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Alt 24.01.2013, 19:42
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Cassandra Cassandra ist offline
Abyssus abyssum invocat
Ringtraeger
 
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Um mich mal kurz zu zitieren:

Zitat:
Zitat von Cassandra Beitrag anzeigen
Vermutlich ist die Ausgangslage beim "Guten" ähnlich wie beim "Bösen" - man müsste nur alle Pros und Contras ins Gegenteil kehren ...
Das denke ich übrigens immer noch. Der Übergang von "Gut" zu "Böse" bzw. andersherum ist sehr fließend und oftmals verwischt die Grenze.
In Bezug auf Romane liegt - wie Laura es in dem anderen Thread schon geschrieben hatte - die Entscheidung, ob ein Protagonist nun als gut oder böse zu bewerten ist, letztendlich beim Leser.
Im realen Leben ist es im Grunde genau so und auch hier gilt das Gleiche wie bei dem "Das "Böse" siegt" - Thread: es hängt von der Tat, der Person des Opfers, vom Charisma des Täters und schließlich von den Medien (!) ab, wie das Urteil der Menschen ausfällt.

Weiterhin glaube ich, dass das Bild des "Guten" sehr wandelbar ist und stark abhängt von Kultur und Zeit. Vermutlich sah der "Gute" im Amerika des 19. Jh. ganz anders aus, als sein Pendant des 21. Jh. . Oder ein japanischer Gutmensch weist andere Merkmale auf, als ein türkischer oder ein deutscher.
Was sie alle aber wohl gemeinsam haben, könnte dies sein: der Leser (wenn wir hier einmal von einem Roman ausgehen wollen) möchte all seine geheimen Wünsche und Sehnsüchte auf den Protagonisten projezieren können. Dieser sollte so sein, wie es dem Leser selbst wohl nie möglich sein wird. Oder er verkörpert einen Menschen, nach dem der Leser sich schon immer gesehnt hat; also eine Art "Traum"-Mann/ Frau oder einen Beschützer, der dem Leser im realen Leben fehlt und den er sich nun mit Hilfe des Buches zusammen phantasieren kann.

Es gibt sicherlich viele Gründe, warum die Guten oder negativ ausgedrückt, die Gutmenschen () so beliebt sind in Buch und Film.
Sie sind so, wie wir (also ICH nicht!) alle gerne wären. Wobei es interessant ist, dass in letzter Zeit die sog. Anti-Helden Hochkonjunktur haben. Zum Beispiel wären die Batman-Filme doch längst nicht so spannend, gäbe es da nicht all diese charismatischen Bösewichte (hier besonders hervor zu heben: Heath Ledger als Joker).
Oder um einen älteren Film zu nennen: "Das Schweigen der Lämmer" mit Anthony Hopkins in der Rolle des Hannibal Lecter. Der Typ ist ja nun eigentlich so etwas von böse und Judy Foster als seine Gegenspielerin hätte demnach den Part des Guten. Doch lief es in der Wahrnehmung der Zuschauer auch so ab? Ich denke vielmehr, dass es so aussah: Dr. Lecter und Clarice Starling v.s. Jame Gumb alias „Buffalo Bill“, der von dem Publikum als der eigentliche "Böse" des Films empfunden wurde. Aber warum ist er böser als Dr. Lector und warum ist dieser "mehr gut" als der "Häuter"?


Edit: nachdem ich Orendarcils Post gelesen habe, kommt mir noch so ein Gedanke und zwar im Zusammenhang mit "Gut" im realen Leben.
Man nehme doch nur einmal soziale Einrichtungen. Ich will mich hier nicht austoben, von daher nur so viel: es stellt sich doch immer wieder die Frage, bin ich schon "gut", nur weil ich "gutes" tue oder kommt es auch auf die Motivation an, warum ich dies tue?
Ich spreche da aus Erfahrung: meiner Meinung nach haben acht von zehn Leuten in einer soz. Einrichtung eigentlich nichts zu suchen, weil sie ihre Tätigkeit vor Ort lediglich als Gelegenheit sehen, ihre Komplexe zu kompensieren (Minderwertigkeitskomplexe; der Wunsch nach Macht; die Tendenz, andere gerne zu belehren; Sadismus - man weidet sich an den Problemen anderer; Spannertendenzen - siehe auch Reality-"Dokus"; die Tendenz, sich zu profilieren - man kann ständig Freunden und Nachbarn unter die Nase reiben, wieviel Gutes man doch tut; usw.)

Nicht alles, was auf den ersten Blick als "Guter" oder als "gut" daher kommt, ist dies auch auf den zweiten Blick. Hinter der Maske des Bösen den Guten zu erkennen, ist oftmals erfreulicher, als hinter der Maske des vermeintlich Guten, irgendwann den Bösen entdecken zu müssen ...
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Im Feuer steckt der Funke des Chaos und der Zerstörung,
der Samen des Lebens


("Magic")

(Photo: Franz Herzog © 2004)

Geändert von Cassandra (24.01.2013 um 19:55 Uhr)
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