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Alt 14.08.2015, 12:01
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Susanne Gavenis Susanne Gavenis ist offline
Herausforderer der Weisen
 
Registriert seit: 04.2012
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Ja, das mit dem Loslassen ist in der Tat eine schwierige Sache. Worüber sich, denke ich, viele nicht klar sind (Autoren und auch andere, die in irgendeiner Sache lockerer werden wollen), ist, dass das Loslassen keine einmalige Angelegenheit ist, für die man sich ein Mal entscheidet, und dann ist das Thema bis zum Lebensende vom Tisch. Dieses Loslassen ist - sowohl bei mir als auch, wie ich ganz stark annehme, bei anderen - ein kontinuierlicher Prozess, der aus vielen tagtäglichen Entscheidungen besteht, die man jedes Mal aufs Neue treffen muss. Schaue ich mal wieder bei Amazon vorbei, um meinen Verkaufsrang abzuchecken oder zu schauen, ob es vielleicht eine neue Kundenrezi zu meinem Buch gibt, oder lasse ich es bleiben? Besuche ich eine Webseite eines Autoren, der im selben Genre schreibt wie ich, um zu sehen, was er so zu sagen hat, oder schreibe ich stattdessen lieber einen neuen Artikel für meine eigene Webseite? Folge ich den Links zu den - mutmaßlich ziemlich positiven - Rezensionen der Bücher anderer Autoren, mit denen sie in den Foren oder auf ihrer Facebook-Seite werben, oder lese ich stattdessen mal wieder ein paar Seiten in meinem Lieblings-Schreibratgeber, um mein Wissen ein wenig aufzufrischen? Besuche ich ihre Facebook-Seiten, nur um sofort einen Blick darauf zu werfen, ob sie mehr Likes haben als ich selbst?

Dies alles - und noch vieles andere mehr - müssen natürlich keine Entweder-oder-Entscheidungen sein, bei denen es ums eigene Seelenheil oder die ewige Verdammnis geht. Von elementarer Bedeutung ist hier m.E. die Bereitschaft, einigermaßen aufrichtig zu mir selbst zu sein und ehrlich in mich hineinzuschauen, um meine jeweilige Motivation erkennen zu können, mit der ich etwas tun will. Wenn ich in mir - vielleicht auch nur vage und unbestimmte - Angst und Zweifel am Wert meiner eigenen Bücher und mir als Autor spüre, wäre meine klare Empfehlung, mit diesem Gefühl nicht nach links und rechts zu schauen, sondern ganz konsequent bei sich selbst zu bleiben.

Mit einem solchen Gefühl die Arbeiten anderer Autoren, ihre Rezensionen, Verkaufsränge oder Leserrezis bei Amazon zu betrachten, führt m.E. beinahe unweigerlich dazu, dass man sich selbst noch schlechter fühlt, weil man immer etwas entdeckt, das der andere vermeintlich besser kann oder wo er scheinbar mehr Erfolg als man selbst hatte. Wenn man schon von vornherein durch eine düstere Brille in die Welt hinausblickt, filtert das dunkle Glas alles Licht, das sehr wahrscheinlich auch da wäre, so konsequent heraus, dass man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit durch irgendetwas in seiner negativen Selbstwahrnehmung bestärkt wird.

Eine Zeitlang war es für mich fast eine Art von therapeutischer Notwendigkeit, nicht nach links und rechts auf andere Autoren zu blicken, sondern bei meinen eigenen Büchern und meinem eigenen Selbstverständnis als Autorin zu bleiben, um von diesem außengesteuerten Aktionismus und den antizipierten Erwartungen anderer wegzukommen. Wenn man es dagegen geschafft hat, auf eine konstruktive Weise bei sich selbst zu bleiben (also das Vergleichen mit anderen, das letztlich nur das eigene Mangelgefühl nährt, aufzugeben bzw. so loszulassen, dass man die Kontrolle darüber behält und gedanklich gegenlenken kann, wenn man wieder mal Gefahr läuft, seine innere Mitte zu verlieren), kann es eine schöne Sache sein, sich mit den Arbeiten - und den Erfolgen - anderer Autoren zu beschäftigen und sich mit ihnen zu freuen.

Eine einigermaßen realistische Selbstwahrnehmung bzw. die Bereitschaft, daran zu arbeiten, sollte daher in meinen Augen jeder Autor mitbringen, der sich überlegt, in Foren Werbung für seine Bücher zu machen. Wem der eigene kreative Ausdruck - unabhängig vom Lob oder der Kritik anderer - das Wichtigste ist, verspürt gar nicht mehr ein solches Verlangen, sein eigenes Buch auf eine manchmal groteske Weise in den Himmel zu heben, und er erkennt, wann er Gefahr läuft, mit seiner Werbung über das Ziel hinauszuschießen und gegenüber den übrigen Forenmitgliedern übergriffig zu werden, einfach weil er nicht mehr so machtvoll von Ängsten, Zweifeln und Unsicherheiten getrieben wird.

Voraussetzung ist allerdings, dass man den Wunsch nach einer solchen angemessenen Realitätswahrnehmung in sich verspürt. Ich weiß sehr wohl, dass es in jedem Bereich des Lebens - auch unter Autoren - Menschen gibt, die mit Worten nicht zu erreichen sind. Wer schlicht keine Lust hat, sein eigenes Handeln zu reflektieren und an den kritischen Rückmeldungen der anderen zu überprüfen, wer zudem vielleicht gar nicht von Ängsten und Selbstzweifeln geplagt ist, sondern sich tatsächlich für Gott hält, den kann nichts davon abhalten, in Foren eine übergriffige Werbelawine nach der anderen zu starten und trotz kritischer oder aggressiver Reaktionen der übrigen Forenmitglieder damit weiterzumachen. Wenn nichts mich dazu bringt, einmal in meinem Handeln innezuhalten und mich zu fragen: "Was, zum Teufel, TUE ich hier eigentlich? Und wie fühle ich mich überhaupt dabei?", wenn mich auch der wütendste Proteststurm gegen meine Buchwerbung in einem Forum nicht betroffen macht und erschrocken schlucken lässt, dann bin ich jenseits aller Worte, und selbst der wohlmeinendste und klügste Rat von anderen wird wirkungslos an mir abprallen. Dann allerdings ist jedes Wort an einen solchen Menschen verschwendete Atemluft, und es hilft nur rigoroses Handeln, um sich selbst vor seinem Egoismus und seiner Dreistigkeit zu schützen.
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