Einzelnen Beitrag anzeigen
  #10  
Alt 09.08.2010, 18:32
Benutzerbild von Hobbyschreiber
Hobbyschreiber Hobbyschreiber ist offline
Drachentoeter
 
Registriert seit: 05.2010
Ort: Zumindest nicht mehr hier!
Beiträge: 1.048
Erfahrung mit Verlagen

Nun, genau genommen führt Ihr beiden doch genau die Diskussion, die ich angekündigt habe: Über die Verlage, die für die Einen nichts andeses als DKZV sind, und für die anderen reelle Geschäftspartner. Wie Reginald Bull bin ich der Meinung, dass ein mündiger Bürger ein Geschäft abschließen darf, mit dem er zufrieden ist.

Wie gesagt, habe ich mit einem derartigen Verlag gute Erfahrungen gemacht, wenn ich auch nach eben diesen Erfahrungen auf einige Dinge besser achten würde (zum Beispiel die Endabnahme des korrigierten und lektorierten Manuskriptes sorgfältiger durchführen). Andererseits würde mein Buch jetzt nicht existieren und im Finale des Deutschen Phantastik Preises nominiert sein. Dass sich keiner der Publikumsverlage dafür interessiert hat, hieß für mich nicht, dass es nicht gut war. Und die hundert Bücher, die ich zu 60% des Ladenpreises bekommen habe, waren bei weitem nicht ausreichend. Ich habe inzwischen nach und nach weitere (ich glaube) achzig Exemplare nachgeordert, um sie teils zu verkaufen (signierte Exemplare sind inzwischen recht gefragt), oder als Rezensionsexemplare abzugeben. Einige habe ich an Bibliotheken verschenkt (öffentliche und Schulbibliotheken) und bin sehr stolz darauf, dass sie seitdem ständig ausgeliehen sind.

Ich weiß, dass die Kritiker dieser Sorte Verlage das Argument nicht gelten lassen wollen, weil die wirklich teuren DKZV sich ebenfalls darauf berufen. Aber Goethe und Schiller mussten wie alle ihren zeitgenössischen Kollegen für ihre ersten Veröffentlichungen ebenfalls die Kosten selber tragen. Damals galt das als ganz normal. Erst, als sie sich einen Namen gemacht hatten, waren "Verleger" bereit, die Kosten vorzulegen. Und heutzutage ist es völlig normal, dass ein Maler seine ersten Vernissagen und ein Musiker seine ersten Studioaufnahmen selber finanziert, wenn er keinen Sponsor findet.

Wie gesagt, für mich liegt die Grenze dessen, was ich für akzeptabel halte, und was ich keinesfalls tun oder empfehlen würde, beim Preis. Viele sehen das sehr anders, und das dürfen sie auch. Laut Bürgerlichen Gesetzbuch haben wir in Deutschland Vertragsfreiheit. Das heißt, dass niemand ein Angebot annehmen muss. Der Verlag braucht ein Manuskript nicht anzunehmen, selbst wenn es wirklich sagenhaft gut ist, und ein Autor braucht das Angebot eines Verlages nicht anzunehmen, wenn ihm die Bedingungen nicht zusagen. Aber sie dürfen es, wenn sie wollen. Und die Konsequenzen für diese Entscheidung müssen sie im positiven, wie im negativen Sinne selber tragen.
Mit Zitat antworten