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Alt 12.08.2015, 13:17
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Susanne Gavenis Susanne Gavenis ist offline
Herausforderer der Weisen
 
Registriert seit: 04.2012
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Da ich vor drei Jahren mit meinem ersten Beitrag hier im Forum auch mit der Tür ins Haus geplatzt bin und sofort meine Buchvorstellung rausgehauen habe, ohne mich zuvor vorzustellen oder erst mal anderweitig gehaltvolle Beiträge zu schreiben, bevor ich mich dem dreisten Selbst-Marketing widme, war ich (zwar nicht in der krassen Form, wie manche andere sich und ihre Bücher in Foren präsentieren) auch einmal eines von den ungeliebten neuen Mitgliedern, die zu sehr auf ihren eigenen Roman fixiert sind, um noch auf eine vernünftige Weise nach links und rechts schauen zu können.

Was ich aus meiner Sicht allen angehenden Autoren raten kann, die sich in derselben Situation befinden wie ich damals, ist, zunächst einmal tief durchzuatmen und sich über ihre eigenen Motivationen und Ängste klar zu werden. Bei mir war es zum einen das Gefühl, plötzlich unheimlich unter Handlungsdruck und Zugzwang zu stehen, ohne eigentlich eine Ahnung zu haben, was genau ich tun sollte. Mein Buch war auf dem Markt, und plötzlich - was für mich selbst in dieser deutlichen Form durchaus unerwartet war - habe ich viel mehr als vorher angefangen, mich durch die Augen anderer wahrzunehmen. Während ich bisher im Grunde ausschließlich für mich selbst geschrieben hatte, um meinen Spaß damit zu haben, habe ich plötzlich die Erwartungen des Verlags im Nacken gespürt, möglichst schnell profitable Verkäufe vorzuweisen, um das Vertrauen in mich zu rechtfertigen. Zum anderen hatte ich das Gefühl, gegen die Zeit zu arbeiten, da ich damals von verschiedenen Seiten gehört hatte, dass ein Buch, das nicht innerhalb der ersten zwei oder drei Monate ein gewisser Erfolg wird, ohnehin schon so gut wie vergessen ist und die Leser sich in ihrem Hunger nach Neuem lieber den aktuellen Neuerscheinungen zuwenden, statt nach den alten Kamellen von vorgestern Ausschau zu halten.

Dieser scheinbare Handlungsdruck hat dazu geführt, dass ich - wie ich im Nachhinein bedauernd zugeben muss - für eine gewisse Zeit in blinden Aktionismus verfallen bin. Die von mir schmerzhaft empfundene Notwendigkeit, mein Buch möglichst schnell möglichst vielen potenziellen Lesern bekannt zu machen, hat meinen Blick auf eine Weise verengt und reduziert, dass ich mich nicht mehr primär als Leser und Geschichtenschreiber wahrgenommen habe, der einfach nur Spaß an Geschichten hat und dieses Vergnügen mit anderen teilen will, sondern mehr als ein Staubsaugervertreter, der mit klopfendem Herzen von Tür zu Tür marschiert, um seine vorgeschriebene Quote zu erfüllen. Mit einer solchen Motivation und solchen Ängsten, die im eigenen seelischen Untergrund wuchern, ist es m.E. schwer bzw. gar nicht möglich, auf eine positive und sympathische Weise für sein eigenes Buch zu werben.

Hier wäre es in meinen Augen für jeden Autor, der sich selbst in Foren vermarkten will, absolut bedeutend, den Gedanken des Selbstvermarktens vollständig wieder aus seinem Kopf zu vertreiben und sich auf das zu besinnen, was ihn - mutmaßlich - erst zum Schreiben eigener Geschichten gebracht hat, nämlich die Freude am kreativen Ausdruck, ohne bei jedem geschriebenen Satz auf das antizipierte Lob oder die Kritik der späteren Leser oder den angepeilten Verkaufserfolg fixiert zu sein. Eine Besinnung auf sich selbst und eine Abkehr von einem irgendwie gearteten Gefühl von Fremdbestimmung und Außensteuerung wäre m.E. sehr wichtig, um für sich selbst den Druck aus der eigenen Buchveröffentlichung zu nehmen. Damit einher sollte auch das Entwickeln einer gewissen Bescheidenheit gehen - was je nach Persönlichkeit des Autors mehr oder eher weniger geboten wäre -, um sich nicht durch seine Veröffentlichung plötzlich als Nabel der Welt zu empfinden, auf den - in positiver wie in negativer Hinsicht - der Rest der Menschheit mit Argusaugen blickt. Würde ich als Autor sowohl an meinem Gefühl der eigenen Grandiosität als auch an meiner Angst, alle Welt würde mein Buch aufs Übelste in der Luft zerreißen, würde ich es nicht wie der Teufel höchstselbst in den höchsten Tönen loben, kritisch und selbstreflektiert arbeiten, würde ich den Gedanken an blindwütige Selbstvermarktungsexzesse in Foren oder anderswo m.E. sehr schnell von allein wieder aufgeben.

Tatsache ist, man hat mit seiner Veröffentlichung weder den heiligen Gral gefunden noch für Weltfrieden gesorgt, ebensowenig wie man damit dem Antichristen den Weg auf die Erde geebnet hat und auf ewig dafür verdammt werden muss. Also sollten weder die eigenen Gedanken allzu intensiv um diese Veröffentlichung kreisen, noch sollte man andere Menschen mit dem Vorschlaghammer zwingen, das veröffentlichte Buch gefälligst wohlwollend zur Kenntnis zu nehmen. Das ist zwar jetzt noch kein richtiger Werbetipp, aber ich finde, die eigene Einstellung als Autor ist - auch wenn sie nur indirekt dazu führen mag, dass das eigene Buch sich verkauft - auf jeden Fall ein wichtiger Faktor, der einen sympathisch macht und dabei hilft, den eigenen und den Seelenfrieden der anderen zu bewahren. Und wenn man als Autor dazu nicht in der Lage ist, nützen einem auch hohe Verkaufszahlen nichts.
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