Einzelnen Beitrag anzeigen
  #12  
Alt 17.07.2013, 19:24
Benutzerbild von Susanne Gavenis
Susanne Gavenis Susanne Gavenis ist offline
Herausforderer der Weisen
 
Registriert seit: 04.2012
Beiträge: 133
Als Leser halte ich es im Grunde wie Orendarcil und Tjured. Bin ich auf der Suche nach neuen Büchern bei Amazon unterwegs, lese ich vor allem die 1-Sterne-Rezensionen, da ich davon ausgehe, dass dort die Mängel eines Romans am objektivsten und unabhängig von irgendwelchen gekauften oder von Freunden verfassten 5- Sterne-Gefälligkeitsrezensionen ans Licht gezerrt werden.

Natürlich ist beim Lesen vieles eine Frage des persönlichen Geschmacks, deshalb sind für mich lediglich solche Rezensionen relevant, die nicht nur in wenigen emotional aufgeladenen Sätzen ein Pauschalurteil fällen, sondern dieses Urteil auch mit konkreten Beispielen aus dem Buch begründen. Seit ich mich als Autor mit meinen eigenen Büchern ebenfalls dem unbarmherzigen Richtspruch der Leserschaft stellen muss, stehe ich meinem bisherigen Auswahlverfahren allerdings ein wenig ambivalenter gegenüber. Als mir ein Leser bei Amazon lapidar völlige handwerkliche und konzeptionelle Inkompetenz unterstellte und dieses vernichtende Urteil mit in meinen Augen vollkommen absurden und aus dem Kontext der Geschichte gerissenen Belegen untermauerte (die allerdings gleichwohl sehr gewichtig und überzeugend klangen), musste ich konstatieren, dass ich, würde ich meinen eigenen Kriterien als Leser folgen, mein eigenes Buch anhand dieser Lesermeinung vermutlich nicht gekauft hätte.

Dennoch hat man, will man den gekauften Fake-Rezensionen mit ihren unkritischen und überschwänglichen Lobeshymnen nicht in die klebrigen Fangarme geraten, wohl trotzdem kaum eine andere Wahl, als sich gerade an den Negativ-Rezensionen zu orientieren. Als Autor, der sich im Augenblick seiner Veröffentlichung darauf eingelassen hat, dass von nun an viele verschiedene Menschen mit vielen verschiedenen Meinungen ihr Urteil zum eigenen Buch zum Besten geben können, würde ich - trotz der Gefahr von nicht wirklich verkaufsfördernden Verrissen - dennoch niemals gekaufte oder Gefälligkeitsrezensionen von Mutter, Vater und den besten Freunden ins Netz stellen lassen.
Unabhängig davon, dass man als Leser solche Rezensionen durch die Art ihrer Formulierungen oft sehr schnell als Fälschung erkennt oder zumindest einen mehr oder weniger vagen Zweifel an ihrer Echtheit verspürt (was auch nicht unbedingt sehr werbewirksam ist), könnte ich mir als Autor nicht mehr ins Gesicht sehen, wenn ich eine Geschichte, von der ich selbst überzeugt bin, mit derart unlauteren Methoden an den Kunden zu bringen versuchte. Wenn ich wirklich daran glaube, eine Geschichte geschrieben zu haben, die nicht nur mir selbst, sondern auch anderen Menschen Freude bereiten kann, dann muss ich auch darauf vertrauen, dass sie - aller möglichen negativen Rezensionen zum Trotz - diese Menschen auch erreichen wird. Mit gekauften Rezensionen würde dieses Vertrauen in die Qualität der eigenen kreativen Leistung m.E. so sehr erschüttert und untergraben werden, dass es zu einer völligen Verschiebung der Prioritäten käme - vom Spaß am Schreiben (der sich immer wieder aus dem schlichten Tun als solchem mit neuer Energie auflädt) zum ängstlichen Fixiert-Sein auf die Verkaufszahlen des veröffentlichten Romans. Und auch wenn mit geschönten Fake-Rezensionen diese Verkaufszahlen ein wenig gesteigert werden mögen, so wäre mir persönlich der Preis, den ich als Autor dafür zahlen würde, doch entschieden zu hoch. Rezensionen kann man kaufen, Würde und Selbstachtung nicht.
Mit Zitat antworten