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Alt 08.07.2006, 18:34
Benutzerbild von Lazarus
Lazarus Lazarus ist offline
Advocatus Diaboli
Drachentoeter
 
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Marius erreichte unbehelligt eine kleine, recht baufällige Hütte. Nichts deutete darauf hin, dass das Haus bewohnt war. Die Farbe der Bretter war abgeblättert und nur das geübte Auge konnte über dem Eingang verblasste Schriftzeichen ausmachen. Endlich da. Er hätte schon viel früher vorbei schauen sollen, um nach seiner alten Freundin Serdane zu sehen, aber irgendwie war ihm immer etwas dazwischen gekommen und er wollte sie auch nicht unnötig in Gefahr bringen. Heute würde er jedoch das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden. *Ohne anzuklopfen, öffnete er die, schief in den Angeln hängende, Holztür. Das laute Knarren, dass sie dabei erzeugte, war für seine feinen Hörorgane die reinste Tortur.* Sie hat die Scharniere also immer noch nicht geölt. Wenigstens würde sich bei diesem Radau niemand an die alte Frau anschleichen können. *Der Dieb betrat vorsichtig das Innere der Hütte, immer darauf gefasst, von einer schweren Bratpfanne attackiert zu werden.* Diesmal nicht, du hast mich einmal überrumpelt, aber ich habe dazugelernt.

Dreh dich nicht um Bursche, ich habe hier eine geladene Armbrust, die ich zu benutzen weiß, erklang da auch schon eine hohe Frauenstimme aus der Ecke hinter der geöffneten Tür.

Nein, das hast du nicht Serdane, also leg die Bratpfanne aus deinen Händen und umarme mich meinte Marius lächelnd und es lag tatsächlich eine ungewohnte Wärme in seiner Stimme.

Deine Stimme, dass kann nicht sein, ich hätte nicht erwartet dich noch einmal in meinem Leben zu sehn. Tritt ins Licht, damit dich meine schwachen Augen besser erkennen können. Was der Dieb auch promt tat. Tatsächlich, du bist es wirklich, willst du mir einen letzten Besuch abstatten, damit ich mein Testament zu deinen Gunsten ändere? fragte sie vorwurfvoll.

Immer noch die Alte, wie oft hast du jetzt schon von deinem nahen Tod geredet? Seit zehn, fünfzehn Jahren?

Werd bloß nicht unverschämt Marius, ich kann dich immer noch übers Knie legen wenn ich wollte, drohte ihm die Alte mit erhobenem Zeigefinger.

In Ordnung, ich geb mich geschlagen keine Witze mehr über dein Alter, versprochen. Mehr wollte die Heilerin anscheinend nicht hören, denn mit einem lauten Krachen flog die Pfanne auf den Boden und eine kleine, verhutzelte Gestalt umarmte den Dieb so überschwänglich, dass er fast umgeworfen wurde. Nach einem langen ausführlichen Gespräch über dies und das bei dem Marius mehr Tee trinken musste als ihm lieb war, kam er auf den eigentlichen Grund seines Hierseins zu sprechen:Es kann sein, dass ich der Stadt für längere Zeit den Rücken kehren werde, deswegen wollte ich mich von dir verabschieden und weil ich etwas von deinen Wunderheilmittelchen brauche.

Na, wer von uns beiden hat sich jetzt kein Stückchen verändert? Du nimmst immer noch kein Blatt vor den Mund. Na schön, zeig mir dein Wehwehchen. *Der Dieb tat wie geheissen und nach einer viertel Stunde waren sein Arm und die rechte Schulter mit einer dicklichen grünen Paste beschmiert und dick einbandagiert.

Was hast du da nur wieder angestellt? Du weisst, ich könnte es mir nie verzeihen, wenn dir etwas passieren würde. Was hätte deine Mutter gesagt, wenn sie wüsste wie du deinen Lebensunterhalt bestreitest. Dieser Beruf wird dich eines Tages noch umbringen. Bei der Erwähnung seiner Mutter brachen die alten Wunden in seinem Inneren wieder auf. Seine Mutter, sie hatte ihn mit sieben jahren bei der alten Heilerin abgegeben um ihn zu schützten. Doch wovor? Er wusste noch, dass sie von irgendwelchen Leuten geflohen waren, diese Verbrecher hatten seinen Vater umgebracht und waren dann hinter ihnen hergeeilt. Seine Mutter hatte versprochen zurückzukehren, doch das hatte sie nie getan. Wahrscheinlich hatte sie ihn vergessen, oder sie war tot. Marius verdrängte den Schmerz, so dass nur noch eine innere Kälte zurückblieb. Serdane war der einzige Mensch den er noch hatte, der einzige Mensch der ihm etwas bedeutete und er würde nicht zulassen, dass ihr durch seine Anwesenheit irgendwelchen Nachteile entstanden, sie hatte schon zuviel für ihn getan. Wortlos griff er nach seinem Goldbeutel und schüttete ca. 500 Goldmünzen auf den Tisch.

Hier, für deine Mühen und dafür, dass du mir eine gute Mutter warst. Ich muss jetzt los. Die Götter mögen über dich wachen.

Pah, ich pfeife auf die Götter, denkst du ich wüsste nicht, dass du mich all die Jahre über vor dem Lichstscheuen Gesindel beschützt hast Marius? Du warst für mich ebenfalls wie ein Sohn und es betrübt mich, dass du mir Geld für die Liebe anbietest, die ich dir kostenlos und mit Freuden geschenkt habe.

Aber das ist das Einzige was ich dir geben kann, ansonsten habe ich nichts bei, oder an mir, dass es wert wäre deine Achtung zu verdienen. Nimm das Geld, wenn du es nicht willst, dann verschenke es unter den Armen. Brüsk drehte er sich um und stürmte aus dem Haus, bevor Serdane die Tränen in seinen Augen sehen konnte.

Lass die Salbe drei Tage drauf und wage es nicht deinen Arm zu bewegen schrie sie hinter ihm her. Und gib ja gut auf dich acht, mein Sohn meinte sie halblaut, aber da war Marius bereits verschwunden.
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Endlich jemand der aussieht als ob er helfen könnte. Die ganzen Idioten und Blödmänner hier waren bisher irgendwie keine große Hilfe.
Ich fürchte Ihr habt uns verwechselt. Ich bin Dummkopf, dies ist mein Freund Trottel und hinter mir steht Hirnlos und Stümper. Wie geht es Euch?
(Baldurs Gate)

Ich bin kein Misanthrop, ich hasse einfach nur Menschen (Jochen Malmsheimer)

Geändert von Lazarus (08.07.2006 um 18:45 Uhr)
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