir zu meinem zehnten Wiegenfest schenkte. Sie würden mich immer an meine Ziehmutter erinnern.

Ich stieg die leicht knarrenden Holztreppen hinab, ging in die Speisekammer und schnürte mir ein Essensbündel mit getrocknetem Fleisch, Brot und etwas Obst. Nun, das würde für einige Tage reichen. Ich konnte ja nicht wissen wie lange die Elda vorhatten, das Feuer wüten zu lassen. Als ich das Essen in mein Bündel gepackt hatte, überlegte ich was ich noch alles brauchen könnte. Die Geschenke hatte ich allesamt verstaut. Da ich nicht genau wusste, wie lange ich Trîan verlassen würde, beschloss ich nach der versteckten Keksdose zu suchen. Ich rückte die schweren Schütten voller Kartoffeln, Äpfeln und Karotten zur Seite und holte die alte Dose heraus. Hier drinnen war alles an Gold, das ich über die Zeit gespart hatte. Ophelia hatte mir schon mit vier Jahren das Nähen beigebracht und so hatte ich mir nebenbei ein Taschengeld verdient. Ich trug eine kleine Geldkatze am Gürtel und steckte zwei Hände voll Gold ein. Die Keksdose stellte ich wieder an ihren ursprünglichen Platz, wer weiß für was ich das restliche Gold noch einmal brauchen würde?

Letztendlich besuchte ich Ophelia in ihrer Nähkammer um Abschied zu nehmen. Die dunkelhaarige Frau lächelte ein trauriges Lächeln, als hätte sie damals schon gewusst wie sich mein Leben von nun an entwickeln würde. Ich erwiderte es zögernd und kehrte ihr und dem Leben das sie mir geboten hatte doch leicht wehmütig den Rücken zu.



Schon als ich aus dem Haus trat, hörte ich die nervösen Rufe der anderen. Mit ruhigen Schritten verließ ich mein Achtel von Trîan und begab mich in das Gebiet der Fischer. Die Menschen waren allesamt aufgeregt und schnatterten wild durcheinander. Ein sicheres Fortkommen war kaum möglich. Überall standen kleine Kinder im Wege, nicht selten kam es vor, das welche weinten und sich die Tränenspuren über die schmutzigen Gesichter zogen. Es stank, wie immer nach Fisch und Verwesung aus den Abwasserkanälen. Ich dachte, dass es seit dem letzten Feuer nicht mehr so schlimm gewesen war. Doch so wie es aussah hatte ich mich getäuscht, es musste wirklich wieder mal ein Feuer die Stadt von ihrem Schmutz reinigen. Ein Schwarm Krähen wurde von einem schreienden Baby aufgeschreckt. Sie stoben mit lautem Krächzen wie wild auseinander und flüchteten sich in die endlosen Weiten des Himmels. Sie waren frei. Gerne wollte ich so frei sein wie sie, nicht ständig diese Last mit mir herumschleppen müssen und einfach davonfliegen, alles hinter mir lassen. Andererseits, ich würde Ophelia doch vermissen und ich kann nicht einfach meinem Schicksal entfliehen. Ich bin eine Auserwählte.

Langsam drängte ich mich durch das dichte Gewühl in Richtung Stadtkern. Ich versuchte den Körperkontakt mit diesen stinkenden und schmutzigen Fischern und ihren Familien größtenteils zu vermeiden. Als der Duft von Verwesung penetranter durch die Gassen zog, wandelte sich mein Gesicht in eine Maske des Abscheus. Ich stolperte und als ich zu Boden blickte, starrte mich ein kleiner, dreckiger Junge aus großen hellgrünen Augen an. Ich versuchte nicht hinzuhören, als er mit leisem Stimmchen zu reden begann. Ich wollte wahrlich nicht hören, was dieses Kind zu sagen hatte, hielt es mich doch nur auf. Doch dieser Blick hatte etwas an sich, das mich in seinen Bann zog und ich fast zwangsweise begann in den Worten zu lauschen. Es war allerdings zu spät, denn der kleine Junge blickte mich nur mehr an. Etwas an dem Ausdruck in seinen hellgrünen Augen war seltsam, doch ich erkannte nicht was es war. Abrupt brach ich den Blickkontakt ab und setzte meinen Weg eilig fort.

Meine Schritte führten mich durch die verschlungenen und engen Gassen des Fischerachtels, bis ich endlich das Herz von Trîan erreichte, die Marktstraße. Von hier aus kommt man zuu den beiden Haupttoren Trîans. Auch wenn nur eines davon geöffnet ist und man nur durch jenes Tor die Stadt auf legalem Wege verlassen kann. Im Nordwesten der Stadt, im Gebiet der Viehbauern, gibt es auch noch ein verschlossenes Tor welches nicht bewacht wird. Hierdurch verschwinden oft genug die Wolfsmenschen bei Nacht. Auch der Abschaum benutzt es um draußen in Landriar seinen Geschäften nachzugehen ohne dass die Wachen davon erfahren. Zumindest glaubt der Abschaum Trîans dies. Jeder in Trîan weiß, dass es immer bemerkt wird, wenn man durch dieses Tor verschwindet, doch dem Pöbel ist das wohl egal.
Ich bevorzuge das offene Haupttor, schließlich zähle ich mich ja auch zu den höhergestellten Menschen. Ich war ja auch im Bezirk der Näher, Schneider, Kürschner, Färber und Gerber aufgewachsen. Auch wenn jenes Achtel in der Nähe der Fischergebiete liegt war es ein schöner Ort für Kinder. Jedenfalls, für jene, die dort Freunde hatten. Ich hatte nie welche gehabt. Ich war stets eine Einzelgängerin gewesen – und würde es wahrscheinlich auch immer bleiben.
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'Man muss eigene Wege gehen um Spuren zu hinterlassen...'
Elda-Trilogie
Prolog
Kapitel 1
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