Einzelnen Beitrag anzeigen
  #691  
Alt 22.09.2012, 21:08
Benutzerbild von Darnamur
Darnamur Darnamur ist offline
nicht nach 24 Uhr füttern
Drachentoeter
 
Registriert seit: 04.2011
Beiträge: 1.467
Der "Kokon" war ein gigantischer Komplex an Gängen. Im Westen lagen die Behausungen der Cappas, direkt angrenzend an die der Hykith und einiger anderer, seltsamer Geschöpfe, die Arngshsziss erst selten zu Gesicht bekommen hatte. Diese waren scheu und krochen selten aus ihren Wohnungen hervor.
Im Osten lagen die Speisesäle, der Ratssaal, die Küche, die Bäder, die Gärten (deren Nutzen sich dem Skrigg einfach nicht erschloss. Wozu holte man sich die Wildnis in sein Haus?), die Wohnungen der Meister der Wacht, der Brückenmeister und der Ratsherren.
Im oberen Viertel trieben sich die Windleser herum, deren Schüler oft auf der Kuppel des Kokons herumliefen und auf dünnen Ästen blancierten. Dort trainierten die Soldaten auch anspruchsvolle Fallmöver ein. Des weiteren gab es ein düsteres Observatorium, eine weiträumige Krankenstation, die Räume der Schreiber, aus denen das Kratzen von Federn auf Pergament ertönte und eine Bibliothek, in der Cappas mit grauem Fell auf gepolsterten Stühlen saßen und sich über vergilbte Schriftrollen beugten, die mit unverständlichen Zeichen zugetextet waren. Auch einen Meditationszimmer fand man dort, in dem sich die Cappas im Kreis, um rauchende Kerzen sammelten.
Im unterem Abschnitt waren die Stätten der Handwerker zu finden, zu denen sich Arngshsziss auf den Weg machte. Dort waren die Schmiede und Schreiner zu finden, die Gerber und Lederer und viele mehr. Außerdem Anhörungsräume, Ställe, der Zweitoretempel Arulls und Phragdas und die Ställe, wobei dort nur wenige Tiere wirklich hausten, die anderen mussten erst in einem Handel zur Zusammenarbeit überzeugt werden.
Dann gab es auch noch einen Untergrund, denn wie auch ein Baum hatte der Kokon Wurzeln, die sich unter der Erde in die Weite erstreckten. Dort lagen viele weitere Kammern und Räume, die sich teilweise Arngshsziss Verstand entzogen. Einige waren schon uralt.
Doch jetzt interessierte den Skrigg dieses Viertel nicht. Sein Ziel war die Schmiede von Walbass, einem muskulösen Hykith in bereits höherem Alter. Dort hatte er eine Waffe in Auftrag geben lassen, die seiner Größe entsprach. Denn Blutschreiter war in der Schlacht gegen Pelingoras Streitkräfte verloren gegangen.
Die Schlacht...Volovin hatte ihn heimtückisch beseitigt. Erst hatte er ihn durch sein Handeln dazu gezwungen in den Kampf zu ziehen und hatte sich dann geschickt für den Rückzug platziert. Arngshsziss, der in den ersten Schlachtreihen kämpfte, hatte keine Chance zu entkommen. Doch was hätte er tun sollen? Er musste für sein Volk kämpfen, für die Freiheit der Skrigg und das konnte er nicht in den hinteren Reihen. Volovin schien es zu können.
Und jetzt waren seine Gefährten von damals alle tot. Domolins Fall hatte er sogar noch miterlebt. er hatte Draghdzurs Axt an jenem Tag so geschwungen wie kein Zweiter, aber doch wurde er von der Masse an Kriegern überrollt. Dann waren da noch Rinlerkiss, der stinkende Naglasch und die Schwarzschreiber gewesen. Utarris war eine wahre Bestie gewesen, vermutlich Arngshsziss bester Kämpfer und auch sein Zwillingsbruder hatte viele Schädel geerntet. Und jetzt sind sie vernichtet. Und Volovin hat die meisten meiner Fürsprecher aus dem Weg geräumt. Ksmurr war noch da, doch mit seinem hinkenden Bein hatte er wenig Chancen sollte es zu einem entscheidendem Zweikampf zwischen ihm und dem Großharn der Krummknochen kommen. Dann war noch seine Schwester da und Singsha stand vermutlich auch auf seiner Seite. Doch sie alle würden nichts gegen Volovin unternehmen können. Er hatte gewonnen. Diese Schlacht hatte Arngshsziss nicht gewonnen. Doch vielleicht würdenoch irgendwann der Zeitpunkt kommen, an dem er Rache üben konnte. Dieses Ziel lag noch in weiter Ferne und er selbst hatte keine Zeit sich darüber im Moment Gedanken zu machen. Immerhin war er jetzt der Kommandant der Cappatruppen.
Wie so oft versuchte er sich daran zu erinnern, was nach der Schlacht kam, doch er fand nur die Leere. Nur an den Mann erinnerte er sich. An den Mann mit dem roten Auge. Er hatte ihn gesehen, bevor er in die Leere gefallen war und er hatte ihn in einem Traum gesehen gestern Nacht.
Aus dem roten Auge des Mannes hatte rotes Licht geströmt und die Luft war weißgrau durchsetzt gewesen. Sie hatte erzittert und der Mann hatte grausam gelächelt. Ketten tanzten um seine Arme, seine Beine und seinen Hals. Er bewegte sich. Doch Arngshsziss tat es nicht. Niemand konnte es. Es war ein Schlachtfeld, doch es war vollkommen erstarrt. Blut hing in der Luft und driftete unendlich langsam zu Boden. Arngshsziss konnte seine Augen nicht mehr benutzen. Sie waren festgefroren. Der Mann ging immer weiter auf ihn zu. In der rechten Hand hielt er einen Speer, auf dem ein Kopf aufgespießt war. Der Kopf grinste irre und zwinkerte dem Skrigg zu. Und dann war plötzlich überall rotes Licht, das ihn verschlang.
Arngshsziss fragte sich, wer der Mann war, den er gesehen hatte und was diese Vision ihm mitteilen wollte. Er hoffte, das es nicht die Zukunft war. Vielleicht würden die Ratsherren, über ihn Bescheid wissen. Bei seinem nächsten Besuch, wollte er sie fragen.
Er kam bei Walbass' Schmiede an. Der Hykith, dessen rechter Arm vor Muskeln strotze, wie es bei Leuten seiner Zunft üblich war begutachtete gerade seine Meisterstücke. Als er von Arngshsziss' Schritten aus seiner Zerstreuung gerissen wurde, bat er den Krieger einen Moment zu warten und lächelte...bärenhaft.
Er kam zurück mit einem Schwert, das so lang war, das es ihm bis zum Schädel reicht. Die Klinge funkelte im Licht der Feuer und der Stahl war kalt und messerscharf. In den Knauf war ein Hundekopf eingraviert worden, was Arngshsziss belustigte. Doch er schwieg, um den Hykith nicht zu kränken.
"Und?", fragte Walbass neugierig. "Weißt du schon, wie du es nennen wirst?"
"Ein gutes Schwert hat einen guten Namen verdient, das ist wahr. Und so wird es auch bei meinem Volk gehalten. Aber ebenso glauben wir, das eine Waffe sich ihren Namen erst verdienen muss. Wir werden sehen, wie es sich im Kampf erweisen wird" "Ihr werdet nicht enttäuscht sein", erklärte Walbass großspurig und sagte dann, er müsse nun mit seiner Arbeit fortfahren.
Arngshsziss ließ ihn allein und schwang das Schwert probehalber ein paar Mal. Ein Duell mit Falva käme jetzt gerade Recht, dachte er.
__________________
- Einmal Knochenmesser, immer Knochenmesser -
Mit Zitat antworten