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Alt 28.08.2012, 11:22
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Nephthys Nephthys ist offline
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Zitat:
Zitat von Cassandra Beitrag anzeigen
Habe ich auch mal gelesen - ich meine, im Zusammenhang mit Gewaltverbrechen und der Frage, warum hier die Mehrzahl der Täter männlich sind. Da hieß es dann, dass Frauen eine größere Amygdala hätten als Männer und somit auch bestimmte Prozesse besser kontrollieren bzw. steuern könnten. Und dann war da auch noch was mit dem Präfrontalen Cortex - das kriege ich jetzt aber nach einer schlaflosen Nacht echt nicht mehr zusammen. Du darfst also gerne was nachreichen.
Im Präfrontalen Cortex sitzt die "Persönlichkeit".
Wenn also jemand (so wie du im vor-vor-herigen Post erwähnt hast) dort einen bleibenden Schaden davon trägt - sei es, weil er einen auf die "Birne" bekommen hat, sei es weil es einen Schlaganfall gegeben hat, sei es durch Neurodegenerative Erkrankungen - dann ist er nicht mehr der Mensch, der er einmal war. Und sehr wahrscheinlich wird er es auch nie wieder werden.

Thema Gewaltverbrechen...
ich hab da mal was recherchiert.
Bei der Persönlichkeitsstörung Typ Borderline (weißt schon: die komischen Typen, die sich schlitzen), wird die Agression von Frauen vornehmlich durch eine Autoagression (also das Schlitzen) abgebaut, während die Männer zur Fremdagression (Prügeleien) tendieren. Ausnahmen bestätigen selbstverständlich die Regel. Im Endeffekt sitzen prozentual gesehen allerdings mehr betroffene Männer im Knast als betroffene Frauen.
Die Frage die sich mir stellt ist, ob es genetische Ursachen hat oder ob es mit der Erziehung in Zusammenhang steht.

Zitat:
Das mag alles zutreffen, es kann aber genauso gut das Gegenteil eintreten. Wenn man in einem ... sagen wir mal ... unvorteilhaften Elternhaus aufwächst und die Eltern so ziemlich alles falsch machen, was man nur falsch machen kann, so führt das manchmal beim Kind nicht zur Nachahmung dieses Verhaltens, sondern es wird genau das Gegenteil erreicht. Man lernt das Handeln der Eltern zu verurteilen und versucht es selbst besser oder zumindest anders zu machen. Der Nachteil hierbei ist, dass dieser Erkenntnis oft ein jahrelanger und mühsamer Lernprozess vorausgeht.
Aber worauf ich hinaus will: das Elternhaus prägt mit Sicherheit dem Kind seinen Stempel auf - nur was es dann daraus macht, liegt immer noch in seinem eigenen Ermessen und Handeln. Deshalb akzeptiere ich die Begründung bei beispielsweise jugendlichen Straftätern nur bedingt, wenn es heißt, sie kämen eben aus einem "schwierigen Elternhaus" und so.
Ich bin der felsenfesten Überzeugung, dass man seiner Erziehung nicht entkommen kann.
Selbst die Erkenntnis, dass das Elternhaus - sagen wir mal - suboptimal war, ist keine Garantie dafür, dass man sich gänzlich anders entwickelt, als es einem die Eltern vorgelebt haben.
Das "Zauberwort" ist "Verantwortung". Also die Verantwortung für sich und sein Leben zu übernehmen. Damit ist eine Menge Arbeit verbunden, bis man die mitgegebenen Verhaltensweisen ausgestellt hat, die man selbst als "negativ" empfindet. Das erfordert ein höchstmaß an Selbstreflexion - dazu komme ich weiter unten noch einmal.
Was Straftäter und ihr Millieu angeht, da stimme ich dir allerdings zu: es ist das eine, wenn man durch die Eltern "seltsame Marotten"* mitgegeben bekommen hat, oder ob man das Gesetz überschreitet.

*im Sinne von Verhaltensauffälligkeiten, im Sinne von antiquierten Ansichten, im Sinne von "harmlosen" "Fehlern" also...


Zitat:
Selbsreflexion ist da ja leider so eine Sache - ich könnte mir vorstellen, dass sie von so vielen Faktoren abhängt und man von daher garnicht sicher sein kann, was und wie man gerade reflektiert bzw. wie objektiv man dabei eigentlich vorgeht.
Selbstreflexion funktioniert nicht objektiv. Wie denn auch?
Sie ändert sich ständig - allerdings in gewissen (selbstgesteckten) Grenzen.
Wenn ich von Selbstreflexion spreche, dann meine ich einen Vorgang, der über viele Wochen und Monate geht und immer wieder von "Außen" (Meinung von Freunden erfragen, z.B.) "geeicht" wird.

Was noch dazu kommt: so wenig wie man seiner Erziehung (vollständig) entkommen kann, so sehr ist man seinem Gehirn ausgeliefert.
Wenn man - Achtung! Semi-Provokation - nicht über den benötigten Intellekt verfügt, dann ist es unmöglich soweit zu reflektieren, dass man eine Veränderung herbeiführen könnte.

Dazu kommt noch etwas, das ich bezeichnen wollen würde, als den Unterschied zwischen "Wissen und Begreifen". Was nutzt mir ein Wissen darüber, dass ich - Beispielsweise - in der Gesellschaft anecke, weil ich vehement meine Meinung vertrete, wenn ich nicht begreife, wie mein Verhalten auf andere wirkt? Erst wenn ich im "Begreifen" bin, bin ich in der Lage mein Verhalten dahingehend zu ändern, dass ich zwar immer noch meine Meinung kundtue - dafür aber nicht mehr den Dampfhammer auspacke sondern dipomatisch vorgehe.

Dann gehört natürlich noch eine bedingungslose Ehrlichkeit sich selbst gegenüber dazu. Und die kann ... äääh ... zu sehr hässlichen Erkenntnissen führen. Viele schrecken davor zurück - wofür ich vollstes Verständnis habe.

Zitat:
Also, da kann ich Dir nur zustimmen. Auf den ersten Blick erscheint es dumm, soetwas zu sagen. Man wird dann darauf hingewiesen, wie es in der Welt zugeht, Kapitalismus, Missbrauch, jeder nutzt jeden aus usw. . Aber ich vermute mal, dass Du das nicht damit gemeint hast.
Nein. Ich meinte ganz sicher nicht sowas :-)

Zitat:
Gesunder Egoismus ist ein Besinnen auf sich selbst und die eigenen Bedürfnisse. Man sieht sich zwar als Teil des Kollektivs, aber eben als einen eigenständigen und individuellen. Und man kümmert sich auch nicht so sehr um andere in dem Sinne, dass man sich ständig fragt, was dieser und jener jetzt wohl schon wieder von einem denkt etc.. Die Konsequenz hieraus wäre dann auch mehr Toleranz gegenüber andersdenkenden bzw. -handelnden, denn wenn man seinen Weg geht, interessiert es einen nur bedingt, was andere treiben. Leben und leben lassen wäre so eine ideale Folge egoistischen Denkens.
Genau sowas meinte ich :-)
Wenn man mit sich im Reinen ist, seinen Frieden mit sich geschlossen hat, zufrieden ist, dann hat man gar keinen Grund wegen jeder Kleinigkeit in die Offensive zu gehen. Jemand, der ständig in der Angst lebt, seine "schlechten Eigenschaften" oder seine - hier schließt sich der Kreis zum TE - "dunklen Gedanken" könnten auffliegen, wird schnell mal zum "Angstbeisser" und/oder ist latent aggressiv.

Zitat:
Ich glaube zu verstehen, was Du mir damit sagen willst . Schön, dass Du das verstehst.
:-)

Zitat:
Auch das kann ich unterschreiben. Obwohl man sich - zumindest in einem ruhigen Moment - durchaus im klaren darüber sein darf/ sollte, warum man z.B. jemandem permanent am liebsten an die Gurgel gehen würde, obwohl dieser einem doch garnichts getan hat usw. Auch viele Konflikte sind nur die Spitze vom Eisberg bzw. Symptome - und die eigentliche "Krankheit" geht viel tiefer. Beispiel: an meinem Arbeitsplatz (ist zwar nur Nebenjob, aber ein ziemlich intensiver) gibt es Probleme zwischen manchen Mitarbeitern und der Chefin. Warum? Jeder ist auf seinem eigenen kleinen Egotrip, Machtspielchen und persönlicher Befindlichkeitsscheiß sind da an der Tagesordnung. Und das sieht dann oft so aus, dass stundenlang darüber gestritten wird, wer den Kaffee früh am morgen kochen soll, der Tag- oder der Nachtdienst ... Dann gibt´s eine Supervision und man einigt sich auf den Nachtdienst und freut sich, eine "Lösung" für diesen Konflikt gefunden zu haben, ohne sich darüber im klaren zu sein, dass das eigentliche Problem ganz wo anders liegt.
Such dir nen anderen Job.
Ein Arbeitsplatz der eine derartig schlechte Grundstimmung vermittelt, knabbert nur unnötig an deinen Nerven.

Zitat:
Und was Du zu den Sexualstraftäter etc. gesagt hast, ist im Grunde auch meine Meinung. Die Zurechnungsfähigkeit bzw. die Schulfähigkeit einer Person festzustellen ist vermutlich eines der schwersten Dinge überhaupt. Übrigens gibt es dazu von E.T.A. Hoffmann eine Art Essay - er war ja u.A. auch Jurist und musste ein entsprechendes Gutachten erstellen ...
Und ich habe schon einige Leute kennen gelernt, die nicht gerade ... nette Typen waren. Trotzdem waren mir einige sogar sympathisch - obwohl ich wusste, was sie getan haben oder sogar noch tun. D.h. dass wir Menschen die "Dunkle Seite" nicht nur in uns selbst ausblenden oder mit ihr leben können, sondern dies auch bei anderen Menschen fertig bringen.
Ein interessanter Gedanke ... Ist das jetzt Akzeptanz im Sinne von meinem oben erwähnten "Leben und leben lassen", oder ist es etwas ganz anderes, weniger positives?
Nein, es ist nicht "weniger positiv".
Meiner Meinung nach hat jeder das Recht, dass er für seine Fehler "büßen darf" und sie ihm danach verziehen werden. Sei es in dem er eine Strafe absitzt, sei es, weil er für einige Zeit von seiner Umgebung entsprechend behandelt wird.
Ich habe viele Freunde, die in ihrer Vergangenheit dumme Fehler gemacht haben. Da sind sogar Vorstrafen mit im Spiel. Aber hey: sie sind doch nicht "nur" ihre Verbrechen. Sie sind in erster Linie Menschen, die mir sympathisch sind und die für mich da sind, wenn ich sie brauche.
Außerdem: "der der frei ist von Schuld der werfe den ersten Stein."
(Japp, sogar ich als Atheistin finde, dass in der Bibel durchaus brauchbare Dinge stehen.)


So long

Nephthys
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Wieso eigentlich ... sind Drachen weise? Das sind Echsen, liebe Leute. Echsen! Habt ihr euch schon mal nen Gehirn von einer Echse angeguckt? Himmel! Da haben meine Meerschweinchen größere Gehirne - und die finden nicht mal den Weg aus ihrem Käfig raus.
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Wer sich für Fantasy, Kurzgeschichten, Betrachtungen zur Sci-Fi, darstellerisches Handwerk, Computerkunst, Rezensionen, Biologie, Histologie, Taxonomie ... interessiert, der wird hier fündig: Marinas (fantastische) Welt

Geändert von Nephthys (28.08.2012 um 11:25 Uhr)
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