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Alt 19.11.2005, 18:20
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Fenni Fenni ist offline
Borussin
Inspirator aller Magier
 
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So, für die fleißigen Leser, die vielleicht irgendwo da draußen sind hier der nächste Teil von Kapitel 4.

Soe erzählte Liy natürlich auch, warum sie sie den Feen vorgestellt hatten. Liy konnte es zuerst auch nicht glauben, denn sie war ebenfalls von Susann beeinflusst worden. Doch trotzdem hatte sie ein starkes Interesse an den Feen, sie bat Soe ständig, ihr irgendwelche Geschichten über sie zu erzählen und sie konnte dann stundenlang zuhören. Deswegen freute sie sich, dass sie sie nun besuchen konnte. Wenn sie Zeit hatte, verschwand sie und ging zu ihnen in den Wald. Andras erklärte ihr, dass sie auf der Lichtung darauf warten musste, dass einer von ihnen auftauchte, es dauerte immer eine Zeit und sie durfte nicht ungeduldig werden, weil sie sie sonst ärgern würden und gar nicht auftauchten. Aber manchmal kamen sie auch überhaupt nicht.
Vermutlich wäre Liy auch nicht wieder in den Wald gegangen, wenn beim ersten Mal keine von ihnen gekommen wären. Auf der einen Seite zog sie etwas mit unglaublicher Macht in den Wald, auf der anderen Seite hatte sie furchtbare Angst. Schließlich hatte Susann gesagt, dass die Feen die Menschen hassen würden und obwohl Soe dem widersprochen hatte, neigte Liy eher dazu, ihrer ältesten Schwester zu glauben.
Also machte sie sich am Nachmittag, als Soe sie entließ, um Janosch die Buchstaben beizubringen, mit klopfendem Herzen auf den Weg. Sie war so aufgeregt, dass ihr der Weg zum Wald wie eine kleine Ewigkeit vorkam. Doch schließlich tauchte sie zwischen den Bäumen hindurch und schon bald hatte sie ihre Festlichtung gefunden. Sie setzte sich auf den Baumstamm, auf den sie auch am Fest der Feen gesessen hatte und wartet. Sie war sich sicher, dass sowieso niemand kommen würde, aber dann wurde sie plötzlich angesprochen und als sie den Kopf hob, stand vor ihr der Mann, mit dem sie sich auch am Fest unterhalten hatte.
Und Liy tauchte in eine für sie völlig fantastische Welt ein, sie bekam unzählige Geschichten über die Feen und die Geschehnisse aus alter Zeit zu hören und die Fee lehrte sie viel über die verschiedenen Heilkräuter des Waldes und deren Anwendung.
Als sie sich bei Sonnenuntergang wieder auf den Weg nach Hause machte, erschien es ihr, als wäre sie grade aus einem wunderschönen Traum erwacht. Als sie nach Hause kam, suchte sie gleich ihre Mutter auf und erzählte ihr in allen Einzelheiten, was sie erlebt hat. Die Worte schossen wie ein Wasserfall aus ihrem Mund hervor.
Soe war überrascht. Sie hatte noch nie erlebt, dass ihre Tochter so viel redete.
Von ihren anderen Geschwistern erfuhr nur Janosch, was sie erlebt hatte. Er war sehr skeptisch. „Und sie haben dich nicht verzaubert?“ fragte er ungläubig. „Aber Susann hat doch gesagt, dass sie uns hassen.“
„Aber Mama hat gesagt, dass das Unsinn ist und ich glaube, sie hatte Recht. Sie haben mich nicht verzaubert, sie waren sehr lieb zu mir und haben mir viele Geschichten erzählt.“ Sie fing an, ihm von ihrem Nachmittag im Wald vorzuschwärmen, aber Janosch blieb weiterhin skeptisch und als sie ihn fragte, ob er nicht mit ihr einmal dort hingehen wolle, lehnte er ab. Er zog es vor, bei Soe zu bleiben und von ihr zu lernen.

Doch Liy besuchte die Feen regelmäßig und lernte eine ganze Menge von ihnen. Da die Feen ihr Wissen regelmäßig erweitern, kannte Liy schon bald eine Menge Kräuter und deren Verwendung, die Soe völlig fremd waren. Diese Kräuter beschleunigten sehr oft die Heilung und bald brachte Liy aus dem Wald ein paar Ableger mit, die Soe im Küchengarten pflanzen konnte und Liy erklärte ihrer Mutter und Janosch, wofür die einzelnen Kräuter gut waren und wie man sie verarbeiten konnte.
Liy war nun, so oft es ging, bei den Feen im Wald, aber natürlich besuchte sie mit ihrer Mutter und Janosch weiterhin die Menschen im Dorf. Soe war entzückt, wie schnell die beiden lernten. Mit zehn Jahren beherrschten beide die Buchstaben perfekt und konnten bereits einfache Rezepte schreiben, mit elf ließ Soe sie alleine Verbände wechseln, Medizin und Salben herstellen und Diagnosen stellen. Die Menschen im Dorf waren zuerst skeptisch, weil Liy und Janosch noch so jung waren, aber als sie sahen, wie gut die beiden ihr Handwerk beherrschten, verloren sie ihre Bedenken und akzeptierten die beiden. Schon bald kamen einige, vor allem die Kinder, zu den beiden, wenn sie irgendwelche Verletzungen hatten.
Liy und Janosch freuten sich sehr darüber und sie bemühten sich durch ständiges Lernen das Vertrauen in sie zu rechtfertigen.
Liy ging natürlich weiterhin in den Wald zu den Feen. Sie hatten sich mittlerweile schon an das stille, zurückhaltende Mädchen gewöhnt und gaben Liy Einblicke in ihr Leben, von denen andere Menschen nie etwas erfahren würde. Liy merkte sich alle Geschichten und als es Winter wurde und die Familie sich an den langen Abenden am Kaminfeuer in der großen Halle traf, erzählte sie ihnen diese Geschichten.
Die Familie lauschte atemlos und Andras und Soe waren beide überrascht, wie sich Liys Aussehen und ihre Stimme verrändert, wenn sie erzählte. Sie war immer ein blasses Mädchen mit einer sehr leisen Stimme gewesen, aber sobald sie anfing zu erzählen, röteten sich ihre Wangen, ihre Augen fingen an zu glänzen und ihre Stimme wurde laut und wohlklingend. Den ganzen Winter über erfreute sie ihre Eltern und ihre Geschwister mit ihren Geschichten und sie schienen ihr nie auszugehen.
Die Phase der Erneuerung kam und damit auch Collins und Janoschs vierzehnter Geburtstag. Sie waren beide am selben Tag geboren, gleich großgezogen worden und doch waren sie so unterschiedlich. Auf der einen Seite der selbstbewusste, draufgängerische Collin und auf der anderen Seite der zurückhaltende, stille Janosch.
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