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Alt 20.09.2012, 18:25
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Drachentoeter
 
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Zwischenspiel

Der Saal der Ratsherren war von Sonnenlicht durchflutet, das von Osten durch glaslose Fenster einfiel und das braunrote Holz des "Kokons" in einen warmen Schein hüllte. Doch die Gemüter der Ratsherren war finster an diesem Tag. Ausgelaugt saßen sie auf ihren harten, unbequemen Thrönen. In dieser Nacht hatten sie keinen Schlaf gefunden. Doch sie konnten sich nicht ausruhen. Ihr Volk- das Volk der Cappa stand vor der womöglich größten Katastrophe, seit seines Bestehens.
Die hohe Doppeltür flog auf und Astan trat mit eiligen Schritten. Seine Uniform des Meisters der Wacht, die er noch vor kurzem aufwendig poliert hatte war nun genauso zerkratzt und abgehalftert, wie er selbst. Mit steifer Miene verbeugte sich der junge Cappa vor dem Tribunal.
Der in der Mitte sitzende Ratsherr wies ihn mit einer Geste an aufzustehen. "Machen sie Meldung, Wachtmeister!", forderte er.
"Die Lage steht nicht gut!", kam Astan sofort zur Sache. "Rasmund und seine Truppen bahnen sich in einem einzigem Blutbad durch den Trakheras. Und unsere Truppen zersplittern an den Schilden seiner gut ausgebildeten Soldaten. Rasmund hat bereits große Teile des Waldes überwunden und steuert unaufhaltbar auf den "Kokon" zu. Seine Truppen bewegen sich ohne Eile und lassen kein Dorf ungeplündert. Hariris Späher schätzen das er in einer Woche hier ankommen wird."
Astan endete. Die Ratsherren musterten sich mit undeutbaren Blicken. "Was sollen wir tun?", meinte der Linke von ihnen. "Den "Kokon" evakuieren!"
"Wenn wir unseren Hauptstützpunkt aufgeben, geben wir auch den Wald auf!", hielt der Mittlere entgegen.
"Haben wir eine andere Option", flüsterte der Linke traurig. "Wenn wir kämpfen, können wir nur verlieren. Auch wenn wir Rasmund zurückschlagen- die Zeit der Schlacht, wird auch die Zeit des Blutwolfs sein!"
Aulus hatte sich bislang zurückgehalten. Doch wenn der passende Augenblick für ihn kam, dann würde er zu schlagen. Daran zweifelte keiner von ihnen.
"Wäre nicht noch eine andere Lösung denkbar?", meinte der rechts sitzende Ratsherr, der bislang geschwiegen hatte. "Die Nesolater bedrohen den GESAMTEN Trakheras. Vielleicht würde Aulus auf ein Bündnis eingehen- solange bis die Armeen zurück zum blauen Arm getrieben worden sind."
Der rechte Affe schüttelte den Kopf: "Das mag sein. Aber ich glaube das eine Freundschaft mit Aulus schlimmer sein würde als eine Feindschaft".
Der mittlere Ratsherr trommelte mit den Fingern auf seinen Stuhllehnen: "Das sehe ich genauso."
"Also, was dann?", meinte der Affenmensch zu seiner Linken: "Doch die Kapitulation?"
Astan, der die ganze Zeit über still gestanden und geschwiegen hatte räusperte sich: "Darf ich ihnen einen Vorschlag unterbreiten?"
"Sprich!", willigte der ihm gegenüber sitzende Ratsherr ein.
"Es handelt sich um Arngshsziss, den Auserwählten. Es drängt ihn seit Tagen aufs Schlachtfeld, doch ihr gestattet es ihm nicht, da dadurch sein Leben gefährdet werden könnte. Er hat Letztens mit mir gesprochen und glaubt die Nesolater mit seinen Strategien aufhalten und vertreiben zu können. Ihr solltet ihn anhören!"
Der rechte Ratsherr erhob als Erster die Stimme:
"Das Leben der Säule soll nicht gefährdet werden, so hatten wir es abgesprochen. Vielleicht könnte es aber nun unsere Rettung sein, auf ihre Kriegskünste zu setzen. Es kann nicht schaden ihn anzuhören!"
"Bring ihn zu uns!", bestimmte der mittlere Ratsherr.
Astan verließ den Saal und machte sich auf die Suche nach Arngshsziss. Erst suchte er in den Gemächern des Skrigg, doch dort war er nicht. Schließlich durchforstete der Meister der Wacht den gesamten "Kokon" und erfuhr schließlich von einem Wächter den Aufenthaltsort der "Ehre": Der Trainingsraum der Rekruten. Von diesen war allerdings nichts mehr zu sehen. Die Rekruten waren alle zu Soldaten geworden. Aber Arngshsziss war da. Sein bis auf den Lendenschurz unbekleideter Körper war von Schweißtropfen übersäht und der Krieger trommelte auf einen von der Decke hängenden Sack ein, der mit Erde gefüllt war. Auch als Astan den Raum betrat beendete Arngshsziss seine Tätigkeit nicht, sondern kämpfte mit wunden Fäusten weiter. Vermutlich nahm er den Cappa gar nicht wahr.
"Herr?", grüßte Astan ihn mit einer demütigen Verbeugung und machte den Skrigg so auf sich aufmerksam. Dem Auserwählten gegenüber hatte er die Rolle des respektvollen Dieners zu übernehmen.
Schnaufend drehte sich Arngshsziss um.
"Morrgen, Astan! Was ist los?" Arngshsziss hatte sich als wissensbegieriger Schüler erwiesen, was die Sprache der Cappas anging. Doch seine Aussprache und seinen Wortschatz waren noch ausbaufähig.
"Die Ratsherren wollen dich jetzt anhören!", verkündete der Wachtmeister.
Arngshsziss nickte und eilte zur Kommode hinüber, wo er sich seinen prachtvollen, dunklen Mantel aus Stothenfedern überstreifte. Ein Geschenk. "Lasst uns gehen!", befand der Auserwählte und das taten sie.
Als die Beiden den Ratssaal betraten stand bereits ein Stuhl für Arngshsziss bereit. Astan durfte selbstverständlich stehen.
"Unser Meister der Wacht, Astan, hat uns berichtet, das ihr womöglich einen Plan hättet die nesolatischen Streitkräfte zurückzuschlagen. Wenn dem so ist, lasst es uns wissen. Denn wir selbst wissen keinen Ausweg mehr!"
Arngshsziss bleckte die Zähne: "In Wirklichkeit sind die Cappas jenen jämmerlichen Felllosen dutzenhaft überlegen. Sie wissen es nur nicht. Weil sie nichts von der Kriegsführung verstehen und ihre offensichtlichen Vorteile nicht zu nutzen. Macht mich zum Kommandanten und ihr werdet sehen, wie ich die Plattschnauzen wieder in ihre Löcher zurücktreibe!"
"Zuerst", lächelte der mittlere Ratsherr. "Würden wir gern mehr über die Art deiner Pläne erfahren!"
Arngshsziss lächelte ebenfalls. In der Art und Weise, wie es seinem Volk zu eigen war: "Der Wald ist für Rasmund und seine Krieger ein fremdes Land. Er kennt sich nicht aus und quetscht deshalb seine Truppen zu einer einzigen Schlange zusammen. Wenn es einen Angriff der Cappas gibt, kann er ihn dank seiner Übermacht im Keim ersticken. Doch wir können seinen Vorteil in einen Nachteil umwandeln. Auch gut ausgebildete Soldaten brauchen Nahrung und Wasser. Und er hat viele davon. Mein Plan sieht vor alle Dörfer vor dem "Kokon" zu räumen, das Essen zu nehmen und die Brunnen zu vergiften. Mir ist klar das der Trakheras ebenfalls Nahrung bietet, doch diese muss erst erkämpft werden und ist zudem zeitaufwendig. In der Zwischenzeit wird der "Kokon" für die Schlacht vorbereitet. Mir schweben Gräben, Fallgruben und ein paar andere Dinge vor. Doch das allein reicht nicht. Wir müssen die Nesolater dazu bringen Angst vor uns zu haben. Nächtliche Angriffe- nur kurze Nadelstiche, verschwindende Späher mit massakrierten Leichen...macht mich zum Kommandaten. Ich werde euch retten. Das schwöre ich bei all meinen Göttern!"
Einen Augenblick herrschte Schweigen. Dann räusperte sich der rechte Ratsherr: "Ich stimme zu!" "Ich ebenfalls!", antwortete der Linke. Der mittlere Ratsherr nickte: "Arngshsziss, die Armee gehört euch!"
Als Astan den Skrigg betrachtete, wie er vor dem Tribunal die Kehle darbot, dachte er das das Volk der Cappas nun eine neue Hoffnung gefunden hatte.
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- Einmal Knochenmesser, immer Knochenmesser -
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