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Alt 11.03.2011, 08:09
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Hobbyschreiber Hobbyschreiber ist offline
Drachentoeter
 
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Zitat von Reginald Bull Beitrag anzeigen
Ich hatte mich auf die Wahrscheinlichkeit von Fortsetzungen beim Ableben der Darsteller bezogen.
Wer Kasse machen will, ersinnt irgendeinen (möglichst blödsinnigen [Dusche, anyone?]) Weg, daß der Tod eben doch nicht eingetreten ist, rückgängig gemacht wird, keinen echten Einfluß hat oder die Geschichte spielt schlicht irgendwann in der Vergangenheit.
Ob es Fortsetzungen gibt, entscheidet nicht die Logik der Geschichte, sondern die Höhe der prognostizierten Absatzzahlen
Das Bobby-Ewing-Syndrom ...? Da hast Du allerdings recht, das war ein grausiger und grausig schlechter Versuch, den Erfolg der Fernsehserie mit der beliebten Figur wieder zu beleben. Aber solch grotesker Schwachsinn wird nach meiner Beobachtung nur von kapitalstarken Vermarktern etablierter TV- oder Buch-Serien unternommen, um noch etwas mehr Geld aus der Sache heraus zu quetschen. Der Qualität der Serie und ihren ursprünglichen Fans tun sie damit keinen Gefallen.

Einem Autor, der mit Liebe und möglichst großen schriftstellerischen Können an seinem Buch/seinen Büchern schreibt, würde das vermutlich auch nicht einfallen. Aber in dem Augenblick, in dem sein Buch zu einer TV- oder Roman-Serie wird, gehört sie ihm nicht mehr allein und er muss sich dem Diktat seiner Geldgeber beugen. Um sich gegen so etwas wehren zu können, muss er entweder ein (noch) nicht korrumpierter aber sehr gefragter Autor mit einem sehr guten Vertrag sein, oder ein Künstler, der l´art pour l´art betreibt und sich auf die Veröffentlichung in kleinen Nischen-Verlagen beschränkt.

Ich denke, in den Verträgen über die Veröffentlichung einer Serie, insbesondere im TV, wird immer ein Passus enthalten sein, der dem Verlag entsprechenden Einfluss einräumt. Die Filmrechte an einem Buch können zum Beispiel nur die wenigsten Autoren, wie Cornelia Funke, separat vermarkten. In der Regel kauft der Verlag mit dem Vermarktungsrecht am Buch auch das Recht am Weiterverkauf dieses Rechtes.

Das könnte dann so aussehen, dass der Autor seinen Roman Märchentor* beim Kleinverlag Zauberfeder* herausbringt. Das Buch wird trotz geringen Werbebudgets ein Erfolg, weil es wirklich gut ist. Daraufhin kauft der an erfolgreichen Büchern interessierte amerikanische Verlagskonzern Bookhouse* über eine seine deutschen Töchter, z.B. Leyden*. die Vermarktungslizenz auf. Unter dem viel zugkräftigeren Titel Hero´s World, mit einem professionellen Marketing wird das Buch zunächst über Leydens* neue All-Age-Fantasy-Tochter Mondschein* im Hardcover, und drei Monate später noch einmal als Taschenbuch ein Riesenhit. Der neue Zwielicht-/Drachen-/High-Action-/Völker-Romanerfolg ist geboren. Der Mutterkonzern Bookhouse* ist zufrieden, denn sowohl die deutsche Filmgesellschaft Germania*, als auch der US-Kollege Moviefilms* klopfen irgendwann wegen der Verfilmung an die Tür. Schließlich bekommt Moviefilms den Zuschlag, weil sie nicht nur einen Spielfilm drehen wollen, am Besten mit der Option auf mehrere Fortsetzungen, sondern nach einem hoffentlich erfolgreichen Kinostart auch eine Fernsehserie. Natürlich zahlen sie auch mehr und außerdem hat Bookhouse* auch Anteile an Movefilms und würde bei Erfolg noch einmal extra verdienen. Im Interesse der hauptsächlich heimatlich interessierten US-Kunden und der internationalen Vermarktung des Films wird die Handlung von Neu-Müllersdorf nach New Setting im Bundesstaat New York verlegt. Aus der toughen, intelligenten, lesbischen Protagonistin und ihrem etwas dusseligen, aber nützlichen Softie-Partner werden ein kerniger Actionheld und die übliche dekorative Mary-Sue-Blondine, tauschen also ihre Rollen, weil sowas schockierend Europäisches in anständig denkenden Kulturen nicht so gut zu verkaufen wäre. Der Roman wird aufgeteilt oder inhaltlich etwas abgeändert, das Ende umgestrickt, damit eine Fortsetzung noch möglich ist.
Der Film kommt in die Kinos. Die Fans des Buches sind ziemlich enttäuscht, weil sie "ihr" Buch nicht so richtig wieder erkennen. Aber die bekannten Schauspieler, zünftigen Special-Effects, schnellen Schnitte, großzügig eingesetzte Action- und Horror-Effekte und eine der aktuellen Jugendszene angepasste Sprache machen den Film trotzdem zu einem Erfolg. Vor allem erschließt der Film ein zusätzliches Publikum, das das Buch bisher noch nicht kannte, jetzt aber kaufen wird. Moviefilms ist zufrieden und macht aus dem Stoff eine Fernsehserie. Die eigentliche Handlung ist zwar abgewickelt, aber tüchtige Drehbuchautoren machen aus dem Setting und den Charakteren eine gut verkäufliche Reihe von Freitagnachmittags-Filmchen. Um sich inhaltlich freizustrampeln, lässt man eine oder beide Protagonisten sterben, oder/und den Bruder des Actionhelden seine eigenen Abenteuer in der Welt von Hero´s World* erleben. Als diese Serie in der Zuschauergunst sinkt, sichtbar anhand der Quoten, findet der Kreativen-Stab von Moviefilms eine elegante Lösung: Protagonist Actionheld muss wieder her, aus dem Ausland zurück kommen, aus dem Scheintod wiedererweckt werden irgendwas. Et voilà!

Der Autor konnte diese Weiterverwurstung seiner Ideen nicht verhindern und ist kreuzunglücklich über das Schicksal seiner als Nicht-Mainstream sorgfältig konzipierten Geschichte. Dass aus seinem Protagonisten ein Actionheld wird, der erst stirbt, und dann wieder aufersteht, findet er *Zensiert*! Aber ihn fragt ja keiner. Eventuell war er sogar noch vertraglich verpflichtet, das Marketing von Moviefilms* in Interviews und Messeauftritte zu unterstützen.

* Alle diese Unternehmen und Buch-, bzw Filmtitel gibt es nicht, hoffe ich zumindest, Ich habe sie mir ausgedacht. Sollte wider Erwarten eine Ähnlichkeit oder sogar Übereinstimmung mit real existierenden Namen vorhanden sein, bitte ich, das zu entschuldigen. Es war nicht beabsichtigt.

Geändert von Hobbyschreiber (11.03.2011 um 09:46 Uhr)
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