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Alt 21.02.2011, 12:20
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Mithras Mithras ist offline
Heliodromos
Bewahrer der Traenen des Lebens
 
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Mein erster Beitrag in diesem Forum, und da ist es schon fast selbstverständlich, dass ich ihn dem Schriftsteller widme, der mir schon so viele Widmungen in meine Bücher geschrieben hat!

Nach einigen Büchern von Wolfgang Hohlbein war Hennen der erste Autor aus dem Fantasy-Genre, an den ich mich gewagt habe. Die Elfen habe ich damals erst mit Skepsis gelesen, da das Buch über weite Strecken keine klare Linie erkennen ließ, doch das letzte Drittel hat mich für alles entschädigt. Hennen ist der einzige Autor, von dem ich ein "Fan" bin, denn normalerweise ist mir das zu albern. Seine Elfenromane genießen jedoch Kultstatus, auch wenn es natürlich Besseres im Bereich der Fantasy gibt. Ich schätze vor allem den Kompromiss, den Hennen eingegangen ist, denn nach meiner Einschätzung hat er eigentlich eine Vorliebe für historisch durchdachte Welten, in denen Magie nur dezent wirkt. Schließlich zählen die Werke Gemmells und GRRMs zu seinen Vorbildern. In seinen Elfenromanen verbindet er Grundzüge dieser Art von Fantasy mit märchenhaften, "klassischen" Elementen, was auch mich zu überzeugen vermag, denn seit einigen Jahren mache ich eigentlich einen großen Bogen um alles, was verdächtig nach den typischen Fantasyvölkern riecht.

Allerdings finde ich es schade, dass Hennen immer nur als Autor der Elfenreihe angesehen wird. Als ob das alles wäre, was er je geschrieben hat! Mein Lieblingsbuch aus seiner Feder ist eindeutig Der Wahrträumer, denn das Konzept der Gezeitenwelt, die er zusammen mit Thomas Finn, Hadmar von Wieser und Karl-Heinz Witzko und zahlreichen wissenschaftlichen Beratern erschaffen hat, zählt in meinen Augen zum Besten, was in diesem Bereich je versucht wurde. Geographie, Geologie, Klima, Flora, Fauna, Kulturentwicklung, Sprachen, Religionen - alles wurde bis ins kleinste Detail ausgearbeitet (es gibt sogar Karten von Hoch- und Tiefdruckgebieten im Sommer und Winter) und verleiht der Welt eine (historische und kulturelle) Tiefe und Komplexität, wie sie mir nur selten untergekommen ist. Auch GRRM und Bakker können da nicht mithalten. Aber was arwartet man auch, wenn vier Autoren ihre Kreativität zusammentun?
Jeder von ihnen hat ein eigenes Werk geschrieben (Toms Roman wurde zweigeteilt), das einen oder mehrere verschiedene Handlungsstränge aufnimmt. Dabei kreuzen sie sich immer wieder und umreißen alle ein großes Geheimnis, das Tief in der Vergangenheit der Gezeitenwelt liegt. Dabei ist das Szenario eigentlich sehr bodenständig und magiarm: Ein Kometeneinschlag verursacht eine Klimakatastrophe, die zu Hungernöten, Völkerwanderungen, Kriegen und zum Zusammenbruch von Reichen führen. Auf den Ozeanen kämpft die alte Seemacht um ihre gefährdete Vermochstellung, denn ein anderes Volk hat eine neue Art der Navigation entdeckt, eine intrigante Kirche will um jeden Preis die Vergangenheit begraben wissen und zu allem Überfluss scheinen Legenden, Flüche, Träume und Albträume Gestalt anzunehmen. Dieses Szenario ist genau nach meinem Geschmack und schwingt auch noch in den Elfenromanen mit, die Hennen verfasst hat, nachdem die Gezeitenwelt eingeschlafen ist. Für ein derartiges Projekt aus der Feder deutscher Autoren gab es damals einfach keine entsprechend große Leserschaft...

Der Elfen-Boom ist vor allem verlagsgetrieben, denn Hennen hat sich schon mehrfach dahingehend geäußert, dass er Albenmark gerne für einige Zeit verlassen würde, um neue Welten zu erkunden. Gelungen ist es ihm bislang offenbar nicht, Heyne will die Kuh anscheinend totmelken. Manchmal braucht es Pausen, damit die Bücher reifen können und echte Höhepunkte darstellen. So, wie es derzeit gehandhabt wird, besteht die Gefahr, dass sich der Stoff irgendwann erschöpft und totläuft. Ich würde es daher bevorzugen, wenn sich Hennen "freischwimmt" und neue Projekte in Angriff nimmt. Ideal wäre natürlich eine Mischung aus der Gezeitenwelt und der Menschenwelt der Elfenromane und ihrer Magie, aber klassische Völker brauche ich wirklich nicht. Devanthar, Lamassu, Nymphen und Drachen sind dagegen völlig in Ordnung, sofern sie nicht in Scharen die Welt bevölkern. Für mich müssen sie immer irgendwie geheimnisvoll und kaum zu fassen bleiben.

Ein anderes Buch, das mir sehr gefallen hat, war Nebenan. Diese goteske Art von Humor ist wirklich genau nach meinem Geschmack, schmunzeln und lachen ist Pflicht. Besonders bemerkenswert: Das Buch weist autobiographische Züge auf, denn die Hauptfigur der Geschichte basiert auf Hennen während seiner Studienzeit.

Ach ja: Ich besitze übrigens die erste signierte Ausgabe von Elfenkönigin (wird in der Widmung extra erwähnt), und in Der Wahrträumer hat er mir geschrieben: "Für M., der tiefer blickt als andere Leser."
Mich erfüllt das schon ein wenig mit Stolz! ^^

Und nun genug geprahlt...

Geändert von Mithras (21.02.2011 um 12:41 Uhr)
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