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Alt 03.11.2005, 19:37
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Fenni Fenni ist offline
Borussin
Inspirator aller Magier
 
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So, ich poste hier jetzt auch einfach mal Kapitel drei rein, denn damit ist die Einleitung abgeschlossen und die Geschichte geht endlich richtig los. Das ist zwar eine ganze schöne Menge, aber ich hoffe, ihr lasst euch davon nicht abschrecken

Kapitel 3!

Ein lautes Klopfen an der Tür brachte sie schließlich auseinander, sie hoben den Kopf und blickten beide gleichzeitig zur Tür. Dort stand Jahren, der, vor lauter Verlegenheit, dass er in diesem Augenblick stören musste, ganz rot im Gesicht war. „Es tut mir leid, dass ich euch stören muss, aber Andras, du musst überlegen, was nun mit dem Kind passieren soll. Vater kümmert sich um die Frau, er meinte, da die Leute in der Welt außerhalb ihre Toten in der Erde begraben würden, würde er das auch tun. Er meinte, nach allem, was sie durchgemacht hat, wäre es nur Recht, wenn man ihr eine letzte Ehre erweist.“
Soe sah Andras erstaunt an. „Von welchem Kind redet er?“ wollte sie wissen, Andras ergriff ihre Hand und umschloss sie mit seinen beiden. Er erzählte ihr kurz, was passiert war und er sah das Mitleid in Soes Gesicht. „Mach dir keine Gedanken um das Kind,“ erklärte sie sowohl an Andras wie auch an Jahran gewandt. „Ich werde mich um es kümmern. Ich habe genug für beide und Collin wird es schon nicht allzu schlimm finden, wenn er mich mit jemanden teilen muss.“
Andras runzelte die Stirn. „Meinst du denn nicht, dass du dir mit zuviel zumutest. Ich meine, denk doch an Susann und Maja. Die beiden brauchen dich auch, zwar nicht so viel wie Collin, aber es ist trotzdem noch einiges.“
Soe lachte. „Wirklich? Ja, vielleicht im Winter, wenn sie nicht draußen herumlaufen können und hier im Haus sitzen müssen. Aber sobald das Wetter draußen wieder schön ist, sind sie doch nur noch zum Schlafen hier. Nein, nein, ich werde das schon schaffen. Und außerdem habe ich ja einen wunderbaren Mann, der mir dabei helfen wird.“ Sie lächelten sich an und sahen sich eine ganze Weile schweigend in die Augen.
„Du bist ein wunderbarer Mensch und ich liebe dich über alles,“ sagte Andras schließlich und küsste Soe auf die Stirn. „Und natürlich werde ich dich nach Kräften unterstützen. Warte, ich werde das Kind holen, damit du auch sehen kannst, um was du dich in Zukunft noch kümmern wirst.“ Er legte Collin vorsichtig zurück in Soes Arme. stand auf und ging zusammen mit Jahran die Treppe hinunter und zurück in den großen Saal. Laak und die Tote waren nicht mehr da, nur noch Margen, die ganz dicht am Feuer saß und das Kind in ihren Armen wiegte. Als sie hörte, wie die Tür geöffnet wurde, stand sie auf und ging auf die beiden Männer zu. „Nun, habt ihr beschlossen, was mit dem Kind passieren wird?“ wollte sie wissen und Andras nickte. „Ja, wir werden uns darum kümmern, Soe hat es selbst vorgeschlagen.“
Jetzt, wo Margens Sorgen von ihr abfielen, sah sie plötzlich unglaublich müde und erschöpft aus. Doch trotzdem lächelte sie. „Das ist wunderbar. Spreche Soe meinen tiefsten Dank aus. Ich hatte großes Mitleid mit dieser armen Frau, während der Geburt dachte ich, sie stirbt mir unter den Händen. Doch ihr Willen war noch so stark, dass sie ihr Kind zur Welt brachte. Sie war bestimmt ein wunderbarer Mensch, ich werde bei den Geistern für sie beten.“ Sie legte Andras das schlafende Kind in den Arm, dann griff sie nach ihrem Korb und hakte sich bei Jahran ein. „Du hast doch sicher nichts dagegen, eine arme, alte und völlig erschöpfte Frau zu ihrem Haus zu begleiten.“
Jahran lachte. „Ach, zu zur Not würde ich dich sogar tragen. Und so alt bist du noch gar nicht.“ Die verließen den Saal und Andras hörte, wie die beiden in der Halle weiter scherzten. Dann fiel die große Eingangstür in Schloss und es wurde still.
Andras stand eine ganze Weile da und wiegte das Kind in seinen Armen und dachte einen Moment über seinen überraschenden Familienzuwachs nach. Schließlich löschte er das Feuer im Kamin und verließ im Dunkeln mit dem Kind im Arm den Saal, stieg die Treppe hoch und trat zu Soe ins Schlafzimmer. „Da ist dein zweites Kind,“ sagte er und legte es Soe vorsichtig in den Arm. Sie betrachtete es einen Moment und dann meinte sie: „Nun, es wird sicher keine große Familienähnlichkeit haben, es sieht jetzt schon anders aus als Collin und auch anders als Susann und Maja bei ihrer Geburt ausgesehen haben. Jetzt stellt sich natürlich die Frage, ob wir ihm von Anfang an sagen, dass wir nicht seine richtigen Eltern sind, oder ob wir es zuerst als unser Kind aufziehen und es ihm später sagen oder sagen wir es ihm gar nicht?“
Andras, der sich für die Nacht umzog, erwiderte gähnend: „Müssen wir da unbedingt jetzt drüber reden? Ich bin totmüde.“ Er kroch unter die Bettdecke und streckte sich mit einem zufriedenen Seufzer aus.
„Nun, es ist sehr wichtig, dass wir uns darüber einig sein, wie wir das Kind großziehen, damit es nicht der eine so hält und der andere. Aber du hast Recht, ich bin auch völlig erschöpft. Lass uns darüber morgen nachdenken.“ Sie stand auf und legte das Kind neben Collin in die große Wiege. Dann löschte sie das Licht und legte sich neben Andras. Er zog sie in seine Arme und vergrub den Kopf an ihrem Hals.
Soe schloss die Augen, doch dann fiel ihr noch etwas an und sie öffnete sie wieder. „Ist das Kind nun eigentlich ein Junge oder ein Mädchen?“
„Ich weiß es nicht,“ murmelte Andras. „Ich hab ganz vergessen, danach zu fragen. Ich habe auch ganz vergessen, den Geistern für mein gesundes Kind zu danken. Ich hoffe, sie nehmen es mir nicht übel, wenn ich es morgen tue. Und ob es ein Junge oder ein Mädchen ist werden wir ja morgen herausfinden. Gute Nacht.“

Am nächsten Morgen fanden sie dann heraus, dass sie auf einen Schlag zwei Jungen bekommen hatten. Sie beschlossen gemeinsam, dass sie das Kind, das sie Janosch nannten, zuerst als ihren eigenen Sohn großziehen und ihm später, wenn er älter war, erzählen würden, was am Tage seiner Geburt passiert war. Während sich Soe um die beiden Kindern kümmerte, ging Andras hinaus und dankte den Geistern für seine zwei gesunden Kindern. Danach machte er sich auf den Weg zum Großen Wald, um die auch die Feen von ihnen in Kenntnis zu setzen. Er wusste, dass es wichtig war, dass die Feen auch Bescheid wussten. Sie neigten dazu, nicht sehr freundlich mit Menschen umzugehen, die nicht zu den Juin gehörten und sich in ihren Wald wagten. Normalerweise verschwanden diese Menschen und tauchten niemals mehr auf. Aber Laak meinte doch gestern, er sei sich sicher, dass die verletzte junge Frau aus der Welt außerhalb gekommen wäre. Und als Andras an ihre dichten, schwarzen Haare und die schwarzen Augen, die er zwar nur kurz gesehen, an die er sich aber deutlich erinnern konnte, dachte, war er sich dessen auch sicher. Die Menschen aus Juin waren alle blond und blauäugig, da gab es keine Ausnahmen. Diese Frau musste von außerhalb gekommen sein. Warum also hatten die Feen sie passieren lassen? Nun, er würde er gleich erfahren. Er tauchte unter das dichte Dach des Waldes, blieb eine Weile einfach stehen, schloss die Augen, horchte auf die Geräusche und atmete die vielen Gerüche ein. Das Gefühl von Ehrfurcht, das ihn immer ergriff, wenn er in diesen Wald kam, nahm wieder von ihm Besitz. Er öffnete die Augen wieder und ging mit langsamen Schritten zwischen den Bäumen hindurch in Richtung der Lichtung, auf der sie immer ihre Feste zusammen mit den Feen feierten. Dort setzte er sich auf einen umgestürzten Baumstamm, stützte den Kopf in die Hände und stellte sich darauf ein, lange zu warten.
„Na, Andras?“ ertönte nach einiger Zeit schließlich eine helle, wohlklingende Stimme und als Andras den Kopf hob, stand vor ihm eine Fee. Es war ein junger Mann. Andras erkannte ihn sofort wieder, es war Tian, er hatte sich auf dem letzten Winterfest mit ihm unterhalten. Und daran, dass er ihn beim Namen nannte, stellte Andras fest, dass er sich ebenfalls an ihn erinnern konnte. Das war etwas, worüber er sich wirklich freuen konnte, denn die Feen scherten sich normalerweise nicht viel um Namen, für sie sahen alle Menschen gleich aus und hießen auch gleich.
Andras sprang von seinem Sitz auf und begrüßte die Fee auf ihre Art: Er beschrieb mit der rechten Hand einen Halbkreis vor seiner Brust. „Ich grüße dich.“
Tian erwiderte den Gruß. „Warum bist du gekommen?“ wollte er wissen, ohne sich noch weiter mit irgendwelchen Floskeln aufzuhalten. „Ich hoffe, es ist nicht schon wieder irgendeine Krankheit bei euch ausgebrochen. Ihr Menschen werdet immer so schnell krank." Er lachte, es klang wie das Rauschen des Windes in den Bäumen.
„Nein, es ist keiner krank geworden,“ beeilte sich Andras zu sagen. „Ich wollte euch nur Bescheid sagen, dass Soe gestern das Kind bekommen hat, es ist ein Junge und wir haben ihn Collin genannt. Nun ja und dann kam gestern Abend eine junge Frau zu uns, sie war schwer verletzt und schwanger. Wir haben sie aufgenommen und ihr geholfen, das Kind auf die Welt zu bringen. Sie ist...leider gestorben, aber wir haben beschlossen, uns um das Kind zu kümmern. Es ist auch ein Junge, wir haben ihn Janosch genannt.“
Tian runzelte die Stirn. „Ihr habt einem Menschen von außerhalb geholfen?“
„Ihr habt ihn durch den Wald gehen lassen,“ erwiderte Andras nur.
Tian rieb sich für einen Moment das Kinn. „Du hast Recht, weißt du,“ meinte er schließlich.
„Aber warum habt ihr sie durchgelassen?“ wollte Andras wissen.
Tian seufzte: „Ach, sie tat uns so leid, wie sie sich durch den Wald geschleppt hat und kaum auf den Beinen stehen konnte, da haben wir sie einfach in Ruhe gelassen. Was hätte sie auch noch groß anstellen können?“
Andras lächelte ein wenig. Auch die Feen hatten, so unglaublich das auch klingen mochte, manchmal ein gutes Herz.
„Hast du sonst noch etwas anderes auf dem Herzen?“ wollte Tian wissen.
„Nun, es würde mich noch interessieren, woher diese Frau gekommen ist und wie sie heißt, aber wenn du mir das nicht beantworten kannst, dann habe ich nichts mehr,“ antwortete Andras.
„Nun, wir wissen vieles aber nicht alles und das ist etwas, das wir nicht wissen,“ entgegnete Tian und dann drehte er sich um und verschwand ohne ein weiteres Wort zwischen den Bäumen.
Auch Andras machte sich wieder auf den Heimweg. Er konnte Soe nicht so lange mit den vier Kindern allein lassen. Außerdem gab es jetzt, in der Phase der Erneuerung, noch einiges am Haus zu tun, damit es für das kommende Jahr vollkommen in Ordnung war. Und heute Abend wollte sie ja noch die Geburt seiner Kinder feiern.

Als Andras wieder nach Hause kam, suchte er als erstes Soe auf, die vor dem Kamin im großen Saal saß und nähte. Er erzählte ihr, was Tian gesagt hatte und sie ließ es einen Moment auf sich wirken und sagte schließlich: „Nun, dann haben wir nun einen Menschen aus der Welt außerhalb unter uns. Ein seltsamer Gedanke.“
„Aber Janosch weiß es nicht,“ erwiderte Andras. „Wir werden ihn so großziehen, wie wir es mit Susann, Maja, Collin und den anderen Kindern, die noch kommen, tun werden. Er wird nicht auf die Idee kommen, irgendeinen dummen Krieg zu führen oder die Geister zu verleugnen. Er wird genau so werden wie wir.“
„Aber wir haben doch beide entschieden, ihm später zu sagen, was am Tage seiner Geburt passiert ist. Was ist denn, wenn er dann in die Welt außerhalb geht?“
„Wir haben ja auch beschlossen, ihm das alles erst zu sagen, wenn er alt genug ist, für sich selbst einzustehen. Und wenn er dann wirklich vorhat, Juin zu verlassen und dahin zu gehen, wo seine Mutter hergekommen ist, dann werden wir ihn wohl nicht davon abhalten können. Na ja, wir warten erst einmal ab. Wir können ja jetzt noch nicht sagen, was später mal aus ihm werden wird, ob er ruhig und vernünftig oder wild und aufbrausend wird."
Soe seufzte. „Ja, du hast Recht. Wir müssen eben einfach warten und Geduld haben.
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