Thema: Das Elixier
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Alt 17.03.2007, 18:28
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Fenni Fenni ist offline
Borussin
Inspirator aller Magier
 
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Wow, mit soviel Resonanz hab ich ja mal gar net gerechnet Ich dachte, es lesen mal wieder nur die üblichen Verdächtigen *gggg*
Ich danke allen fürs Lesen und will euch dann auch nicht weiter hinhalten.
Weiter gehts

Er senkte den Kopf und musste ein paar Mal schlucken, bevor er hervorstieß: „Also gut, dann geh. Wenn du meinst, du könntest uns so helfen. Geh und lass mich im Stich, mich und all die anderen Menschen in Eslin! Auch deine Eltern!“
Er streute Salz in meine Wunden und ich spürte, wie auch mir die Tränen in die Augen stiegen. Ich hatte gewonnen, jetzt durfte ich meine Schwäche zeigen. „Es tut mir so Leid. Aber ich muss es tun! Vielleicht kann ich euch so helfen. Viel besser, als wenn ich mit in die Schlacht ziehe und dann vielleicht sterbe oder selbst ein Dunkler werde! Ich werde zurückkehren, so schnell ich kann, ich verspreche es. Nein, ich schwöre es!“ Ich verbeugte mich einmal hastig. „Ich wünsche euch alles Glück der Welt.“ Damit drehte ich mich um und lief weinend zurück zum Haupthaus.
In meinem Zimmer angekommen, schnallte ich mein Schwert um und hängte meinen Geldbeutel an den Gürtel. Dann legte ich mir meinen Umhang um und befestigte ihn unter meinem Hals mit einer Brosche. Sie zeigte das Wappen von Eslin und ich hatte sie mit 16 bei einem Turnier gewonnen.
Ich schlug die Kapuze über den Kopf, so dass niemand mein Gesicht sehen konnte und verließ eilig das Haupthaus. Dann lief ich zum Stall.
Mein Vater hatte mir, kurz vor meinem Ritterschlag, ein Pferd geschenkt, eine nachtschwarze Stute, die ich Arisa genannt hatte.
Ich machte so wenig Lärm wie möglich, um den Stallburschen nicht auf den Plan zu rufen, holte sie eigenhändig aus der Box und sattelte sie, während sie mich neugierig beschnupperte. Ich hatte noch nicht oft Gelegenheit gehabt, sie zu reiten und wir kannten uns noch nicht besonders gut.
Ich führte sie auf den menschenleeren Hof, schwang mich in den Sattel und ritt so schnell wie möglich zum Tor hinaus, bevor die Torwächter mir irgendwelche Fragen stellen konnten.
Doch als ich den Burgberg schon fast zur Hälfte hinuntergeritten war, konnte ich nicht anders, als mich umzudrehen und einen letzten Blick zurückzuwerfen, auf den Ort, an dem ich 17 glückliche Jahre verbracht hatte.
Wieder kamen mir die Tränen, ich ließ ihnen freien Lauf und schluchzte ein paar Mal laut auf. Dann drückte ich meinem Pferd die Fersen in die Seiten und ließ die Burg endgültig hinter mir.
Als ich den Fuß des Berges erreicht hatte, hatte der Drang wieder von mir Besitz ergriffen und zwang mich darüber nachzudenken, was ich nun tun sollte. vor mir lag die breite, gepflasterte Straße, die nach Burgstadt führte, rechts erstreckten sich endlos erscheinende Wiesen und linkerhand standen hohe Bäume, der Beginn eines Waldes.
Ich musste gar nicht lange über meinen Weg nachdenken, denn es gab nur einen. Alleine reisen war schon gefährlich, wenn man sich auskannte, doch wenn man den Weg nicht wusste, war man schon so gut wie verloren.
Nein, alleine reisen wäre lebensmüde, ich musste jemanden finden, der nach Gesa reiste, einigermaßen vertrauensvoll war und mich mitnahm.
Sollte Gesa im Norden liegen, dann standen meine Aussichten, so jemanden zu finden nicht schlecht. Seitdem bekannt worden war, dass die Dunklen in Caltonna aufgetaucht waren, waren sehr viele Menschen nach Norden geflohen und flohen immer noch.
Aber wo sollte ich solche Menschen finden?
Burgstadt lag menschenleer vor mir, die Fensterläden der meisten Häuser waren verschlossen und mein Mut sank. Ich ritt eine ganze Zeit orientierungslos durch die Stadt und wusste nicht, was ich nun tun sollte.
Ich kam zu einem Gasthaus. „Zur grünen Träne“ stand auf einem Schild über der Tür. Gasthäuser waren, soviel ich wusste, immer ein Umschlagplatz für Neuigkeiten aller Art, vielleicht würde ich dort jemanden finden, der nach Gesa reiste und dem ich mich ohne Bedenken anschließen konnte. Ich ritt in den Innenhof und brachte Arisa in dem Stall unter, der dort stand.
Dann betrat ich das Gasthaus und blieb überrascht auf der Türschwelle stehen. Der Schankraum war voller Menschen. Stimmengewirr erfüllte die Luft und aus vereinzelten Ecken hörte ich Gelächter. Das totale Gegenteil der leeren Stadt.
Bei meinem Eintreten verstummten die meisten und starrten mich an. Meine Brosche erregte besonders viel Aufmerksamkeit, die meisten wussten wohl, dass nur die Ritter des Königs so etwas trugen und das sie nicht einfach zu erlangen war.
Nach ein paar Augenblicken wurden die Gespräche wieder aufgenommen und jetzt war ich das Thema. „Schaut euch das an!“ „Was will der denn hier?“ „Der König hat ihn wohl von der Burg geschmissen!“
Ich machte mir nichts daraus. Sollten sie sich das Maul zerreißen wie sie wollten. Ich setzte mich an einen Tisch in der Nähe der Tür und sofort kam der Wirt angeflitzt und verbeugte sich. „Was kann ich Euch bringen?“
Ich bestellte ein Bier. Normalerweise hatte ich nichts für Bier übrig, aber ich spürte, dass ich mir für das, was ich vorhatte, Mut antrinken musste.
Das Bier tat seine Wirkung: Schon bald fühlte ich mich beduselt und es war mir ziemlich egal, was die Leute von mir denken würden. Schwankend stieg ich auf die Bank und es dauerte einige Zeit, bis ich mein Gleichgewicht fand. Ich war alles andere als trinkfest.
Ich klatschte in die Hände. „Hört mir bitte einmal alle zu! Es ist wichtig!“ Meine Stimme hatte ich noch gut im Griff.
Ich wartete, bis die Gespräche verstummt waren und alle mich ansahen. Ich räusperte mich. „Ich muss auf dem schnellsten Weg nach Gesa. Gibt es hier jemanden, der nach Gesa geht und dem ich mich anschließen kann?“
Schweigen und starrende Blicke aber niemand meldete sich. „Ist denn keiner hier, der nach Gesa geht?“ fragte ich und ich konnte nicht verhindern, dass sich meine Stimme leicht verzweifelt anhörte.“
„Wir sind keine Flüchtlinge!“ ertönte eine tiefe Stimme aus dem Hintergrund. „Wir bleiben hier und verteidigen unser Land! Wenn du Feigling wegrennen willst, dann geh zum südlichen Marktplatz, dort findest du Gleichgesinnte!“
„Du bist doch ein Ritter des Königs! Willst du etwa abhauen und ihn im Stich lassen?!“ rief der erste Mann. Er stand auf und auf einmal ging eine unheimliche Bedrohung von ihm aus. Ich stieg von der Bank und wich langsam zur Tür des Gasthauses zurück. Meine Trunkenheit war mit einem Schlag wieder verschwunden und ich spürte, wie die Panik in mir aufstieg. Gasthäuser gehörten nicht zu meinen bevorzugten Aufenthaltsorten, aber ich hatte schon viel über die rauen Sitten, die dort herrschten, gehört und natürlich auch über die Schlägereien und ich wusste, dass hier eine bevorstand, wenn ich mich nicht schleunigst davonmachte. Ich spürte, wie mir der Schweiß ausbrach.
„Von soviel Feigheit wird mir übel!“ rief der Mann. Zustimmendes Gemurmel ertönte und auch die anderen standen auf und gingen auf mich zu. „Wir sollten ihm eine Abreibung verpassen!“
Ich drehte mich um, riss die Tür auf und rannte los. Es war inzwischen dämmrig geworden. Ich sah mich nicht um, sondern hastete einfach los, um den Männern hinter mir zu entkommen. Ich lief durch viele enge Gassen, mal nach links, mal nach rechts und bald hatte ich völlig die Orientierung verloren. Burgstadt war nicht groß, aber sehr verwinkelt.
Die Männer hinter mir waren sehr ausdauernd, sie jagten hinter mir her, bis es schließlich ganz dunkel war. Dann verloren sie die Lust und drehten wieder um.
Ich blieb stehen und wartete, bis sich mein rasendes Herz beruhigt hatte. Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn und blickte mich um. Düster ragten die Mauern der Häuser vor mir auf und mehr konnte ich auch nicht sehen, denn es gab hier keinerlei Laternen.
Da stand ich nun in der Dunkelheit und war ganz verzweifelt. Ich wusste nicht, wie ich zum südlichen Marktplatz kommen sollte und auch nicht, wie ich das Gasthaus wieder finden konnte. Dort stand noch immer mein Pferd und wie sollte ich ohne Pferd nach Gesa kommen?
„Das war sehr unüberlegt von dir,“ ertönte plötzlich hinter mir eine tiefe Stimme, ich fuhr herum und konnte in der Dunkelheit nichts ausmachen, außer einem großen, unförmigen Schatten. Es war bestimmt einer der Männer aus dem Gasthaus. In mir erwachte heißer Zorn, auf die Männer aber auch auf mich selbst und dass ich so ein Feigling gewesen war. Ich konnte sicherlich besser mit dem Schwert umgehen, als sie alle zusammen.
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