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Alt 30.05.2020, 20:08
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Cassandra Cassandra ist offline
Abyssus abyssum invocat
Ringtraeger
 
Registriert seit: 02.2012
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Zitat von _drachenkind Beitrag anzeigen
Ich verstehe auch, was du meinst. Ich verstehe nur nicht, warum du das erwähnst bzw. an welcher Stelle das in diesem "Spiel" relevant ist. Denn zu sagen, Gesetz A verhindert nicht Tatbestand A, bringt uns ja nicht weiter. Und so ganz stimmt es auch nicht ;) Dein Argument funktioniert auch nicht so ganz, weil:

Ein Mörder bist du erst nach der Tat. Zu sagen "ein Mörder mordet trotzdem" setzt voraus, dass er/sie mindestens schon einmal gemördert hat^^ Da spielt dann der Moment keine Rolle. Merkmal von Mord: Planung und bewusste Absicht. Liegt dann auf der Hand, dass solche nicht ans Gesetz denken.
Okay, ich hätte vielleicht nicht "Mörder sagen" sollen. Das war verwirrend. Was ich meinte: a) Manche denken in dem Moment, in dem sie etwas tun, nicht an die Konsequenzen - oder b) sie sind ihnen egal. Und hier interessiert mich, warum es ihnen egal ist. Weil sie davon ausgehen, dass ihnen schon nichts passieren wird? Wenn ja - warum gehen sie davon aus?

Der Polizist hatte lange genug Zeit, es sich anders zu überlegen. Und sie waren zu mehreren, während der Mann am Boden allein war. Den Griff ein wenig zu lockern, hätte folglich kein Sicherheitsrisiko dargestellt. Also, warum hat er es nicht getan? Warum haben die anderen Polizisten nicht eingegriffen?

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Zitat von _drachenkind Beitrag anzeigen
Vielleicht meinst du eher "Totschlag". Da zählt der Affekt, Unfall, Moment ... da wir aber nicht zig millionen "Totschlag" am Tag haben, kann man davon ausgehen, dass die Gesetze doch was bringen. Aber nur, wenn der Staat sie auch bedingungslos forciert.
Nein, ich meine nicht Totschlag. Ich meine tatsächlich Mord. Denn es kann gut sein - siehe oben -, dass er den Tod des Mannes nicht nur in Kauf genommen hat, sondern zu einem gewissen Teil auch herbeiführen wollte. Wie gesagt: Er hatte genug Zeit, es sich anderes zu überlegen, seinen Griff zu lockern usw.
So was macht man aber nur, wenn man entweder nicht nachdenkt (sich also über mögliche Konsequenzen keine Gedanken macht) oder man davon ausgeht, dass die Folgen des eigenen Tuns keine nennenswerte Rolle spielen - weil man in einem Milieu lebt, das diese Überzeugung offensichtlich fördert. Sonst würde so etwas ja nicht immer wieder passieren.
Oder, dritte Möglichkeit: Man glaubt, das Richtige zu tun, und ist bereit, dafür die Konsequenzen auf sich zu nehmen. Das wäre dann sozusagen die Steigerung.

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Zitat von _drachenkind Beitrag anzeigen
Meine Erwartungen an Polizei, Militär etc:
Was ich erwarete, ist schnurz. Ich VERLANGE (wie es jeder tun sollte), dass nach bestem Wissen und Gewissen agiert wird. Und wer kein Gewissen hat, darf da nicht rein oder soll (bei Fehlverhalten) entsprechend durchs System geschleift werden (wie jeder Depp, der aus Versehen 23cent Steuern hinterzieht oder falsch geparkt hat).
Das Problem ist: Jeder verlangt etwas anderes und das Gewissen ist immer eine subjektive Angelegenheit. Wenn man absolut davon überzeugt ist, dass eine bestimmte Personengruppen minderwertig, gewalttätig und eine Gefahr für alle "guten" Menschen da draußen darstellt, dann hat man ein absolut reines Gewissen, wenn man so jemanden über den Haufen schießt. Und wenn sich dann herausstellt, dass derjenige gar nichts getan hat, dann kann man immer noch sagen "Na ja, dann hat er halt DIESMAL nix gemacht; aber dafür sicher ein anderes mal, wo er nicht erwischt wurde. Jetzt hat ihn eben die Gerechtigkeit eingeholt ..." Und solche Leute kommen immer wieder damit durch - zu allen Zeiten, in allen Gesellschaften.

Gestze, Systeme etc. sind menschengemacht und folglich stark fehleranfällig.

Zitat:
Zitat von _drachenkind Beitrag anzeigen
Nun könnte mir ja jemand sagen "wenn du sowas verlangst, dann mach es doch selber". So ein "jemand" hat dann ebenfalls nix in solchen Diensten verloren. Das sind Ausreden für 5-Jährige.
Das ist korrekt. Lynchjustiz ist definitiv kein guter Ansatz, Probleme innerhalb einer Gesellschaft zu lösen. Aber: Wie groß ist der Unterschied - vom Gedankenansatz her - zwischen Leuten, die einen vermeintlichen Täter am nächsten Baum aufknüpfen, und einem System, das eindeutige Täter ungeschoren davonkommen lässt?

Zitat:
Zitat von _drachenkind Beitrag anzeigen
Wenn du dich vom Staat bezahlen lässt und das Volk vertrittst, dann hältst du dich gefälligst an die Regeln. Sonst mach was anderes. Dass man Regeln auch mal biegen oder gar brechen muss, ist ne andere Geschichte. Hier gehts um die grundlegenden Dinge. Grundgesetz etc ... da muss man nicht verhandeln oder diskutieren. Wer das nicht gebacken kriegt, sollte Probleme bekommen. Wozu haben wir den Kram denn sonst?
Ich stimme Dir da voll und ganz zu. Aber Papier (zum Beispiel das, auf dem das Grundgesetz oder die Verfassung steht) ist geduldig.

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Zitat von _drachenkind Beitrag anzeigen
Und nochmals: Es geht hier nicht um "ganz schwierige Sache". Sondern "Beweislage ist eindeutig, Situation ist eindeutig, Nachweise sind absolut Stichhaltig". Musterhafte Bedingungen für einen sauberen Prozess. Der dann aber nicht stattfindet -.-
Siehe ganz oben. Wenn sich das (Rechts-)System selbst nicht an die Gesetze hält - warum sollten es dann deren Vertreter (also z. B. die Polizei)? Vermutlich war das genau die Überlegung, von der der Polizist unterschwellig ausging, als er sein Knie auf den Nacken des Mannes gesetzt hat.
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Im Feuer steckt der Funke des Chaos und der Zerstörung,
der Samen des Lebens


("Magic")

(Photo: Franz Herzog © 2004)
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