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Alt 01.11.2005, 17:12
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Fenni Fenni ist offline
Borussin
Inspirator aller Magier
 
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So, dann gibts jetzt mal Kapitel 2:

Kapitel 2!

Im Saal legten sie die Frau vorsichtig auf den Tisch, befreiten sie von dem nassen Umhang und zogen ihr die Schuhe aus. Als die Frau die Wärme spürte, öffnete sie die Augen und blickte mit einem sumpfen, glasigen Blick an die Decke. Dann krümmten sie sich plötzlich und stieß einen Schrei aus.
„Bei den Geistern, sie bekommt das Kind,“ rief Jahran und Andras überlegte blitzschnell. „Bleibt ihr hier bei ihr!“ ordnete er an und dann lief er eiligst aus dem Saal die Treppe hinauf und klopfte an die Tür, hinter der Soe, seine Frau, schon seit heute Morgen in den Wehen lag. Er klopfte so heftig an die Tür, dass das Holz unter seiner Faust fast zersplittert wäre. Eilige Schritte näherten sich und Margen öffnete die Tür. „Was gibt es denn?“ wollte sie ungehalten wissen. „Du weißt ganz genau, dass du hier nicht hereinkannst. Soe wird...“
„Darum geht es doch gar nicht!“ rief Andras. „Unten liegt eine Frau, die ebenfalls kurz vor der Geburt steht und ich brauche dringend Hilfe dabei!“
Margen runzelte die Stirn und wollte etwas sagen, doch dann blickte sie in Andras gehetztes Gesicht und entschied sich dagegen. „Warte einen Moment!“ befahl sie, dann schloss sie die Tür und kam wenig später mit einem kleinen Korb in der Hand wieder heraus. Andras versuchte, ob er einen Blick auf seine Frau erhaschen konnte, aber Margen schloss die Tür schnell wieder hinter sich. Sie ging zur Treppe und Andras folgte ihr eilig.
„Nun erzähl mir doch mal bitte, um welche Frau es sich da handelt,“ verlangte Margen, während sie die Treppe hinunter stiegen.
Andras umriss kurz, was in der letzten Viertelstunde passiert war und am Ende fügte er hinzu: „Die ganzen Verletzungen...meinst du, sie hat noch genug Kraft, um das Kind zu bekommen?“
„Wir werden es sehen,“ antwortete Margen, sprang die letzten beiden Stufen hinunter und rannte durch die Halle zur Tür. Als sie den Saal betrat, standen Jahran und Laak neben dem Tisch und Jahran hielt die Hand der jungen Frau, die sich immer wieder krümmte und laut aufschrie.
Margen stellte den Korb auf die Bank und machte eine Handbewegung in Richtung Laak und Jahran. „Nun raus hier mit euch. Zack, zack!“
Die drei Männer verließen den Saal. „Wenn du nichts dagegen hast, würden wir gerne noch hierbleiben, bis sie das Kind bekommen hat,“ erklärte Laak.
Andras nickte. „Natürlich, das kann ich gut verstehen.“ Sie setzten sich nebeneinander auf die unterste Treppenstufe. Andras fuhr sich mit den Händen durch das Gesicht und zuckte zusammen, als er plötzlich eine Stimme hörte. „Papa, was ist denn jetzt gewesen?“
Sie drehten sich um und sahen Susann ein paar Stufen über ihnen stehen. Sie hatte ihr weißes Nachthemd an und unterm Arm hielt sie ihre Stoffpuppe. Sie musterte die drei Männer überrascht und in diesem Augenblick erklang aus dem Saal ein dumpfer Schrei. Sofort drehte sich ihr Kopf in Richtung Tür. „Stecht ihr da drinnen ein Schwein ab?“ fragte sie fachmännisch, schließlich hatte sie erst vor kurzem gesehen, wie das gemacht wurde.
Andras konnte sich ein kurzes Grinsen nicht verkneifen. Er zog seine Tochter auf den Schoß und erklärte ihr, was passiert war. Als er geendet hatte, schwieg Susann einen Moment und dachte nach. „Dann bekommen wir ja zwei Kinder,“ meinte sie schließlich, dann gähnte sie und stand auf. Ich gehe jetzt wieder ins Bett,“ erklärte sie und stieg die Stufen hinauf.
Andras sah ihr verblüfft nach. Er hatte sich auf eine Flut von Fragen eingestellt, die nun nicht gekommen war. Ein deutliches Zeichen, dass Susann wirklich sehr müde war. Aber er wusste ganz genau, dass die Fragen morgen sofort nach dem Aufwachen kommen würden. Er hörte, wie eine Tür im oberen Stockwerk geöffnet und danach wieder geschlossen wurde und dann wurde es still, man hörte nur noch die Atemzüge der drei. Die Nacht war nun gekommen und in die Halle war es dunkel geworden, man konnte nur noch die Umrisse der Dinge erkennen. Doch keiner von ihnen dachte daran, eine Kerze anzuzünden. In der Dunkelheit war ihr Gehör besonders ausgeprägt und sie lauschten abwechselnd nach oben und nach links, zur Saaltür.
Diese wurde schließlich geöffnet und Licht fiel in die Halle. Wie auf Kommando sprangen sie alle drei gleichzeitig auf. Ein heller, markerschüttender, alles durchdringender Schrei ertönte, Margen erschien im Licht der Tür und in ihrem Arm hielt sie ein kleines, schreiendes Bündel.
Andras war als erster bei ihr. „Sie hat es also geschafft,“ rief er erleichtert und blickte auf das kleine, schreiende Kind in Margens Armen. Es war noch voller Blut.
Margen nickte, aber sie sah alles anderes als glücklich aus. „Ja, sie hat es geschafft, nur leider hat sie es nicht überlebt. Sie ist kurz nach der Geburt gestorben.“
„Das...das ist ja furchtbar,“ murmelte Laak, der sich neben Andras gestellt hatte. „Was tun wir denn jetzt? Das arme Kind, nun hat es keine Mutter mehr.“
Margen hielt Andras einen kleinen Gegenstand hin. Es war eine silberne Kette. „Hier. Die hat sie mir gegeben, bevor sie starb. Ich bin sicher, sie sollte für ihr Kind sein.“
Andras nahm die Kette und steckte sie in seine Tasche. „Andras?“ ertönte plötzlich eine Stimme von oben und Andras spürte, wie sein Herz einen raschen Hüpfer machte. Augenblicklich war er die Treppe hinaufgelaufen und stand Ami gegenüber. „Ist es da?“ rief er und mit einem Schlag waren all seine Gedanken an das andere Kind und die tote Frau ausgelöscht. „Ist es endlich da?“
Ami lächelte und nickte. „Ja, er ist endlich da. Ich gratuliere dir zu einem gesunden, wunderhübschen Sohn.“
Andras konnte sein Glück kaum fassen. Endlich ein Sohn, endlich. Er liebte zwar seine zwei Töchter über alles, aber ein Sohn konnte später, wenn er alt war, den Thron übernehmen. „Kann ich zu ihr, kann ihn sie sehen?“ wollte er wissen und als Ami nickte, hüpfte er ins Zimmer, wie ein übermütiger, kleiner Junge und er spürte, wie ihm die Freudentränen über die Wange liefen.
Soe blickte ihm schon entgegen. Sie strahlte über das ganze Gesicht und an ihrer Brust lag, in ein dickes Wolltuch eingewickelt, ihr neugeborenes Kind. Um sie herum werkelten die Frauen, die Soe bei der Geburt geholfen hatten und als sie Andras sahen, beglückwünschten sie ihn alle, aber das hörte er gar nicht. Für ihn gab es nur Soe und sein Kind. Er kniete neben ihrem Bett nieder, ergriff ihre Hand und küsste sie. „Mein Schatz, meine Geliebte, meine Königin,“ murmelte er so leise, das nur Soe es hören konnte. „Wie kann ich dir für dieses wunderbare Geschenk, dass du mir gemacht hast, nur jemals danken?“
Sie streichelte seine Wange. „Deine Liebe ist mir Dank genug,“ erwiderte sie. Aber nun komm, willst du nicht deinen Sohn sehen?“ Sie hielt Andras das Kind hin und er nahm es vorsichtig. Mit leuchtenden Augen blickte er auf das kleine Wesen in seinen Armen. Eine ganze Zeit stand er da und sah und hörte nichts.
„Andras?“ rief Soe ihn schließlich lächelnd beim Namen und holte ihn damit wieder in die Wirklichkeit zurück. „So wunderbar unser kleiner Sohn auch ist, wir müssen ihm einen Namen geben, sonst werden wir später Probleme damit bekommen, mit ihm zu schimpfen, wenn er etwas angestellt hat.
Andras riss sich von dem Anblick seines Kindes los, setzte sich vorsichtig auf den Rand des Bettes und während er im rechten Arm seinen Sohn hielt, ergriff er mit der linken Hand Soes Hand und streichelte sie zärtlich. „Du darfst diesmal einen Namen aussuchen,“ erklärte er. „Bei Susann habe ich entschieden, bei Maja waren wir uns beide einig, nun und jetzt bist du an der Reihe.“
„Gut, dann nennen wir ihn Collin,“ erklärte Soe. „Ich weiß nicht, woher ich diesen Namen habe, aber ich fand ihn wunderschön und da passt er doch großartig zu unserem Söhnchen.“
„Collin,“ wiederholte Andras und blickte zärtlich auf das Kind. „Ja, Collin ist wirklich ein wunderbarer Name und er passt ganz fabelhaft zu unserem kleinen Schatz,“ sagte er lächelnd, dann beugte er sich zu Soe hinüber, sie schlang die Arme um seinen Hals und sie küssten sich eine Weile innig.
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