Einzelnen Beitrag anzeigen
  #145  
Alt 17.01.2013, 21:51
Benutzerbild von Nephthys
Nephthys Nephthys ist offline
Bewahrer des Friedens
 
Registriert seit: 08.2011
Ort: ~
Beiträge: 5.745
Die eigentliche Frage ist, wie viel Verantwortung willst du als Freund, Angehöriger, Mensch tragen? Und wie viel Verantwortung kannst du tragen?

Die Verantwortung liegt in erster Linie beim Suizidienten. Es ist sein Leben. Wenn er es beenden möchte, dann darf er es. Wer - abgesehen von ihm selbst und seinen Überzeugungen - könnte ihn aufhalten?
Aus welchen Gründen es auch immer zum Äußersten kommt. Sei es eine Kurzschlussreaktion, sei es eine langfristige Planung. Würde ich es "werten" wollen, würde ich die erste, die kurzfristige Reaktion, für eine unglückliche Entscheidung halten.

Da ich - wie gesagt - jemanden kenne, der gern mal mit Suizid droht (und ich unterstelle ihm keine "böswilligen" Absichten. Er "kann" nicht anders, weil sein Selbstbild verschoben ist.), kann ich sagen, dass es sehr individuelle Grenzen der Verantwortung gibt, die man für Freunde übernehmen kann. Nach einer schlaflosen Woche und dem sehr bedrohlichen eigenen Absturz kann ich für mich sagen, dass ich gern bereit bin zuzuhören. Und ich bin auch bereit dazu, in Krisenzeiten das Handy angeschaltet neben meinen Kopf zu legen. Er darf anrufen. Und ich möchte das auch. Was ich nicht möchte, sind SMS mit dem Grundtenor "ruf an, sonst ...". Denn das ist unfair und es ist schon vorgekommen.
Heute weiß ich, dass er die Nacht auch ohne meinen Anruf überstanden hätte - aber damals wusste ich es nicht. Der Druck unter solchen Umständen ist enorm. Zumal wir 50 km auseinander wohnen und ich kein Auto habe.
Und wenn ich mir nicht sicher bin, dass er nach einem Telefonat "übern Berg" ist, dann steht die Polizei bei ihm auf der Matte. Das weiß er. Das habe ich damals für mich ... äh ... uns entschieden.

Wenn ein Hilferuf dieser Art bei mir getätigt wird, dann muss mein Kumpel auch damit rechnen, dass ihn die Polizei in die geschlossene Abteilung bringt. Zu Profis, die die Zeit, die Geduld, die Erfahrung und auch die biochemischen Mittel haben, ihn aufzuhalten.

Es ist auch zu unterscheiden, ob es sich um eine "rationale" Entscheidung handelt, finde ich. Jemand der einen lethalen Tumor in sich trägt, den verstehe ich, wenn er sagt: nö. Chemo mach ich nicht mit. Und ehe es unterträglich wird, sehe ich zu, dass ...
Das ist übrigens eine Einstellung, von der ich weiß, dass sie in der Öffentlichkeit anerkannt ist. Körperliche Krankheit? Joah, klar. Wird verstanden.

Wo ist dann aber bitte der Unterschied zur psychischen Erkrankung? Suizidale Tendenzen werden zur Diagnose für unterschiedliche Krankheitsbilder herangezogen. Sprich: ein Suizident kann krank sein.
Da dann zu sagen: muss aufgehalten werden ... ich weiß es nicht.
Nicht, dass wir uns misverstehen: ich heiße es nicht gut, wenn man freiwillig aus dem Leben scheidet. Ich kann es jedoch nachvollziehen und möchte nicht darüber urteilen. Denn das steht mir nicht zu.

Wie du erkennen kannst, ob jemand gefährdet ist?
Das ist individuell.
Ich kenne Leute, die sagen, dass sie sich was antun und es dann auch durchführen. Ich kenne aber genausogut Leute, die dieses Thema dann vollkommen aus ihrem Wortschatz streichen - um sich nicht zu verraten.

Allgemein kann es aber ein Hinweis sein, wenn dein Gegenüber "in sich gekehrt" und "nachdenklich" wirkt. Wenn er unkonzentriert ist und dem Gespräch nicht folgen kann (denn dann ist er mit Sicherheit mit seinem Kopfkarussell beschäftigt ^^).
Eine allgemeingültige Regel gibt es dazu aber nicht.

Und Ärzte sind da auch eher ... ratlos. Sie können nur die Geschehnisse der letzten Monate interpretieren (Krisen abschätzen) und nachfragen.
Japp. Sie fragen ihre Patienten danach, ob sie suizidal sind.
Aber im Gegensatz zu Otto-Normal-Verbraucher sind sie darin geübt, Körpersprache zu lesen. Najaaaa ... halbwegs jedenfalls ^^
Und sie sind - sofern es um eine stationäre und/oder ambulante Behandlung in Gruppen geht - auf die Mitarbeit der Mitpatienten angewiesen.
Böse Zungen würden behaupten "petzen", wenn jemand entsprechende Andeutungen gemacht hat.
__________________
.
Wieso eigentlich ... sind Drachen weise? Das sind Echsen, liebe Leute. Echsen! Habt ihr euch schon mal nen Gehirn von einer Echse angeguckt? Himmel! Da haben meine Meerschweinchen größere Gehirne - und die finden nicht mal den Weg aus ihrem Käfig raus.
.
Wer sich für Fantasy, Kurzgeschichten, Betrachtungen zur Sci-Fi, darstellerisches Handwerk, Computerkunst, Rezensionen, Biologie, Histologie, Taxonomie ... interessiert, der wird hier fündig: Marinas (fantastische) Welt