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Alt 07.09.2012, 14:46
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Susanne Gavenis Susanne Gavenis ist offline
Herausforderer der Weisen
 
Registriert seit: 04.2012
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Richtige Tränen vergossen habe ich bei einem Roman eigentlich noch nie, aber feuchte Augen habe ich schon hin und wieder bekommen. Das ist besonders dann der Fall, wenn die Figuren mit Situationen konfrontiert werden , die in ihnen - und beim Lesen dann auch in mir - ein Gefühl für die Tragik und Zerbrechlichkeit, aber auch für die Größe der menschlichen Existenz entstehen lassen. Bedeutungsschwangere Worte, aber es ist schwer zu beschreiben, welche besondere Qualität eine Szene haben muss, um auf diese bestimmte Weise auf mich zu wirken. Auf jeden Fall reicht es nicht aus, wenn ein Autor eine nette und sympathische Figur unvermittelt und brutal über die Klinge springen lässt, nur um die Leser zu schockieren. Ich bin dann zwar auch schockiert, aber in der Regel mehr verärgert, und manchmal fühle ich mich von dem Autor auch ein wenig manipuliert (was mich dann noch mehr ärgert). Als Beispiel dafür fallen mir einige Romane von Dan Simmons ein (z.B. Sommer der Nacht, Kraft des Bösen), bei denen ich nicht das Gefühl hatte, dass der Tod der Figuren für den Fortgang der Geschichte zwingend notwendig war.
Ebenfalls schockiert, aber auch da nicht zu Tränen gerührt, war ich einige Male bei George R.R. Martins "Lied von Eis und Feuer", als er einige Hauptfiguren auf eine sehr jähe und rabiate Weise aus der Geschichte entfernt hat (wer den Zyklus kennt, wird wissen, wen ich meine). Dass meine Äuglein hierbei nicht feucht wurden, mag daran liegen, dass der Tod dieser Figuren die Gesamthandlung stets sehr deutlich vorangetrieben und mich trotz meiner kurzzeitigen Schockstarre schnell zum Weiterlesen motiviert hat.
Romane, die mich nicht nur schockiert oder betroffen gemacht, sondern mich tatsächlich auf eine tiefere emotionale Weise berührt haben, waren in letzter Zeit "Zwei an einem Tag" von David Nicholls (zwar kein Phantastik-Roman, aber dennoch sehr lesenswert), und zwar vor allem der letzte Abschnitt (ich habe mit dem armen Dexter wirklich mitgelitten!), zum anderen - und für mich völlig unerwartet - das Ende von Dan Wells`Trilogie um den Fast-Soziopathen John Cleaver, der im Verlauf der Geschichten gegen eine Reihe von paranormal begabten Voll-Psychopathen antreten muss. Besonders die allerletzte Szene in der Leichenhalle hat mich sehr berührt (das klingt jetzt ein wenig morbide, ist es aber nicht!).
Das Gleiche hat vor langer Zeit "Es" von Stephen King geschafft. Obwohl ich nicht wirklich ein Freund von King bin, muss ich doch sagen, dass niemand die Wehmut und die Trauer über das Ende der Kindheit und den Beginn des Erwachsenenlebens so gut rüberbringt wie er.
Kein Buch, aber für mich im Moment sehr präsent, da ich mir gerade die ersten fünf Staffeln nochmal auf DVD zu Gemüte führe, sind die Erlebnisse von Sam und Dean Winchester in "Supernatural", einer Horrorserie, die trotz ihres teilweise heftigen Blutfaktors mit viel Gefühl daherkommt. Die Seelenqualen des Dean Winchester haben mich emotional tiefer berührt, als es "Titanic" je geschafft hat. Wer die Serie nicht kennt, sollte unbedingt mal reinschauen!

Geändert von Susanne Gavenis (07.09.2012 um 14:52 Uhr)
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