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Alt 17.03.2011, 12:51
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Mithras Mithras ist offline
Heliodromos
Bewahrer der Traenen des Lebens
 
Registriert seit: 02.2011
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Da ich gerade damit begonnen habe, die Reihe zu lesen, will ich das Thema mal ausgraben...

"Die Gärten des Mondes" habe ich schon letztes Jahr gelesen, was sich relativ lange gezogen hat. Erikson scheint es darauf abzuzielen, den Leser zu verwirren - unnötigerweise, wie ich finde, denn Verwirrung alleine ist noch kein Indiz für Anspruch und Komplexität. Auch die Charaktere wirkten auf mich noch recht farblos, nicht zuletzt deshalb, weil Erikson ihnen nur selten lange Abschnitte/Kapitel widmet, in deren Verlauf sie sich entfalten können. Verwirrung und Teilnahmslosigkeit haben nicht unbedingt dazu geführt, dass ich tief ins Geschehen eintauchen konnte.

Dennoch hatte das Buch irgendetwas an sich, das in mir das Interesse am Weiterlesen geweckt hat. Auch wenn mir die Handlung unnötig verwirrend erschien, waren doch ganz handfeste Ansätze eines komplexen Hintergrundes zu erkennen, und obwohl ich kaum Zugang zu den Charakteren gefunden habe, habe ich doch Potential in ihnen vermutet. Also habe ich ich mir Band II und III zugelegt (der zweite Originalband wurde zweigeteilt) und lese gerade den ersten von beiden. Natürlich war ich anfangs verwirrt - so verwirrt, dass ich mir noch einmal eine detaillierte Inhaltsangabe zum Vorgänger durchlesen musste -, doch alles in allem ist dieses Buch deutlich angenehmer zu lesen als "Die Gärten des Mondes". Mittlerweile kommt auch so etwas wie Lesespaß auf, was ich am Vorgänger leider etwas vermisst habe. Die charaktere erhalten zunehmend Konturen, bleiben aber noch immer relativ blass, weil sich Erikson ihnen nicht mit derselben Intensität widmet wie etwa GRRM (an dessen Lied Eriksons Spiel in meinen Augen wohl nie heranreichen wird, weil mir Martins Szenario einfach mehr liegt). Doch mit dem nötigen Durchblick liest sich das Buch ziemlich gut.

Ich habe auch diverse Probleme mit Eriksons Szenario, denn normalerweise bevorzuge ich einen deutlich dezenteren Einsatz von Magie, doch zur Not komme ich auch damit zurecht, wenn sie eher exzessiv gebraucht wird. Mein Problem ist eher die Einteilung der Magie nach den klassischen Elementen, aber auch nach Licht, Dunkelheit, Schatten, Chaos etec. und die klare Zuordnung der Völker zu diesen Elementen. Auf mich wirkt das relativ platt, eben Schubladenken, auch wenn sich daraus zu Glück keine Schlussfolgerungen auf Charakter und Gesinnung ableiten lassen. Trotzdem: Eine Trennung nach Elementen halte ich nicht für allzu professionell, schließlich hängt alles auf irgendeine Weise mit allem zusammen.
Auch mag ich es nicht unbedingt, wenn Götter so real sind wie in dieser Reihe und überall dasselbe Pantheon bekannt ist. Für mich ergibt sich der besondere Reiz eines religiösen Konstrukts gerade aus den religiösen Unterschieden, der Unmöglichkeit zu entscheiden, welche Götter nun existieren und welche nicht, und ob bzw. in welchem Maße Religionen der Wahrheit entsprechen.

Trotzdem gebe ich der Reihe eine Chance, denn ich liebe komplexe Hintergrundszenarien, und der Unterhaltungswert scheint ebenfalls recht hoch zu sein - zumindest steigert er sich momentan ganz ordentlich.
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