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Alt 23.12.2009, 07:51
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Bardin Bardin ist offline
Geschichtenerzählerin
Erforscher der Welten
 
Registriert seit: 11.2009
Ort: wo die Träume flügge werden
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Ich verlasse die Richtung des Flusses und fliege nach Westen. Hier sind große Teile nur von Wald bedeckt. Er ist sehr dicht, düster, und erschien mir immer voller Geheimnisse.
Auch jetzt lockt er mich mit seinen leise wogenden Baumwipfeln und den leicht silbrig schimmernden Blättern. In Gestalt einer Eule fliege ich tiefer und tiefer, und tauche schließlich ein in das Dickicht der Äste.
Hier hat die Stille der Nacht Einzug erhalten, doch mit den feinen Ohren einer Eule erkenne ich das Fiepen einiger Mäuse. Die nachtaktiven Tiere sind schon erwacht, ich kann noch einige andere erkennen und hören. Während ich mit langsamen Flügelschlägen an den Bäumen vorbei gleite, sehe ich auch die honiggelben Augen eines Fliesels, das heftig flatternd nach Insekten schnappt. Für eine kurze Zeit genieße ich ein aufkommendes Gefühl von Heimat, doch schnell krampft sich mein Innerstes zusammen.

Nie wieder…
Fast bin ich froh, als drei Pferde meinen Weg streifen und mich aus meinen Gedanken reißen. Ein Hauch von Magie umweht sie, und ein genauerer Blick bestätigt meine Befürchtung: Magische Pferde, die frei herumlaufen… sie werden eigentlich nur von Magiern geritten…
Ich werde vorsichtiger und halte mich möglichst in dichten Schatten.
Tatsächlich. Vor mir liegt eine kleine, unscheinbare Lichtung, auf der eine kleine Gruppe ihr Lager aufgebaut hat. In der Mitte flackert ein armseliges Feuer, das von einem alten Mann in dunklen Gewändern bewacht wird. Er scheint wirklich ein Magier zu sein.
Immer wieder legt er einige Äste ins Feuer und sieht sich mit seinen eisblauen Augen aufmerksam um.
Ich lasse mich auf einem Ast nieder, in der Hoffnung vom Schatten des Baumes verdeckt zu werden. Etwas abseits vom Feuer erkenne ich zwei junge Leute, einen Mann und eine Frau, die anscheinend schlafen.
Und noch etwas weiter entfernt liegt ein dunkler Körper in silbernem Blut. Ich erschaudere. Mir war gar nicht klar, dass sich in dieser Gegend auch Nachtkatzen herumtreiben.
Vielleicht hat der alte Magier mich bemerkt, er schaut nun angestrengt in meine Richtung. Vorsichtshalber stoße ich mich vom Ast ab und entferne mich von ihnen.
Es ist mir lieber, wenn Menschen mich nicht zu Gesicht bekommen.
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Allein die Existenz von irgendetwas ist das größte Wunder; die Materie, die sich selber formt, das größte Geschenk; die Materie aber, die auf sich selbst herabblickt und denkt, das größte Paradoxon.

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Geändert von Bardin (23.12.2009 um 11:52 Uhr)
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