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Alt 31.05.2019, 18:13
Hunin Hunin ist offline
Kobold
 
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Ja, schade, dass das so ein alter Thread ist, da hätte ich Blanco hier, vielleicht was sagen können.
Weil das ist ein Forschungsgebiet mit dem ich mich beschäftige.

Bei mir – Schwerpunkt germanische Mythologie.
Jetzt nicht die Edda, die kenn ich zwar fast auswendig, aber es geht da mehr um die Realität.

Also die rein naturwissenschaftliche Komponente und das ist mehr Archäologie, Biologie, Astronomie und Anthropologie, als jetzt Historie und Geisteswissenschaften.

Da habe ich auch mal Vorträge zu gegeben, aber das ist so ein kleines Feld, da sind vielleicht 100 Mann mit weltweit beschäftigt und interessiert eher wenn Neopaganisten oder Fans von germanischen Kulturen, was manchmal nicht so ganz freundlich ist, weil es halt eine Menge Falsch- und Halbwissen da gibt.
Da freut sich nicht jeder, wenn da eine Illusion zerbricht, weil das nicht jeder unbedingt wegen Wahrheitsfindung interessiert.

Also so was z.B. wie warum fährt Thor in einem Wagen von zwei Widdern gezogen über die Wolken?
Das wird dann als religiöses Motiv verkauft, wobei es sich dabei um reine Kunst handelt, die aber einen wahren Kern in sich trägt.
Wagen + Widder + Hammer das sind Symbole aus der Eisenzeit, die was beschreiben.
Aber die sind schon so verändert, dass man an denen nicht den Ursprung erkennt, wenn man nicht weiß, was die vorher abgebildet haben.

Dieser Gott, den wir z.B. später Thor nennen, reitet auf einem Pferd und hat keinen Hammer.
Jetzt ist gerade der Hammer ein sehr starkes neopaganistisches Symbol.
Da ist nicht jeder direkt begeistert, wenn man sagt, dass ist 300 bis 800 zu spät, das hat mit was die Leute früher geglaubt haben, nicht wirklich was zu tun.^^

Die Waffe also selbst, spielte für die Leute überhaupt keine Rolle und dient einfach dem Bild des Donnergottes (ein Hammer macht Funken).
Und die Widder sind ein verändertes Symbol für wie vorher Wind dargestellt wurde.
Deswegen haben die Widder genommen. Hätten ja auch Kühe oder Pferde oder Esel oder Ziegen nehmen können. Du kannst alles mögliche vor nen Wagen spannen.
Und der Wagen dient wieder mit dem Bild des Donners. Ein Wagen ist laut.

Also man hat letztenlich heute das Bild von dem Mann im Streitwagen, mit einer plumpen Waffe.
In der Eisenzeit aber, wenn man das alles weiß, ergibt sich das Bild eines Reisenden.
Jemand der von A nach B geht. Und wir wissen auch wohin er geht und wann er geht.
Und zwar ist er auf der Reise zu seiner Geliebten und die erreicht er im Früh-Sommer, Mai.

Da gibt es Abbildungen die sind 5000 bis 7000 Jahre alt.
Und da das im Mai passiert erkennt man auch, wieso das ein Donnergott ist. Die stärksten Gewitter haben wir nämlich im Sommer. Das können wir heute logisch erklären wieso das so ist, weil wir wissen wie Gewitter sich bilden.
Das ist Wissen, das hat ein germanischer Bauer der auf seinem Hügel in Niedersachsen wohnt, nicht.
Der erkennt nur, dass es im Sommer sehr starke Gewitter gibt. Und die bestimmten halt Zeit über die Sterne. Das heißt, wenn du das Sternbild von Gott X am Himmel siehst, haben wir starke Gewitter.
Und wie beschreibt sich ein Gewitter? Man merkt den Wind (da kommen später die Widder her) dann kommen die Wolken mit dem Regen und dann zieht das vorbei und bleibt nicht und danach ist wieder Sonnenschein.

Ein Gewitter ist also ein reisendes Objekt. Und daraus wird dann der Donnergott Thor über die Jahrhunderte, so wie wir ihn heute alle kennen.

Und da ist er nicht geblieben. Es gibt so dieses populärwissenschaftliche Bild von Franken vs. Sachsen (Heiden vs. Christen), als sei das so wie Katholiken vs. Protestanten.
Das war aber nicht so. Das Christentum ist eine Entwicklung direkt aus dem heidnischen Glauben heraus.
(Man erkennt daran, warum sich nicht viele Leute mit so was beschäftigen, weil gerade die Kirchen möchten diese Parallelen nicht und die betreiben auch Institute und ne Lobby^^).

Und das Christentum im Mittelalter oder Früh-Mittelalter ist nichts anderes als germanische-römische Religion (also ein Mix) mit Hebräischen Namen.
Die haben auch Vorstellungen gehabt, die würde heute niemand mit Christentum mehr gleichsetzen, weil auch das sich über 1000 Jahre verändert hat.

Wer heute ein Krippenspiel Menschen aus dem Mittelalter zeigen würde, die würden überhaupt nicht wissen was das ist, weil sich die Vorstellung so verändert hat.
Das wir einen schwarzen Heiligen König haben – das ist 200-300 Jahre alt. Das gab es vorher nicht. Gab auch keinen Stall etc.

Und die Figur des Jesus ersetzt die Vorstellung von Herakles und Thor.
Herkales/Herkules sind beides auch Gottheiten, die direkt mit uns (auf der Erde) interagieren.
Deswegen funktionierte die Vorstellung auch, dass wir einen Gott haben, der in unserer Existenz was machen kann.

Und wer was von Astronomie versteht, wird jetzt sagen: He, warte mal! Sternbild des Herkules ist ja auch Sommer!
Ja. Das stimmt. Das Sternbild was wir noch heute Herkules nennen, ist auf germanischen Abbildungen die Gottheit die später als Thor bekannt sein wird.^^
Was für ein Zufall.^^

Wer nichts von Astronomie versteht. Für uns – weil wir so hoch nördlich auf dem Planeten leben, ist unser Sternenhimmel wie eine Uhr. Der läuft quasi wie ein Halbkreis über uns hinweg und verändert sich nicht. Das Problem, heute, ist nur, dass wir Elektrizität haben. Das heißt, wir haben Lichtverschmutzung. Daher ist das ein bisschen schwer für den Ottonormal-Verbraucher zu wissen, was man über sich am Nachthimmel sehen kann. Aber für einen Menschen ohne Uhr ist die Bestimmung von Zeit in Europa überlebensnotwendig.
Tierflüge oder Moos oder was auch immer, ist nicht beständig. Weil die reagieren auf globale Veränderungen. Das geht 5 Jahre gut und im 6 ist das Problem da, weil in Russland eine Dürre war.
Das heißt deine Gänse bleiben aus und du berechnest Zeit falsch.
Kein gutes System.
Deswegen will man was, was 100% immer gleich ist. Und das ist der Sternhimmel über uns, der wie eine Uhr immer wieder die gleichen Sterne/Sternbilder für eine gewisse Periode zeigt und die laufen von links nach rechts wie ein Uhrzeiger.

Und das alles ist so einfach aufgebaut, das kann ein 12 jähriger. Ich hab das schon paar mal gemacht. Dafür braucht man also keine Mathematik oder komische Hilfsmittel.
Das ist alles sehr simple und mit dem bloßen Auge erkennbar.

Aber da ist diese Gottheit halt hingegangen. Aus der Beobachtung der Natur in die Mythologie in die Religion, in eine neue Religion. Und dieser Prozess, das ist mein Ding und da gehören z.B. auch Tiere zu und da gibt es globale Parrallelen, weil sie letzendlich im Kern immer die Natur beschreiben.^^
Da ist nur dasselbe Problem wie mit der Lichtverschmutzung - unsere Natur hat sich so verändert und unser Lebensraum ist total losgelöst davon, dass wir kaum etwas über die eigene Fauna kennen.
Oder weiß hier jemand, wann man am häufigsten Bären sieht in Deutschland?
Vor 2000 Jahren war das Allgemeinbildung. Unser Lebensraum hat sich halt verändert. Deswegen ist das auch ein relativ komplexes Thema immer, wo man immer A,B,C und D auch wissen muss. Aber das macht es auch interessant. :)
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