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Alt 11.02.2011, 09:18
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Mondkalb Mondkalb ist offline
Bewahrer der Traenen des Lebens
 
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Dann fahre ich mal fort mit einem meiner Klassiker.

Michael Moorcocks tragischer Anti-Held Elric von Melniboné.
Ein Deutschland sind einige Bände der Reihe Anfang der 70er Jahre erschienen. Sie gehören zu den ersten Fantasy-Büchern, die ich nach dem Herrn der Ringe gelesen habe. Ich weiß nicht mehr, welche anderen ich vorher gelesen habe. Auf jeden Fall blieb Elric von Melniboné mir genau so stark in Erinnerung wie Tolkiens Bücher.

Der schwache und kränkliche Albino Elric ist der Herrscher der Dracheninsel Melniboné. Er ist auf Drogen angewiesen, um seine Kraft einigermaßen zu erhalten (später wurde das rückwirkend zu "Kräuter" abgemildert).
Die dekadente melnibonésche Gesellschaft ist auf dem Weg zum Untergang, was aber offenbar nur Elric erkennen kann; seine Widersacher planen ihn zu ermorden.
Als Erbe des Throns von Melniboné hat er beschwörerische Kräfte und kann zu seiner Unterstützung Dämonen und Tiere herbeirufen oder gelegentlich auch einen Gott um Hilfe bitten.
Elric gelangt später in den Besitz des Schwertes "Sturmbringer", das ihn zwar mit Stärke versorgt und unabhängiger von seinen Drogen bzw. Kräutern macht, aber für den Preis, dass diese Stärke aus den Seelen der getöteten Gegner stammt. Das Schwert hat einen eigenen Willen und ist dabei recht blutdürstig; es ist nicht wählerisch und scheint eine Vorliebe für Elrics Freunde und Verbündete zu haben, die ihm reihenweise zum Opfer fallen.

Elric ist ein direkter Gegenentwurf zum strahlenden Helden Conan und anderen seiner Art. Eine grüblerische, zerrissene Figur, mit einem tragischen Schicksal belastet, wie man sie vorher noch nicht gesehen hat. (Es gibt Anleihen bei der Novelle "The Broken Sword" von Poul Anderson und auch der allerdings erst später veröffentlichte Túrin Turambar von J. R. R. Tolkien hat ähnliche Züge.)
Er wird letzlich zerrieben im Kampf zwischen Chaos und Ordnung, der als Grundtenor in den Büchern mitschwingt.

Wie sich später herausstellen wird, ist Elric eine Inkarnation des Ewigen Helden (Eternal Champion) und kreuzt in dem vielschichtigen Universum, das aus alternativen Welten und verschiedenen Sphären und Dimensionen besteht, gelegentlich auch den Weg mit einer seiner anderen Inkarnationen, über die Moorcock ebenfalls Romanserien geschrieben hat.

Neben den Romanen gibt es eine unüberschaubare Anzahl von Comics und Computerspielen, in die Elric wenn schon nicht direkt so doch als Archetyp eingeflossen ist. Auch einige Musikbands haben sich in den folgenden Jahrzehnten von den Geschichten in ihren Songtexten beeinflussen lassen (Moorcock war auch selbst eine Zeit lang Mitglied der Rockband Hawkwind).
Eine Liste dazu:
Music and Elric of Melniboné | Facebook

Wie so viele Klassiker sind leider auch die Elric-Romane in deutscher Übersetzung fast nur noch über den Gebrauchtmarkt zu bekommen.
Da ohnehin nicht alle übersetzt wurden, kann man natürlich auch zum englischen Original greifen, da gibt es nach wie vor zahlreiche verschiedene Ausgaben.
Ich bin gerade auf einem etwas nostaligschen Trip und habe mir vorgenommen, "meine" Klassiker nach und nach im Original zu lesen, weswegen ich auch schon einige Elric-Bände geordert habe.

Die erste Ausgabe des Phantastik-Magazins "Phase X" zum Thema "Helden" hat sich auch mit den bekanntesten Antihelden auseinandergesetzt, dazu gibt's auch ein Interview mit Michael Moorcock:
Phase X - Magazin für Phantastik 1: Helden: Amazon.de: Christoph Weidler: Bücher

Geändert von Mondkalb (11.02.2011 um 09:25 Uhr)
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