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Alt 12.06.2010, 15:55
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Hobbyschreiber Hobbyschreiber ist offline
Drachentoeter
 
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Da gebe ich Dir recht. Wenn Ereignisse aus der Sicht des (moralisch gesehen) Bösen erzählt werden, bekommt man eine ganz andere Sicht der Dinge. Der "Böse" wird sein Tun vielleicht nicht für "gut", aber aus irgendeinem Grund trotzdem für richtig halten. Ob er sich jetzt für irgendein Unrecht rächen, die ganze Welt unter seine Herrschaft bringen oder irgendwelche Kindheitstraumata ausleben will. Und wenn der Leser die Geschichte aus der Sicht des Bösen erlebt, wird ihm dessen Motivation nahegebracht. Der Antagonist wird ohnehin zum Protagonisten. Und niemand tut etwas Böses nur, weil es böse ist und er das cool findet. Na gut, Carcar in Pratchetts Nachtwache schon. Aber er wird Probleme haben, Helfer zu finden, die sich für ihn opfern, wenn er ihnen keinen plausibelen Grund nennt.

Ich habe mal ein Buch gelesen, an den Titel erinnere ich mich nicht mehr, in dem ein Samurai durch seinen Ehrenkodex gezwungen war, wider besseres Wissen seinen Daimyo in einem unsinnigen und nicht zu gewinnenden Krieg mit aller Kraft zu unterstützen. Der Krieg fand statt und wurde verloren, Zehntausende wurden getötet, die Burg des Daimyo wurde buchstäblich bis zum letzten Mann verteidigt (der genannte Samurai), welcher dann nach seinem Herrn ebenfalls starb. Erzählt wurde die Geschichte durch einen Jungen, der wohl die Widergeburt dieses Samurai sein sollte und durch eine Begegnung mit seiner antiken Rüstung in einem Museum ein Flashback erlebte. War etwas wirr und mir gefiel die Geschichte nicht besonders, auch wenn es ein interessanter historischer Roman war. Die Ausweglosigkeit hat mich total deprimiert. Ich mag aber nicht deprimiert sein, wenn ich lese. Lieber lese ich Bücher, in denen derjenige gewinnt, der die humanistischere Ansicht und die höhere Moral hat. Ich weiß, wie naiv das ist, siehe oben, aber es bereitet mir einfach mehr Freude. Nennt es meine Droge, wenn ihr wollt.

Geändert von Hobbyschreiber (12.06.2010 um 16:12 Uhr)
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