Thema: Das Elixier
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Alt 02.03.2007, 16:36
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Fenni Fenni ist offline
Borussin
Inspirator aller Magier
 
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Danke für die lieben Kommis

@Lady fantasy:
Der Protagonist heisst Soren, es wird im Laufe der Geschichte aber noch erwähnt.

So, dann mach ich doch auch gleich mal weiter

Tinus strich sich das Wasser, das aus seinen Haaren lief, aus dem Gesicht und setzte sein übliches Lächeln auf. „Ich freue mich, dass du dich freust. Aber ich glaube, du hättest es irgendwann auch ohne mich herausgefunden.“ Er entzog mir mit sanftem Druck seine Hand. „Aber nun muss ich gehen. Vater hat sicher wieder Angst, dass seinem einzigen Sohn etwas passieren könnte. Bis morgen.“ Und damit lief er davon.
Ich machte mich ebenfalls auf den Weg zu unserem kleinen Haus, das in der östlichen Ecke des großen Hofes stand.
Mich erstaunte Tinus’ Bescheidenheit immer wieder aufs Neue. Aus seiner Umgebung hörte er so gut wie nie ein kritisches Wort und wenn doch, dann wurde es so formuliert, dass es kaum aus Kritik zu verstehen war, alle Menschen überschütteten ihn mit Komplimenten und Anerkennung und weil er der einzige Sohn des Königs war, wurde ihm eine besondere Aufmerksamkeit zuteil. Aber das hatte seinen Charakter in keiner Weise verdorben, er war nicht eingebildet oder hochnäsig, ganz im Gegenteil, er stellte sein Licht sogar manchmal zu sehr unter den Scheffel. Und ohne seine Hilfe hätte ich niemals herausgefunden, dass ich mit der linken Hand besser kämpfen konnte. Alle, die ich kannte, hielten es in der rechten Hand, wie hätte ich da auf etwas Anderes kommen sollen, als es auch in der rechten Hand zu halten?
Ich war so in Gedanken versunken, dass ich den Regen nicht mehr spürte, das Donnern nicht hörte und die Blitze, die über den schwarzen Himmel zuckten, nicht sah. Auch, als ich vor unserem Haus angekommen war, ging ich nicht hinein, sondern starrte träumend vor mich her und sah mich selbst als strahlenden Ritter.
Doch schließlich entdeckte mich meine Mutter. Sie zog mich ins Haus und machte sofort Wasser warm, damit ich ein Bad nehmen konnte. Während ich badete, dachte ich wieder an Darrien und an das überraschte Gesicht, das er machen würde. Ich begann, mich auf die morgige Übungsstunde zu freuen.

Ich überraschte nicht nur Darrien, sondern auch meinen Vater. Er konnte meine Fortschritte kaum fassen. Er borgte sich ein weiteres Schwert aus und forderte mich zu einem Duell heraus. Ich wusste zuerst nicht, was ich davon halten sollte, aber nach all den enttäuschten Blicken hatte ich den Ehrgeiz, mich vor ihm zu beweisen.
Also kämpften wir. Er war sehr zögerlich und wusste nicht wirklich, ob er mich nun hart bekämpfen sollte oder nicht. Er entschied sich für das Letztere und so hatte ich kaum Mühe, ihn in eine Ecke zu drängen, ihm das Schwert aus der Hand zu schlagen und meine Schwertspitze an seine Brust zu drücken. „Nun wäret Ihr tot!“ rief ich und konnte den Triumph in meiner Stimme nicht unterdrücken.
Er musterte mich und nickte. „Ja, das wäre ich. Soren, ich freue mich, dass du so gute Fortschritte gemacht hast. Du wirst später ein guter Kämpfer werden.“ Er machte eine kreisende Bewegung mit seinem Schwert. „Aber ich habe mich zurückgehalten. Was hältst du jetzt von einem Kampf Mann gegen Mann und nicht Vater gegen Sohn?“
„Nur zu!“ Ich fühlte mich, als könnte ich Bäume ausreißen.
Er griff mich an und ich merkte gleich, dass ich ihm diesmal nicht gewachsen war. Er war schneller und wendiger als ich, wich meinen Angriffen aus und schlug auf mich ein, wenn ich es nicht erwartete.
Schließlich war ich erschöpft und er drängte mich in die Ecke und nahm mir einfach das Schwert aus der Hand. „Nun ja, ein paar Dinge musst du noch üben, aber du hast sehr gute Ansätze. Weiter so, mein Sohn! Ich werde dem König von deinen Fortschritten berichten. Es wird ihn freuen. Er spielt mit dem Gedanken, dich später zum Leibritter des Prinzen zu machen, da ihr beiden ja so gut befreundet seid.“
Ich lächelte überrascht. Damit hatte ich nicht gerechnet. „Das wäre wunderbar,“ sagte ich. Dann konnte ich endlich auch einmal etwas für Tinus tun und nicht immer nur er für mich.
Seitdem ich mich gegen meinen Vater so gut geschlagen hatte, hatte ich viel mehr Selbstbewusstsein bekommen und ging auch im Unterricht, ganz im Gegensatz zu früher, keinem Kampf mehr aus dem Weg. Am Anfang des Winters hatte ich unter den fünf anderen Jungen keinen wirklichen Gegner mehr.
„Da werde ich mich dir nach dem Winter wohl besonders zuwenden müssen,“ meinte Darrien zu mir in der letzten Stunde und dann entließ er uns für diesen Winter aus dem Unterricht.
Im Winter war es einfach zu kalt, um draußen auf dem Übungsplatz zu kämpfen und deswegen blieben wir im großen Saal und lernten die wichtigsten Dinge über die anderen Länder und deren Könige und außerdem etwas über die Geschichte unseres Landes.
Ich langweilte mich fürchterlich und so war ich sicher der Glücklichste, als wir endlich das Frühlingsfest feierten. Die ganze Burg wurde von oben bis unten geputzt und nach der Frühlingsmesse wurde im großen Saal ausgiebig gefeiert.
Als es dunkel wurde, verließen die meisten Menschen die Burg und gingen auf die umliegenden Felder. Dort fand auch ein Frühlingsfest statt, das von den Priestern überhaupt nicht gern gesehen wurde, denn es war ein alter, zauberischer Brauch und die Zauberer hatten andere Götter als die Priester.
Zwar gab es in Eslin so gut wie keine Zauberer mehr, aber trotzdem hatte sich dieser Brauch erhalten und wurde Jahr für Jahr wieder praktiziert, auch, wenn seine Bedeutung im Laufe der Jahrzehnte verloren gegangen war.
Es wurde ein großes Feuer entzündet, man stellte sich im Kreis darum auf und nahm sich bei den Händen. Ein Trommler fing an zu spielen und man tanzte um das Feuer herum. Es gab keine besonderen Schritte, es musste nur so laut wie möglich aufgestampft werden.
Ich war in diesem Herbst 15 geworden und durfte nun zum ersten Mal mit meinem Vater zum Heirand, wie es genannt wurde. Meine Mutter, eine sehr gläubige Frau, blieb zuhause.
Als wir auf dem Feld angekommen waren, war es schon voller Menschen, denn es waren nicht nur die Bewohner der Burg sondern auch die aus der Burgstadt gekommen.
Mein Vater hatte schnell ein paar Bekannte gesehen und ich stand verloren da. Aber dann entdeckte ich drei Jungen aus meinem Unterricht. Ich gesellte mich zu ihnen, aber sie beachteten mich nicht sondern starrten in wortloser Verzückung ein Mädchen an, das ganz in der Nähe stand. Sie war sehr hübsch, hatte langes, blondes Haar und ein liebes Gesicht, war aber bei Weitem kein Grund, sie anzustarren, als gäbe es nichts anderes auf der Welt.
Ich wollte mich schon anderen Dingen zuwenden, da wandte sie den Kopf und unsere Blicke trafen sich. Sie lächelte mich an, ich lächelte zurück und verbeugte mich einmal kurz. Ich hoffte, ich hatte alles richtig gemacht, denn es gab so viele Regeln, wie man sich Frauen gegenüber zu verhalten hatte und ich hatte mir kaum eine davon merken können.
Nun, ich schien alles richtig gemacht zu haben, denn als wir zu tanzen anfingen, kam sie zu mir und stellte sich neben mich. „Ich bin Lies,“ erklärte sie, als wir uns die Hände reichten. „Und wer bist du?“
„Soren,“ antwortete ich, aber wir hatten keine Zeit, noch mehr zu reden, denn der Trommler begann mit seinem Spiel und wir tanzten.
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