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Alt 04.02.2016, 19:56
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Susanne Gavenis Susanne Gavenis ist offline
Herausforderer der Weisen
 
Registriert seit: 04.2012
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Ich bin seit einigen Monaten das erste Mal wieder hier im Forum, und es freut mich zu sehen, dass Cassandras Thread doch einige zum Nachdenken gebracht zu haben scheint.

So wie es, denke ich, ein wenig Mut braucht, um öffentlich über die eher unschönen Seiten des Bücher-Veröffentlichens zu diskutieren und sich selbst zu Gedanken, Gefühlen und Verhaltensweisen zu bekennen, die nicht wirklich werbewirksam sind (so wie Angst vor Ablehnung, Neid auf erfolgreichere Autoren, Verkaufszahlen-Fixierung u.a.), so wichtig ist es m.E., vor sich selbst diese Gedanken und Gefühle einzugestehen, damit man der damit verbundenen Dynamik mit einer bewussten Willensanstrengung entgegenwirken kann.

Gerade weil das Gefühl, mit etwas, in das man viel Herzblut gesteckt hat - so wie den eigenen Roman - , von anderen Menschen abgelehnt zu werden, eine sehr tiefe emotionale und psychische Ebene berührt, ist in meinen Augen kaum ein angehender Autor davor gefeit, diesen Ängsten in die Falle zu gehen. Und was an Verhaltensweisen folgt, wenn man erst einmal von Angst beherrscht wird, ist in immer größerem Maße defensive Verteidigung, um das Gefühl der persönlichen Kränkung nicht noch größer werden zu lassen, als es durch die geringen Verkaufszahlen ohnehin schon ist. Dann werden Zähne und Klauen ausgefahren, um sich gegen die vermeintlich übelwollende Welt zur Wehr zu setzen, und Rezensenten und Amazon-Kunden, die etwas Negatives über mein Buch schreiben (was ja bei Amazon sehr schnell passieren kann und nicht UNBEDINGT etwas Wahres über die Qualität der Geschichte aussagen muss), werden zu persönlichen Feinden, bei denen ich schon gar nicht mehr hinhöre, was sie eigentlich konkret sagen, sondern sofort in den Abwehr-Modus schalte und mich vielleicht mit eigenen aggressiven Kommentaren auf ihre negativen Rezensionen zu rechtfertigen versuche.

Das habe ich selbst ganz am Anfang bei meiner ersten Buchveröffentlichung ebenfalls getan, weil ich gar nicht glauben konnte, wie irgendjemand die vermeintlichen Qualitäten meines Romans derart ignorant übersehen konnte. Ein paar Tage später - mit ein wenig zeitlichem und emotionalem Abstand - war ich dann so peinlich berührt von meiner heftigen Antwort auf jene Amazon-Lesermeinung, dass ich meinen Kommentar beschämt wieder gelöscht habe. Die - in meinen Augen - zutiefst ungerechte und an der Realität vorbeigehende Kundenrezi einfach so unkommentiert stehen zu lassen, hat mich durchaus Kraft gekostet, für mein eigenes Seelenheil war es allerdings zwingend notwendig.

Sich in solchen rechtfertigenden Diskussionen mit Lesern zu verzetteln, führt einen Autor letztlich immer weiter von sich und seiner eigenen Gefühlsrealität weg und macht es zunehmend schwerer, in konstruktiver Weise an den unter seiner selbstgerechten Empörung liegenden Ängsten und Verletztheiten zu arbeiten, auch wenn es sich im ersten Moment anders anfühlen mag und man glaubt, dem anderen die erlittene Kränkung mit gleicher Münze zurückgezahlt zu haben. Das Wissen jedoch, dass man letztlich nur durch seine Angst motiviert war, lässt sich dadurch nicht beseitigen, sondern bestenfalls für eine gewisse Zeit übertünchen, und die Furcht vor der nächsten ablehnenden Lesermeinung wird größer statt geringer werden. Das nagende Gefühl, sich durch die Veröffentlichung seines Romans angreifbar und verletzlich gemacht zu haben, wird weiter im Untergrund schwelen.

Auch hier hilft m.E. nur das konsequente Loslassen der Überzeugung, sich in den Augen anderer in seinem Wert als Autor und als Mensch beweisen zu müssen. Das gelingt aber nur, wenn man den Mut hat, ehrlich in sich hineinzublicken. Der Wunsch eines Autors, von anderen wertgeschätzt und vielleicht sogar geliebt zu werden, ist an sich nichts Verwerfliches, und Verletzungen und Kränkungen, die man aufgrund dieses Wunsches empfindet, sollten nichts sein, für das man sich schämt oder wegen dem man Schuldgefühle haben sollte. Sich diesen Wunsch einzugestehen und mit den Ängsten und Verletzlichkeiten, die damit einhergehen, konstruktiv umzugehen, ist, denke ich, eine Aufgabe, die sich den meisten Autoren stellt. Öffentlich - wie z.B. in Foren - darüber zu reden, ist, wie ich finde, ein guter Weg für jeden Autor, um die eigene Selbstreflektions-Fähigkeit zu stärken und es sich selbst leichter zu machen, seine Ängste anzunehmen und sich gerade durch dieses Annehmen nicht von ihnen beherrschen zu lassen, sondern gesündere Sichtweisen auf seinen Umgang mit seinen Romanveröffentlichungen zu entwickeln (weshalb ich mich freuen würde, wenn noch mehr Autoren hier von ihren persönlichen Erfahrungen erzählen würden).
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