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Alt 22.04.2013, 21:34
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Cassandra Cassandra ist offline
Abyssus abyssum invocat
Ringtraeger
 
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Vor ein paar Jahren hat Fangor die Sache eigentlich ziemlich gut auf den Punkt gebracht.
Es spielt keine Rolle, ob es sich bei einem Roman um ein Kinder- bzw. Jugendbuch handelt oder um sog. "Erwachsenenliteratur". Entscheidend ist zum einen, ob einen die Handlung etc. anspricht und zum anderen, inwieweit das Buch nicht zwischen dem "Kindlichen" durchaus eine für jede Altergruppe wichtige Botschaft vermittelt. Siehe hier z.B. das von Hobbyschreiber erwähnte "Momo".
Bei mir im Regal stehen sowohl "Momo", als auch "Die Unendliche Geschichte", "Ronja Räubertochter" oder "Krabat" und gelesen werden sie ebenfalls hin und wieder.
Es gibt zeitlose Kinder- und Jugendbücher, die jede Generation wenigstens einmal gelesen haben sollte. Da es auch um Empfehlungen ging, sind hier meine:

"Momo" von Michael Ende.
Die Handlung gebe ich mal nicht wieder, weil sie vermutlich bekannt ist. ^^
Warum ausgerechnet dieses Buch? Wie Hobbyschreiber schon sagte: primär geht es um den Umgang miteinander - wieviel Zeit ist einem seine Familie, die Freunde usw. wert? Gerade in der heutigen Zeit mit immer kürzeren Schul- oder Unijahren, wenn jeder dazu angehalten wird, möglichst viel in möglichst wenig Zeit zu leisten - gerade heute konzentrieren wir uns immer stärker auf das Morgen, anstatt das Heute zu leben.
Besser als in "Momo" kann man eigentlich nicht die Notwendigkeit aufzeigen, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gleichermaßen zu schätzen, da es ohne das jeweils eine die beiden anderen nicht geben würde (siehe hierzu das Rätsel, das Meister Hora Momo aufgibt). Der Preis für den Erfolg ist der Verlust dessen, was uns als Menschen auszeichnet - verlieren wir unsere Werte aus den Augen, so eilen wir irgendwann als "Graue Herren" durch die Welt, ohne eigene Persönlichkeit oder Individualität und nur als ein weiteres austauschbares Rädchen im Getriebe.
Niemand konnte so schön und verständlich elementare Dinge zur Sprache bringen, wie Michael Ende.

"Die Unendliche Geschichte" von Michael Ende.
Auch hier keine Zusammenfassung des Inhaltes (Grund siehe oben ^^ ).
Bastian erlebt das Abenteuer Atrejus hautnah mit und nur durch dessen lange Suche hat er schließlich die Möglichkeit, Phantásien zu betreten. Mit der Rettung des grenzenlosen Reiches endet der erste Teil.
Für mich war immer der zweite Teil des Buches besonders wichtig, denn hier geht es um eine Aussage, die vielen von uns in ihrer Bedeutung vielleicht nicht ganz klar ist. Bastian verliert sich auf seiner Suche nach einem Rückweg in seine Welt immer mehr, bis er irgendwann selbst zu einem Produkt seiner eigenen Fantasie geworden ist. Und mit jeder weiteren Fähigkeit, jedem weiteren Wunsch verliert er auch ein Stück Erinnerung an seine eigene Welt.
Doch schließlich - im letzten Augenblick - erkennt er seinen Fehler und schafft mit Atrejus Hilfe die Rückkehr in seine Welt.
Diese Botschaft (die in den Filmen komplett untergegangen ist), die besagt, dass Fantasie ein Weg, aber niemals das Ziel ist, gilt heute mehr als vor fast vierzig Jahren, als Ende den Roman geschrieben hatte.
Wir brauchen unsere Träume und Hoffnungen und sollen sie dazu nützen, unsere Welt zu gestalten, aber wir dürfen sie nicht zum Selbstzweck verkommen lassen.

Wenn ich Kinder hätte, wären diese beiden Bücher auf jeden Fall Pflichtleküre im Kinderzimmer. ^^
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Im Feuer steckt der Funke des Chaos und der Zerstörung,
der Samen des Lebens


("Magic")

(Photo: Franz Herzog © 2004)

Geändert von Cassandra (22.04.2013 um 21:40 Uhr)
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